Beteiligte
Hannoversche landwirtschaftliche Alterskasse |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 20. November 1997 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über den Beginn der dem Kläger wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) gewährten Rente.
Der am 12. September 1936 geborene Kläger beantragte am 26. Oktober 1994 bei der Beklagten vorzeitiges Altersgeld wegen EU. Er war nach ärztlichem Gutachten nur noch zu überwiegend leichten, unterhalbschichtigen Tätigkeiten in der Lage. Für die von ihm bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen legte er Bescheinigungen über die Rückgabe von Pachtland und einen am 5. November 1994 von ihm, seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Sohn unterzeichneten Pachtvertrag vor, mit dem die im Eigentum der Ehefrau stehenden Flächen von 31,1627 ha an den Sohn verpachtet wurden. Der zunächst für den 1. Januar 1995 vereinbarte Pachtbeginn wurde mit schriftlichem Zusatz zum Pachtvertrag vom 11. September 1995 durch die Vertragsunterzeichner auf den 1. Juli 1995 verlegt.
Mit Bescheid vom 23. November 1995, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 7. August 1996, gewährte die Beklagte dem Kläger Rente wegen EU ab 1. Oktober 1995, weil der Kläger sein landwirtschaftliches Unternehmen erst mit der Unterzeichnung des schriftlichen Zusatzes zum Pachtvertrag am 11. September 1995 abgegeben und hierdurch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen EU erfüllt habe. Die hiergegen vor dem Sozialgericht (SG) Lüneburg erhobene Klage auf einen früheren Rentenbeginn vom 1. Juli 1995 an blieb ohne Erfolg (Urteil vom 13. März 1997). Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 1. Juli „1997” (richtig: 1995) Rente wegen EU zu gewähren (Urteil vom 20. November 1997). Die Voraussetzungen für die Rentengewährung hätten bereits ab 1. Januar 1995 vorgelegen, weil der Kläger sein Unternehmen – ähnlich wie bei der Rückgabe von Pachtflächen – nach § 21 Abs 2 Nr 3 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) abgegeben habe, und zwar unmittelbar an seinen Sohn und nicht zwischendurch an seine Ehefrau als Eigentümerin. Der Pachtvertrag vom 5. November 1994 habe insoweit sichergestellt, daß das landwirtschaftliche Unternehmen auch rechtlich unmittelbar von dem Sohn habe bewirtschaftet werden können. Durch die tatsächliche, auch Dritten gegenüber dokumentierte Betriebsübernahme des Sohnes sei die Nutzungsmöglichkeit des Klägers endgültig beendet worden. Die zum Jahreswechsel 1994/95 vollzogene Abgabe sei auch keine Abgabe unter Ehegatten nach § 21 Abs 9 ALG, da von einer Rückgabe an die Ehefrau als Eigentümerin nicht ausgegangen werden könne. Der Kläger sei nur deshalb zur Hergabe der Flächen bereit gewesen, weil er sichergestellt wußte, daß sein Sohn zum 1. Januar 1995 in deren Besitz gelangen würde. Da die berechtigte Nutzung des landwirtschaftlichen Unternehmens durch einen anderen als den Ehegatten, nämlich den Sohn, dem Kläger die weitere eigene landwirtschaftliche Nutzung unmöglich gemacht habe, sei eine Anwendung des § 21 Abs 9 ALG nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift nicht geboten.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 21 ALG. Entgegen der Auffassung des LSG liege eine Abgabe unter Eheleuten vor, der nach § 21 Abs 9 ALG enge Grenzen gesetzt seien. Mit der Verlegung des Pachtbeginns seien die Voraussetzungen für eine EU beim Kläger wegen der Ausschlußregelung in § 13 Abs 1 Satz 2 iVm § 1 Abs 3 ALG entfallen. Durch die Rückgabe werde die bisher nach § 1 Abs 3 ALG versicherte Ehefrau Landwirtin iS des § 1 Abs 2 ALG und der bisherige Landwirt werde als Ehegatte versicherungspflichtig. Mit dem SG sei davon auszugehen, daß eine Abgabe durch Verpachtung der landwirtschaftlich genutzten Flächen zum 1. Juli 1995 erfolgt sei, diese aber erst ab der schriftlichen Vereinbarung vom 11. September 1995 die Voraussetzungen des § 21 Abs 2 Satz 2 ALG erfülle. Würde aber unterstellt, die Abgabe sei bereits zum 1. Januar 1995 erfolgt, wäre der Rentenanspruch nach § 30 Abs 2 Satz 1 ALG zum Ruhen gekommen, weil die zum 31. Dezember 1994 vorgenommene Abgabe durch die Änderung des Pachtvertrages vor Ablauf von neun Jahren geendet habe.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 13. März 1997 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des LSG insgesamt für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) einverstanden erklärt.
