Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung eines a. o. Professors. Auswahl bei Besetzung einer freien Professur
Leitsatz (redaktionell)
Hinweise der Geschäftsstelle:
Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätze in 7-facher Ausfertigung bei dem Bundesarbeitsgericht einzureichen.
Normenkette
KSchG § 1; BGB § 162; SHEG § 50
Verfahrensgang
ArbG Leipzig (Urteil vom 19.08.1999; Aktenzeichen 9 Ca 11639/97) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 19.08.1999 – 9 Ca 11639/97 – wird auf Kosten des Beklagten
zurückgewiesen.
2. Die Revision wird für den Beklagten zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zwischen ihnen mit Schreiben des Beklagten vom 29.09.1997.
Der am … geborene verheiratete Kläger steht seit … im Hochschuldienst, zunächst an der …, als Hochschuldozent, ab 01.09.1988 als außerordentlicher Professor (Bl. 11 d. A.). Nach Auflösung der … zum 30.09.92 gingen deren Aufgaben und die Durchführung der Auflösung auf die neu gegründete …, einer Fachhochschule, über (§ 8 SächsHStrG vom 10.04.92, SächsGVBl. S. 161 ff.). Deren Stellen wurden aufgrund von Ausschreibungen in den Jahren 1993/94 besetzt. Die Bewerbungen des Klägers auf … wurden nicht berücksichtigt (siehe Bl. 100 bis 102 d. A.). Die Stellen wurden vielmehr nach einem Berufungsverfahren an externe Bewerber vergeben.
Die auf den Sonderkündigungstatbestand des Einigungsvertrages „mangelnde persönliche Eignung” gestützte Kündigung des Beklagten vom 21.12.1992 wurde im Kündigungsschutzverfahren für unwirksam erklärt (letztinstanzliche Entscheidung des BAG vom 21.11.1996 – 8 AZR 92/95 –).
Gemäß rechtskräftigem Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 15.09.1998 (Az.: 7 Sa 893/97, siehe Bl. 28 bis 34 d. A.) waren auch eine zweite Kündigung vom 01.11.1993 und eine dritte Kündigung vom 24.11.1993, jeweils gestützt auf den Kündigungstatbestand des Einigungsvertrages „mangelnder Bedarf” unwirksam.
Gegenstand vorliegenden Rechtsstreits ist eine weitere, auf betriebsbedingte Gründe gestützte, Kündigung mit Schreiben des Direktors der HTWK vom 29.09.1997, dem Kläger zugegangen am selben Tage, zum 31.03.1998 (Bl. 14 d. A.). Der zuvor mit Schreiben vom 19.09.1997 (Bl. 73 bis 77 d. A.) angehörte Personalrat der Hochschule hatte gegen die Kündigungsabsicht keine Einwendungen erhoben (siehe Schreiben vom 24.09.1997, Bl. 81 d. A.).
Der Beklagte hat in erster Instanz die Kündigung mit Schreiben vom 29.09.1997 wie folgt begründet:
Der Kündigungsgrund beruhe auf einer Neustrukturierung nach dem Sächsischen Hochschulerneuerungsgesetz (SHEG) und dem Sächsischen Hochschulstrukturgesetz. Als außerordentlicher Professor habe der Kläger den arbeitsrechtlichen Status eines Oberassistenten, nicht eines Professors nach den §§ 48 ff. SHEG inne. Die befristet zugewiesenen 95 Stellen zur Abwicklung der Studiengänge der … seien 1996 ausgelaufen. Es bestünde kein weiterer Bedarf für den Kläger. Bei der … habe sich der Beklagte für fachlich geeignetere Bewerber entschieden. Außerdem handele es sich hier um Beförderungsstellen. Zur Zeit bestünde eine Überhangkapazität von ca. 34 Lehrstunden in der Woche. Außer den ordentlichen Professoren werde bei der … kein wissenschaftliches Personal beschäftigt. Deshalb sei auch eine Sozialauswahl entbehrlich gewesen.
Der Kläger hat mit am 20.10.1997 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage die Ansicht vertreten, es lägen keine betriebsbedingten Gründe für die Kündigung vor. Die Besetzung von drei Professorenstellen durch externe Bewerber sei unzulässig. Es läge eine Austauschkündigung zu Lasten des Klägers vor. Der Kläger sei auch für die Stellen qualifiziert. Bei der … werde der gesamte Bereich der Mathematik gelehrt, ohne dass es auf eine bestimmte Spezialisierung ankomme. Der Beklagte habe eine Sozialauswahl unterlassen und den Personalrat nicht ordnungsgemäß angehört.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Rektors der … vom 29.09.1997 nicht aufgelöst worden ist.
- Im Falle des Obsiegens zu 1. das beklagte Land zu verurteilen, dem Kläger ab Verkündigung des Urteils über den Antrag zu 1. frühestens ab 01.04.1998 zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 19.08.1999 der Klage stattgegeben, dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sowie den Streitwert auf DM 31.398,14, berechnet nach vier Bruttomonatsverdiensten des Klägers in Vergütungsgruppe I b BAT-O, festgesetzt. Es hat in den Entscheidungsgründen, auf welche im Übrigen Bezug genommen wird (Bl. 110 bis 115 d. A.), u. a. ausgeführt, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, der Beklagte habe die Eignung des Klägers für vier Professorenstellen nicht bestritten und sich lediglich für fachlich „geeignetere” Bewerber entschieden, somit sei nicht mangelnder Bedarf oder eine Strukt...