Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassen von Überstunden
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 3, § 87 Abs. 1 Nr. 3, § 29 Abs. 2
Verfahrensgang
LAG Berlin (Beschluss vom 06.09.1990; Aktenzeichen 4 TaBV 5/90) |
ArbG Berlin (Beschluss vom 11.04.1990; Aktenzeichen 37 BV 2/90) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 6. September 1990 – 4 Ta BV 5/90 – aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Der Arbeitgeber betreibt ein Unternehmen der papierverarbeitenden Industrie und beschäftigt rd. 230 Arbeitnehmer. Im Betrieb ist ein aus sieben Mitgliedern bestehender Betriebsrat gewählt worden.
Der Arbeitgeber hat in der Zeit von April bis August 1989 in mehreren Fällen Mehrarbeit durch einzelne oder mehrere Arbeitnehmer in verschiedensten Abteilungen des Betriebes durchführen lassen, ohne den Betriebsrat zu beteiligen, indem er dem Betriebsrat lediglich nachträglich durch eine sog. „Nachmeldung” von den angeordneten Überstunden unterrichtete. Der Betriebsrat hat auf den Meldungen jeweils vermerkt: „Verstoß gegen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats”.
Ende 1989 einigten sich Arbeitgeber und Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung über die Einführung einer Wochenendschicht ab dem 1. Januar 1990, Nach dem Vorbringen des Betriebsrats hat er dieser Betriebsvereinbarung zugestimmt, um damit neue Arbeitsplätze zu schaffen und Überstunden in Zukunft zu vermeiden. Er habe daher beschlossen, künftig keine Überstunden mehr zu genehmigen, damit die Planstellen auch tatsächlich besetzt werden.
Im Februar 1990 hat der Arbeitgeber erneut in vier Fällen Mehrarbeit für bestimmte Arbeitnehmer angeordnet. In einem dieser Fälle wurde der Betriebsrat erst nachträglich von der angeordneten Mehrarbeit unterrichtet. In den übrigen Fällen hatte der Betriebsrat seine Zustimmung unter Angabe von Gründen verweigert.
Der Betriebsrat beschloß daraufhin in seiner ordentlichen Sitzung von Montag, dem 26. Februar 1990, ein Beschlußverfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG einzuleiten und Herrn Rechtsanwalt P. mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen.
Zu dieser Betriebsratssitzung hat der Betriebsratsvorsitzende mit einem Schreiben von Freitag, dem 23. Februar 1990, geladen. In diesem Schreiben war unter Punkt 6 der Tagesordnung aufgeführt: „Überstunden, Zustimmung, Zusammenfassung, Verstöße”. Zur Betriebsratssitzung waren sechs Betriebsratsmitglieder erschienen, die alle für den genannten Beschluß stimmten und diesen unterschrieben.
Der Betriebsrat, der in dem Verhalten des Arbeitgebers einen groben Verstoß gegen sein Mitbestimmungsrecht bei der Anordnung von Überstunden sieht, hat im vorliegenden Verfahren beantragt,
dem Arbeitgeber unter Androhung der Verhängung eines Ordnungsgeldes im Höchstmaß von 20.000,– DM für einen jeden Fall der Zuwiderhandlung zu untersagen, für Arbeitnehmer ihres Betriebes ohne vorhergehende Zustimmung des Betriebsrats Überstunden/Mehrarbeit anzuordnen bzw. deren Durchführung zu dulden.
Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag abzuweisen.
Er hält die Einleitung des vorliegenden Verfahrens für unzulässig, da es an einer ordnungsgemäßen Beschlußfassung des Betriebsrats in der Sitzung vom 26. Februar 1990 fehle. Zu dieser Sitzung sei nicht ordnungsgemäß und rechtzeitig eingeladen worden. Der gestellte Antrag sei darüber hinaus zu unbestimmt und daher unzulässig. Der Betriebsrat könne sich auch nicht mehr auf die Verstöße im Jahre 1989 berufen, da jeweils im Anschluß an die Vorkommnisse ein Gespräch zwischen der Personalleiterin und dem Betriebsrat geführt worden sei, in dem die Vorwürfe erörtert und dann Einigkeit darüber erzielt worden sei, daß die Sache damit ihre Erledigung gefunden habe. Auf die Verstöße im Februar 1990 könne der Betriebsrat nicht verweisen, da er seine Zustimmung selbst unter Verstoß gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit nur deswegen verweigert habe, weil er mit Rücksicht auf die von ihm nicht gewünschte Wochenendschicht beschlossen habe. Überstunden nicht mehr zuzustimmen.
Im April 1990 hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat einen Entwurf für eine Betriebsvereinbarung zur Regelung des Verfahrens bei kurzfristig notwendig werdenden Überstunden vorgelegt und im Juni 1990 die Errichtung einer Einigungsstelle betrieben und die Bestellung eines Vorsitzenden beim Arbeitsgericht beantragt. Über den Ausgang dieses Verfahren ist nichts bekannt. Der Arbeitgeber ist der Ansicht, daß mit Rücksicht auf dieses Verfahren für den Antrag des Betriebsrats kein Rechtsschutzinteresse gegeben sei.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben, das Landesarbeitsgericht die Beschwerde des Arbeitgebers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt dieser seinen Abweisungsantrag weiter, während der Betriebsrat um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bittet.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist begründet.
I. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, daß das vorliegende Verfahren vom Betriebsrat aufgrund eines wirksamen Betriebsratsbeschlusses anhängig gemacht worden ist.
1. Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der Betriebsrat als Organ. Nur dem Betriebsrat kann der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zustehen, nur der Betriebsrat antragsbefugt für diesen Antrag sein.
Der Betriebsrat kann seinen Willen, diesen behaupteten Anspruch gerichtlich geltend zu machen, nur durch einen wirksamen Beschluß bilden. Fehlt es an einem solchen Beschluß, ist Antragsteller im vorliegenden Verfahren nicht der Betriebsrat, sondern nur diejenigen Mitglieder des Betriebsrats, die für den unwirksamen Beschluß gestimmt haben. Einzelnen Betriebsratsmitgliedern fehlt aber die Befugnis, einen Anspruch des Betriebsrats gerichtlich geltend zu machen, so daß ihr Antrag unzulässig ist.
2. Das Landesarbeitsgericht geht zutreffend davon aus, daß ein wirksamer Beschluß des Betriebsrats voraussetzt, daß dieser in einer Betriebsratssitzung gefaßt worden ist, zu der die Mitglieder des Betriebsrats rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung geladen worden sind, wie es § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG vorschreibt. Diese Vorschrift gehört zu den wesentlichen und unverzichtbaren Verfahrensvorschriften, von deren Beachtung die Rechtswirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses abhängt (Beschluß des Sechsten Senats vom 28. April 1988, BAGE 58, 221 = AP Nr. 2 zu § 29 BetrVG 1972).
a) Das Landesarbeitsgericht sieht in der Mitteilung des Einladungsschreibens unter Punkt 6 der Tagesordnung „Überstunden, Zustimmung. Zusammenfassung, Verstöße” eine ausreichende Unterrichtung über den Beratungsgegenstand und damit eine ausreichende Grundlage für den Beschluß des Betriebsrats, das vorliegende Verfahren unter Beauftragung eines Rechtsanwaltes anhängig zu machen. Darin ist ein Rechtsfehler nicht zu erkennen. Wenn es in der Einladung heißt, daß über Überstunden, Zustimmung zu diesen und über Verstöße bei der Überstundenanordnung gesprochen werden soll, dann war dieser Beratungsgegenstand für die nächste Betriebsratssitzung ausreichend bezeichnet. Es ist nicht erforderlich, daß schon konkrete Anträge, über die in der Betriebsratssitzung beschlossen werden soll, mitgeteilt werden. Die Einladung machte jedem Betriebsratsmitglied deutlich, daß auf der Betriebsratssitzung auch die Frage behandelt werden soll, ob und wie ggf. auf Verstöße des Arbeitgebers gegen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Anordnung von Überstunden reagiert werden soll.