II
Die Revision ist in dem Sinne begründet, daß die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist. Es fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen dazu, ob der Kläger unabhängig von der Arbeitsmarktlage erwerbsunfähig gewesen ist.
Streitig ist allein der Beginn der dem Kläger bewilligten Rente wegen EU (früher: „vorzeitiges Altersgeld” gemäß § 2 Abs 2 Buchst a des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte ≪GAL≫). Die in § 13 Abs 1 Satz 1 Nrn 2 und 3 ALG bestimmten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des Rentenanspruchs – Erfüllen der fünfjährigen Wartezeit und drei Jahre Zahlung von Pflichtbeiträgen im Fünf-Jahres-Zeitraum vor Eintritt der EU – sind zwischen den Beteiligten nicht streitig, ebensowenig die Erwerbsunfähigkeit des Klägers (§ 13 Abs 1 Satz 1 ALG) – allerdings ohne Unterscheidung, ob sie arbeitsmarktunabhängig oder arbeitsmarktbedingt ist. Der vom Kläger begehrte Rentenbeginn am 1. Juli 1995 setzt voraus, daß das landwirtschaftliche Unternehmen zu diesem Zeitpunkt bereits iS von § 21 ALG wirksam abgegeben war (§ 30 Abs 1 Satz 1 ALG iVm § 99 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – ≪SGB VI≫). Eine wirksame Abgabe zum 1. Juli 1995 liegt hier indessen weder durch Übergang des Eigentums (1) noch durch Belastung mit einem Nießbrauch (2) noch durch Verpachtung der landwirtschaftlich genutzten Flächen (3) vor. Das Unternehmen gilt aber zum 1. Juli 1995 durch länger andauernde Unmöglichkeit der landwirtschaftlichen Nutzung auf eigenes Risiko in ähnlicher Weise als abgegeben, wenn das LSG nach Zurückverweisung feststellt, daß der Kläger auch unabhängig von der Arbeitsmarktlage erwerbsunfähig gewesen ist (4).
(1) Für eine Abgabe iS des § 21 Abs 1 ALG fehlt es schon an einem Eigentumsübergang. Nach dieser Vorschrift ist ein Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben, wenn das Eigentum an den landwirtschaftlich genutzten Flächen auf einen Dritten übergegangen ist. Die Eigentumsverhältnisse an den in Rede stehenden, vom Kläger landwirtschaftlich genutzten Flächen haben sich indessen zu keinem Zeitpunkt geändert: Die Flächen blieben unverändert im Eigentum der Ehefrau des Klägers.
(2) Nicht einschlägig ist weiterhin § 21 Abs 2 Satz 1 Nr 2 ALG, wonach ein Unternehmen der Landwirtschaft als abgegeben gilt, wenn die landwirtschaftlich genutzten Flächen mit einem Nießbrauch zu Gunsten Dritter belastet sind. An der Belastung mit einem Nießbrauch fehlt es hier.
(3) Anders als das SG und die Beklagte ist das LSG zutreffend davon ausgegangen, daß auch ein Fall des § 21 Abs 2 Satz 1 Nr 1 ALG nicht vorliegt; diese Vorschrift fingiert die Abgabe, wenn die landwirtschaftlich genutzten Flächen verpachtet sind. Eine Abgabe in diesem Sinne liegt nicht darin, daß die Ehefrau eines anspruchstellenden Landwirts die in ihrem Eigentum stehenden landwirtschaftlichen Flächen verpachtet. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist für die Abgabe auf die Person des Leistungsberechtigten abzustellen; dies hat das BSG bereits zu § 2 GAL entschieden und damit die Zulässigkeit einer mittelbaren Abgabe grundsätzlich verneint (BSG vom 17. Januar 1973, SozR Nr 8 zu § 2 GAL 1965 mwN; BSG vom 17. Januar 1973, BSGE 35, 115, 118 = SozR Nr 1 zu § 41 GAL 1965). Auch die Gesetzesbegründung zu § 21 ALG stellt auf den „abgabewilligen Unternehmer” ab (BT-Drucks 12/5700 S 73 zu Art 1 § 21). Parteien des Pachtvertrages sind aber die Ehefrau als Eigentümerin der landwirtschaftlichen Flächen und der Sohn des Klägers. Das spiegelt sich auch im gesamten Vertragstext wider, in dem von „der Verpächterin” die Rede ist. Durch seine Unterschrift unter den Pachtvertrag und die ergänzende Vereinbarung vom 11. September 1995 gewann der Kläger nicht die Rechtsstellung eines Verpächters.
(4) Einschlägig dagegen ist hier § 21 Abs 2 Satz 1 Nr 3 ALG. Danach gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft als abgegeben, wenn – verglichen mit den vorgenannten Abgabeformen der Verpachtung und Belastung mit einem Nießbrauch – „in ähnlicher Weise” die landwirtschaftliche Nutzung auf eigenes Risiko auf eine längere Dauer unmöglich gemacht ist (a). In diesem Sinne hat der Kläger die Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Unternehmens auch spätestens zum 1. Juli 1995 aufgegeben. Die Abgabe iS der Nr 3 aaO erfolgte vorliegend im allein maßgebenden Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau (b). Auf diese Abgabe finden indessen die gesetzlichen Schranken einer Abgabe unter Eheleuten (§ 21 Abs 9 ALG) Anwendung. Den Anforderungen des gesetzlichen Tatbestandes der Nr 3 aaO wird folglich nur genügt, wenn der Kläger den Ausnahmetatbestand des § 21 Abs 9 Satz 1 Nr 1 ALG erfüllt (c).
(a) Nach der Rechtsprechung des BSG (zur Vorgängerregelung in § 2 Abs 3 Satz 1 GAL) führt auch die Rückgabe von verpachteten oder in anderer Form zur Nutzung überlassenen Flächen zu einem „sonstigen Verlust der Unternehmereigenschaft”, wenn es dem landwirtschaftlichen Unternehmer über den Zeitpunkt der Rückgabe hinaus verwehrt ist, aus eigener Rechtsmacht alsbald oder jederzeit die Bewirtschaftung wieder aufzunehmen und so die Unternehmereigenschaft zurückzuerlangen. Die Rückgabe schließt demnach die Beendigung der Rechtsstellung ein, die die alleinige Nutzung ermöglicht hat (BSG vom 26. August 1987, SozR 5850 § 2 Nr 13 S 28; BSG vom 9. September 1982, SozR 5850 § 41 Nr 14 S 42; BSG vom 19. März 1976 - 11 RLw 7/75 –, S 4 des Umdrucks; BSG vom 23. Januar 1986 - 11a RLw 10/84 –, S 5 des Umdrucks, jeweils mwN). Dieser Rechtsgedanke findet sich jetzt in § 21 Abs 2 Satz 1 Nr 3 und Satz 2 ALG, wonach die landwirtschaftliche Nutzung auf eigenes Risiko für längere Dauer unmöglich sein muß. Der Mindestabgabezeitraum von neun Jahren (§ 21 Abs 2 Satz 2 ALG) gilt als erfüllt, wenn der Verlust der Nutzungsmöglichkeit schon seiner Natur nach endgültig ist (Alterssicherung der Landwirte, ≪GLA-Komm≫, Stand: Juni 1998, S 2.2 zu § 21 ALG). In diesem Fall wird das mit der gesetzlich vorgeschriebenen Langfristigkeit der Abgabe verfolgte Ziel, für den Abgebenden in Zukunft eine Bewirtschaftung der Flächen auszuschließen und so eine sinnvolle Weiterbewirtschaftung durch den Übernehmer zu gewährleisten, ebenfalls erreicht (s BSG vom 16. November 1995, SozR 3-5850 § 2 Nr 1 S 3 mwN: „prinzipiell endgültiger Verlust”).
