Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmungsverweigerung. Pflicht zur Prüfung von Teilzeitbeschäftigung. Auswahlrichtlinien. Erledigung im Beschlussverfahren
Leitsatz (redaktionell)
Der Arbeitgeber ist gesetzlich angehalten, im Rahmen des Besetzungsverfahrens zu prüfen, ob die Besetzung mit einer Teilzeitkraft erfolgen soll.
Die Verletzung dieser Prüfpflicht berechtigt den Betriebsrat zur Verweigerung der Zustimmung zu einer beabsichtigten Einstellung, wenn der Arbeitgeber kein plausibles Konzept deutlich machen kann, das eine Teilzeittätigkeit auf der betroffenen Stelle ausschließt.
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 2, 4; TzBfG § 7 Abs. 1; ArbGG § 83a Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Beschluss vom 10.01.2003; Aktenzeichen 6 BV 18/02) |
Nachgehend
Tenor
I.
Auf die Beschwerde des BR wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Mannheim/HD vom 10.01.2003 – 6 BV 18/02 – abgeändert:
Der Antrag der AGin, die vom BR verweigerte Zustimmung zur Einstellung der Frau D. G. zu ersetzen, wird zurückgewiesen.
II.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A.
Die Verfahrensbeteiligten streiten über die Erteilung der Zustimmung des Beteiligten Ziff. 2 (BR) zur Einstellung der Arbeitnehmerin D. G. als Mitarbeiterin in der Abteilung technischer Service, Eingruppierung entsprechend Vergütungsgruppe VI b BAT.
I.
Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der S.-Gruppe (S. R. H.). Die S.-Gruppe befasst sich schwerpunktmäßig mit der Förderung behinderter Menschen im Bereich der Bildung und Ausbildung und unterhält entsprechende Einrichtungen. Die am Verfahren beteiligte Arbeitgeberin (AGin) ist ein Dienstleistungsunternehmen der überbetrieblichen Berufsausbildung überwiegend für behinderte junge Menschen mit medizinischen, therapeutischen, psychologischen, sozialpädagogischen und pflegerischen Serviceangeboten.
Die Abteilung technischer Service ist zuständig für Bau- und Instandhaltungsmaßnahmen, die an den von der AGin genutzten (eigenen und gemieteten) Immobilien sowie an Immobilien von mitbetreuten Schwesterunternehmen anfallen. Dies sind etwa neben dem Berufsbildungswerk eine Schule, ein Krankenhaus sowie Wohnheime, hinzu kommen entsprechende Immobilien von Schwesterunternehmen. Abteilungsleiter ist ein Herr S. Für Frau D. G. ist eine Stellvertreterin vorgesehen. Außerdem sind drei weitere Sachbearbeiterinnen in der Abteilung.
Eine Ausschreibung der in Streit stehenden Stelle erfolgte am 01.07.2002 (Stellenbeschreibung Nr. 31/02). Auszugsweise lautet der Inhalt der Stellenausschreibung wie folgt:
Das Aufgabengebiet umfasst:
- alle anfallenden Sekretariatsarbeiten,
- Auftragsabrechnung,
- Kostenkontrolle,
- Rechnungsprüfung.
Wir erwarten:
- einen IHK-Abschluss im kaufmännischen Bereich oder eine abgeschlossene Ausbildung als Bankkauffrau/mann mit Berufserfahrung,
- Erfahrungen mit MS Office und SAP-R3,
- sicheres, teamorientiertes Auftreten sowie eine hohe Belastbarkeit und Zuverlässigkeit.
II.
Die AGin beantragte mit Schreiben vom 07.08.2002 (vgl. Vor.A. Bl. 5) beim BR die Zustimmung zur Einstellung der Frau D. G. Der BR verweigerte die Zustimmung mit Schreiben vom 13.08.2002 (vgl. Vor.A. Bl. 6/7). Seinen „Widerpsruch” hat der BR u. a. wie folgt begründet:
”Die Stelle wurde zu 100% ausgeschrieben. Eine Teilzeitstelle wurde von der Abteilungsleitung abgelehnt, obwohl Frau H. und Frau S. und Herr L. auch an einer Teilzeitstelle Interesse gehabt haben. Durch die Ablehnung der Teilzeitmöglichkeit wurden die behinderten Bewerberinnen nicht nur benachteiligt, es wurde auch direkt gegen ein Gesetz verstoßen.
Weiterhin rügt der Betriebsrat, dass die Stelle nicht entsprechend in anderen Betrieben ausgeschrieben wurde, wie es die neu abgeschlossene Betriebsvereinbarung vorsieht.”
Bereits mit Ausschreibung vom 12.02.2002 (Stellenausschreibung Nr. 9/02, ABl. 69) hatte die Arbeitgeberin eine entsprechende Stelle – „Bearbeiter/in für unseren technischen Service” – ausgeschrieben und hierauf beim BR die Zustimmung zur Einstellung von Frau D. G. beantragt gehabt. Diesbezüglich hatte der BR bereits am 27.06.2002 (vgl. Vor.A. Bl. 12 ff) die Zustimmung verweigert. Die AGin beendete diesen Stellenbesetzungsvorgang. Es folgte die Stellenausschreibung vom 01.07.2002.
Mit Schriftsatz vom 06.09.2002 hat die AGin sodann beim Arbeitsgericht beantragt, die verweigerte Zustimmung zur Einstellung der Frau G. zu ersetzen. Gleichzeitig ist ein Dringlichkeitsantrag nach § 100 Abs. 2 S. 3 BetrVG gestellt worden.
Das Arbeitsgericht hat den gestellten Anträgen mit Beschluß vom 10.01.2003 in vollem Umfang stattgegeben. Hinsichtlich der Zustimmungsersetzung hat sich das Arbeitsgericht den von der Arbeitgeberin vorgebrachten Argumenten angeschlossen. Im Wesentlichen ist ausgeführt, dass ein Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne des § 99 Abs. 2 Ziff. 1 bzw. Ziff. 5 BetrVG nicht darin gesehen werden könne, dass die Stelle nicht als Teilzeitarbeitsplatz gem. § 7 Abs. 1 TzBfG ausgeschrieben gewesen sei. Dabei könne dahinstehen, ob die Stelle als Teil...