Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. Juli 1995 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Kläger macht Kostenerstattung für die Fortführung einer kieferorthopädischen Behandlung durch einen Zahnarzt geltend, der im Laufe der Behandlung auf die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung verzichtet hat.
Der Kläger ist freiwilliges Mitglied der beklagten Ersatzkasse. Er hatte 1991 bei dem Zahnarzt Dr. S. eine kieferorthopädische Behandlung begonnen, nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 31. Juli 1991 den Behandlungsplan genehmigt und die Übernahme eines Zuschusses in Höhe von 80% der Vertragskosten sowie die Erstattung des verbleibenden Eigenanteils nach planmäßigem Behandlungsabschluß zugesagt hatte. Zum 1. Januar 1993 verzichtete Dr. S. ohne Abstimmung mit anderen Ärzten auf die Zulassung als Vertragszahnarzt (früher „Kassenzahnarzt”), erklärte sich aber bereit, die Behandlung nach vertragszahnärztlichen Grundsätzen zu Ende zu führen. Mit Schreiben vom 23. Februar 1993 setzte die Beklagte den Kläger vom Zulassungsverzicht in Kenntnis und lehnte eine Kostenübernahme für die Zeit nach dem am 31. März 1993 endenden Abrechnungsquartal ab. Trotz der Einwände des Klägers hielt sie daran in einem weiteren Schreiben vom 9. März 1993 und im Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 1993 fest.
Die Klage hatte keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 23. November 1993). Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Beklagte zur Kostenerstattung für die kieferorthopädische Behandlung bei Dr. S. für die Zeit vom 1. April 1993 bis zum 13. April 1994 nach Maßgabe des Heil- und Kostenplans in Höhe des Zuschusses nach § 29 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) verurteilt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, § 76 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V stehe dem Anspruch des Klägers aus § 29 SGB V nicht entgegen, weil der behandelnde Zahnarzt zu Beginn der Behandlung als Vertragszahnarzt zugelassen gewesen sei. Die ursprüngliche Zusage habe nicht aufgehoben werden dürfen. Zwar handle es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, und ein möglicher Anhörungsfehler sei jedenfalls mit der Durchführung des Widerspruchsverfahrens geheilt. Der Zulassungsverzicht des behandelnden Arztes sei aber keine wesentliche Änderung, weil die Beklagte verpflichtet sei, die Behandlungskosten bis zum Behandlungsabschluß zu bezuschussen. Ein Behandlerwechsel zum 1. April 1993 sei dem Kläger nicht zuzumuten gewesen, denn die in dem Verhältnis zwischen Krankenkasse und Arzt eingetretene Änderung dürfe nicht zu Lasten des Versicherten gehen. Bis zum geplanten Behandlungsabschluß hätten im April 1993 noch etwa fünfeinhalb Monate, also nur ein kleiner Teil der Gesamtbehandlungsdauer gefehlt; daß die Behandlung tatsächlich noch zwölf Monate gedauert habe, sei nicht vorauszusehen gewesen. Gegen die Zumutbarkeit eines Behandlerwechsels spreche auch die damit verbundene Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 29 Abs. 1, des § 76 Abs. 1 SGB V und des § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren (SGB X). Der Anspruch des Versicherten auf Übernahme von Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung sei auf die Behandlung durch Vertragszahnärzte beschränkt. Deshalb sei der Verzicht des behandelnden Arztes auf die Zulassung eine wesentliche Änderung. Zumutbarkeitsgesichtspunkte hätten keinen Niederschlag im Gesetz gefunden. Ein Notfall habe nicht vorgelegen, denn am Wohnort des Klägers praktiziere eine ausreichende Anzahl von zugelassenen Kieferorthopäden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 23. November 1993 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II.
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung begründet. Die Tatsachenfeststellungen des LSG reichen nicht aus, um über den Anspruch des Klägers abschließend zu entscheiden.