(b) Diese Voraussetzungen der Abgabe hatte der Kläger in dem wirtschaftlichen Rechtsverhältnis zu seiner Ehefrau, das bisher seiner Rechtsstellung als Landwirt gemäß § 1 Abs 2 ALG zugrunde lag, erfüllt. Der Senat vermag der Rechtsmeinung des LSG nicht zu folgen, für die Frage der Abgabe des Unternehmens iS des § 21 ALG komme es deshalb nicht auf diese grundlegenden Rechtsbeziehungen an, weil der Kläger nur unter der Voraussetzung zur Hergabe der Flächen bereit gewesen sei, daß der gemeinsame Sohn die Bewirtschaftung des Unternehmens fortsetze. Dieses Motiv ändert rechtlich nichts daran, daß § 13 Abs 1 iVm § 21 ALG auf die Abgabe durch den bisherigen Landwirt abstellt. Die Rechtsstellung des Klägers aber erlaubte ihm nur einen Weg der Abgabe, nämlich den an seine Ehefrau als Eigentümerin der landwirtschaftlich genutzten Flächen des Betriebes. Wenn er auch für die Weitergabe an den Sohn sorgen und den Pachtvertrag zwischen Mutter und Sohn fördern konnte, so ändert das nichts daran, daß dem die Abgabe an die Ehefrau denknotwendig vorausging. Auf diesen Gedankenschritt kann auch nicht mit Blick darauf verzichtet werden, daß der mit seiner Ehefrau vereinbarten Rechtsstellung des Klägers als landwirtschaftlicher Unternehmer (§ 1 Abs 2 ALG) ein förmlicher Vertrag nicht zugrunde lag: Dieses Formerfordernis wird – anders als im Fall der Abgabe (§ 21 Abs 2 Satz 2 Halbsatz 1 ALG) – dem Erwerb der Unternehmerstellung nicht vorausgesetzt.
Nach den – das Revisionsgericht gemäß § 163 SGG bindenden – Feststellungen des LSG hat der Kläger die Bewirtschaftung der ihm von seiner Ehefrau überlassenen Flächen zum Ende des Jahres 1994 eingestellt, so daß ihre Nutzungsmöglichkeit zunächst unmittelbar an die Ehefrau als Eigentümerin zurückgefallen ist. Die Endgültigkeit dieser von dem Kläger vollzogenen Abgabe an seine Ehefrau zeigt sich darin, daß der Kläger darüber hinaus für die zeitlich unmittelbar anschließende Verpachtung der landwirtschaftlichen Nutzflächen und die Übernahme des Betriebes durch seinen Sohn gesorgt hat. Dahingestellt bleiben kann, inwieweit der steuerrechtliche Fortbestand der Unternehmereigenschaft des Klägers einer Abgabe iS des § 21 Abs 2 Satz 1 Nr 3 ALG entgegensteht, denn zum 1. Juli 1995 war der Kläger auch iS des Steuerrechts kein landwirtschaftlicher Unternehmer mehr. Indem er den Pachtvertrag mit seinem Sohn vom 15. November 1994 mit unterzeichnete, bekundete er seinen Willen, auf das bisher gegenüber seiner Ehefrau bestehende Recht zur weiteren Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen zu verzichten. Am Zeitpunkt der Aufgabe dieses Rechts ändert die Verlegung des Pachtbeginns auf den 1. Juli 1995 nichts, auch wenn der Kläger später den Vertragszusatz vom 11. September 1995 mit unterzeichnet hat. Die Rechtsstellung gegenüber seiner Ehefrau hat der Kläger unabhängig von der Verpachtung der Flächen an den Sohn aufgeben können. Die Langfristigkeit dieser Form der Abgabe wäre daher auch ohne die Unterschrift des Klägers unter die Pachtvereinbarungen gewahrt gewesen.
