Gem. § 24 BBiG, § 16 Abs. 5 TVAöD gilt ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet, wenn der Auszubildende im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis beschäftigt wird, ohne dass hierüber ausdrücklich etwas vereinbart worden ist. Bei der Weiterbeschäftigung handelt es sich um einen Tatbestand schlüssigen Verhaltens kraft gesetzlicher Fiktion.
Diese Fiktion tritt grundsätzlich erst dann ein, wenn der Ausbildende oder ein zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigter Vertreter Kenntnis von der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses und der Weiterbeschäftigung des Ausbildenden hat bzw. von einer nicht gewollten Weiterarbeit erfährt und dennoch nicht unverzüglich widerspricht.
Voraussetzung ist somit zunächst, dass der Auszubildende an dem der rechtlichen Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses folgenden Arbeitstag erscheint und weisungsabhängige Tätigkeiten verrichtet. Dies muss mit Wissen des Ausbildenden geschehen. Setzt der Auszubildende seine betriebliche Tätigkeit ohne Kenntnis des Ausbildenden fort, wird er nicht i. S. v. § 24 BBiG beschäftigt, sondern beschäftigt nur sich selbst. Darüber hinaus ist grundsätzlich die positive Kenntnis des Ausbildenden vom Ergebnis der Abschlussprüfung bzw. von der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses notwendig. Die Kenntnis anderer Personen ist grundsätzlich unbeachtlich, und zwar selbst dann, wenn den Personen Vorgesetzten- oder Aufsichtsfunktionen übertragen worden sind. Eine Ausnahme kann nach Ansicht des BAG für Ausbildungsleiter/innen gelten, die i. d. R. eine herausgehobene Position in Bezug auf die ihr zugewiesenen Auszubildenden einnehmen und die sich insoweit typischerweise in einer ähnlich selbstständigen Stellung befinden wie ein gesetzlich oder rechtsgeschäftlicher Vertreter des Ausbildenden.
Besteht der Auszubildende die Abschlussprüfung vor Ablauf der Ausbildungszeit und endet das Berufsausbildungsverhältnis nach § 21 Abs. 2 BBiG mit Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss, wird der Ausbildende regelmäßig keine Kenntnis darüber haben, ob dem Auszubildenden das Ergebnis der Abschlussprüfung bzw. einer Ergänzungsprüfung bereits nach der letzten Prüfungsleistung mitgeteilt worden ist. In diesem Fall ist es nach der Rechtsprechung erforderlich und ausreichend, wenn der Ausbildende weiß, dass der Auszubildende die Prüfungsanforderungen erfüllt. Er muss dann nach Auffassung des BAG regelmäßig davon ausgehen, dass das Berufsausbildungsverhältnis beendet ist, und kann den Auszubildenden danach fragen, bevor er ihn weiterbeschäftigt. Unterlässt er dies und weist er dem Auszubildenden gleichwohl Tätigkeiten zu, muss er sich so behandeln lassen, als hätte er Kenntnis von der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses.
Der Ausbildende sollte sich rechtzeitig vor Ablauf der Ausbildungszeit darüber im Klaren sein, ob bzw. wen er in ein Arbeitsverhältnis übernehmen möchte. Da das Berufsausbildungsverhältnis bereits vorzeitig endet, wenn die/der Auszubildende vor Ablauf der Ausbildungszeit die Abschlussprüfung besteht und ihr/ihm das Ergebnis durch den Prüfungsausschuss mitgeteilt worden ist (siehe Ziffer 2.4.1.1), sollte der Ausbildende das Ausbildungsende genau verfolgen und sich noch am Tag der Abschlussprüfung das Ergebnis durch die Prüfungskommission und auch durch den Auszubildenden selbst mitteilen lassen. Für den Eintritt der Fiktion des § 24 BBiG lässt es das BAG ausreichen, dass der Ausbildende weiß, dass die vom Auszubildenden erzielten Prüfungsergebnisse zum Bestehen der Abschlussprüfung ausreichen. Um das Zustandekommen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zu vermeiden, sollte deshalb denjenigen Auszubildenden, die im Anschluss an die Berufsausbildung nicht übernommen werden sollen bzw. können, rechtzeitig vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses nachweisbar mitgeteilt werden, dass ihr Ausbildungsverhältnis (mit dem Ablauf der Ausbildungsdauer/mit Bestehen der Prüfung) endet, eine anschließende Übernahme in ein Arbeitsverhältnis nicht in Betracht kommt und ihre Weiterbeschäftigung abgelehnt wird.
Unabhängig davon kann sich eine entsprechende Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung aus einer Individualabsprache ergeben. Hierbei ist zu beachten, dass Vereinbarungen, die Auszubildende für die Zeit nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses in der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit beschränken, nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG nichtig sind. Dies gilt nicht, wenn sich die/der Auszubildende erst innerhalb der letzten 6 Monate des Berufsausbildungsverhältnisses dazu verpflichtet, nach dessen Beendigung mit dem Ausbildenden ein Arbeitsverhältnis einzugehen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 BBiG).