Der Antrag zu 2) ist nicht begründet. § 1 BV und seine Anlagen verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.
1. Der Betriebsrat erblickt einen solchen Verstoß zunächst darin, daß der Arbeitgeber zur Ermittlung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit einen falschen Ausgleichszeitraum wähle und unzulässigerweise Urlaubszeiten berücksichtige. Unter diesem Gesichtspunkt geht der Vorwurf des Betriebsrats ins Leere. § 1 BV enthält weder selbst noch in Verbindung mit den Anlagen eine Regelung zur Durchschnittsberechnung. Ebensowenig ist erkennbar, daß dort eine bestimmte Berechnungsweise zumindest vorausgesetzt würde. § 1 BV läßt deshalb die vom Betriebsrat für richtig gehaltene Durchschnittsberechnung zu. Überdies sieht § 3 BV für jede Wache ausdrücklich die doppelte Länge des dort jeweils geltenden Schichtplanzyklus als Ausgleichszeitraum vor. Daß dabei Urlaubszeiten durchschnittsmindernd zu berücksichtigen wären, folgt auch aus dieser Bestimmung nicht, abgesehen davon, daß sie vom Antrag nicht erfaßt wird. Die vom Landesarbeitsgericht festgestellte betriebliche Praxis, derzufolge der gesetzesübersteigende Teil des Tarifurlaubs als Freizeit in die Durchschnittsberechnung einfließt, ist nicht Verfahrensgegenstand. Ob dem Betriebsrat die Antragsbefugnis zur gerichtlichen Überprüfung dieser Praxis zustünde, braucht deshalb nicht entschieden zu werden.
2. Ein Verstoß von § 1 BV gegen Vorschriften höherrangigen Rechts über die höchstzulässige Arbeitszeit ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil § 1 BV keine materiellen Regelungen, sondern nur einseitige Planungsziele des Arbeitgebers enthielte. Die in Bezug genommenen Anlagen enthalten als “Personal-, Schicht- und Dienstplanung” die verbindliche Festlegung der einzelnen Schichten und Schichtzeiten in Form einer Betriebsvereinbarung. Für die jeweiligen Bereiche des Rettungsdienstes sind darin sämtliche Schichten und Schichtzeiten detailliert ausgearbeitet. Die Betriebsparteien haben auf diese Weise normativ bindende betriebliche Arbeitszeitregelungen geschaffen.
Ein Verstoß dieser Regelungen gegen höherrangige Vorschriften scheidet auch nicht etwa deshalb aus, weil aus den Schicht- und Dienstplänen nicht ersichtlich ist, welche Arbeitnehmer welche einzelnen Schichten in welchem zeitlichen Rhythmus leisten. Zwar enthalten die Dienstpläne keine auf konkrete Personen bezogenen Schichteinteilungen. Die Arbeitnehmer werden aber nach Maßgabe der Anlagen zu § 1 BV den Schichten so zugeordnet, daß sie durchschnittlich 49 Wochenstunden arbeiten. Andere Schichten und Schichtzeiten gibt es nicht. Schon § 1 BV in Verbindung mit der Präambel und den Anlagen führt zu der vom Betriebsrat mißbilligten Rechtsfolge, nämlich Dienstschichten im zeitlichen Gesamtumfang von durchschnittlich mindestens 49 Wochenstunden, und müßte, um den Vorstellungen des Betriebsrats entsprechen zu können, geändert werden, nicht erst ein daraus abzuleitender weiterer persönlicher Dienstplan.
3. Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 49 Stunden nach § 1 BV steht in Übereinstimmung mit den Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes.
a) Gemäß § 3 Satz 1 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Die höchstzulässige wöchentliche Arbeitszeit ist damit auf 48 Stunden begrenzt. Die werktägliche Arbeitszeit darf auch nach § 3 Satz 2 ArbZG auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen der Durchschnitt von acht Stunden werktäglich nicht überschritten wird; für Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 3, Abs. 4 ArbZG gilt nach § 6 Abs. 2 des Gesetzes ein Ausgleichszeitraum von einem Monat oder vier Wochen.
b) Soweit § 1 BV in Verbindung mit den Anlagen dazu führt, daß die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden zwar nicht durch die Vollarbeit, wohl aber bei Hinzurechnung der Zeiten des Bereitschaftsdienstes überschritten wird, liegt darin kein Verstoß gegen § 3 ArbZG.
aa) Bereitschaftsdienst ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Zeitspanne, während derer der Arbeitnehmer, ohne daß er unmittelbar am Arbeitsplatz anwesend sein müßte, sich für Zwecke des Betriebs an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebs aufzuhalten hat, damit er erforderlichenfalls seine volle Arbeitstätigkeit sofort oder zeitnah aufnehmen kann (BAG 10. Juni 1959 – 4 AZR 567/56 – BAGE 8, 25; 13. November 1986 – 6 AZR 567/83 – AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 27 = EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 20; Schliemann ArbZG Stand 1. Juni 2002 § 2 Rn. 19). Dem entspricht § 14 Abs. 5 DRK-TV. Danach ist der Mitarbeiter bei Bereitschaftsdienst verpflichtet, sich gemäß der Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer von diesem bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen. Die Bereitschaftsdienste im Rettungsdienst des Arbeitgebers sind nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts mit einer solchen Aufentaltsbeschränkung verbunden.
bb) Zeiten des Bereitschaftsdienstes zählen nach herkömmlicher Auffassung nicht als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes. Arbeitszeit stelle nur die Zeit innerhalb des Bereitschaftsdienstes dar, während derer der Arbeitnehmer tatsächlich zur Arbeit herangezogen werde. Die übrige Zeit sei Ruhezeit iSv. § 5 ArbZG, jedenfalls keine Arbeitszeit (Schliemann/Meyer Arbeitszeitrecht 2. Aufl. Rn. 65; Baeck/Deutsch ArbZG § 2 Rn. 42, § 7 Rn. 41; Zmarzlik/Anzinger ArbZG § 2 Rn. 14 f.; Junker ZfA 1998, 105; Dobberahn Das neue Arbeitszeitgesetz in der Praxis 2. Aufl. Rn. 47; Maneke ZTR 1993, 499; Roggendorf Arbeitszeitgesetz § 2 Rn. 41; so – unter Geltung der AZO – auch BAG 13. November 1986 – 6 AZR 567/83 – aaO). Die durch Bereitschaftsdienst bedingte Anwesenheit im Betrieb im Umfang von mehr als 48 Wochenstunden verletzt folglich nach diesem Verständnis nicht die Höchstarbeitszeitgrenzen des § 3 ArbZG.
cc) Diese allein auf die Auslegung des Arbeitszeitgesetzes gestützte Zuordnung des Bereitschaftsdienstes bedarf allerdings angesichts des Bestehens einschlägigen europäischen Rechts der Überprüfung. Nach den Gesetzesmaterialien und späteren Äußerungen der Bundesregierung wollte der Gesetzgeber des Arbeitszeitgesetzes vom 6. Juni 1994 ua. der Verpflichtung nachkommen, die europäische Arbeitszeit-Richtlinie vom 23. November 1993 bis zum 23. November 1996 umzusetzen (Entwurf der Bundesregierung zum Arbeitszeitrechtsgesetz vom 13. Oktober 1993 [BT-Drucks. 12/5888 S 19 f.], der noch vor dem Erlaß der Richtlinie erstellt wurde; Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage vom 11. Oktober 1995 [BT-Drucks. 13/2581 S 6]). Die Richtlinie begrenzt in Art. 6 die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit auf 48 Stunden. Sie macht insoweit keinen Unterschied zwischen Vollarbeit und Bereitschaftsdienst.