(c) Das ALG sieht ausdrücklich die Abgabe zwischen Eheleuten als zulässig vor. Dies erhellt bereits der Wortlaut des § 21 Abs 9 ALG. Hierin knüpft der Gesetzgeber einschränkende Voraussetzungen ausdrücklich daran, daß der Landwirt Flächen an den Ehegatten abgibt. Insoweit hat sich das Recht gewandelt (unscharf dazu die Ausführungen zur Gesetzesbegründung in BT-Drucks 12/5700 S 74 zu Art 1 § 21), ging doch § 2 Abs 4 und Abs 6 GAL noch von dem Grundsatz aus, daß eine Hofabgabe unter Eheleuten keine Abgabe iS des Gesetzes ist (vgl BSG vom 17. Januar 1973, BSGE 35, 115 = SozR Nr 1 zu § 41 GAL 1965). Damit, daß nur unter bestimmten Voraussetzungen die Hofabgabe unter Eheleuten leistungswirksam ist (so BT-Drucks 12/5700 S 74 zu Art 1 § 21 mit der Formulierung „leistungsunschädlich”), soll vermieden werden, daß der Landwirt das Unternehmen nur dem äußeren Schein nach an den Ehegatten abgibt und dadurch in den Genuß von Leistungen der landwirtschaftlichen Alterskasse gelangt, obwohl er das Unternehmen praktisch nach wie vor weiterführt.
Eine Abgabe bereits zum 1. Juli 1995 kommt daher nur unter den Voraussetzungen des § 21 Abs 9 ALG in Betracht. Danach gelten bei einer Abgabe unter Eheleuten die Voraussetzungen der Abgabe des Unternehmens nur als erfüllt, wenn der die Flächen abgebende Ehegatte aus dem Unternehmen ausgeschieden und unabhängig von der Arbeitsmarktlage erwerbsunfähig nach den Vorschriften des SGB VI ist oder der übernehmende Ehegatte mindestens das 62. Lebensjahr vollendet hat. Spätestens am 1. Juli 1995 haben sowohl der Kläger als auch seine Ehefrau die Tätigkeit als Landwirt aufgegeben. Da die Ehefrau des Klägers am 1. Juli 1995 nach den vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten der Beklagten noch nicht das 62. Lebensjahr vollendet hatte (§ 21 Abs 9 Satz 1 Nr 2 ALG), kann die Rückgabe des Unternehmens an sie nur dann als wirksame Abgabe angesehen werden, wenn der Kläger bereits damals unabhängig von der Arbeitsmarktlage erwerbsunfähig gewesen ist (§ 21 Abs 9 Satz 1 Nr 1 ALG). Hierfür reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht aus.
aa) Zwar ergibt sich die Erwerbsunfähigkeit des Klägers aus den vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten. Offen bleibt dabei jedoch, ob die Erwerbsunfähigkeit des Klägers arbeitsmarktunabhängig ist. Eine arbeitsmarktbedingte, für einen Rentenanspruch grundsätzlich ausreichende Erwerbsunfähigkeit besteht nach der Rechtsprechung des BSG, wenn gesundheitlich nur noch Teilzeitarbeit verrichtet werden kann, aber die Situation auf dem Arbeitsmarkt eine Erwerbstätigkeit nicht mehr zuläßt (BSG – Großer Senat ≪GS≫ – vom 11. Dezember 1969, BSGE 30, 167 = SozR Nr 79 zu § 1246 RVO; BSG – GS – vom 10. Dezember 1976, BSGE 43, 75 = SozR 2200 § 1246 Nr 13). Wird dem Versicherten innerhalb eines Jahres nach Antragstellung weder vom Rentenversicherungsträger noch von der Arbeitsverwaltung ein entsprechender Arbeitsplatz angeboten, ist der Arbeitsmarkt als verschlossen anzusehen. Einer näheren Prüfung des Teilzeitarbeitsmarktes bedarf es nicht, wenn nach Kenntnis und Erfahrung des Rentenversicherungsträgers bzw der Arbeitsverwaltung mit aller Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, daß dem Versicherten innerhalb eines Jahres ein entsprechender Arbeitsplatz nicht angeboten werden kann (BSG vom 10. Dezember 1976, BSGE 43, 75, 82 = SozR 2200 § 1246 Nr 13 S 41; Kamprad in Hauck, SGB VI Stand: Juli 1998, K § 44 RdNr 28).
