Der Streikaufruf einer Gewerkschaft muss dem betroffenen Arbeitgeber bekannt werden. Eine förmliche Mitteilung ist nicht notwendig, es reicht aus, wenn ein Flugblatt verteilt wird, aus dem die Streikmaßnahme sowie der Zeitpunkt des Streikbeginns ersichtlich sind.[1]

 
Hinweis

Ein Streik ist nur rechtmäßig, wenn ihm ein entsprechender Streikbeschluss der Gewerkschaft zugrunde liegt und die Gegenseite über den Streikaufruf der Gewerkschaft informiert wurde, damit diese erkennen kann, ob es sich um eine zulässige oder unzulässige Arbeitskampfmaßnahme handelt. Verschickt eine Gewerkschaft den Streikaufruf per E-Mail an den Arbeitgeberverband und verschreibt sie sich bei der E-Mail-Adresse, sodass die E-Mail nicht zugestellt wird, hat die Arbeitgeberseite keinen Streikaufruf bekommen mit der Folge, dass der Streik rechtswidrig ist. Arbeitnehmer, die an diesem Streik teilgenommen haben, können wegen der Teilnahme an einem rechtswidrigen Streik abgemahnt werden.[2]

Personalratsmitglieder, die von ihrer dienstlichen Tätigkeit freigestellt sind und die innerhalb ihrer Dienststelle unter ausdrücklichem Hinweis auf ihre Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft zum Streik aufrufen, begehen eine innerdienstliche Pflichtverletzung[3] und verstoßen gegen ihre Neutralitätspflicht. Gewerkschaftsbeauftragte, die nicht im Betrieb beschäftigt sind, haben nur ausnahmsweise das Recht, einen Betrieb zu betreten, um einen Streik auszurufen, denn es ist möglich, zu einem Streik auch vor dem Betriebsgelände aufzurufen. Zudem kann ein Streikaufruf durch gewerkschaftlich organisierte Beschäftigte mitgeteilt werden.[4]

Betriebsratsmitglieder dürfen nicht die Sachmittel des Betriebsrats für Arbeitskampfmaßnahmen nutzen. Zu den Sachmitteln gehört auch ein E-Mail-Account, der für die Betriebsratstätigkeit eingerichtet worden ist. Daher dürfen über diesen E-Mail-Account keine Streikaufrufe verbreitet werden. Es kann nicht vom Arbeitgeber verlangt werden, dass dieser durch die Bereitstellung seiner Betriebsmittel (etwa das Intranet) mithilft, die Beschäftigten zur Streikteilnahme aufzurufen. Eine solche Duldungspflicht folgt nicht aus Art. 9 Abs. 3 GG zum Schutz der individuellen Koalitionsfreiheit der Beschäftigten.[5]

 
Praxis-Tipp

Versendet ein Betriebsratsmitglied über den ihm vom Arbeitgeber für die Arbeit als Betriebsrat zur Verfügung gestellten E-Mail-Account Streikaufrufe, verstößt dies gegen das Neutralitätsgebot im Arbeitskampf nach § 74 Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Der Arbeitgeber hat in dem Fall einen Unterlassungsanspruch gegen einzelne Betriebsratsmitglieder, den er vor dem Arbeitsgericht durchsetzen kann. Erlaubt ist die Weitergabe von "Tarifinformationen", sofern dies nicht ein Aufruf zur Streikteilnahme ist.

Der Streik endet durch eine Entscheidung der Gewerkschaft. Mit der Beendigung des Streiks lebt die suspendierte Verpflichtung zur Arbeitsleistung wieder auf.

[2] ArbG Braunschweig, Urteil v. 25.5.2016, 3 Ca 84/16; die hiergegen beim LAG Niedersachsen eingelegte Berufung wurde zurückgenommen.
[5] BAG, Beschluss v. 15.10.2013, 1 ABR 31/12; kritisch hierzu: Jobst-Hubertus Bauer/Andreas von Medem, Streikaufruf im Intranet, AP Nr. 181 zu Art. 9 GG Arbeitskampf – Anmerkung, und auch Bernd Weller, BB-Kommentar, BB 2014 S. 832.

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