(1) Nach Art. 2 Nr. 1 Arbeitzeit-Richtlinie ist Arbeitszeit jede Zeitspanne, während derer ein Arbeitnehmer gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt. Gemäß Art. 2 Nr. 2 ist jede Zeitspanne außerhalb der Arbeitszeit Ruhezeit. In Anwendung dieser Bestimmungen hat der Europäische Gerichtshof Bereitschaftdienst, wie ihn spanische Ärzte und mit der Pflege beschäftigte Personen in Teams zur medizinischen Grundversorgung in Form persönlicher Anwesenheit in den Räumen einer öffentlichen Gesundheitseinrichtung leisten, insgesamt zur Arbeitszeit im Sinne der Richtlinie gezählt (EuGH 3. Oktober 2000 – C-303/98 – [SIMAP] Slg. 2000 I-7963, 7997 = AP EWG-Richtlinie Nr. 93/104, zu Nr. 2 der Gründe; 3. Juli 2001 – C-241/99 – [CIG] Slg. 2001 I-5139). Der Gerichtshof hat im Urteil vom 3. Oktober 2000 ausgeführt, Bereitschaftsdienst, der mit der Pflicht zur persönlichen Anwesenheit in der Gesundheitseinrichtung verbunden sei, erfülle unstreitig die beiden ersten Voraussetzungen des Art. 2 Nr. 1 Arbeitszeit-Richtlinie. Auch die dritte Voraussetzung sei erfüllt. Die Verpflichtung der Ärzte, sich zur Erbringung ihrer beruflichen Leistung am Arbeitsplatz aufzuhalten und verfügbar zu sein, sei als Bestandteil der Wahrnehmung ihrer Aufgaben anzusehen, auch wenn die tatsächlich geleistete Arbeit von den Umständen abhänge. Diese Auslegung stehe im Einklang mit dem Ziel der Richtlinie 93/104. Die Richtlinie wolle die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer gewährleisten, indem ihnen Mindestruhezeiten sowie angemessene Ruhepausen zugestanden würden. Wie der Generalanwalt in seinen Schlußanträgen festgestellt habe, werde dieses Ziel ernsthaft gefährdet, wenn der Bereitschaftsdienst in Form von persönlicher Anwesenheit nicht unter den Begriff der Arbeitszeit falle. Etwas anders gelte, wenn die Ärzte Bereitschaftsdienst in der Weise leisteten, daß sie ständig erreichbar seien, ohne jedoch zur Anwesenheit in der Gesundheitseinrichtung verpflichtet zu sein. Dabei handele es sich um Rufbereitschaft. Selbst wenn die Ärzte ihrem Arbeitgeber auch dann in dem Sinne zur Verfügung stünden, daß sie erreichbar sein müßten, könnten sie in dieser Situation freier über ihre Zeit verfügen und eigenen Interessen nachgehen. Unter diesen Umständen sei es gerechtfertigt, nur die Zeit, die für die tatsächliche Erbringung von Leistungen der medizinischen Grundversorgung aufgewandt werde, als Arbeitszeit im Sinne der Richtlinie 93/104 anzusehen. Im Beschluß vom 3. Juli 2001 hat der Europäische Gerichtshof auf Grund dieser Erwägungen auch den Bereitschaftsdienst des Pflegepersonals in den staatlichen spanischen “Zentren der Dauerbereitschaft” als Arbeitszeit angesehen.
Nach dieser Rechtsprechung ist die vertragsgemäße Anwesenheit in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers verbunden mit der Pflicht, bei Bedarf jederzeit die berufliche Tätigkeit aufzunehmen, in vollem Umfang Arbeitszeit im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Arbeitszeit-Richtlinie. Darauf, was die betreffenden Personen außerhalb der Zeiten tatsächlich geleisteter Arbeit tun und tun dürfen, insbesondere, ob es ihnen gestattet ist zu schlafen, kommt es danach nicht an. Es ist ferner nicht ersichtlich, daß der Gerichtshof diese Auslegung auf den Bereitschaftsdienst der ärztlichen und pflegerischen Berufe hätte beschränken wollen. Es gibt in den Entscheidungen keinen Anhaltspunkt dafür, daß die sie tragenden Überlegungen nicht ohne weiteres auch für den Bereitschaftsdienst anderer Berufe Geltung beanspruchen würden.
(2) Die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bestehende Zuordnung des Bereitschaftsdienstes zum gemeinschaftsrechtlichen Arbeitszeitbegriff ist für die Auslegung des Arbeitszeitgesetzes nicht etwa deshalb unmaßgeblich, weil die Form des Bereitschaftsdienstes, die Anlaß der Entscheidungen des Gerichtshofs war, in tatsächlicher Hinsicht möglicherweise nicht dem entsprochen hätte, was diesen Dienst nach deutschem Verständnis charakterisiert. Stimmen im Schrifttum, die einen solchen tatsächlichen Unterschied sehen, stellen darauf ab, daß der vom Europäischen Gerichtshof benutzte Begriff des “Arbeitsplatzes”, an dem sich die Arbeitnehmer aufzuhalten hätten, nicht eindeutig sei. Darunter könne sowohl der Betrieb oder die Einrichtung als ganze verstanden werden als auch die konkrete Arbeitsstelle innerhalb des Betriebs und der Einrichtung. Eben daran knüpfe die Unterscheidung zwischen Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaft im deutschen Arbeitszeitrecht an. Die Annahme liege nahe, daß die Ärzte Arbeitsbereitschaft geleistet hätten, weil in der für das Verfahren verbindlichen spanischen Urteilsfassung der betreffende Dienst mit “atención continuada” bezeichnet werde. Für Bereitschaftsdienst im deutschen Sinne stünden dagegen die spanischen Ausdrücke “tiempo de disponabilidad” oder “periodo de espera”. Deshalb bleibe auch in Ansehung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs offen, ob ein “Bereitschaftsdienst in der Einrichtung” selbst dann als Arbeitszeit im Sinne der Richtlinie zu qualifizieren sei, wenn der Arbeitnehmer sich in vom Arbeitsplatz getrennten Räumlichkeiten des Betriebs aufhalten könne und im übrigen frei darin sei, wie er seine Zeit während des Bereitschaftsdienstes gestalte, er also seinen eigenen Interessen nachgehen und auch schlafen könne (so insbesondere Oetker Parteigutachten im Beschlußverfahren – 1 ABR 17/02 –; ferner Litschen NZA 2001, 1355, 1357).
Diese Auffassung überzeugt nicht. Zum einen ist mit der Unterscheidung zwischen der Pflicht zum Aufenthalt unmittelbar an der konkreten Arbeitsstelle und in anderen Räumlichkeiten des Arbeitgebers nicht notwendig der Unterschied zwischen Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst erfaßt. Auch unmittelbar an der konkreten Arbeitsstelle kann der Arbeitnehmer – etwa im ärztlichen Behandlungsraum oder in einer Rettungsleitstelle – in der Lage und berechtigt sein, eigenen Interessen nachzugehen oder zu schlafen. Zum anderen hat der Europäische Gerichtshof auf diese Unterscheidung nicht abgestellt. Er hat es für die Erfüllung des Arbeitszeitbegriffs der Richtlinie als ausreichend angesehen, daß die Ärzte persönlich in der Gesundheitseinrichtung anwesend sein müssen und zur Erbringung ihrer beruflichen Leistung zur Verfügung stehen. Danach, ob sie sich unmittelbar an der konkreten Arbeitsstelle aufzuhalten haben oder sich in anderen Räumlichkeiten aufhalten können, hat er nicht differenziert. Der Wortgebrauch der nach Art. 31 der Verfahrensordnung des Europäischen Gerichtshofs (ABl. L 176 vom 4. Juli 1991 S 7 zuletzt geändert am 17. September 2002 ABl. L 272 vom 10. Oktober 2002 S 24) verbindlichen spanischen Urteilsfassung gibt keinen Hinweis auf ein anderes Verständnis. Der Gerichtshof hat allein zwischen Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit in der Gesundheitseinrichtung und in Form der Rufbereitschaft unterschieden. Innerhalb der ersten Alternative hat er keine weitergehenden Differenzierungen vorgenommen, die die mögliche Unterscheidung zwischen “atención continuada” und “tiempo de disponabilidad” bzw. “periodo de espera” aufnähmen. Schon der Generalanwalt hatte nicht in dieser Weise unterschieden. In Nr. 37 seiner Schlußanträge vom 16. Dezember 1999 (– C-303/98 – [SIMAP] Sgl. 2000, I-7963, 7968), auf die sich das Urteil ausdrücklich bezieht, hat auch er nur zwischen Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft unterschieden. Im ersten Fall sah er den Arbeitnehmer deshalb in seiner Interessenwahrnehmung beeinträchtigt, “weil er sich im Gesundheitszentrum aufzuhalten hat und dort ggf. seine berufliche Leistung erbringen wird”. Die Beeinträchtigung liegt danach bereits im Fehlen der Möglichkeit zur Selbstbestimmung über den Aufenthaltsort, nicht erst in den Modalitäten des Aufenthalts selbst. Mit dieser Beeinträchtigung ist auch der Bereitschaftsdienst im Sinne des Arbeitszeitgesetzes verbunden.
(3) Von anderer Seite ist kritisiert worden, daß der Gerichtshof sich mit den einzelnen Voraussetzungen des Arbeitszeitbegriffs der Richtlinie und ihrem Verhältnis zueinander nicht intensiver befaßt habe. Er habe nicht entschieden, ob diese kumulativ oder nur alternativ vorliegen müßten, und habe die Bedeutung des Bezugs auf die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten nicht näher erläutert (LAG Schleswig-Holstein 18. Dezember 2001 – 1 Sa 116 b/01 – AP BAT § 15 Nr. 45; Weber Anm. SAE 2002, 340, 344 f. mwN; Tietje NZA 2001, 241, 242).
Die Zurückhaltung des Gerichtshofs ändert nichts an der Eindeutigkeit und der Maßgeblichkeit seines Auslegungsergebnisses. Dieses ist für die Rechtslage in Deutschland nicht etwa deshalb ohne Bedeutung, weil Art. 2 Nr. 1 Arbeitszeit-Richtlinie mit dem Bezug auf einzelstaatliche Vorschriften und Gepflogenheiten auf den in den jeweiligen Mitgliedstaaten geltenden Arbeitszeitbegriff zurückverwiese, von dem in Deutschland Zeiten des Bereitschaftsdienstes gerade nicht erfaßt würden (so aber Litschen NZA 2001, 1355, 1356). Ein solches Verständnis läßt sich mit der achten Begründungserwägung zur Arbeitszeit-Richtlinie nicht vereinbaren. Nach dieser sind den Arbeitnehmern, “um deren Sicherheit und Gesundheit in der Gemeinschaft zu gewährleisten, Mindestruhezeiten sowie angemessene Ruhepausen” zuzugestehen und muß “in diesem Zusammenhang auch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit festgelegt werden”. Auf diese Weise wird dem auf Art. 137 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EG (ex Art. 118a EWG-Vertrag) gestützten Anspruch Ausdruck verliehen, gemeinschaftsweit verbindliche Mindeststandards festzulegen. Dieses Ziel schließt es aus, den gemeinschaftsrechtlichen Begriff der Arbeitszeit zugleich an die unterschiedlichen nationalen Vorschriften und Gepflogenheiten zu binden. Die Annahme einer solchen Bindung wird auch nach dem Wortlaut von Art. 2 Nr. 1 keineswegs verlangt. Der Bezug auf die einzelstaatlichen Vorschriften erlaubt den Mitgliedsstaaten lediglich, “bei Beachtung der drei genannten allgemeinen Kriterien die Modalitäten festzulegen, mit denen die Arbeitsleistung erbracht wird” (Schlußanträge des Generalanwalts aaO Nr. 38; vgl. auch Wank Anm. EAS RL 93/104/EWG Art. 2 Nr. 1 S 41, 44; Balze EAS Stand März 2003 Teil B 3100 Rn. 31). Bestätigt wird dieses Verständnis durch den Wortlaut der Regelung in anderen Sprachen. So lautet Art. 2 Nr. 1 auf französisch: “≪temps de travail≫: toute période durant laquelle le travailleur est au travail, à la disposition de l'employeur et dans l'exercice de son activité ou de ses fonctions, conformément aux législations et/ou pratiques nationales”; auf englisch: “working time shall mean any period during which the worker is working, at the employer's disposal and carrying out his activity or duties, in accordance with national laws and/or practice” oder auf spanisch: “tiempo de trabajo: todo período durante el cual el trabajador permanenzca en el trabajo, a disposición del empresario y en ejercicio de su actividad o de sus funciones, de conformidad con las legislaciones y/o prácticas nacionales”. Angesichts des in diesen Textfassungen stets hintangestellten Bezugs auf die einzelstaatlichen Vorschriften liegt schon sprachlich eine Auslegung fern, nach der die einzelstaatlichen Vorschriften auch über den Inhalt des Begriffs der Arbeitszeit entscheiden. Hinzukommt, daß der Regelung ein Vorschlag der Kommission zugrunde lag, in dessen Art. 2 Nr. 1 Arbeitszeit definiert war als “gesetzlich, durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Einzelarbeitsvertrag festgelegte Zeitspanne, in der ein Arbeitnehmer dem Arbeitgeber am Arbeitsplatz zur Verfügung steht” (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 9. Oktober 1990 Nr. C-254/4). Der darin liegende Bezug auf einzelstaatliche Vorschriften betrifft die Grundlagen der Arbeitsverpflichtung, nicht den Begriff der Arbeitszeit (für ein entsprechendes Verständnis der Richtlinie vgl. Trägner NZA 2002, 126, 128).
Im übrigen kommt es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs auf einzelstaatliche Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten für den gemeinschaftsrechtlichen Begriff der Arbeitszeit ersichtlich nicht an. Im Urteil vom 3. Oktober 2000 hat der Gerichtshof den Bereitschaftsdienst ohne Rücksicht auf nationale spanische Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten der Arbeitszeit im Sinne der Arbeitzeit-Richtlinie zugeordnet. Die Auslegung einer gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift durch den Europäischen Gerichtshof ist für deren Anwendung maßgeblich. Zwar entfalten seine Entscheidungen formale Bindungswirklung nur für das vorliegende Gericht und ggf. weitere mit dem Ausgangsverfahren befaßte Gerichte (EuGH 5. März 1986 – Rs. 69/85 – [Wünsche] Slg. 1986, 947; BAG 20. Oktober 1993 – 7 AZR 581/92 (A) – BAGE 74, 351). Eine vergleichbare Wirkung ergibt sich aber aus verfahrensrechtlichen Vorkehrungen auch für andere Rechtsstreitigkeiten. So können nationale Gerichte von einer Auslegung des Europäischen Gerichtshofs nur dann abweichen, wenn sie nicht letztinstanzlich entscheiden. Ein einzelstaatliches Gericht, dessen Entscheidung mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts nicht mehr angefochten werden kann, ist dagegen nach Art. 234 Abs. 3 EG verpflichtet, den Europäischen Gerichtshof erneut um eine – dann in dem betreffenden Ausgangsverfahren auch rechtlich verbindliche – Vorabentscheidung zu bitten, will es dessen Auslegung nicht folgen (EuGH 6. Oktober 1982 – Rs. 283/81 – [C.I.L.F.I.T.] Sgl. 1982, 3415; BAG 20. Oktober 1993 – 7 AZR 571/92 (A) – aaO mwN). Zu einer solchen Vorlage besteht kein Anlaß. Der Senat folgt der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Die gegen sie vorgebrachten Argumente greifen nicht durch.
(4) Auch um positiv feststellen zu können, daß Bereitschaftsdienst, wie er in Deutschland geleistet wird, Arbeitszeit im Sinne der Richtlinie ist, bedarf es keiner erneuten Vorlage an den Europäischen Gerichtshof. Die Vorlagepflicht nach Art. 234 Abs. 3 EG bezieht sich nur auf die Auslegung von Normen des Gemeinschaftsrechts, nicht dagegen auf alle hierzu in Vorabentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs aufgestellten Rechtssätze, mögen diese auch ihrerseits bei der Anwendung im Einzelfall interpretationsbedürftig sein. Der Gerichtshof entscheidet in Verfahren nach Art. 234 EG nicht darüber, wie die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften auf den Ausgangsfall anzuwenden sind. Er präzisiert vielmehr nur in Form abstrakter Rechtssätze den Inhalt der gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift, nach dem er gefragt wurde. Die Subsumtion des konkreten Sachverhalts unter diese Rechtssätze ist Sache des nationalen Gerichts (EuGH 31. Mai 1995 – C-400/93 – [Royal Copenhagen] Slg. 1995 I-1275 = AP EWG-Vertrag Art. 119 Nr. 68). Würde die Vorlagepflicht des Art. 234 Abs. 3 EG auch auf alle Unklarheiten und Restzweifel erstreckt, die trotz der Antwort des Gerichtshofs im Vorabentscheidungsersuchen noch verbleiben, so liefe das vielfach – und auch hier – darauf hinaus, ihm die Entscheidung des Einzelfalls zu übertragen. Das aber ist von Art. 234 EG gerade nicht gewollt (BAG 5. März 1996 – 1 AZR 590/92 (A) – BAGE 82, 211, 228, zu B II 3 der Gründe). Art. 43 des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofs vom 26. Februar 2001 (BGBl. II S 1687) steht diesem Verständnis nicht entgegen. Das dort vorgesehene besondere Verfahren zur Urteilsauslegung in Zweifelsfällen kann von innerstaatlichen Gerichten nicht beantragt werden.
dd) Eine der Arbeitszeit-Richtlinie folgende Zuordnung des Bereitschaftsdienstes zur Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes ist trotz des Gebots der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung nationaler Vorschriften nicht möglich.
(1) Das Gebot zur gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung folgt unabhängig von der Intention eines umsetzungswilligen Gesetzgebers aus dem Grundsatz der Gemeinschaftstreue gemäß Art. 10 EG in Verbindung mit dem Umsetzungsgebot gemäß Art. 249 Abs. 3 EG (EuGH 10. April 1984 – Rs. 14/83 – [von Colson und Kamann] Slg. 1984 I-1891, zu Nr. 26 der Gründe; 13. November 1990 – C-106/98 – [Marleasing] Sgl. 1990 I-4135, 4156, zu Nr. 8 der Gründe; 24. September 1998 – C-111/97 – [EvoBus Austria GmbH] Sgl. 1998 I-5411, 5427; Kahl in Calliess/Ruffert EUV/EGV 2. Aufl. Art. 10 EG-Vertrag Rn. 40 mwN). Teilweise wird es aus dem (Anwendungs)Vorrang des Gemeinschaftsrechts abgeleitet (vgl. Spetzler RIW 1991, 579; Frisch Die richtlinienkonforme Auslegung nationalen Rechts Diss. 2000, 68 mwN; kritisch dazu Gstaltmeyr Die Bewehrung von EG-Richtlinien Diss. 1998 S 199 mwN). Das Gebot zur gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung wird allseits akzeptiert und ist mit deutschem Verfassungsrecht vereinbar (BVerfG 8. April 1987 – 2 BvR 687/84 – BVerfGE 75, 223, 240; BAG 2. April 1996 – 1 ABR 47/95 – BAGE 82, 349; BGH 9. April 2002 – XI ZR 91/99 – BGHZ 150, 248). Das Gebot gilt allerdings nur innerhalb der Grenzen richterlicher Gesetzesauslegung. Diese werden bestimmt durch die allgemeinen Auslegungsregeln. Insoweit gilt nichts anderes als für die verfassungskonforme Auslegung. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang und Sinn und Zweck des Gesetzes mehrere Deutungen zu, von denen jedenfalls eine zu einem verfassungsgemäßen bzw. gemeinschaftsrechtskonformen Ergebnis führt, so ist eine Auslegung geboten, die mit dem Grundgesetz bzw. dem Gemeinschaftsrecht in Einklang steht. Die verfassungs- und gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung darf jedoch zu dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht in Widerspruch treten (BVerfG 24. Mai 1995 – 2 BvF 1/92 – BVerfGE 93, 37, 81 zu D I der Gründe; BAG 5. März 1996 – 1 AZR 590/92 (A) – BAGE 82, 211, 225 f., zu B II 2b bb (1) der Gründe). Der Gehalt einer nach Wortlaut, Systematik und Sinn eindeutigen Regelung kann nicht im Wege der richtlinienkonformen Auslegung in sein Gegenteil verkehrt werden (Jarass Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts 1994 S 95 mwN). Diese Auslegungsgrenze steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Dieser hat mehrfach ausgeführt, das innerstaatliche Gericht habe das nationale Gesetz unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihm das nationale Recht einräume, und “soweit wie möglich” richtlinienkonform auszulegen (EuGH 10. April 1984 – Rs. 14/83 – aaO; 26. September 1996 – C-168/95 – [Arcaro] Slg. 1996 I-4705, 4719; 27. Juni 2000 – C-240/98 bis C-244/98 – [Oceano Grupo Editorial] Slg. 2000, I-4941, 4963, zu Nr. 30 der Gründe).
(2) Das Arbeitszeitgesetz zählt den Bereitschaftsdienst nicht zur Arbeitszeit. Die Rechtslage ist eindeutig. Dies folgt zwar nicht aus der in § 2 Abs. 1 ArbZG getroffenen Definition der Arbeitszeit selbst. Danach ist Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes “die Zeit von Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen”. Als “Arbeit” ließe sich auch das Bereithalten zur Arbeit auf Abruf noch verstehen, ohne gegen Auslegungsgrenzen zu verstoßen (Schliemann/Meyer Arbeitszeitrecht 2. Aufl. Rn. 65; Wank Anm. EAS RL 93/104/EWG Art. 2 Nr. 1 S 41, 53; Buschmann AuR 2003, 1, 4; Hergenröder Anm. RdA 2001, 346, 348 f.). Die gesetzliche Zuordnung des Bereitschaftsdienstes zur Ruhezeit und gerade nicht zur Arbeitszeit ergibt sich aber zwingend aus § 5 Abs. 3, § 7 Abs. 2 Nr. 1 ArbZG.
Nach § 5 Abs. 3 ArbZG können in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen “Kürzungen der Ruhezeit durch Inanspruchnahme während des Bereitschaftsdienstes … zu anderen Zeiten ausgeglichen werden”. § 7 Abs. 2 Nr. 1 ArbZG läßt es zu, in einem Tarifvertrag “abweichend von § 5 Abs. 1 die Ruhezeiten bei Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft den Besonderheiten dieser Dienste anzupassen, insbesondere Kürzungen der Ruhezeit infolge von Inanspruchnahme während dieser Dienste zu anderen Zeiten auszugleichen”. Beide Vorschriften setzen notwendig voraus, daß die Zeiten des Bereitschaftsdienstes, während dessen der Arbeitnehmer nicht in Anspruch genommen wird, Ruhezeit, jedenfalls keine Arbeitszeit darstellen. Ein anderes Verständnis ist widerspruchsfrei nicht möglich (so auch Weber Anm. SAE 2002, 340, 344 mwN). Die Bewertung des Bereitschaftsdienstes als Ruhezeit, soweit nicht Arbeit tatsächlich anfällt, entspricht dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers. In der Gesetzesbegründung zu § 7 Abs. 2 Nr. 1 ArbZG heißt es, Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst seien “arbeitszeitrechtlich grundsätzlich als Ruhezeit zu werten” (BT-Drucks. 12/5888 S 27). Würden gleichwohl auch die Zeiten der Nichtinanspruchnahme als Arbeitszeit behandelt, wären die in § 5 Abs. 3, § 7 Abs. 2 Nr. 1 ArbZG enthaltenen, ausdrücklich auf den Bereitschaftsdienst bezogenen Regelungen sinnentleert und hätten keinen Anwendungsbereich mehr. Mit der Zuordnung des gesamten Bereitschaftsdienstes zur Arbeitszeit überschritte die Rechtsanwendung deshalb die Grenzen der Auslegung. Die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des Arbeitszeitgesetzes käme seiner Teilaufhebung gleich. Eine solche Befugnis steht den Gerichten für Arbeitssachen nach Art. 20 Abs. 3 GG nicht zu.
Die Zuordnung des Bereitschaftsdienstes zur Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes scheidet damit trotz der sich aus Art. 2 Nr. 1 der Arbeitszeit-Richtlinie in seiner Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof ergebenden Anforderungen aus (so auch Ebener/Schmalz DB 2001, 813; ErfK/Wank 3. Aufl. § 2 ArbZG Rn. 45 mwN; Wank Anm. EAS aaO S 53; Balze EAS aaO Rn. 41; Litschen ZTR 2002, 54, 55; Rixen EuZW 2001, 421, 423; Höveler Arzt 2001, 32, 37; wohl auch Buschmann AuR 2003, 1, 6).
c) Nach § 1 BV leisten die Mitarbeiter im Rettungsdienst des Arbeitgebers nicht nur Vollarbeit und Bereitschaftsdienst, sondern auch Vollarbeit mit Zeiten der Arbeitsbereitschaft. Auch soweit durch solche Dienste die in § 3 ArbZG vorgesehene wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden überschritten wird, liegt ein Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz nicht vor.
Zwar zählt Arbeitsbereitschaft auch nach dem Arbeitszeitgesetz zur Arbeitszeit (Schliemann/Meyer aaO Rn. 60; Zmarzlik/Anzinger aaO § 2 Rn. 14; Buschmann/Ulber ArbZG 3. Aufl. § 2 Rn. 16; Baeck/Deutsch ArbZG § 2 Rn. 39; Neumann/Biebl Arbeitszeitgesetz 13. Aufl. § 2 ArbZG Rn. 12). Von den Vorgaben des § 3 ArbZG kann jedoch nach § 7 ArbZG abgewichen werden. So darf nach § 7 Abs. 1 Nr. 1a, Nr. 4a ArbZG in einem Tarifvertrag oder auf der Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebsvereinbarung die Arbeitszeit auf mehr als zehn Stunden werktäglich auch ohne Ausgleich verlängert werden, wenn in sie regelmäßig und in erheblichen Umfang Arbeitsbereitschaft fällt; damit ist zwangsläufig die Ermächtigung zur Überschreitung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 48 Stunden verbunden. Eine absolute Obergrenze für die Verlängerung der Arbeitszeit nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG kennt das Gesetz nicht; sie ergibt sich allenfalls mittelbar aus § 5 ArbZG (Zmarzlik/Anzinger aaO § 7 Rn. 22).
Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG liegen hier vor. Auf die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten des Arbeitgebers findet der DRK-TV Anwendung. Nach § 14 Abs. 2 DRK-TV in seiner für den Rettungsdienst und Krankentransport geltenden Fassung kann die regelmäßige Arbeitszeit der Mitarbeiter auf bis zu 49 Wochenstunden verlängert werden, wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens drei Stunden täglich fällt. Das ist der Fall.
Arbeitsbereitschaft iSv. § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG ist die “wache Achtsamkeit im Zustand der Entspannung” (grundlegend Kaskel Das Schlichtungswesen [Zeitschrift] 1926, 75; BAG 28. Januar 1981 – 4 AZR 892/78 – AP MTL II § 18 Nr. 1 = EzA AZO § 7 Nr. 1; 5. Mai 1988 – 6 AZR 658/85 – BAGE 58, 243; ähnlich Schliemann aaO § 2 Rn. 15; kritisch und mit weiteren Nachweisen auch zu modifizierten Begriffsbestimmungen Tietje Grundfragen des Arbeitszeitrechts Diss. 2001 S 78 ff.) oder jedenfalls die Anwesenheit am Arbeitsplatz im Zustand der Entspannung (RAG 20. Dezember 1939 – RAG. 104/39 – ARS 38, 23; BAG 14. April 1966 – 2 AZR 503/63 – BAGE 18, 223). Arbeitsbereitschaft stellt eine gegenüber der (Voll-)Arbeit mindere Leistung dar, die sich auf die sofortige Bereitschaft zur Aufnahme der Arbeit ohne Fremdaufforderung beschränkt (BAG 30. Januar 1985 – 7 AZR 446/82 – AP BAT § 35 Nr. 2 mwN; Zmarzlik/Anzinger aaO § 2 Rn. 18).
Zwar hat das Arbeitsgericht insoweit keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen. Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen bei den Mitarbeitern des Arbeitgebers mit einer vorgegebenen wöchentlichen Arbeitszeit von 49 Stunden gehen beide Beteiligte aber ohne weiteres aus. Dies entspricht auch den Regelungen in den Anlagen zu § 1 BV. Sowohl für die Schichten im Notarztdienst als auch für diejenigen in den Rettungswachen ist als sogenannte Dienstart überwiegend “Arbeitsbereitschaft 49 Stunden” angegeben. Lediglich für die drei Schichten in der Rettungsleitstelle lautet die Dienstart “Vollzeit”. Dies schließt angesichts der Aufgaben einer Rettungsleitstelle nicht aus, daß auch in diese Schichten eine dreistündige Arbeitsbereitschaft fällt.
Eine Arbeitsbereitschaft von täglich drei Stunden ist ein erheblicher Umfang iSv. § 7 Abs. 1 Nr. 1a, Nr. 4a ArbZG. In einer Woche fallen damit bei fünf Arbeitstagen mindestens 15 Stunden, bei sechs Arbeitstagen mindestens 18 Stunden Arbeitsbereitschaft an. Bezogen auf eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 49 Stunden sind dies rund 31 % bzw. 37 % der Gesamtarbeitszeit. Ein solcher Anteil genügt den gesetzlichen Anforderungen (vgl. BAG 18. Februar 1970 – 4 AZR 257/69 – AP MTB II § 21 Nr. 1; ErfK/Wank 3. Aufl. § 7 ArbZG Rn. 5 mwN; Schliemann/Meyer aaO Rn. 527; Zmarzlik/Anzinger aaO § 7 Rn. 20; Buschmann/Ulber aaO § 2 Rn. 17).
Auch wenn die Inanspruchnahme während des Bereitschaftsdienstes zu einer Vollarbeit im Umfang von mehr als 48 Stunden führt, verstößt dies danach nicht gegen das Arbeitszeitgesetz. Weil die Verlängerung der täglichen und wöchentlichen Schichtzeiten über acht bzw. über 48 Stunden hinaus von § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG schon dann gedeckt ist, wenn in sie täglich regelmäßig mindestens drei Stunden Arbeitsbereitschaft fallen, gilt dies erst recht, wenn diese Verlängerung auf der Leistung von Bereitschaftsdienst beruht.
4. Die Regelungen in § 1 BV und die Vorschriften des § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG, § 14 Abs. 2 DRK-TV, auf denen sie beruhen, stehen im Widerspruch zu der Begrenzung der Höchstarbeitszeit in Art. 6 Arbeitszeit-Richtlinie. Das wirkt sich im Streitfall jedoch nicht aus. Der Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht steht der Anwendung der genannten Regelungen des innerstaatlichen Rechts nicht entgegen.
a) Um die Unvereinbarkeit von § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG, § 14 Abs. 2 DRK-TV und § 1 BV mit Regelungen der Arbeitszeit-Richtlinie feststellen zu können, ist eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nicht erforderlich. Auch insoweit handelt es sich lediglich um die Anwendung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof auf den von den nationalen Gerichten zu entscheidenden Einzelfall.
Nach Art. 6 Nr. 2 Arbeitszeit-Richtlinie treffen die Mitgliedsstaaten “die erforderlichen Maßnahmen, damit nach Maßgabe der Erfordernisse der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer … die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschreitet”. Nach Art. 16 Nr. 2 Arbeitszeit-Richtlinie können die Mitgliedstaaten zwar einen Bezugszeitraum von bis zu vier Monaten, nach näherer Maßgabe von Art. 17 Abs. 3, Abs. 4 Arbeitszeit-Richtlinie äußerstenfalls von bis zu zwölf Monaten zulassen. Eine Erweiterung des Umfangs der höchstzulässigen – ggf. jahresdurchschnittlichen – Wochenarbeitszeit selbst ist jedoch in der Richtlinie nicht vorgesehen. Dies kommt nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) (i) der Richtlinie nur in Frage, wenn der Mitgliedstaat die allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer einhält und mit den erforderlichen Maßnahmen dafür sorgt, daß kein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer verlangt, im Durchschnitt des in Art. 16 Nr. 2 der Richtlinie genannten Bezugszeitraums mehr als 48 Stunden wöchentlich zu arbeiten, es sei denn, der Arbeitnehmer hat sich dazu bereit erklärt. Dieses Einverständnis muß der Arbeitnehmer selbst erteilen, es kann nicht in einem Tarifvertrag stellvertretend für die Arbeitnehmer von der Gewerkschaft erklärt werden (EuGH 3. Oktober 2000 – C-303/98 – (SIMAP( Slg. 2000 I-7963, 7997, zu Nr. 73 der Gründe); eine Stellvertretung durch den Betriebsrat ist gleichermaßen ausgeschlossen. Für ein solches, jeweils individuelles Einverständnis der Mitarbeiter im Rettungsdienst des Arbeitgebers gibt es hier keinerlei Anhaltspunkte. Im übrigen fehlt es schon an einer entsprechenden “Maßnahme” des Mitgliedstaates iSd. Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) (i) der Richtlinie.
§ 1 BV sowie seine gesetzlichen und tariflichen Grundlagen sind deshalb mit Art. 6 Arbeitszeit-Richtlinie nicht vereinbar. Da Bereitschaftsdienst nach Art. 2 Nr. 1 Arbeitszeit-Richtlinie in vollem Umfang Arbeitszeit darstellt, ist er bei der Ermittlung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit gemäß Art. 6 Arbeitszeit-Richtlinie ohne Einschränkung zu berücksichtigen. Der Europäische Gerichtshof hat im Urteil vom 3. Oktober 2000 die entsprechende ausdrückliche Frage des vorlegenden Gerichts in seine den Arbeitszeitcharakter des Bereitschaftsdienstes feststellende Antwort einbezogen (EuGH 3. Oktober 2000 – C-303/98 – aaO Nr. 28, 46). Die Möglichkeit einer Arbeitszeitverlängerung über 48 Wochenstunden hinaus verletzt die europarechtliche Höchstarbeitszeitgrenze (so auch Buschmann AuR 2003, 1, 4).
Das gleiche gilt für die Erweiterungsmöglichkeit bei Arbeitsbereitschaft. Diese Form der Arbeitsleistung stellt ebenfalls Arbeitszeit iSd. Art. 2 Nr. 1, Art. 6 Arbeitszeit-Richtlinie dar. Die Kriterien und Erwägungen, auf Grund derer der Europäische Gerichtshof den Bereitschaftsdienst der Arbeitszeit zugeordnet hat, treffen auf die Arbeitsbereitschaft im Sinne des Arbeitszeitgesetzes in mindestens gleichem Maße zu. Auch Arbeitszeiten, in die in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt, dürfen deshalb nach der Arbeitszeit-Richtlinie einen durchschnittlichen wöchentlichen Umfang von 48 Stunden nicht überschreiten (vgl. Weber Anm. SAE 2002, 340, 346; Roßbruch PflR 2001, 23, 24).
b) Ist eine Norm des nationalen Rechts mit Gemeinschaftsrecht unvereinbar, führt dies nicht zu ihrer Nichtigkeit, sondern zu ihrer Unanwendbarkeit (BAG 5. März 1996 – 1 AZR 590/92 (A) – BAGE 82, 211, 228, zu B II 4 der Gründe). Sämtliches Gemeinschaftsrecht, sowohl Primär- als auch Sekundärrecht, beansprucht Vorrang vor dem nationalen Recht (BVerfG 22. Oktober 1986 – 2 BvR 197/83 – [Solange II] BVerfGE 73, 339, 387; Oppermann Europarecht 2. Aufl. Rn. 632 ff.). Der Vorrang besteht nicht nur gegenüber staatlich gesetztem Recht, sondern auch gegenüber Tarifnormen (EuGH 7. Februar 1991 – C-184/89 – [Nimz] Sgl. 1991 I-297, 308, zu Nr. 17, 19 der Gründe). Das gleiche gilt mit Blick auf entgegenstehende Regelungen in Betriebsvereinbarungen. Der Anwendungsvorrang setzt allerdings eine unmittelbare Geltung und Wirkung des Gemeinschaftsrechts voraus. Im Arbeitsrecht sind nur solche Normen des Gemeinschaftsrechts unmittelbar anwendbar, die Rechte und Pflichten im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder zwischen ihnen und staatlichen Stellen begründen können (ErfK/Wißmann 3. Aufl. Rn. 18 Vorb. EG; vgl. auch Jarass aaO S 4, 105).
aa) Im Unterschied zu verschiedenen Normen des Primärrechts und Regelungen in EG-Verordnungen kommt Richtlinien grundsätzlich keine unmittelbare Wirkung zu. Richtlinien wenden sich nach Art. 249 Abs. 3 EG an die Mitgliedstaaten (vgl. Art. 19 Arbeitszeit-Richtlinie) und verpflichten diese, die betreffenden Vorgaben in nationales Recht umzusetzen (BAG 2. April 1996 – 1 ABR 47/95 – BAGE 82, 349, 357 zu B II 2a bb der Gründe; Krimphove Europäisches Arbeitsrecht 2. Aufl. Rn. 96). Die Befugnis zur unmittelbaren Rechtsetzung haben die Gemeinschaftsorgane nur, wo sie Verordnungen erlassen können (EuGH 14. Juli 1994 – C-91/92 – [Faccini Dori] Sgl. 1994 I-3325, 3347, zu Nr. 24 der Gründe; Heinrichs NJW 1995, 153, 154; Scherzberg Jura 1993, 225, 227).
bb) In Ausnahmefällen können allerdings auch Richtlinien unmittelbare Wirkung entfalten. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann sich ein Mitgliedstaat, der eine Richtlinie nicht oder nicht ordnungsgemäß innerhalb der vorgesehenen Frist umgesetzt hat, seinen Bürgern gegenüber nicht auf diese Säumigkeit berufen. Im Interesse der praktischen Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts kommt der Richtlinie in diesem Fall unmittelbare Wirkung zugunsten der Bürger zu, wenn die betreffende Vorschrift eine inhaltlich hinreichend bestimmte und unbedingte Regelung enthält (EuGH 5. April 1979 – Rs. 148/78 – [Ratti] Sgl. 1979, 1629; 12. Juli 1990 – C-188/89 – [Foster] Sgl. 1990, I-3313, 3343, zu Nr. 16, 17 der Gründe; 4. Dezember 1997 – C-253/96 – bis C-258/96 – [Kampelmann] Sgl. 1997 I-6907 = AP EWG/Richtlinie Nr. 91/533 Nr. 3; Hirsch RdA 1999, 48). Das Bundesverfassungsgericht hat die Vereinbarkeit dieser Rechtsprechung mit dem deutschen Zustimmungsgesetz zum EWG-Vertrag bestätigt (BVerfG 8. April 1987 – 2 BvR 687/85 – BVerfGE 75, 223).
