Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Einwand des Arbeitgebers auf das Verringerungsgesuch des Arbeitnehmers, keine geeignete zusätzliche Arbeitskraft finden zu können, ist beachtlich, wenn er nachweist, dass eine dem Berufsbild des Arbeitnehmers entsprechende zusätzliche Arbeitskraft auf dem für ihn maßgeblichen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht.
2. Bei einer längeren Einarbeitungszeit der Ersatzkraft als 3 Monate ist von einem unzumutbaren Aufwand für den Arbeitgeber auszugehen.
Normenkette
TzBfG § 8 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Göttingen (Urteil vom 01.08.2002; Aktenzeichen 2 Ca 359/01) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des ArbG Göttingen vom 01.08.2002 – 2 Ca 359/01 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob die vollzeitbeschäftigte Klägerin Anspruch auf Reduzierung ihrer Arbeitszeit hat.
Die Klägerin ist seit dem 01.05,1993 im M. für … in G. beschäftigt. Sie ist z. Z. als Vollzeitarbeitnehmerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden in der Abteilung molekulare Zellbiologie tätig. Innerhalb der Abteilung gibt es eine eigene Arbeitsgruppe Entwicklungsbiologie, in der neben dem Abteilungsleiter regelmäßig zwei wissenschaftliche Mitarbeiter sowie drei Studenten/Doktoranden tätig sind. Dieser Arbeitsgruppe steht nach dem Stellenplan des Instituts eine technische Angestellte zur Verfügung.
Mit Schreiben vom 31.01.2001 verlangte die Klägerin die Verringerung ihrer Arbeitszeit mit Wirkung vom 01.05.2001 auf 25 Stunden. Am 08.02.2001 fand zwischen den Parteien ein Gespräch über das Teilzeitverlangen der Klägerin statt. An diesem Gespräch nahmen neben dem Leiter der Abteilung molekulare Zellbiologie, der Leiter der Arbeitsgruppe Entwicklungsbiologie, der Personalleiter sowie die Klägerin teil. Einzelheiten des Gesprächs sind zwischen den Parteien streitig.
Mit Schreiben vom 27.02.2001 lehnte der Beklagte das Teilzeitbegehren der Klägerin ab. Zur Begründung führte er aus, die Arbeit der Klägerin sei hochgradig spezialisiert und erfordere eine lange Einarbeitungszeit. Der Arbeitsbereich der Klägerin sei mit den Aktivitäten aller Gruppenmitglieder stark vernetzt und könne aus organisatorischen Gründen nicht ersetzt werden. Zudem gehe es nicht allein um die Erledigung eines Arbeitspensums, sondern um die systematische Durchführung von komplexen Versuchen mit ineinander geschachtelten Aufgaben. Solche Arbeitsabläufe könnten nicht beliebig unterbrochen und in die Hände anderer Personen übergeben werden. Es sei erforderlich, dass für diese Aufgaben eine technische Angestellte permanent während der dienstplanmäßigen Arbeitszeit für die Wissenschaftler der Arbeitsgruppe zur Verfügung stehe. Schließlich sei ein der Klägerin gleichwertiger Ersatz für eine Arbeitszeit von 13,5 Stunden nicht zu gewinnen.
Die Klägerin hat behauptet, die von ihr ausgeübte Tätigkeit könne nach bestimmten Arbeitssequenzen unterbrochen und am nächsten Tag weitergeführt bzw. am selben Tag anderen Personen übertragen werden. Die ihr übertragene technische Assistenz könne ohne weiteres auf zwei Teilzeitkräfte verteilt werden.
Die Versuchseinheiten seien in der Regel nach spätestens 5 Stunden abgeschlossen, meistens sogar früher. Eine zweite Teilzeitkraft könne, wenn sie um 13.00 Uhr ihren Arbeitsplatz verlasse, im fliegenden Wechsel an ihren Arbeitsplatz gehen und dort die Herstellung der Kulturen fortführen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, die Zustimmung zur Reduzierung der Arbeitszeit der Klägerin im Institut des Beklagten für … in G. von 38,5 Stunden pro Woche auf 25 Stunden pro Woche mit einer Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage Montag bis Freitag von jeweils 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr zu erteilen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, die der Klägerin obliegenden Tätigkeiten könnten nicht beliebig unterbrochen und einer anderen Kraft übertragen werden. Die wichtigste experimentelle Schiene, die die Klägerin zu bearbeiten habe, beginne mit der Inkubation von Bruteiern, die zum vorausberechneten Zeitpunkt geöffnet und auf das Embryonalstadium überprüft werden müssten. Dieses Stadium hänge von vielen Parametern ab und könne nicht schematisiert werden. Eine Verlängerung der Inkubation könne daher je nach Entwicklungsstadium erforderlich werden, so dass sich nachfolgende Arbeiten zeitlich nach hinten verschieben. Dafür sei jedenfalls die Verfügbarkeit eines vollen Arbeitstages erforderlich. Gerade bei der Übergabe der von der Klägerin vorbereiteten Arbeiten an die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Abteilung zum Zwecke der weiterführenden Experimente sei es erforderlich, dass die Klägerin den wissenschaftlichen Mitarbeitern den Stand und die Chronologie der angelegten Kulturen erläutere. Die anspruchsvollen wissenschaftlic...