Auch ohne ausdrückliche Rechtsgrundlagen kann ein Beschäftigter bereits aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Treuepflicht verpflichtet sein, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen[1]. Bestehen begründete Zweifel an der Tauglichkeit des Beschäftigten, den Anforderungen seines Arbeitsplatzes aus gesundheitlichen Gründen auf Dauer gerecht zu werden, so kann dies einen hinreichenden sachlichen Grund darstellen, ein ärztliches Gutachten über die Dienstfähigkeit des Beschäftigten einzuholen.

 
Praxis-Beispiel

Tatsächliche Anhaltspunkte, die eine Eignungsuntersuchung je nach Tätigkeit und Gefährdungsbeurteilung rechtfertigen können, können wiederholte einfache oder einzelne gravierende Fahrfehler, Anzeichen von Sehschwäche, (Beinah-)Unfälle oder eindeutige Hinweise auf eine Anfalls- oder Suchtkrankheit sein (vgl. ArbG Gelsenkirchen, Urteil v. 13.11.2018, 5 Ca 993/18).

Auch kann der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht dazu verpflichtet sein, eine solche Untersuchung anzuordnen.

Ein Beschäftigter, der die notwendige ärztliche Begutachtung über Gebühr erschwert oder unmöglich macht, verstößt gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles stehen dem Arbeitgeber unterschiedlich starke Sanktionsmittel zur Verfügung. So hat das Bundesarbeitsgericht bereits eine Abmahnung als zulässig anerkannt, wenn ein Beschäftigter einer rechtmäßigen Anordnung einer ärztlichen Untersuchung nicht Folge leistet (BAG, Urteil v. 25.6.1992. 6 AZR 279/91). Im Wiederholungsfall hat das Bundesarbeitsgericht eine außerordentliche Kündigung für zulässig erachtet (BAG, Urteil v. 25.1.2018, 2 AZR 382/17). Demgegenüber stellt die Weigerung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, keinen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung dar, wenn seitens des Beschäftigten vertretbare Gründe für die Weigerung vorgetragen werden (BAG, Urteil v. 23.2.1967, 2 AZR 124/66).

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