Streitgegenstand des Verfahrens ist ein Zuschuß in Höhe von 80% der Kosten, die dem Kläger für die kieferorthopädische Behandlung in der Zeit vom 1. April 1993 bis 13. April 1994 in Rechnung gestellt worden sein sollen und die dieser mit ca 2.019 DM beziffert hat. Seinen dem Wortlaut nach auf den Gesamtaufwand bezogenen Prozeßantrag hat das LSG zu Recht in diesem eingeschränkten Sinn verstanden. Anderenfalls wäre die Klage teilweise unzulässig, nämlich soweit sie die Erstattung des 20%igen Eigenanteils (vgl. § 29 Abs. 3 SGB V) beträfe, denn hierüber hat die Beklagte bisher keine Verwaltungsentscheidung getroffen. Kosten für die Behandlung bis zum 31. März 1993 sind nicht im Streit.
Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht. Insoweit gilt § 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der seit 1. März 1993 geltenden Fassung, denn die mündliche Verhandlung vor dem SG wurde am 23. November 1993 geschlossen (vgl. Art 14 Abs. 1 des Rechtspflege-Entlastungsgesetzes vom 11. Januar 1993, BGBl. I 50). Der Senat kann offenlassen, ob die Berufung wiederkehrende Leistungen (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) oder eine einmalige Leistung betrifft. Im letzteren Fall ist die Berufung nicht ausgeschlossen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 1.000 DM übersteigt. Streiten die Beteiligten um wiederkehrende Leistungen (hierzu BSG SozR 3-2200 § 182c Nr. 2 m.w.N. für den Kostenerstattungsanspruch bei Zahnersatzleistungen), ist das Rechtsmittel nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG ebenfalls statthaft. Denn der Kläger verlangt die Erstattung von Aufwendungen, die ihm durch die kieferorthopädische Behandlung in einem Zeitraum von mehr als einem Jahr entstanden sind.
Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage i.S. des § 54 Abs. 4 SGG zulässig; insbesondere hat der Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der zusätzlichen Leistungsklage. Wenn das Klagebegehren darauf gerichtet ist, eine Leistung zu erhalten, die vom Versicherungsträger ursprünglich bewilligt, dann aber entzogen wurde, ist zwar in der Regel die reine Anfechtungsklage die richtige Klageart (vgl. BSGE 59, 227, 228f. = SozR 4100 § 134 Nr. 29 S. 78f. m.w.N.). Hier ist aber fraglich, ob sich der erlassene bewilligende Verwaltungsakt wirklich auf den im Prozeß streitigen Anspruch auf Kostenerstattung bezieht und ob die Beklagte ihn aufzuheben hatte oder tatsächlich aufgehoben hat. Jedenfalls enthält der angefochtene Bescheid keine ausdrückliche Aufhebungsentscheidung. Unter diesen Umständen kann das Rechtsschutzbedürfnis für die Leistungsklage nicht verneint werden, weil der Kläger sonst Gefahr liefe, an verfahrensrechtlichen Hürden zu scheitern (ähnlich zur echten Leistungsklage, wenn ungeklärt ist, ob ein Verwaltungsakt zu ergehen hatte: BSGE 58, 54, 55 = SozR 5420 § 87 Nr. 1 S. 2, oder die Behörde keinen Verwaltungsakt erläßt: BSGE 57, 211, 212f. = SozR 1200 Art 2 § 18 Nr. 1 S. 1f.).
Ob der Kläger einen Anspruch auf Weiterbehandlung bei dem behandelnden Zahnarzt zu Lasten der Beklagten hatte, kann erst nach weiteren Ermittlungen entschieden werden. Das LSG hält den Anspruch wegen Erfüllung der Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 SGB V bei Beginn der Behandlung und wegen der Bindungswirkung des Bescheids vom 31. Juli 1991 für begründet. Dieser Auffassung folgt der Senat nicht.
Die Zusage der Beklagten bietet keine Rechtsgrundlage für den streitigen Anspruch. Die Erklärung, sich an den Aufwendungen der kieferorthopädischen Behandlung durch den behandelnden Zahnarzt zu „beteiligen”, bezieht sich zwar nicht nur – i.S. einer Zusicherung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X – auf einen noch zu erlassenden Verwaltungsakt, sondern auf die nach § 29 Abs. 1 SGB V zu gewährende Leistung, so daß die Anwendung von § 34 Abs. 3 SGB X nicht in Betracht kommt.
Die Bewilligung kann dennoch nur Ansprüche im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung, nicht aber den hier allein streitigen Anspruch auf Kostenerstattung für eine vom Versicherten bei einem Nichtvertragsarzt selbstbeschaffte Leistung auslösen. Mit ihr ist nicht eine kieferorthopädische Behandlung als solche, sondern die Behandlung durch einen bestimmten, in das System der Leistungserbringung der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogenen Zahnarzt zugesprochen. Nur dieser ist nach § 95 Abs. 3 SGB V i.V.m. dem von ihm aufgestellten und von der Krankenkasse genehmigten Behandlungsplan gehalten, die Behandlung wirklich durchzuführen, und hat eventuelle Verstöße gegen gesetzliche oder vertragliche Vorschriften gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) und damit mittelbar nach § 75 Abs. 1 SGB V auch gegenüber der Beklagten zu verantworten. Deshalb wird der behandelnde Zahnarzt in der Genehmigung des Behandlungsplans vom 31. Juli 1991 genannt und der Versicherte um Mitteilung gebeten, falls ein Wechsel beabsichtigt sei. Daß die Bewilligung an die Behandlung durch einen bestimmten Vertragszahnarzt geknüpft war, ergibt sich auch aus der vorgeschriebenen Art der Abwicklung der zugesagten Kostenbeteiligung: Kieferorthopädische Behandlungen werden nach dem Gebührentarif D zum Vertrag zwischen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und den Ersatzkassenverbänden (EKV-Zahnärzte) vergütet. Für die darin genannten Leistungen hat der Vertragszahnarzt nach § 10 Nr. 2 und 3 EKV-Zahnärzte (Stand: 1. Januar 1990) in Höhe der Kostenzusage der Krankenkasse nur einen Anspruch gegen die KZV und somit keinen Anspruch gegen den Versicherten (vgl. zur Rechtslage im Primärkassenbereich und deren mögliche Änderung Anfang 1989: BSGE 66, 165 = SozR 3-2200 § 182c Nr. 1; BSGE 66, 284 = SozR 3-2500 § 29 Nr. 1). Da nicht zugelassene Zahnärzte am Abrechnungsverfahren der KZV nicht teilnehmen, ist eine derartige Abwicklung außerhalb des Systems der vertragszahnärztlichen Versorgung nicht möglich. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte tatsächlich so verfahren ist. Nicht die Verwaltungspraxis, sondern die rechtlichen Rahmenbedingungen schließen es aus, die Genehmigung des Behandlungsplans als Zusage einer Kostenerstattung für selbstbeschaffte Leistungen zu verstehen.
Der Bewilligungsbescheid vom 31. Juli 1991 gilt nach seinem Sinn und nach der beschränkten Regelungsbefugnis der Beklagten nur für Behandlungen im Rahmen der von den gesetzlichen Krankenkassen zu verantwortenden Leistungserbringung. Ein Kostenerstattungsanspruch für außerhalb dieses Verantwortungsbereichs beschaffte Leistungen kann daraus nicht hergeleitet werden. Auf die Aufhebung dieser Bewilligung und die vorherige Anhörung kommt es nicht an. Begibt sich der Versicherte wegen einer sonstigen Erkrankung (beispielsweise am Herzen) in eine voraussichtlich langwierige Behandlung bei einem Vertragsarzt, ist die Krankenkasse an die anfangs veranlaßte Kostenübernahme ebenfalls nicht gebunden, wenn dieser Arzt seine Zulassung später zurückgibt; die erforderliche Genehmigung einer kieferorthopädischen Behandlung rechtfertigt grundsätzlich keine Abweichung. Ebensowenig wie bei sonstigen Behandlungen, die ohne vorherige Genehmigung gewährt werden, ist die Kasse im Zusammenhang mit einer vorherigen Genehmigung verpflichtet, auf die – nach den Erfahrungen bis zum Jahre 1992 eher entfernt liegende – Möglichkeit hinzuweisen, daß der Arzt auf die Zulassung verzichtet. Sollte der Zulassungsverzicht des Behandlers in Zukunft zu den üblichen Risiken einer längerdauernden Krankenbehandlung gehören, könnte es allerdings zweckmäßig sein, die anfängliche Kostenübernahme mit einem entsprechenden Hinweis zu verbinden.
Auch aus dem Gesetz läßt sich der streitige Anspruch grundsätzlich nicht herleiten. Der Kläger kann von der Beklagten nur die Übernahme von Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung verlangen, die von einem Vertragszahnarzt (früher: „Kassenzahnarzt”) durchgeführt wird. § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB V knüpft den Anspruch des Versicherten auf Kostenübernahme ausdrücklich daran, daß die kieferorthopädische Behandlung im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung durchgeführt wird. Diese Voraussetzung steht im Einklang mit der Bedeutung, die der in § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V angeordneten Beschränkung der freien Arztwahl auf die zur vertrags (zahn) ärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte für die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung zukommt. Unter Hinweis hierauf hat der Senat entschieden, daß freiwillig Versicherten auch durch § 13 Abs. 2 SGB V in der vom 1. Januar 1993 an geltenden Fassung nicht das Recht eingeräumt ist, einen Nichtvertragsarzt oder ein nicht zugelassenes Krankenhaus auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen in Anspruch zu nehmen (Urteile vom 10. Mai 1995 – 1 RK 14/94 = BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 7 und vom 23. November 1995 – 1 RK 5/94, zur Veröffentlichung bestimmt). Die dort aufgezeigten Gesichtspunkte gelten auch für kieferorthopädische Behandlungen. Insbesondere hat der Senat bereits dort auf § 85 Abs. 4b SGB V in der vom 1. Januar 1993 an geltenden Fassung über die Minderung des Vergütungsanspruchs ab einer bestimmten Gesamtpunktmenge des jeweiligen Zahnarztes hingewiesen und aus der Einbeziehung von Kostenerstattungen in die Berechnung der Punktmengen geschlossen, daß Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nur durch Vertragszahnärzte erbracht werden dürften. Mit § 85 Abs. 4b SGB V soll nicht nur der Aufwand für den einzelnen Behandlungsfall gesenkt, sondern gleichzeitig – zur globalen Kostenbeschränkung – der Ausweitung des Praxisumfangs der Vertragszahnärzte entgegengewirkt werden. Dieser Zweck würde jedoch vereitelt, wenn kieferorthopädische Behandlungen auch von nicht zugelassenen Zahnärzten erbracht werden dürften. Denn Gesamtpunktmengen können nach dem System der vertragsärztlichen Vergütung sowie nach dem Wortlaut des § 85 Abs. 4b Satz 1 SGB V nur bei Vertragszahnärzten gebildet werden. Dem in § 85 SGB V konkretisierten Teilaspekt des Wirtschaftlichkeitsgebots kann deshalb die Bereitschaft des Zahnarztes, die Behandlung nach vertragsärztlichen Bedingungen zu Ende zu führen, nicht entgegengehalten werden, denn dies betrifft nur die Wirtschaftlichkeit des einzelnen Behandlungsfalles. Dasselbe gilt von der Befürchtung des Klägers, ein Behandlerwechsel hätte Mehrkosten verursacht.
Entgegen der Auffassung des LSG gilt die Beschränkung des Versicherten auf die Inanspruchnahme von Vertragsärzten für alle ärztlichen Maßnahmen unabhängig davon, ob sie durch einen besonderen Plan zu einer eigenständigen „Behandlung” zusammengefaßt sind oder nicht. Auch wenn ein solcher Plan vorliegt, kann die Zuordnung von Einzelmaßnahmen zur ursprünglich geplanten „Behandlung” schwierig sein, wenn unvorhergesehene Schwierigkeiten auftreten, die beispielsweise eine ergänzende Zwischen- oder Weiterbehandlung erfordern. Konsequenterweise gibt weder § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V noch § 29 SGB V einen Anhalt dafür, daß die Arztwahl nur solange auf Vertragsärzte beschränkt sei, wie die Behandlung noch nicht begonnen hat oder nicht wesentlich fortgeschritten ist. Vielmehr nimmt § 76 SGB V gerade nicht darauf Bezug,wofür ein Vertragsarzt gewählt wird. Auch die Einbeziehung des Arztwechsels in die Regelungen des § 76 SGB V (vgl. Abs. 3) hängt nicht davon ab, ob die bisherige Behandlung abgeschlossen ist oder nur weitergeführt werden soll. § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB V spricht von einer Behandlung „im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung” und bringt dadurch zum Ausdruck, daß die Bindung an das Vertragsarztsystem weiterreicht als die eigentliche Behandlung. Gerade bei der kieferorthopädischen Behandlung hat der Gesetzgeber durch die Übergangsvorschrift des Art 60 Gesundheits-Reformgesetz (GRG) deutlich gemacht, daß die durch den Behandlungsplan geschaffene größere Geschlossenheit als bei anderen Behandlungen eine Ausnahme von den allgemeinen Regeln über die Erheblichkeit von Rechtsänderungen bei laufenden Behandlungsfällen grundsätzlich nicht rechtfertigt. Die Eigenschaft als Vertragszahnarzt während einer schon fortgeschrittenen kieferorthopädischen Behandlung ist genauso erheblich wie zu deren Beginn.
Auch der Einwand, für eine Behandlung gelte ausschließlich das Recht, das zu ihrem Beginn gegolten habe, vermag kein anderes Ergebnis zu rechtfertigen; die hierzu für den Fall der Gesetzesänderung entwickelte Rechtsprechung (BSGE 49, 68, 70 = SozR 2200 § 205 Nr. 28 S. 63; vgl. dazu auch BSGE 70, 31, 33ff. = SozR 3-2500 § 48 Nr. 1 S. 3ff.) ist hier nicht einschlägig. Denn der Zwang zur Inanspruchnahme von Vertragsärzten (damals „Kassenärzte”) bestand schon 1991, als die hier fragliche Behandlung begonnen wurde. Zwar gab es § 85 Abs. 4b SGB V noch nicht, aber schon damals bezog sich die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V auch auf die Verordnungsweise des Arztes insgesamt und nicht nur auf den einzelnen Behandlungsfall. Art 61 GRG mag Kostenerstattungen seitens der Ersatzkassen in weiterem Umfang zugelassen haben als das seit dem 1. Januar 1993 geltende Recht (zweifelnd BSGE 70, 170, 178 = SozR 3-2200 § 321 Nr. 1 S. 10); solche Erstattungen können sich nach der Rechtsprechung zu § 13 Abs. 2 SGB V (Urteile vom 10. Mai – SozR 3-2500 § 13 Nr. 7 – und 23. November 1995 – 1 RK 5/94) jedoch nicht auf Behandlungen durch Nichtvertragsärzte bezogen haben.
Die Inanspruchnahme eines Nichtvertragsarztes zu Lasten der Beklagten war auch nicht ausnahmsweise durch § 95b Abs. 3 SGB V erlaubt. Danach müssen Ärzte, die nach § 95b Abs. 1 SGB V auf die Zulassung als Vertragsarzt verzichtet haben, Behandlungen zu Lasten und zu den Bedingungen der gesetzlichen Krankenversicherung durchführen. Ein Fall des organisierten Zulassungsverzichts i.S. dieser Regelung liegt nach den Feststellungen des LSG nicht vor. Auf eine weitergehende Durchbrechung des Vertragsarztprinzips kann aus dieser Regelung nicht geschlossen werden. Denn in § 95b SGB V geht es ausschließlich um die Sicherstellung der Krankenversorgung des Versicherten, wenn die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung durch kollektive Leistungsverweigerung gefährdet wird (BT-Drucks 12/3608 S. 95f.). Dieser Hintergrund der gesetzlichen Regelung läßt ihre Ausdehnung auf den Fall des Verzichts eines einzelnen Arztes nicht zu. Im übrigen kann ein Kostenerstattungsanspruch auf diese Vorschrift wohl schon deshalb nicht gestützt werden, weil § 95b Abs. 3 Satz 3 SGB V einen Vergütungsanspruch des Arztes gegen den Versicherten ausschließt, so daß erstattungsfähige „Kosten” gar nicht entstehen.
Jedoch könnte der Kläger nach den Sondervorschriften für Notfälle berechtigt gewesen sein, sich von seinem nicht mehr zugelassenen Zahnarzt weiterbehandeln zu lassen und die Erstattung der Kosten von der Beklagten zu verlangen. Nach § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V können nicht zugelassene Ärzte nur in Notfällen zu Lasten der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. § 13 Abs. 3 SGB V läßt eine Kostenerstattung zu, wenn eine unaufschiebbare Leistung von der Krankenkasse nicht rechtzeitig erbracht werden kann oder wenn eine Leistung zu Unrecht abgelehnt wurde. Das schließt nach der Rechtsprechung Kostenerstattungen für außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung beschaffte Leistungen mit ein, soweit ein zugelassener Leistungserbringer nicht rechtzeitig oder gar nicht zur Verfügung steht (zum damaligen § 13 Abs. 2 SGB V: BSGE 73, 271, 286f. = SozR 3-2500 § 13 Nr. 4 S. 25f.; vgl. auch, seinerzeit allerdings unter dem Gesichtspunkt des Herstellungsanspruchs: BSGE 53, 144, 148ff. = SozR 2200 § 182 Nr. 80 S. 156ff.). In der Auslegung durch die Rechtsprechung enthält § 13 Abs. 3 SGB V somit eine nähere Umschreibung des in § 76 Abs. 1 SGB V erwähnten Notfalls und dehnt die Zulässigkeit der Inanspruchnahme von Nichtvertragsärzten über den Fall der besonders akuten Gesundheitsgefährdung hinaus auf Sachverhalte aus, in denen dem Versicherten aus anderen Gründen der Zugang zu einem zugelassenen Leistungserbringer versperrt ist (Systemversagen). Unabhängig davon, daß kieferorthopädische Behandlungen nur zum Teil wie eine Sachleistung erbracht werden, müssen diese Grundsätze auch hier gelten, denn für eine Unterscheidung nach der Leistungsart sind Anhaltspunkte in § 13 Abs. 3 SGB V nicht enthalten und sachliche Gründe nicht erkennbar.
Ob nach § 13 Abs. 3 SGB V die Voraussetzungen einer Kostenerstattung für Leistungen außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung vorliegen, hat das LSG nicht geprüft. Zwar hat es eine wesentliche Änderung nach § 48 SGB X verneint, weil dem Kläger keine ausreichende Zeit zum Behandlerwechsel zur Verfügung gestanden habe; das bedarf im Rahmen von § 13 Abs. 3 SGB V jedoch der Überprüfung. Dieser Gesichtspunkt stützt den Anspruch des Klägers nur, wenn die Weiterbehandlung als unaufschiebbar beurteilt werden muß, denn nur dann ist dem Versicherten der Zugang zum Nichtvertragsarzt auch ohne vorherige Einschaltung der Krankenkasse eröffnet. Im Zweifel ist zwar eine vom Vertragsarzt vorgeschlagene und von der Krankenkasse genehmigte kieferorthopädische Behandlung unaufschiebbar zumindest in dem Sinne, daß der medizinische Erfolg durch Verzögerungen nicht gefährdet werden darf (vgl. nochmals BSGE 73, 271, 287 = SozR 3-2500 § 13 Nr. 4 S. 26f.). Gerade bei solchen Behandlungen ist jedoch denkbar, daß sie in bestimmten Stadien ohne wesentlichen Nachteil vorübergehend unterbrochen werden können und dem Versicherten schon deshalb genügend Zeit zur Verfügung stand, einen neuen Zahnarzt zu wählen oder – zumindest – die Entscheidung der Krankenkasse nach § 13 Abs. 3 Alt 2 SGB V einzuholen.
Wie lange die Suche nach einem neuen Vertragszahnarzt im Frühjahr 1993 voraussichtlich gedauert hätte und ob im konkreten Behandlungsstadium eine möglicherweise dadurch verursachte Verzögerung den Erfolg gefährdet hätte, hat das LSG jedoch nicht festgestellt. Dabei ist beispielsweise auch zu berücksichtigen, ob die besondere Art der Behandlung des Klägers oder eine eventuelle Überlastung der erreichbaren Vertragszahnärzte die Übernahme der Behandlung zum erforderlichen Zeitpunkt erschwert hätte.
Offen ist bisher auch, ob dem Versicherten für die neue Arztwahl oder die Einschaltung der Kasse nur die Zeit zwischen der Mitteilung der Beklagten bis zur medizinisch notwendigen Fortsetzung der Behandlung oder aber ein längerer Zeitraum zur Verfügung stand. Eine die Durchbrechung des Leistungssystems rechtfertigende Eilbedürftigkeit, von der hier frühestens im März 1993 ausgegangen werden kann, hat sich der Versicherte möglicherweise selbst zuzuschreiben. Bei pflichtgemäßem Verhalten des behandelnden Zahnarztes hätte der Versicherte nämlich bereits wesentlich früher von dem Verlust der Zulassung erfahren müssen. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (= Zahnärzte-ZV, früher: „Zulassungsordnung”) muß die Verzichtserklärung im Regelfall dem Zulassungsausschuß ein volles Kalendervierteljahr vor dem Eintritt der Wirksamkeit zugehen, das wäre hier spätestens der 30. September 1992 gewesen. Bei Nachweis der Unzumutbarkeit kann die Frist nach Satz 2 der genannten Vorschrift verkürzt werden. Wann Dr. S. die Verzichtserklärung abgegeben hat und er seine Patienten hierüber spätestens informieren mußte und ob und in welcher Form er sie tatsächlich informiert hat, kann bei der Entscheidung nicht unberücksichtigt bleiben. Denn davon hängt es ab, welcher Zeitraum dem Versicherten – eventuell nach Rücksprache mit der Beklagten – für die Arztwahl wirklich zur Verfügung stand und wer von den Beteiligten gegebenenfalls für einen zu kurzen Zeitraum einzustehen hat: Der Versicherte wegen Untätigkeit, die Beklagte wegen Systemversagens nach § 13 Abs. 3 SGB V oder der Zahnarzt wegen Verletzung des Behandlungsvertrags nach § 76 Abs. 4 SGB V (zur Haftung des Vertragsarztes für Beratungsfehler gegenüber dem Kassenpatienten vgl. BGHZ 124, 128 = LM BGB § 823 ≪Aa≫ Nr. 154 mwN; zur Hinweispflicht bei Zweifeln an der Kostenübernahme durch die Versicherung: BGH LM BGB § 276 ≪Ca≫ Nr. 27; OLG Düsseldorf VersR 1985, 458). Die in diesem Zusammenhang zu beantwortenden Rechtsfragen können zwar Art und Notwendigkeit der weiteren Ermittlungen beeinflussen; dennoch läßt der Senat sie zunächst offen, weil noch nicht abzusehen ist, inwiefern sie sich nach dem tatsächlichen Verlauf wirklich stellen. Ähnliches gilt für den Fall, daß sich bestimmte Punkte nicht mehr aufklären lassen.
Der noch aufzuklärende tatsächliche Verlauf kann es auch als zweckmäßig erscheinen lassen, Dr. S. nach § 75 Abs. 1 SGG zum Rechtsstreit beizuladen. Um eine notwendige Beiladung nach § 75 Abs. 2 SGG handelt es sich allerdings nicht, denn eventuelle Ansprüche zwischen dem Versicherten und seinem Zahnarzt betreffen nicht den Streitgegenstand des Verfahrens, sondern allenfalls Vorfragen des streitigen Kostenerstattungsanspruchs gegen die Beklagte (vgl. dazu BSG SozR 3-4100 § 134 Nr. 7 S. 17f.; SozR 1500 § 75 Nr. 71). Im neuen Berufungsverfahren sollte außerdem erörtert werden, wie ein weiterer Rechtsstreit, nämlich über den Versichertenanteil nach § 29 Abs. 3 SGB V, vermieden werden kann.
Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Fundstellen
Haufe-Index 605831 |
BSGE, 227 |
NJW 1996, 2454 |
Breith. 1996, 833 |
SozSi 1997, 117 |