Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz und Schmerzensgeldansprüche wegen Mobbing. Sonstiges
Leitsatz (amtlich)
1. Ansprüche auf Schadensersatz- und Schmerzensgeld wegen Arbeitsunfähigkeit, die der Arbeitnehmer auf Mobbing zurückführt, können nur begründet sein, wenn der Arbeitnehmer zumindest Pflichtwidrigkeiten des Arbeitgebers oder ihm nach § 278 oder § 831 BGB zurechenbarer Arbeitskollegen belegen kann.
2. Fehlerhafte Weisungen des Vorgesetzten, wie die Arbeitsleistung zu erbringen ist, stellen keine Pflichtwidrigkeiten dar. Der Arbeitgeber ist auch nicht aus Gründen der Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer gehalten, die sachliche Richtigkeit der Weisungen des Vorgesetzten zu überprüfen.
3. Nimmt der Arbeitnehmer sich die fehlerhaften Weisungen so zu Herzen, dass er hiervon arbeitsunfähig wird, bestehen keine Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber.
4. Befindet sich der Arbeitnehmer bereits im Stadium der Arbeitsunfähigkeit, so bedarf es besonderer Darlegungen dafür, dass weitere behauptete Pflichtwidrigkeiten des Arbeitgebers oder des Vorgesetzten kausal für das Weiterbestehen der psychischen und psychosomatischen Erkrankungen des Arbeitnehmers sind.
Normenkette
BGB § 280 analog, § 286 analog, § 325 analog, § 326 analog, §§ 278, 823, 831
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Urteil vom 21.09.1999; Aktenzeichen 9 Ca 11312/96) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers vom 15.02.2001 hin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg – Az. 9 Ca 11312/96 – vom 21.09.1999 teilweise abgeändert:
Die Beklagte hat an den Kläger EUR 257,69 (in Worten: Euro zweihundertsiebenundfünfzig 69/100) nebst 4% Zinsen hieraus seit 04.01.1997 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche auf Schmerzensgeld und sonstigen Schadensausgleich wegen behaupteten Mobbings und über sonstige Schadensersatzansprüche.
Der Kläger war bei der Beklagten seit 10.09.1990 als Verwaltungsangestellter beschäftigt. Hierbei schloss er eine am 01.09.1991 begonnene Ausbildung als Verwaltungsfachwirt im Februar 1994 mit entsprechender Prüfung ab. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages Anwendung. Das Aufgabengebiet des Klägers, der in der Stadtkämmerei tätig war, umfasste auch das Beitragswesen. Er war seit Bestehen der Prüfung dem damaligen Stadtkämmerer Y. und dem damaligen 1. Bürgermeister Z. unterstellt.
Bereits im Jahr 1992 brachte der Kläger gegenüber dem Vorgesetzten und dem 1. Bürgermeister zum Ausdruck, dass seiner Ansicht nach die von der Gemeinde versandten Wasser- und Kanalherstellungsbescheide an einem zu Gunsten der Beklagten wirkenden Fehler litten, weil die jeweilige Geschossflächenzahl entgegen der von der Beklagten erlassenen Satzung falsch berechnet sei. Auch entsprechende Widerspruchsbescheide seien fehlerhaft. Auf Weisung des Stadtkämmerers bereitete der Kläger dennoch seiner Ansicht nach falsche Bescheide und Widerspruchsbescheide nach der vom Stadtkämmerer festgelegten Berechnungsmethode vor bzw. erließ und unterzeichnete diese.
In der Folge kam es zwischen den Parteien zu einigen arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten. Zunächst wurde die Beklagte verurteilt, den Kläger ab März 1994 in die Vergütungsgruppe VI b Fallgr. 1a BAT einzugruppieren.
Mit Schreiben vom 04.10.1994 (Anlage 8 zur Berufungsbegründung, Bl. 525 ff. d.A.) beantragte der Kläger gegenüber dem 1. Bürgermeister, ihm die Zuständigkeit für die Beitragsbescheide für die Baumaßnahmen an der städtischen Kläranlage zu entziehen. Er begründete dies mit im einzelnen dargestellten Angriffen und Verleumdungen aus der Bevölkerung und seitens einzelner Stadträte, Veröffentlichungen in der örtlichen Presse und ihm zugefügten Beschädigungen an seinem Wohnhaus, seinem Auto und seinem Fahrrad. Eine Versetzung erfolgt nicht. Mit Schreiben vom 25.01.1995 (Anlage 9 ebenda, Bl. 529 ff. d.A.) wandte sich der Kläger in einem vertraulichen Schreiben an die Mitglieder bzw. Stadträte des Rechnungsprüfungsausschusses der Stadt und erläuterte, dass und warum die Geschossflächenzahlen in den Bebauungsgebieten seiner Ansicht nach fehlerhaft zugrunde gelegt wurden. Gleichzeitig bat er die Mitglieder, sich mit der Problematik zu befassen. Mit Schreiben vom 05.03.1995 (Anlage 10 ebenda, Bl. 533 ff. d.A.) schrieb der Kläger anlässlich einer Stadtratssitzung, auf der seine Anliegen auf der Tagesordnung standen, an die Stadträte der Beklagten. Hierbei schilderte er nochmals seinen Werdegang und die mit seinem Vorgesetzten Y. aufgetretenen Probleme. In der Folge rügten auch die SPD-Fraktion und die Fraktion der Jungen Liste die Berechnungsweise bezüglich des Geschossflächenansatzes.
Die Beklagte erteilte dem Kläger unter dem 19.10.1994 und dem 23.12.1994 zwei Abmahnungen wegen einer Dienstaufsichtsbeschwerde des Gemeindebürgers S.. Auf die vom Kläger hiergegen gerich...