Rz. 6
Nach § 1a Abs. 1 Satz 1 KSchG hat die Kündigung "wegen dringender betrieblicher Erfordernisse" zu erfolgen. Einigkeit besteht darin, dass die Kündigung nicht rechtmäßig sein muss, schließlich soll gerade die Rechtmäßigkeit der Kündigung außer Streit gestellt werden. Bei personen- und verhaltensbedingten Kündigungen bleibt es beim alten Recht. D. h.: Der Abfindungsanspruch ist auf ordentliche Kündigungen aus betrieblichen Gründen beschränkt.
Rz. 7
Änderungskündigungen sind vom Wortlaut des § 1a KSchG nicht erfasst, der nur an Fälle der vollständigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses anknüpft. Nach dem BAG ist § 1a KSchG aber auch auf eine aus dringenden betrieblichen Gründen ausgesprochene Änderungskündigung anwendbar, soweit diese wegen Nichtannahme oder vorbehaltloser Ablehnung des Änderungsangebots zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt.
Nach zutreffender herrschender Meinung im Schrifttum ist § 1a KSchG auf die "außerordentliche, betriebsbedingte Kündigung mit sozialer Auslauffrist" im Falle einzel- oder tarifvertraglicher Unkündbarkeit des Arbeitnehmers wegen ihrer Zwitterstellung im System der Kündigungsarten analog anzuwenden. Als reine Konstruktion der Rechtsprechung liegt die erforderliche Regelungslücke auf der Hand, da sie wesensgleich mit der ordentlichen betriebsbedingten Kündigung kündbarer Arbeitnehmer ist. Sie aus den Fällen des § 1a KSchG herauszunehmen, machte wenig Sinn. Das LAG Rheinland-Pfalz hat sich den Stimmen der Literatur angeschlossen und eine analoge Anwendung des § 1a KSchG bejaht.
Rz. 8
Von der Rechtsprechung nicht geklärt und damit umstritten ist, welche Anforderungen an das tatsächliche Vorliegen betriebsbedingter Gründe zu stellen sind. Wortlaut und Genese sprechen für ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal, weshalb es zumindest dafür Anhaltspunkte geben muss, dass betriebliche Interessen vorhanden sind, die den Wegfall des Arbeitsplatzes bedingen können.
Rz. 9
Das Meinungsspektrum ist dagegen freilich weit: Einige fordern, dass die Kündigung tatsächlich "betriebsbedingt ist". In die gleiche Richtung wie hier zielt die Formulierung, dass "überhaupt betriebliche Interessen für die Kündigung" vorliegen müssten, ohne dass es erforderlich wäre, "dass der Arbeitgeber die Rechtswirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung annehmen konnte".
Andere fordern eine subjektive Determination, ähnlich der bei Anhörung des Betriebsrats nach § 102 KSchG erforderlichen. Entscheidend sei allein, dass der Arbeitgeber die Kündigung auf betriebsbedingte Gründe stützen will und er dies im Kündigungsschreiben auch tue.
Andere stellen an die Rechtfertigung der Kündigung keinerlei besondere Anforderungen; ausreichend sei schon, dass der Arbeitgeber sie im Kündigungsschreiben als betriebsbedingt bezeichne. Dabei sehen manche eine Ausnahme gegeben, wenn der Arbeitgeber das Vorliegen betrieblicher Interessen arglistig vorspiegelt, andere lehnen eine solche Ausnahme unter Hinweis auf § 5 KSchG ab. Teilweise wird sogar bei kollusivem Zusammenwirken wegen der Wirksamkeit eines entsprechenden Abwicklungsvertrags kein Gestaltungsmissbrauch gesehen. Dies ist aber mit Blick auf die Rechtsprechung des BSG zu § 144 SGB III a. F. zu bezweifeln (dazu Rz. 37).
Rz. 10
Eine Anfechtung wegen Vortäuschung betrieblicher Gründe nach den §§ 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 BGB ist jedenfalls ausgeschlossen, weil es an einer anfechtbaren Willenserklärung des Arbeitnehmers fehlt. Ihm bleibt jedoch die Möglichkeit, einen Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage nach § 5 KSchG zu stellen (dazu Rz. 24).
Lagen im Zeitpunkt der Kündigungserklärung keine Anhaltspunkte für den Wegfall des Arbeitsplatzes bedingende betriebliche Gründe vor, liegen die Voraussetzungen des § 1a KSchG nicht vor. Allerdings kommt ein vertraglicher Anspruch über § 151 Satz 1 BGB in Betracht.