Klaus-Dieter Klapproth, Prof. Dr. Klaus Hock †
Die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes haben zur Durchführung des Nachweisgesetzes im Juli 2022 mit Rundschreiben entsprechende Hinweise herausgegeben.
Bei der Abwägung zwischen der vollzähligen Aufzählung sämtlicher Vertragsbedingungen im Arbeitsvertrag oder einer Niederschrift neben dem Arbeitsvertrag haben sich die Vertreter der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes letztlich für die Variante "Niederschrift" entschieden (vgl. z.B. VKA-Musterarbeitsverträge).
Dies ist vermutlich nicht zuletzt der Schnelllebigkeit der gesetzlichen Vorschriften zum Nachweis der Arbeitsbedingungen geschuldet, trägt aber auch dem Umstand Rechnung, dass die Niederschrift bei veränderten Bedingungen oder gesetzlichen Vorgaben leichter zu ändern oder zu ergänzen ist als der Arbeitsvertrag selbst.
Die Muster-Arbeitsverträge von Bund, VKA und TdL bestehen daher jeweils aus dem Muster-Arbeits- oder Ausbildungsvertrag und der jeweiligen Niederschrift dazu.
Zwar handelt es sich bei der Niederschrift nicht um die Konkretisierung des näheren Inhalts der Arbeitsverpflichtung, die der Arbeitgeber in Ausübung seines Direktionsrechts auf der Basis des Arbeitsvertrags zunächst mitteilt, sondern um eine Information über eine vertragliche Regelung. Die Niederschrift setzt eine bereits zuvor getroffene vertragliche Vereinbarung voraus, deren Inhalt durch die Niederschrift nunmehr fixiert und dem Arbeitnehmer mitgeteilt wird. Der Inhalt der Niederschrift ist also grundsätzlich Vertragsinhalt.
Die Auffassungen beziehen sich allerdings auf das Nachweisgesetz a.F.
Mit der Umsetzung der Arbeitsbedingungen-RL (EU-RL 2019/1152) im geänderten Nachweisgesetz vom 20.7.2022 sind jedoch zusätzlich obligatorische Inhalte der Niederschrift verbindlich geworden, die nicht explizit Gegenstand vertraglicher Vereinbarungen sind. So ist zwar i. d. R. der Anspruch auf eine zusätzliche Altersversorgung Gegenstand der arbeitsvertraglichen Vereinbarung, nicht jedoch Name und Anschrift des Versorgungsträgers (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr.13 NachwG). Wechselt der Arbeitgeber den Versorgungsträger, bedarf es insofern keiner Vertragsänderung, sondern nur einer ergänzenden Mitteilung zur Niederschrift. Auch die gesetzlichen oder tarifvertraglichen Vorschriften zum Verfahren bei Kündigungen und die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 14 NachwG) werden nicht individuell vereinbart. An diesen Stellen hat die Niederschrift keine Vertragsfunktion (konstitutiver Charakter), sondern lediglich deklaratorischen Charakter. Gleiches gilt für die Kollektivnormen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr.15 NachwG), sofern diese aufgrund gesetzlicher Regelungen (z.B. § 3 Abs. 1 TVG) ohnehin auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden.
Sofern beim TVöD / TV-L-Arbeitsvertrag die Niederschrift zusätzliche konstitutive Bestimmungen enthält, die möglicherweise zuvor nicht Gegenstand der Einigung mit dem Arbeitnehmer waren, liegt in der Überreichung der Niederschrift das Angebot des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, den Arbeitsvertrag um die zusätzlichen Bestimmungen zu ergänzen. Soweit der Beschäftigte die Niederschrift vorbehaltlos entgegennimmt und seine Arbeit fortsetzt, ist kraft schlüssigen Verhaltens der Arbeitsvertrag insoweit zustande gekommen bzw. ergänzt worden. Der Arbeitgeber kann später von der in der Niederschrift mitgeteilten konstitutiven Vertragsbestimmung nicht mehr einseitig kraft Direktionsrecht abweichen. Dies gilt nicht für die deklaratorischen Bestandteile der Niederschrift.
In der Niederschrift zum Arbeitsvertrag wird als Arbeitsort die Dienststelle A und als Beschreibung der Tätigkeit Bearbeitung von Sozialhilfeanträgen angegeben. Damit ist dies Inhalt des Arbeitsvertrags geworden, da die Niederschrift ja nur wesentliche Vertragsbestandteile fixiert. Auf dieser vertraglichen Basis beruht das nunmehr stark eingeschränkte Direktionsrecht. Einseitig kann der Arbeitgeber keine andere Tätigkeit als die Bearbeitung von Sozialhilfeanträgen und dies auch nur innerhalb der Dienststelle A zuweisen. Für davon abweichende Weisungen bedarf es eines Änderungsvertrags oder einer Änderungskündigung , es sei denn, in der Niederschrift ist zugleich auch ein Umsetzungsvorbehalt enthalten.
In der Niederschrift zum Arbeitsvertrag wird die kommunale Versorgungskasse A als zuständiger Versorgungsträger benannt. Die kommunalen Versorgungskassen A und B verschmelzen zur Versorgungskasse C, die künftig für die tarifvertragliche Zusatzversorgung einsteht und die Versichertenbestände der Kassen A und B übernimmt. Da die Mitteilung des im Rahmen der arbeitsvertraglich bzw. tarifvertraglichen Regelungen zuständigen Versorgungsträgers deklaratorisch ist, genügt eine Mitteilung des Arbeitgebers zur Niederschrift. Ein Änderungsvertrag ist nicht erforderlich; eine Änderungskündigung wäre unzulässig.
Das Erfordernis einer "kurzen Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit "beruht auf der Entscheidung des EuGH.
In dieser Ent...