bb) Nach dem von der Beklagten eingeholten Gutachten ist der Kläger noch in der Lage, unterhalbschichtig leichte bis selten mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen, ohne Zeitdruck, Zugluft und Tragen von Lasten über 25 kg auszuführen. Diesen Feststellungen läßt sich nicht entnehmen, ob eine die arbeitsmarktunabhängige Erwerbsunfähigkeit bedingende eingeschränkte Arbeitsfähigkeit von unter zwei Stunden täglich vorliegt. Nach den vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten hat die Beklagte es für unerheblich gehalten, ob die Erwerbsunfähigkeit des Klägers arbeitsmarktbedingt oder arbeitsmarktunabhängig ist. Damit besteht sowohl die Möglichkeit, daß der Kläger nicht mehr in der Lage gewesen ist, wenigstens zwei Stunden täglich zu arbeiten, als auch, daß die Beklagte aufgrund ihrer Erfahrungen davon ausgehen konnte, daß der Kläger in seinem Alter und mit seinen Fähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar gewesen ist.
cc) Gegen das gefundene Ergebnis greifen nicht die von der Beklagten im Hinblick auf § 13 Abs 1 Satz 2 iVm § 1 Abs 3 ALG vorgebrachten Bedenken durch. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist diese Regelung für den Kläger jedenfalls dann nicht einschlägig, wenn er – was noch festzustellen ist – unabhängig von der Arbeitsmarktlage erwerbsunfähig ist. Denn wenn die Erwerbsunfähigkeit unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage vorliegt, tritt keine Versicherungspflicht nach § 1 Abs 3 Satz 1 ALG ein. Nur solange die Erwerbsunfähigkeit vom Arbeitsmarkt abhängt, ist sie gem § 13 Abs 1 Satz 2 ALG als Leistungsgrund ausgeschlossen. Darüber hinaus bestünde spätestens ab 1. Juli 1995 für den Kläger ohnehin keine Versicherungspflicht nach § 1 Abs 3 ALG. Soweit die Ehefrau des Klägers als Mitunternehmerin oder ab 1. Januar 1995 durch die Rückgabe der Flächen Landwirtin iS des § 1 Abs 2 ALG war, hat sie diese Eigenschaft spätestens am 1. Juli 1995 verloren. Hierfür kommt es nicht auf die wirksame Abgabe an den Sohn, sondern allein auf die Aufgabe der Tätigkeit als Landwirt auf eigenes Risiko an, denn die Versicherungspflicht nach § 1 Abs 3 ALG besteht nur so lange, wie der Landwirt, von dem sich die Versicherungspflicht ableitet, die Voraussetzungen des § 1 Abs 2 ALG erfüllt, dh das Unternehmen tatsächlich betreibt.
dd) War der Kläger am 1. Juli 1995 noch nicht unabhängig von der Arbeitsmarktlage erwerbsunfähig, ist die Klage unbegründet und es bleibt bei dem von der Beklagten gewährten Rentenbeginn. Der Senat hat insoweit nicht darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen die Rechtsprechung des BSG zu § 2 Abs 4 und 6 GAL noch anzuwenden ist, die eine leistungswirksame Abgabe unter Eheleuten dann annahm, wenn der Ehegatte, an den die Flächen zurückgegeben werden, diese weitergibt und die Weitergabe den Anforderungen genügt, die das Gesetz an eine wirksame Abgabe stellt (vgl BSGE 35, 115, 117 f, mit Anm Kirchner, SGb 1973, 416, 417 f).
Da ein Rentenanspruch des Klägers nach § 13 Abs 1 ALG ab 1. Juli 1995 nur besteht, wenn der Kläger zu diesem Zeitpunkt unabhängig von der Arbeitsmarktlage erwerbsunfähig war, mußte die Sache an das LSG zurückverwiesen werden. Das LSG wird die fehlenden Feststellungen nachzuholen und auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen