Entscheidungsstichwort (Thema)

Umdeutung. Personalvertretung. Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Keine Umdeutung der fristlosen Entlassung eines Beamten auf Probe in eine fristgerechte, wenn die verfahrensmäßigen Voraussetzungen einer fristgerechten Entlassung nicht gegeben waren.

2. Der Beamte wird bei einer Entlassung nur dann im Sinne von § 80 Abs. 2, Satz 3, § 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG „von der beabsichtigten Maßnahme” unterrichtet, wenn die Unterrichtung dahin zu verstehen ist, daß er nicht fristlos, sondern fristgerecht entlassen werden soll.

 

Normenkette

LBG §§ 43, 46; BBG § 31; LPVG § 80 Abs. 2; BPersVG § 78 Abs. 2; VwVfG § 47

 

Verfahrensgang

VG Freiburg i. Br. (Urteil vom 27.06.1989; Aktenzeichen 6 K 48/88)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. Juni 1989 – 6 K 48/88 – geändert, soweit die Klage abgewiesen worden ist. Die Entlassungsverfügung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 25. Februar 1987 in der Fassung der Änderungsverfügung vom 27. Juni 1989 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszuge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der am … geborene Kläger – der verheiratet ist und drei Kinder hat – wurde am 1.3.1979 in die Bereitschaftspolizei des beklagten Landes eingestellt und unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Polizeiwachtmeister ernannt. Am 7.2.1980 wurde ihm die Eigenschaft eines Beamten auf Probe verliehen. Nach Bestehen der Laufbahnzwischenprüfung für den mittleren uniformierten nichttechnischen Polizeivollzugsdienst wurde er am 1.9.1980 zum Polizeioberwachtmeister ernannt. Im Januar 1982 legte er die Laufbahnprüfung für den mittleren Dienst der Schutzpolizei ab (Gesamtnote „ausreichend”). Am 2.2.1982 wurde er zum Polizeihauptwachtmeister (Besoldung nach Besoldungsgruppe A 6) ernannt. Er war ab 1.9.1980 in den Polizeieinzeldienst versetzt und dem Polizeirevier … – Streifendienst – zugewiesen worden. Ab 15.4.1986 wurde er zum Polizeirevier … – Streifendienst – abgeordnet.

Unter dem 27.11.1985 leitete die Polizeidirektion … gegen den Kläger disziplinarrechtliche Vorermittlungen ein; es bestehe der Verdacht eines Dienstvergehens, weil der Kläger seit 1983 in erheblichem Umfang weit über seine wirtschaftlichen Möglichkeiten hinaus Verbindlichkeiten eingegangen sei. In dem am 17.3.1986 erstellten vorläufigen Ergebnis der Vorermittlungen wurden dem Kläger (u.a.) diesbezüglich Verstöße gegen seine Beamtenpflichten vorgehalten. Unter dem 27.3.1986 nahm die Staatsanwaltschaft … gegen den Kläger strafrechtliche Ermittlungen wegen Verdachts des Betrugs auf. Im Hinblick darauf setzte die Polizeidirektion … unter dem 1.4.1986 die disziplinarrechtlichen Vorermittlungen aus. In dem – auch auf die Ehefrau des Klägers erstreckten – strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gelangte die Kriminalpolizei in einem Schlußbericht vom 12.12.1986 zu dem Ergebnis, in 16 Fällen sei der Verdacht des Betrugs insbesondere durch Eingehen von Zahlungsverpflichtungen trotz Zahlungsunfähigkeit gegeben; derzeit bestünden gegen den Kläger und seine Ehefrau noch Gläubigerforderungen von insgesamt 405.356,83 DM. Unter dem 4.3.1988 erhob die Staatsanwaltschaft … beim Amtsgericht … gegen den Kläger und seine Ehefrau Anklage wegen Betrugs; der Kläger wurde angeschuldigt, 8 Vergehen des Betrugs und 4 Vergehen des gemeinschaftlichen Betrugs begangen zu haben. Mit Beschluß vom 17.5.1988 ließ das Amtsgericht unter Eröffnung des Hauptverfahrens die Anklage zu. In der Hauptverhandlung am 21.10.1988 stellte es das Verfahren gemäß § 153 a StPO unter Erteilung von Auflagen vorläufig ein. Mit Beschluß vom 23.12.1988 erfolgte die endgültige Einstellung.

Mit Schreiben vom 19.1.1987 – durch Aushändigung am 5.2.1987 gemäß § 5 Abs. 1 LVwZG zugestellt – hatte das Regierungspräsidium Freiburg dem Kläger unter Hinweis insbesondere auf den Bericht über das Ergebnis der disziplinarrechtlichen Vorermittlungen vom 17.3.1986 und den kriminalpolizeilichen Schlußbericht vom 12.12.1986 mitgeteilt, es beabsichtigte, ihn nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 LBG aus dem Polizeivollzugsdienst zu entlassen. Am Ende des Schreibens hieß es:

„Die Entlassung ist gemäß § 46 Abs. 3 LBG ohne Einhaltung einer Frist möglich.

Sie erhalten hiermit Gelegenheit, sich innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieses Schreibens zu der beabsichtigten Maßnahme zu äußern. Wir weisen noch darauf hin, daß Sie die Mitwirkung der Personalvertretung im Entlassungsverfahren beantragen können (§ 80 Abs. 1 Nr. 4 Landespersonalvertretungsgesetz).”

Unter dem 11.2.1987 erklärte der Kläger darauf anwaltlich, eine Äußerung könne nicht vor dem 1.3.1987 erfolgen. Unter dem 16.2.1987 räumte das Regierungspräsidium eine Äußerungsfrist bis 24.2.1987 ein; die zu treffende Entscheidung sei äußerst dringlich. Mit Anwaltsschreiben vom 23.2.1987 wandte der Kläger sich gegen die beabsichtigte Entlassung, wobei er eine Beteiligung des Personalrats nicht erwähnte.

Mit Verfugung vom 25.2...

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