Entscheidungsstichwort (Thema)

Entlassung (Beamter auf Probe). Mitwirkung des Personalrats an Entlassung (Beamter auf Probe) auf Antrag des Beamten. Vorherige Kenntnisgabe von beabsichtigter Maßnahme

 

Leitsatz (amtlich)

1. Fehlerhaftigkeit der Entlassung eines Beamten auf Probe bei unterbliebener vorheriger Unterrichtung über die beabsichtigte Maßnahme, wenn daraufhin kein Antrag auf Mitwirkung der Personalvertretung gestellt wird.

2. Anforderungen an die personalvertretungsrechtlich vorgeschriebene vorherige Unterrichtung über die beabsichtigte Maßnahme.

 

Normenkette

Landesbeamtengesetz Baden-Württemberg – F. 1971 – § 38 Nr. 2; BBG § 31 Abs. 1 Nr. 2; Landesbeamtengesetz Baden-Württemberg § 90; BBG § 79; Landespersonalvertretungsgesetz Baden-Württemberg (LPVG) – F. 1975 – § 75 Abs. 2 S. 2; Landespersonalvertretungsgesetz Baden-Württemberg (LPVG) § 80 Abs. 1 Nr. 4; Landespersonalvertretungsgesetz Baden-Württemberg (LPVG) § 80 Abs. 2 S. 3; BPersVG § 78 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 S. 2 [2. Halbs.]

 

Verfahrensgang

VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 25.08.1981; Aktenzeichen 4 S 1670/80)

VG Karlsruhe (Entscheidung vom 11.06.1980; Aktenzeichen VII 622/77)

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25. August 1981 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

 

Tatbestand

I.

Der 1932 in Polen geborene Kläger wurde mit Wirkung vom 22. August 1973 am Slawischen Institut der Universität Heidelberg zum Akademischen Rat z.A. im Beamtenverhältnis auf Probe des beklagten Landes berufen.

Auf eine Anfrage der Universität befürwortete das Direktorium des Slawischen Instituts im August 1974 eine Ernennung des Klägers zum Beamten auf Lebenszeit nicht: Es hege Zweifel an der wissenschaftlichen Qualifikation des Klägers. Auch bestünden Bedenken gegen seine Lehrbefähigung. Im Mai 1975 erstellte der Geschäftsführende Direktor des Instituts eine Beurteilung über den Kläger: Sein Unterricht entspreche nicht dem fachlichen Richtziel für das Polnische an einem Slawischen Institut. Im Juli 1975 bat die Universität das Kultusministerium um die Entlassung des Klägers.

Es kam mehrfach zu Auseinandersetzungen zwischen dem Kläger und Angehörigen des Slawischen Instituts, zu Dienstaufsichtsbeschwerden des Klägers gegen zwei Professoren des Instituts, ferner zu einem rechtskräftigen Strafbefehl gegen den Kläger wegen Beleidigung eines dieser Professoren.

Mit Bericht vom 13. Februar 1976 an das Kultusministerium beantragte die Universität die Entlassung des Klägers. In dem Bericht ist ausgeführt, von einer fachlichen Eignung des Klägers könne nicht ausgegangen werden. Ferner sind die genannten Vorfälle näher dargestellt. Weiter ist hervorgehoben, der Kläger habe im Wintersemester 1975/76 sein Lehrdeputat eigenmächtig herabgesetzt. Mit Erlaß vom 1. April 1976 teilte das Ministerium dem Kläger den Antrag nebst zusammengefaßter Begründung mit und gab ihm Gelegenheit zur Äußerung bis zum 15. April 1976; danach werde es über den Antrag entscheiden. Der Kläger nahm mit Anwaltsschreiben vom 30. April 1976, beim Ministerium eingegangen am 3. Mai 1976, Stellung.

Mit Verfügung vom 30. April 1976, dem Kläger persönlich zugestellt, entließ das Kultusministerium den Kläger nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 des Landesbeamtengesetzes (LBG) zum 30. Juni 1976. Auf den Widerspruch des Klägers mit der Begründung, die Verfügung hätte dem bevollmächtigten Rechtsanwalt zugestellt werden müssen, hob das Kultusministerium durch Verfügung vom 16. August 1976, zugestellt am 17. August 1976, die Entlassungsverfügung vom 30. April 1976 auf (Ziff. 1). Zugleich sprach es nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 LBG die Entlassung des Klägers mit Ablauf des Monats September 1976 aus (Ziff. 2). Zur Begründung der Entlassung gab es an: Der Kläger habe sich in der Probezeit nicht für das Amt eines Akademischen Rats bewährt. Dies ergebe sich aus der Beurteilung seiner dienstlichen Leistung und aus den von der Universität berichteten Vorfällen. Auch habe er im Wintersemester 1975/76 sein Lehrdeputat eigenmächtig herabgesetzt, ferner im Wintersemester 1973/74 Lehrveranstaltungen ausfallen lassen, ohne die zuständigen Stellen davon zu unterrichten. Bei Abwägung der dienstlichen und seiner persönlichen Belange sei er zu entlassen. Den Widerspruch des Klägers wies das Ministerium mit Bescheid vom 7. März 1977 zurück. Es gab weiter an, der Kläger habe auch im Wintersemester 1975/76 Lehrveranstaltungen ausfallen lassen. Seit Mai 1976 sei er dem Dienst ferngeblieben, ohne seine Vorgesetzten über die Gründe dieses Verhaltens zu verständigen.

Auf die Klage mit dem Antrag, die Entlassungsverfügung vom 16. August 1976 (Ziff. 2 des Bescheids) und den Widerspruchsbescheid vom 7. März 1977 aufzuheben, hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe durch Zwischenurteil auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 8. November 1978 dem Kläger hinsichtlich der Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Durch Urteil auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11. Juni 1980 hat es der Klage stattgegeben: Das Kultusministerium hätte klären müssen, ob das augenfällig abnorme Fehlverhalten des Klägers auf einer seelischen und geistigen Erkrankung beruhe, die seine Dienstunfähigkeit herbeigeführt habe, und hätte bejahendenfalls die – wegen einer Versorgung dem Kläger günstigeren – Möglichkeiten einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit oder einer Entlassung wegen Dienstunfähigkeit in Erwägung ziehen müssen.

Die Berufung des Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg durch das auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25. August 1981 ergangene angefochtene Urteil zurückgewiesen. Zur Begründung hat er – nach eingehender Prüfung und Bejahung der Prozeßfähigkeit des Klägers – insbesondere ausgeführt: Die Entlassung des Klägers sei wegen eines Verfahrensfehlers rechtswidrig und aufzuheben, ohne daß ihre sachliche Rechtmäßigkeit zu erörtern sei.

Nach § 80 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 und mit § 80 Abs. 1 Nr. 4 des Landespersonalvertretungsgesetzes – LPVG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 1975 (GBl. S. 693) sei der Kläger von der beabsichtigten Entlassung rechtzeitig vorher in Kenntnis zu setzen gewesen. Dieses Gebot habe der Beklagte nicht beachtet.

Das Anhörungsschreiben vom 1. April 1976 genüge dem Gebot nicht. Die in der Vorschrift genannte „Absicht”, eine Maßnahme zu erlassen, setze einen Abschluß der behördlichen Willensbildung dergestalt voraus, daß die Dienststelle an sich – vorbehaltlich etwaiger Einwendungen des Personalrats im Fall seiner Beteiligung – die Entscheidung treffen wolle. Denn nur und erst dann sei der Beschäftigte aufgerufen, die Beteiligung des Personalrats zu beantragen. Dem Beschäftigten müsse deshalb eine konkrete Absicht in diesem Sinne mitgeteilt werden. Das sei in dem Anhörungsschreiben des Ministeriums – das auch keine Rechtsgrundlage einer Entlassung angebe – nicht geschehen. Das Ministerium habe den Kläger lediglich von dem Antrag der Universität, ihn zu entlassen, und von der hierfür gegebenen Begründung der Universität verständigt, ohne sich selbst zu dem Antrag zu äußern. – Auch vor der (zweiten) Entlassungsverfügung vom 16. August 1976 sei dem Kläger nicht in diesem Sinne die Absicht der Entlassung mitgeteilt worden.

Die Entlassung eines Beamten auf Probe sei fehlerhaft, wenn der Beamte nicht, wie vorgeschrieben, von der beabsichtigten Entlassung vorher in Kenntnis gesetzt worden sei und deshalb nicht die Beteiligung des Personalrats habe beantragen können. Der Verfahrensverstoß sei auch erheblich. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß das Ministerium eine andere Entscheidung in der Sache getroffen hätte, wenn der Kläger rechtzeitig vorher in Kenntnis gesetzt und auf seinen Antrag hin ein Verfahren unter Mitwirkung des Personalrats durchgeführt worden wäre. Zumindest hätte sich das Entlassungsverfahren erheblich verzögert, wenn die Personalvertretung Einwendungen erhoben hätte.

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision erstrebt das beklagte Land weiterhin die Abweisung der Klage. Es rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Der Kläger hat (neue) Prozeßbevollmächtigte bestellt, die sich aber nicht zur Sache geäußert haben.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Revision bleibt ohne Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht die angegriffene, sachlich auf § 38 Nr. 2 des Landesbeamtengesetzes Baden-Württemberg in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Mai 1971 – LBG a.F. – (GBl. S. 225) gestützte Entlassungsverfügung als rechtswidrig angesehen, weil der Beklagte den Kläger nicht vorschriftsmäßig von der beabsichtigten Maßnahme vorher in Kenntnis gesetzt hat.

Diese Auslegung und Anwendung der hierfür maßgeblichen Vorschriften des Landespersonalvertretungsrechts ist vom Revisionsgericht gemäß § 127 Nr. 2 BRRG nachzuprüfen. Bei der Entlassung des Klägers hatte gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 4 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Baden-Württemberg (Landespersonalvertretungsgesetz – LPVG –) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 1975 (GBl. S. 693) auf Antrag des Klägers die zuständige Personalvertretung mitzuwirken (§ 72 LPVG); der Kläger war gemäß § 80 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG von der beabsichtigten Maßnahme rechtzeitig vorher in Kenntnis zu setzen. Diese Vorschriften des Landespersonalvertretungsgesetzes, die regeln, ob und in welcher Weise der Personalrat an einer beamtenrechtlichen Maßnahme zu beteiligen ist, sind materiell dem Landesbeamtenrecht zuzuordnen; ihre Auslegung und Anwendung unterliegt daher gemäß § 127 Abs. 2 BRRG der revisionsgerichtlichen Prüfung (vgl. BVerwGE 66, 291 [292]; Beschluß vom 10. Juni 1977 – BVerwG 2 B 15.77 – [Buchholz 230 § 127 BRRG Nr. 34]). Dies gilt auch für eine Bestimmung, die – wie hier – für Fälle der von einem Antrag des Beamten abhängigen Beteiligung der Personalvertretung an einer Personalangelegenheit vorschreibt, daß der Beamte von der beabsichtigten Maßnahme in Kenntnis zu setzen ist.

Fehlt es bei der Entlassung eines Beamten an der vorgeschriebenen Beteiligung der Personalvertretung, so ist sie fehlerhaft und auf fristgerechte Anfechtung durch den betroffenen Beamten aufzuheben (vgl. BVerwGE 66, 291 [294] mit weiteren Nachweisen). Ein zur Rechtswidrigkeit der Entlassung führender Fehler kann sich bei einer von einem Antrag des Beamten abhängigen Beteiligung der Personalvertretung auch dann ergeben, wenn für das Unterlassen der Antragstellung seitens des Beamten eine Verletzung der personalvertretungsrechtlichen Unterrichtungspflicht durch die Dienststelle ursächlich ist oder sein kann. Das ist hier der Fall.

Allerdings vermag der Senat nicht der Meinung des Berufungsgerichts zu folgen, das Anhörungsschreiben des Kultusministeriums vom 1. April 1976 komme deshalb nicht als Unterrichtung im Sinne der §§ 80 Abs. 2 Satz 3, 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG in Betracht, weil es nicht zum Ausdruck bringe, daß die Behörde bereits die Absicht zur Entlassung gefaßt habe; dies sei erst der Fall, wenn die Behörde, vorbehaltlich etwaiger Einwendungen des Personalrats, bereits zur Entlassung entschlossen sei. Träfe diese Meinung zu, so könnte die Unterrichtung insbesondere nicht gleichzeitig mit der – jetzt in § 28 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für Baden-Württemberg (Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG –) vom 21. Juni 1977 (GBl. S. 227 = § 28 Abs. 1 VwVfG) ausdrücklich vorgeschriebenen – Anhörung des betroffenen Beamten erfolgen, da diese nur sinnvoll ist, wenn der Dienstherr jedenfalls noch bereit ist, etwaige Einwendungen des Betroffenen bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen. Die §§ 80 Abs. 2 Satz 3, 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG nennen indessen keinen bestimmten Zeitpunkt für diese Unterrichtung. Soweit die Anknüpfung an die „beabsichtigte Maßnahme” für die Deutung spricht, es müsse die – behördenintern endgültige – „Absicht” bereits gefaßt sein, weisen demgegenüber die Worte „rechtzeitig vorher” in die Richtung einer möglichst frühzeitigen Unterrichtung. Diese entspricht auch dem Schutzzweck der Vorschrift und vermeidet eine – für beide Seiten belastende – sachlich nicht erforderliche Verzögerung der Entscheidung.

Gleichwohl stellt sich das angefochtene Urteil im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Das Anhörungsschreiben des Kultusministeriums vom 1. April 1976 genügte nicht zugleich den Anforderungen an die nach §§ 80 Abs. 2 Satz 3, 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG erforderliche Unterrichtung über die beabsichtigte Entlassung, weil eine solche weitere Bedeutung des Schreibens nicht erkennbar war.

§ 80 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG enthält zwar keine nähere Regelung über die Art und Weise der Unterrichtung. Insbesondere ist eine Belehrung des Beschäftigten über sein Recht, die Beteiligung der Personalvertretung zu beantragen, nicht ausdrücklich vorgeschrieben. Die Unterrichtungspflicht schließt auch nicht etwa zwangsläufig einen ausdrücklichen Hinweis auf das Antragsrecht mit ein. Eine Belehrung über das Antragsrecht ist grundsätzlich auch nicht durch die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn geboten. Die Auffassung in der Begründung zum Entwurf des Bundespersonalvertretungsgesetzes, es entspreche der Fürsorgepflicht des Dienstvorgesetzten, den betroffenen Bediensteten bei der Unterrichtung über die beabsichtigte Maßnahme darauf hinzuweisen, daß er die Beteiligung des Personalrats beantragen kann (vgl. BT-Drucks. 7/176, S. 34 [Einzelbegründung zu § 75 des Entwurfs]), die in der personalvertretungsrechtlichen Literatur geteilt wird (vgl. Dietz-Richardi, Bundespersonalvertretungsgesetz [2. Aufl. 1978], Band 2 § 77 Rz 12; Fischer-Goeres in Fürst, GKÖD Band V, Teil 2, K § 76 Rz 54, § 77 Rz 6, § 78 Rz 23, 28; Lorenzen-Eckstein, Bundespersonalvertretungsgesetz [4. Aufl., Stand: Mai 1983], § 78 RdNr. 58, 60; vgl. auch Weinmann, ZBR 1975, 136 [137] sowie OVG Münster, ZBR 1983, 239 [240]), hat im Gesetz selbst keinen Niederschlag gefunden. Sie findet auch in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine Stütze: Hiernach folgt aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht keine generelle Verpflichtung des Dienstherrn, seine Beamten über alle sich aus ihrem Dienstverhältnis ergebenden Rechtsfragen und über die für sie einschlägigen Vorschriften zu belehren (vgl. BVerwGE 44, 36 [44]; 52, 70 [79]; Urteile vom 9. März 1967 – BVerwG 2 C 4.67 – [Die Personalvertretung 1969, 61] und vom 16. April 1970 – BVerwG 8 C 183.67 – [Buchholz 238.4 § 46 SG Nr. 5, insoweit in BVerwGE 35, 146 nicht abgedruckt]; Beschluß vom 15. November 1979 – BVerwG 2 B 64.78 – [Buchholz 238.4 § 31 SG Nr. 14]; vgl. auch Urteile vom 30. April 1970 – BVerwG 6 C 45.66 – [Buchholz 232 § 181 b BBG Nr. 2] und vom 15. Dezember 1980 – BVerwG 6 C 58.78 – [Buchholz 235 § 6 BBesG Nr. 20]). Diese Grundsätze gelten auch in bezug auf die Befugnis des Beamten, bei einer ihn betreffenden Personalmaßnahme die Beteiligung der zuständigen Personalvertretung zu beantragen.

Für die Beurteilung der Art und Weise der gesetzlich vorgeschriebenen Unterrichtung über die beabsichtigte Maßnahme ist indes der rechtliche Zusammenhang, in dem sie angeordnet ist, von maßgeblicher Bedeutung. Die Unterrichtung ist dem Dienstherrn durch das Personalvertretungsgesetz als selbständige Pflicht neben einer beamtenrechtlich oder verwaltungsverfahrensrechtlich vorgeschriebenen Anhörung aufgegeben. Sie hat nicht – wie die Anhörung – zum Ziel, dem Beamten Gelegenheit zu geben, sich gegenüber dem Dienstherrn zu dem ihm mitgeteilten Sachverhalt zu äußern. Vielmehr verfolgt sie den davon getrennten Zweck, den Beschäftigten zu dem nach dem Personalvertretungsgesetz in seiner Entscheidungsfreiheit liegenden Entschluß zu veranlassen, ob die Personalvertretung in seiner Angelegenheit in einem Beteiligungsverfahren zwischen ihr und der Dienststelle tätig werden soll, in dem nicht in erster Linie seine Individualinteressen, sondern vornehmlich das Wohl aller Beschäftigten und die Verhältnisse in der Dienststelle als Ganzes die Richtschnur des personalvertretungsrechtlichen Handelns darstellen (vgl. Beschluß vom 23. Dezember 1982 – BVerwG 6 P 36.79 – [Buchholz 238.31 § 79 BaWüPersVG Nr. 2 = ZBR 1983, 307, 308]; vgl. auch §§ 67, 68 Abs. 1 sowie § 2 LPVG), oder ob er zur Abwehr eines Eindringens in seine Persönlichkeitssphäre auf eine Einschaltung der Personalvertretung verzichten und deshalb den zum Schutz seiner individuellen Rechtsstellung einer Beteiligung der Personalvertretung vorgeschalteten Antrag (vgl. hierzu BT-Drucks. 7/16, S. 26 [Allgemeine Begründung]; Fischer-Goeres a.a.O., K § 76 Rz 54, § 78 Rz 20; Lorenzen-Eckstein a.a.O., § 75 RdNr. 95) nicht stellen will. Diesem Zweck wird eine Unterrichtung nur gerecht, wenn der Beschäftigte klar erkennen kann, daß er die dargestellte Entscheidung über sein personalvertretungsrechtliches Antragsrecht nunmehr zu treffen hat. Die Hinweiswirkung, von der der Gesetzgeber ersichtlich ausgegangen ist, kann eine Unterrichtung zwar auch ohne ausdrückliche Belehrung über das Antragsrecht entfalten. Erforderlich ist, daß die Maßnahme nach Inhalt und Grund so konkret bezeichnet ist, daß dem Beschäftigten für seine Entschließung, ob er vom Antragsrecht Gebrauch machen will oder nicht, eine klare Grundlage geboten wird. Einer Mitteilung dieses Inhalts kommt, wenn sie für sich allein erfolgt, schon aus sich heraus die erforderliche Hinweiswirkung hinsichtlich des Antragsrechts zu. Ist dem Beschäftigten nicht bekannt, warum er von der beabsichtigten Maßnahme vorher in Kenntnis gesetzt wird, so liegt es nahe, daß er sich erkundigt. – Verbindet aber die Dienststelle die Unterrichtung mit der aus einem anderen Rechtsgrund gebotenen Anhörung, so ist die personalvertretungsrechtlich gebotene Hinweiswirkung nur gewährleistet, wenn kenntlich gemacht ist, daß der Beschäftigte durch die der Anhörung dienenden Mitteilung zugleich auch gemäß dem Personalvertretungsrecht von der beabsichtigten Maßnahme in Kenntnis gesetzt wird.

Letzteres ist hier nicht geschehen. Mit dem Erlaß des Beklagten vom 1. April 1976 wurde dem Kläger die vor einer Entlassung gebotene Gelegenheit zur Äußerung gegenüber dem Dienstherrn zu dem ihm mitgeteilten Sachverhalt gegeben. Aus dem Erlaß war für den Kläger nicht erkennbar, daß der Beklagte ihn damit zugleich auch im Hinblick auf sein Recht, die Beteiligung der Personalvertretung zu beantragen, von der beabsichtigten Maßnahme in Kenntnis setzen wollte.

Das Unterbleiben einer ordnungsgemäßen Kenntnisgabe war nach dem festgestellten Sachverhalt für die angegriffene Entlassungsverfügung auch erheblich. Der Kläger hat sich ausweislich des im Berufungsurteil in Bezug genommenen erstinstanzlichen Urteils auf die mangelnde Gelegenheit zur Stellung des Antrags auf Beteiligung des Personalrats berufen (S. 19 der Urteilsausfertigung erster Instanz). Es ist nicht auszuschließen, daß nach Stellung dieses Antrags der Personalrat Einwendungen erhoben und dies zu einer anderen Entscheidung des Beklagten geführt hätte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

 

Unterschriften

Fischer, Dr. Franke, Dr. Lemhöfer, Sommer, Dr. Müller

 

Fundstellen

Haufe-Index 1530529

BVerwGE, 197

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Krankenhaus Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge