Mit der Übergangsregelung werden zunächst Vereinbarungen über Abfindungszahlungen und gerichtliche Entscheidungen, die vor dem 1.1.2006 getroffen wurden und aufgrund derer bis zum Ende des Jahres 2007 Entlassungsentschädigungen vom Arbeitgeber gezahlt werden, weiterhin begünstigt (Vertrauensschutz). Entscheidend ist, dass der Anspruch auf die konkrete Abfindung noch bis zum Ende des Jahres 2005 entstanden war und es bis Ende 2007 auch zur Auszahlung der Abfindung durch den Arbeitgeber und damit bis spätestens 31.12.2007 zum Zufluss der Abfindung beim Steuerpflichtigen kommt.
Das Beschäftigungsverhältnis des Arbeitnehmers A (56 Jahre alt und seit 1.3.1986 im Unternehmen beschäftigt) soll zum 30.6.2006 aus betriebsbedingten Gründen beendet werden. Zur Vermeidung einer Kündigungsschutzklage wurde am 5.12.2005 eine Abfindungsvereinbarung getroffen, wonach A eine Entlassungsentschädigung in Höhe von 60.000 EUR erhalten soll (Zahlung im Juni 2006).
Die Entlassungsentschädigung bleibt in Höhe von 11.000 EUR steuerfrei, denn die Abfindungsvereinbarung wurde noch im Jahr 2005 abgeschlossen und die Auszahlung der Abfindung erfolgt im Laufe des Jahres 2006 und fließt dem A demzufolge vor dem 1.1.2008 zu. Der steuerpflichtige Teil der Abfindung (= 49.000 EUR) kann nach § 34 Abs. 1 EStG (= Fünftelregelung) tarifermäßigt besteuert werden, wenn er höher ist als die entgangenen Einnahmen aus dem aufgelösten Beschäftigungsverhältnis (Zusammenballung, siehe hierzu 3.2).
Durch die Übergangsregelung des § 52 Abs. 4a Satz 1 EStG wurde Anpassungsbedarf für noch im Jahr 2005 getroffene Abfindungsvereinbarungen vermieden, auch wenn die Auszahlung der Entlassungsentschädigung erst im Jahr 2006 oder 2007 (z. B. im Zusammenhang mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses) vorgesehen ist. Ist demgegenüber in der Vereinbarung erst nach dem 31.12.2007 eine Abfindungszahlung vorgesehen, kommt die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 9 EStG nicht mehr in Betracht. Solche Fälle sind bei Altersteilzeitvereinbarungen denkbar, bei denen die Vereinbarung über Altersteilzeit im Blockmodell noch vor dem 1.1.2006 getroffen wurde und diese Vereinbarung die Zahlung einer Abfindung zu Beginn der Freizeitphase vorsieht, die Freizeitphase aber erst nach dem 31.12.2007 beginnt. In diesen Fällen reicht es nicht aus, dass die Zahlung der Abfindung noch in das Jahr 2007 vorgezogen und damit noch in der Arbeitsphase gewährt wird. Vielmehr erfordert die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 9 EStG in solchen Fällen auch eine Änderung der Fälligkeitsabrede, die noch vor dem 1.1.2006 getroffen werden musste, um in den Anwendungsbereich der Übergangsregelung zu gelangen. Ebenso begünstigt § 52 Abs. 4a Satz 1 EStG auch solche Fälle nicht, in denen es aufgrund eines vor dem 1.1.2006 ausgehandelten Sozialplans erst nach dem 31.12.2005 zur Vereinbarung einer Abfindung kommt, die bis zum Ende des Jahres 2007 ausgezahlt wird. Vielmehr verlangt die Übergangsregelung, dass bereits vor dem 1.1.2006 ein konkreter Rechtsanspruch auf die Abfindung durch eine Vereinbarung des Arbeitnehmers mit dem Arbeitgeber entstanden ist. Aus denselben Erwägungen heraus kommt auch eine Abfindung nicht mehr in den Genuss der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 9 EstG a. F., wenn sie erst im Jahr 2006 oder später durch eine Gerichtsentscheidung dem Arbeitnehmer zugesprochen oder außergerichtlich vereinbart wird. Eine wichtige Ausnahme ergibt sich hierbei jedoch für die Fälle, in denen noch bis zum 31.12.2005 eine (Kündigungsschutz-)Klage erhoben wurde und im Rahmen des bereits am 31.12.2005 anhängigen Klageverfahrens – gerichtlich oder außergerichtlich – bis Ende des Jahres 2007 eine Abfindung gezahlt wird.
Das Beschäftigungsverhältnis des Arbeitnehmers B (50 Jahre alt, seit 16 Jahren im Betrieb) sollte mit Wirkung zum 31.12.2005 durch betriebsbedingte Kündigung beendet werden. B hat hiergegen noch im Jahr 2005 fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben. Im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht einigt man sich am 20.1.2006 darauf, dass das Beschäftigungsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 30.000 EUR mit Wirkung zum 31.12.2005 beendet wurde. Die Abfindung wird Anfang Februar 2006 an B gezahlt.
Die Abfindung ist in Höhe von 9.000 EUR steuerfrei und gehört im Übrigen, also in Höhe von 21.000 EUR, zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Wegen der noch vor dem 1.1.2006 erhobenen Kündigungsschutzklage fällt die Entlassungsentschädigung unter die Übergangsregelung des § 52 Abs. 4a Satz 1 EStG.