Ebenso kann die "Störung" auch durch eine Einstellung des Betriebs im Anschluss an eine staatliche Maßnahme bewirkt werden. Kommt es etwa aufgrund von behördlichen Anordnungen zu einer Schließung oder Teilschließung des Betriebs, so hat der Arbeitgeber gleichwohl an die Beschäftigten die vertraglich geschuldete Vergütung zu zahlen, obwohl diese ihre Arbeit nicht erbringen können.[1]

Zum Betriebsrisiko des Arbeitgebers zählt gerade auch die Betriebsstilllegung aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften oder Anordnungen.

 
Praxis-Beispiel

Aufgrund eines Ausbruchs von COVID-19-Erkrankungen in einem Betrieb verhängt das zuständige Gesundheitsamt eine Betriebsstilllegung. Die Beschäftigten werden nicht mehr auf das Betriebsgelände gelassen. Einige Beschäftigte hören schon auf dem Weg zur Arbeit von der Betriebsstilllegung und kehren um, ohne mit dem Arbeitgeber Kontakt aufzunehmen.

Die Stilllegung muss dabei auf einem betriebstypischen Risiko beruhen.[2] Im entschiedenen Fall hatte der Inhaber eines Tanzlokals bei einer angeordneten Staatstrauer den Mitgliedern einer engagierten Tanzkapelle gleichwohl die Vergütung zu zahlen. Es gehöre gerade zum typischen Risiko eines Tanzlokals, von derartigen Betriebsschließungen betroffen zu werden. Dieser Gedanke ist auf die COVID-19-Pandemie übertragbar. Typischerweise sind solche Betriebe geschlossen worden, in denen eine erhöhte Infektionsgefahr besteht. Das betriebstypische Risiko ergibt sich aus der jeweiligen Infektionsgefahr. Der Arbeitgeber muss ein Risiko tragen, das durch die besondere Art des Betriebs bedingt ist.

Dies gilt allerdings nicht, wenn die Betriebsschließung auf einem allgemeinen Lockdown zur Bekämpfung der Corona-Pandemie beruht. In dem Fall hatte das Land Bremen durch eine Allgemeinverfügung auf der Grundlage von § 28 IfSG die flächendeckende Schließung von Verkaufsstellen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie angeordnet. Neben dem beklagten Arbeitgeber wurden auch alle anderen Einzelhandelsgeschäfte geschlossen.

Das Gericht führt dazu aus:

"Dagegen trägt der Arbeitgeber nicht das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn die behördlich verfügte Betriebsschließung im Rahmen allgemeiner Maßnahmen staatlicher Stellen zur Pandemiebekämpfung erfolgt und – betriebsübergreifend – zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen infolge von SARS-CoV-2-Infektionen die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert und nahezu flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen werden. In einem solchen Fall realisiert sich gerade nicht ein in einem bestimmten Betrieb aufgrund seiner konkreten Produktions- und Arbeitsbedingungen angelegtes Risiko. Die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung ist vielmehr Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage, die der einzelne Arbeitgeber nicht – auch nicht im weitesten Sinne – verursacht und zu verantworten hat. Dieses „allgemeine Risiko“, das Folge letztlich politischer Entscheidungen zur Eindämmung des die Allgemeinheit insgesamt treffenden Infektionsrisikos ist, muss der Arbeitgeber – bei gebotener wertender Betrachtung – nicht tragen."[3]

[2] BAG, Urteil v. 30.5.1963, 5 AZR 262/62.

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