Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gegen den Arbeitgeber wegen einer durch die betriebliche Tätigkeit des Arbeitnehmers verursachten Gesundheitsbeschädigung
Leitsatz (redaktionell)
Macht ein Arbeitnehmer Schadensersatzansprüche wegen einer durch die betriebliche Tätigkeit verursachten Gesundheitsbeschädigung geltend, so hat er substantiiert darzulegen, dass ein zur Herbeiführung eines Schadens geeigneter ordnungswidriger Zustand vorlag (hier: verneint).
Normenkette
BGB §§ 611, 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 01.02.2017; Aktenzeichen 4 Ca 1465/15) |
Tenor
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 01.02.2017 - 4 Ca 1465/15 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob der Klägerin gegenüber der Beklagten Ansprüche auf die Zahlung von Schmerzensgeld und Verdienstausfall wegen einer durch die betriebliche Tätigkeit der Klägerin verursachten Gesundheitsbeschädigung zustehen.
Die Klägerin ist aufgrund schriftlichen Vertrages vom 10.08.2009 als Ausbilderin im X-werk des Beklagten in W. beschäftigt. Sie ist Arbeitspädagogin und Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung. 2014 hat die Klägerin ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 2962,18 € erhalten. Die Klägerin arbeitet mit lernbehinderten und psychisch beeinträchtigten Jugendlichen, mit einer Gruppenstärke von 8 Teilnehmern. Die Teilnehmer verbringen 11 Monate in der Berufsvorbereitung und können dann - ihre Eignung vorausgesetzt - eine Berufsausbildung beginnen.
Die Klägerin war in den Jahren 2010 bis 2012 im Bereich der Hauswirtschaft tätig. Sodann wechselte sie in die Ausbildungsgruppe der Maler. Im Dachstudio Maler war die Klägerin von Anfang 2013 bis ca. Juni 2014 eingesetzt. Der Wechsel erfolgte nach Darstellung des Beklagten aufgrund des ausdrücklichen Wunsches der Klägerin, der sich auch darauf erstreckte, sich in dem Dachstudio ihren Arbeitsplatz einrichten zu dürfen. Dies geschah sodann einvernehmlich nach Absprache mit Herrn A., dem Ehemann und zugleich Vorgesetzten der Klägerin.
Nachdem die Klägerin angezeigt hatte, dass sie in diesen Räumlichkeiten nicht verbleiben könne, wurde sie in anderen Räumlichkeiten untergebracht. Zugleich wurden mit ihr ab Juni 2014 Gespräche geführt, sie in einen anderen Bereich zu versetzen. Die Klägerin sollte danach nicht mehr für Maler- und Lackierer zuständig sein, sondern für die Hauswirtschaft. Die Klägerin war damit jedoch nicht einverstanden. Anschließend erkrankte sie dauerhaft, so dass diese Maßnahme nicht umgesetzt werden konnte.
Im Juli 2014 hat der Beklagte Raumluftgutachten betreffend das Tapezierstudio eingeholt. Ein raumhygienisches Gutachten zur Belastung von Innenräumen durch Formaldehyd untersuchte die Innenraumbelastung des Tapezierstudios. Ergebnis der Untersuchung war, dass die ermittelte Formaldehydkonzentration im Bereich der normalen Innenraumbelastung und deutlich unter dem vom ehemaligen Bundesgesundheitsamt empfohlenen Richtwert liegt (Bl. 55-57 d. A.). Ein raumhygienisches Gutachten zur Belastung von Innenräumen durch Holzschutzmittelwirkstoffe/Organochlorverbindungen kommt zu dem Ergebnis, dass die ermittelnden Raumluftkonzentrationen an Lindan und Dichlofluanid unter dem Vorsorgewert liegt, der im Jahresmittel nicht überschritten werden sollte (Bl. 59 - 63 d. A.). Ein weiteres raumhygienisches Gutachten vom gleichen Tag zur Belastung von Innenräumen durch Schimmelpilze/Hefen kommt zu dem Ergebnis, dass keine auffällige Belastung der Raumluft der Schimmelpilze/Hefen zu ermitteln gewesen ist (Bl. 64 - 67 d. A.). Ein raumlufthygienisches Gutachten zur VEC-Belastung (leicht flüchtige organische Verbindungen) in Innenräumen vom 25.07.2014 (Bl. 68 - 76 d. A.) kommt zu dem Ergebnis, dass die ermittelte Gesamtkonzentration an leicht flüchtigen organischen Verbindungen (TVEC) als überdurchschnittlich zu bewerten ist und im Bereich der Stufe 3 des Beurteilungskonzepts des Bundesumweltsamt liegt. Die Stufe 3 dieses Beurteilungskonzepts stellt eine auffällige Belastung dar, die nur befristet tolerierbar ist. Es wird in diesem Fall eine nur befristete Nutzung empfohlen sowie eine Nachkontrolle der Richtwerteüberschreitung (vgl. Bl. 76 d. A.).
Die Klägerin wies im Jahr folgende Abwesenheitszeiten wegen Arbeitsunfähigkeit auf: 2010: 18 Tage, 2011: 226 Tage, 2012: 44 Tage, 2013: 66 Tage, 2014: 196 Tage. Im Kalenderjahr 2015 hat sie vollständig arbeitsunfähig gefehlt. Ausweislich eines Bescheides der Rentenversicherung vom 08.09.2015 hat sie eine befristete Erwerbsminderungsrente rückwirkend zum 01.03.2015 zugesprochen erhalten.
Die Klägerin hat vorgetragen,
bei ihr liege aufgrund der beruflichen Anamnese und Krankheitssymptomatik ein MCS (Multiple-Chemical-Sensitivity)-Syndrom vor. Dies ergebe sich aus dem - von ihr unstreitig vorgelegten - ärztlichen Attest der Allgemeinärztin Dr. G. ,vom 03.06.2015, h...