Anders als bei der Rückwirkung der Rechtsgrundlage ist die rückwirkende Feststellung des Anspruchs zu bewerten. Das BAG hat in seinem Urteil vom 13.12.2007 – 6 AZR 222/07 – entschieden, dass der Anspruch auf rückwirkende Zahlung des kinderbezogenen Ortszuschlags verfallen kann. Die Tarifvertragsparteien haben den Anspruch des Angestellten auf den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags nicht daran geknüpft, ob er Kindergeld erhält oder der Anspruch durch Bescheid festgestellt ist, sondern daran, ob ihm ein Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG oder dem BKGG zusteht. Mit dieser Wortwahl haben sie deutlich gemacht, dass es für den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags allein auf die Anspruchsberechtigung nach dem EStG oder dem BKGG ankommt, unabhängig davon, ob ein Antrag auf Gewährung von Kindergeld überhaupt gestellt oder über einen solchen Antrag eine Entscheidung ergangen ist. Zahlt der Arbeitgeber aufgrund einer fehlenden Kindergeldberechtigung den kinderbezogenen Ortszuschlag oder den Besitzstand nicht weiter, muss der Gläubiger daher im Zweifelsfalle seinen Anspruch "auf Verdacht" geltend machen.
Da der an den Kindergeldanspruch geknüpfte Teil des Ortszuschlags monatlich ausgezahlt wurde, ist der Anspruch auf den kinderbezogenen Entgeltbestandteil entstanden, wenn das Entgelt für den betreffenden Monat verdient war. Ohne Geltendmachung im Rahmen der Ausschlussfrist verliert der Beschäftigte daher seinen Anspruch, auch wenn später rückwirkend das Kindergeld wieder zugestanden wird. Allerdings nicht grundsätzlich, sondern nur für einzelne monatliche Zahlungen. Die rückwirkende Bewilligung des Kindergelds bewirkt nur den (rückwirkenden) Anspruch auf den kinderbezogenen Ortszuschlag/den Besitzstand nach § 11 TVÜ, ohne dass die Fälligkeit vom Zeitpunkt der Bewilligung beeinflusst wird. Der Antrag auf Bewilligung von Kindergeld beinhaltet nicht zwangsläufig gleichzeitig eine Geltendmachung des kinderbezogenen Teils des Ortszuschlags im Sinne der Ausschlussfrist. Dies ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Arbeitgeber das so verstehen musste.
Einem öffentlichen Arbeitgeber kann nicht ausschließlich deshalb die Berufung auf eine tarifliche Ausschlussfrist verwehrt werden, weil er neben der Vergütung kraft Gesetzes das Kindergeld selbst prüft und unmittelbar auszahlt. Es ist weder treuwidrig noch eine unzulässige Rechtsausübung, wenn er sich auf die auch für ihn geltende Ausschlussfrist beruft (siehe auch Stichwort: Ortszuschlag).
Beispiel
Ein Beschäftigter mit Kindern erhält aufgrund einer rechtlichen Unsicherheit kein Kindergeld ab September 2015. Daraufhin wird ab Oktober 2016 auch kein Besitzstand i. S. d. § 11 TVÜ gezahlt. Nach einer Prüfung durch die Familienkasse wird ihm im Juli 2016 das Kindergeld rückwirkend zuerkannt. Damit ist zwar der tarifvertragliche Anspruch auf den Besitzstand rückwirkend entstanden, gleichwohl greift die Ausschlussklausel für alle Zahlungen aus 2015.
Dies gilt entsprechend bei einem Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers bei rückwirkender Aufhebung der Kindergeldberechtigung. Erst zum Zeitpunkt des Aufhebungsbescheids ist die bis dahin ununterbrochen bestehende Kindergeldberechtigung für ein Kind rückwirkend weggefallen und damit der streitbefangene Rückzahlungsanspruch entstanden. Die Ausschlussfrist des § 37 TVöD beginnt erst ab Kenntnis des Aufhebungsbescheids.