b) Dem Landesarbeitsgericht ist auch darin zu folgen, daß eine am Freitag, dem 23. Februar 1990, zugegangene Einladung zu einer Sitzung am Montag, dem 26. Februar 1990, 11.00 Uhr, noch rechtzeitig war. Die Überstundenproblematik war im Betrieb und dem Betriebsrat bekannt, auch wenn seit August 1989 bis zu den Anlaßfällen in der Woche vom 22. bis 26. Februar 1990 keine erneuten Verstöße des Arbeitgebers vorgekommen sein sollten. Zur Vermeidung von Überstunden war die Betriebsvereinbarung über die Wochenendschicht abgeschlossen worden. Wenn in der Einladung zur Betriebsratssitzung erneut auf die Notwendigkeit, Überstunden zuzustimmen, und auf Verstöße gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Überstunden hingewiesen wurde, dann ist davon auszugehen, daß sich die Betriebsratsmitglieder auch in der schon am Montag stattfindenden Betriebsratssitzung sachkundig mit den Fragen befassen konnten. Welche Vorarbeiten dafür erforderlich sein könnten, die über das Wochenende nicht zu leisten waren, ist nicht ersichtlich.
3. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß den Betriebsratsmitgliedern die Einladung zur Betriebsratssitzung am Freitag, dem 23. Februar 1990, ausgehändigt worden ist, „wie der Betriebsrat letztlich unwidersprochen vorgetragen hat”. Diese Feststellung wird von der Rechtsbeschwerde begründet angegriffen.
In der Rechtsbeschwerdebegründung des Arbeitgebers heißt es unter 1.1, der Arbeitgeber verfüge über keine hinreichenden Kenntnisse, um dem Vortrag des Betriebsrats, das Einladungsschreiben vom 23. Februar sei noch am gleichen Tag allen Betriebsratsmitgliedern übergeben worden, durch Beweisantritt zu begegnen. Das Unterbleiben eines solchen Beweisantritts sei jedoch prozessual nicht als Zugeständnis aufzufassen. Wenn es auf den Zeitpunkt des Zugangs des Einladungsschreibens ankomme, müsse der vom Betriebsrat angebotene Beweis erhoben werden.
Damit rügt die Rechtsbeschwerde, daß das Landesarbeitsgericht von dem Zugang der Einladung noch am 23. Februar ausgegangen sei, ohne darüber den vom Betriebsrat angebotenen Beweis zu erheben. Zu dieser Beweiserhebung war das Landesarbeitsgericht verpflichtet, da diese Tatsache bestritten war. Der Arbeitgeber hat schon vor dem Arbeitsgericht im Schriftsatz vom 11. April 1990 die „rechtzeitige Mitteilung der Tagesordnung” bestritten. Das Arbeitsgericht hat hinsichtlich des Zeitpunktes des Zugangs der Einladung zur Betriebsratssitzung keine Feststellungen getroffen. Das wird vom Arbeitgeber in der Beschwerdeschrift gerügt, wenn es dort heißt, eine ordnungsgemäße Ladung setze voraus, daß die Betriebsratsmitglieder mindestens die Möglichkeit hatten, von dem Schreiben Kenntnis zu nehmen. Dazu fehle es an jeder Darstellung des Betriebsrats. Wenn der Betriebsrat dann – offensichtlich im Termin vor dem Landesarbeitsgericht – vorgetragen hat, daß die Einladungen den Betriebsratsmitgliedern noch am 23. Februar ausgehändigt worden seien, hätte das Landesarbeitsgericht allenfalls als Tatsache feststellen können, daß der Arbeitgeber diesen substantiierten Vortrag jetzt nicht mehr bestreitet – wogegen der Arbeitgeber dann einen Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes hätte stellen können –, es durfte aber ohne eine solche tatsächliche Feststellung nicht zu der Wertung gelangen, der Behauptung des Betriebsrats sei „letztlich nicht widersprochen worden”. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts enthält damit einen Rechtsfehler, der zur Aufhebung dieser Entscheidung nötigt.
II. Der Rechtsstreit muß zur Aufklärung der Frage, ob alle Betriebsratsmitglieder zu der Betriebsratssitzung geladen worden sind, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden, da der Senat den Antrag des Betriebsrats nicht aus anderen Gründen abweisen kann. Ist der Beschluß des Betriebsrats vom 26. Februar 1990 wirksam, ist der gestellte Unterlassungsantrag im übrigen zulässig und begründet.
1. Der Antrag des Betriebsrats ist ausreichend bestimmt. Mit dem Antrag soll dem Arbeitgeber untersagt werden, für Arbeitnehmer seines Betriebes ohne vorhergehende Zustimmung des Betriebsrats Überstunden anzuordnen oder deren Durchführung zu dulden. Untersagt werden soll damit die Anordnung oder Duldung von Überstunden überhaupt. Ein solcher Antrag geht zwar der Sache nach sehr weit, er ist jedoch eindeutig bestimmt, weil durch ihn die Anordnung oder Duldung von allen Überstunden erfaßt wird. Für den Arbeitgeber ist damit eindeutig erkennbar, was ihm untersagt wird. Damit ist ein solcher Antrag zulässig (Beschluß des Senats vom 10. Juni 1986, BAGE 52, 160 = AP Nr. 18 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Beschluß vom 11. November 1986 – 1 ABR 17/85 – AP Nr. 21 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Beschluß vom 22. November 1988 – 1 ABR 16/87 –, nicht veröffentlicht). Ob ein grober Verstoß des Arbeitgebers gegen seine Pflicht aus dem Betriebsverfassungsgesetz, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Anordnung von Überstunden zu beachten, zur künftigen Sicherung dieses Mitbestimmungsrechts ein so umfassendes Unterlassungsgebot rechtfertigt, ist eine Frage der Begründetheit des Antrages, nicht aber seiner Bestimmtheit und damit seiner Zulässigkeit.
Der Antrag des Betriebsrats ist auch nicht deswegen unzulässig, weil der Arbeitgeber sich gegenwärtig bemüht, mit dem Betriebsrat eine Regelung zur Anordnung von Überstunden unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats zu vereinbaren. Bislang ist es zu einer solchen Regelung noch nicht gekommen. Ob und wann sie zustande kommt, steht noch nicht fest. Damit besteht nach wie vor die Gefahr, daß der Arbeitgeber auch in Zukunft bei der Anordnung von Überstunden das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht beachtet, zumal er noch im Laufe des Beschwerdeverfahrens erneut den Betriebsrat von der Anordnung von Überstunden erst nachträglich unterrichtet hat.
2. Der Antrag des Betriebsrats ist auch begründet.
Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß der Arbeitgeber in der Vergangenheit in einer Vielzahl von Fällen bei der Anordnung von Überstunden das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht beachtet hat, indem er entweder den Betriebsrat von den angeordneten Überstunden erst nachträglich unterrichtet oder solche Überstunden angeordnet hat, obwohl der Betriebsrat seine Zustimmung dazu verweigert hatte. Das Landesarbeitsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, daß es sich in allen diesen Fällen um die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats gehandelt hat. Es hat sich jeweils um Überstunden mit kollektivem Bezug gehandelt, da die Mehrarbeit aus betrieblichen Gründen erforderlich wurde. Davon ist auch der Arbeitgeber selbst ausgegangen, indem er den Betriebsrat – wenn auch nachträglich – von diesen Überstunden unterrichtete oder auch vorher dessen Zustimmung erbeten hat. Unter den Beteiligten war nie im Streit, daß die Überstunden der Mitbestimmung des Betriebsrats unterlagen. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend von der Rechtsprechung des Senats ausgegangen, daß Überstunden immer dann einen kollektiven Bezug haben, wenn sich eine Regelungsfrage stellt, die kollektive Interessen der Arbeitnehmer berührt, weil bei einem zusätzlichen Arbeitsbedarf stets die Frage zu regeln ist, ob und in welchem Umfang zur Abdeckung dieses Arbeitsbedarfs überhaupt Überstunden geleistet werden sollen und in diesem Falle weiter zu entscheiden ist, wann und von wem die Überstunden geleistet werden sollen. Dieses Regelungsproblem bestehe unabhängig von der Person und den individuellen Wünschen eines einzelnen Arbeitnehmers. Auf die Zahl der Arbeitnehmer, für die Mehrarbeit angeordnet werden soll, komme es nicht an (ständige Rechtsprechung des Senats, BAGE 38, 96 = AP Nr. 6 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; BAGE 41, 200 = AP Nr. 9 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Beschluß vom 11. November 1986 – 1 ABR 17/85 – AP Nr. 21 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit).
Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht in der in einer Vielzahl von Fällen erfolgten Anordnung von Überstunden ohne Zustimmung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber einen groben Verstoß gegen seine Pflicht aus dem Betriebsverfassungsgesetz, dabei die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten, gesehen. Es hat dabei den Rechtsbegriff des groben Verstoßes nicht verkannt, wonach es genügt, daß der Verstoß objektiv so erheblich ist, daß unter Berücksichtigung des Gebots zur vertrauensvollen Zusammenarbeit die Anrufung des Arbeitsgerichts durch den Betriebsrat zur Sicherung seiner Mitbestimmungsrechte gerechtfertigt erscheint.
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde konnte dabei das Landesarbeitsgericht auch auf die Verstöße aus dem Jahre 1989 zurückgreifen. Selbst wenn es zutreffen sollte, daß die Beteiligten sich damals jeweils darüber einig waren, daß die Angelegenheit erledigt sein sollte, würde dies doch den Betriebsrat nicht hindern, auf diese Verstöße zurückzugreifen, nachdem der Arbeitgeber im Februar 1990 erneut in mehreren Fällen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats mißachtet hatte. Die erneute Mißachtung der Mitbestimmungsrechte im Februar 1990 stellt sich vielmehr im Gegenteil gerade dann als erheblich heraus, wenn der Betriebsrat aufgrund der jeweiligen Erörterungen der früheren Fälle und der erfolgten Einigung davon ausgehen konnte, daß sich der Arbeitgeber jedenfalls in Zukunft weiterer Verstöße enthalten werde.
Wenn der Arbeitgeber schließlich meint, im Februar 1990 deswegen nicht gegen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats verstoßen zu haben, weil der Betriebsrat seine Zustimmung rechtsmißbräuchlich verweigert habe, so kann dem nicht gefolgt werden. In den beiden Fällen, in denen der Betriebsrat überhaupt vor der Anordnung der Überstunden um Zustimmung gebeten worden ist, hat er diese unter Angabe von Gründen, die sich auf den konkreten Fall bezogen, verweigert. In den übrigen Fällen ist der Betriebsrat erst nachträglich unterrichtet worden. Von einem rechtsmißbräuchlichen Verhalten des Betriebsrats kann daher schon aus tatsächlichen Gründen keine Rede sein, ganz abgesehen davon, daß es auf die vom Betriebsrat für seine Weigerung angegebenen Gründe nicht ankommt. Anders als bei § 99 BetrVG gibt es im Bereich der mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten nach § 87 BetrVG keine fingierte Zustimmung des Betriebsrats. Dessen Weigerung ist durch Anrufung der Einigungsstelle zu überwinden, die bei ihrer Entscheidung auch die Stichhaltigkeit der vom Betriebsrat geltend gemachten Gründe zu prüfen und zu berücksichtigen hat.
Unterschriften
Matthes, Dr. Weller, Dr. Olderog, Koerner, Weinmann
Fundstellen