cc) Die danach mögliche unmittelbare Wirkung und der damit verbundene Anwendungsvorrang einer nicht umgesetzten Richtlinie beschränkt sich aber auf das Verhältnis zwischen Bürger und säumigem Staat. Dagegen kommt einer nicht umgesetzten Richtlinie im Verhältnis zwischen Bürgern untereinander keine unmittelbare Geltung zu. Die Zuerkennung einer unmittelbaren (horizontalen) Wirkung auch im Verhältnis von Privatrechtssubjekten würde die Kompetenzordnung des EG-Vertrags zu Lasten der Mitgliedstaaten verschieben, die insoweit auf ihre souveränen Rechte nicht zugunsten der Gemeinschaftsorgane verzichtet haben (EuGH 14. Juli 1994 – C-91/92 – aaO; Krimphove aaO Rn. 102). Zwischen einem privaten Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer vermag eine Richtlinie deshalb keine unmittelbare Anspruchsbeziehung zu begründen. Gegenüber einem solchen Arbeitgeber kann sie vor einem nationalen Gericht nicht in Anspruch genommen werden (EuGH 14. Juli 1994 – C-91/92 – aaO, zu Nr. 20 der Gründe; 4. Dezember 1997 – C-253/96 ua. – aaO, zu Nr. 46 der Gründe; Geiger EUV/EGV 3. Aufl. Art. 249 EGV Rn. 15 mwN).
Liegen die Voraussetzungen für eine unmittelbare Wirkung der Richtlinie – wie stets im Verhältnis privater Personen – nicht vor, kommt ein Anwendungsvorrang der Richtlinie und die damit verbundene Unanwendbarkeit der entgegenstehenden nationalen Vorschriften nicht in Betracht. Einen solchen Mechanismus zur Eliminierung nationaler Vorschriften kennt das Gemeinschaftsrecht nicht (EuGH 26. September 1996 – C-168/95 – [Arcaro] Sgl. 1996 I-4705, 4719, zu Nr. 40, 43 der Gründe). Die Richtlinie ist keine allgemeine Maßstabsnorm, auf Grund derer die innerstaatlichen Gerichte gehalten wären, alle ihr widersprechenden nationalen Normen unabhängig von einer unmittelbaren Wirkung der Richtlinie unangewendet zu lassen (“legal review”). Andernfalls würde zumindest auf diesem Wege die in Art. 249 EG getroffene Unterscheidung zwischen Verordnung und Richtlinie aufgehoben. Überdies entstünden erhebliche Rechtslücken, weil weder die Richtlinie unmittelbar noch weiterhin die ihr entgegenstehende nationale Vorschrift Geltung beanspruchen könnten. Die Richtlinie stünde damit auch der Anwendbarkeit nationaler Vorschriften entgegen, die einzelne Privatrechtssubjekte gegenüber dem Richtlinieninhalt begünstigen; dies wäre mit dem Grundsatz nicht vereinbar, daß aus der mangelnden Umsetzung der Richtlinie keinem Bürger Nachteile entstehen dürfen (EuGH 26. September 1996 – C-168/95 – aaO, zu Nr. 37 der Gründe; vgl. ferner Gstaltmeyr aaO S 190 ff. mwN; Scherzberg Jura 1993, 225, 229; Jarass DVBl. 1995, 954, 960; Ruffert in Calliess/Ruffert aaO Art. 249 EG-Vertrag Rn. 95).
Aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 26. September 2000 (– C-443/98 – [Unilever Italia] Slg. 2000 I-7565) folgt nichts anderes. Dort ging es nicht um die Umsetzung von Richtlinienbestimmungen über die Beziehungen zwischen einzelnen Rechtssubjekten, sondern um die Erfüllung einer Verfahrenspflicht beim Erlaß einer nationalen Regelung (Ruffert aaO Rn. 78a). Der italienische Gesetzgeber hatte eine Vorschrift zur Etikettierungspflicht für bestimmte Produkte verabschiedet, bevor die nach der Richtlinie 83/189/EWG des Rates vom 28. März 1983 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften festgesetzte Stillhaltefrist abgelaufen war, und damit den freien Warenverkehr beeinträchtigt. Der Europäische Gerichtshof hat die Unanwendbarkeit der nationalen Vorschrift bejaht. Zwar könne eine Richtlinie nicht selbst Verpflichtungen Einzelner begründen und daher als solche ihnen gegenüber nicht herangezogen werden. Die Richtlinie 83/189/EWG enthalte aber im gegebenen Zusammenhang nur Verfahrensvorschriften und lege nicht den materiellen Inhalt der Rechtsnorm fest, auf deren Grundlage das nationale Gericht den bei ihm anhängigen Rechtsstreit zu entscheiden habe; sie begründe weder Rechte noch Pflichten für Einzelne. Unter diesen Voraussetzungen müsse das nationale Gericht auch in einem Zivilrechtsstreit zwischen Privatpersonen über vertragliche Rechte und Pflichten die Anwendung der betreffenden nationalen technischen Vorschrift ablehnen. Der Gerichtshof hat folglich mit Blick auf materiellrechtliche Normen einer Richtlinie daran festgehalten, daß diesen eine horizontale unmittelbare Wirkung nicht zukomme (so auch Herdegen Europarecht 4. Aufl. Rn. 185; aA wohl Buschmann AuR 2003, 1, 6).
c) Im Verhältnis zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber sind § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG und die auf ihm beruhenden tariflichen und betrieblichen Regelungen weiterhin anwendbar. Der Arbeitgeber ist keine staatliche Stelle im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der gegenüber sich der Betriebsrat auf die Geltung der Arbeitszeit-Richtlinie berufen könnte. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der Anwendungsbereich der Richtlinie für den Rettungsdienst des Arbeitgebers eröffnet ist oder dieser wegen der Bereichsausnahme für “Straßenverkehr” und “Katastrophenschutzdienste” in Art. 1 Abs. 3 Arbeitszeit-Richtlinie (in ihrer bis zum 31. Juli 2000 geltenden Fassung) iVm. Art. 2 Abs. 2 der Grundrichtlinie 89/391/EWG vom 12. Juni 1989 (ABl. L 183 vom 29. Juni 1989 S 1) von der Richtlinie nicht erfaßt wird.
aa) Als “Staat”, demgegenüber eine nicht ordnungsgemäß umgesetzte, hinreichend bestimmte und unbedingte Vorschrift einer Richtlinie unmittelbare Wirkung entfaltet, sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht nur Gebietskörperschaften anzusehen. Darunter sind vielmehr alle Organisationen und Einrichtungen zu verstehen, die dem Staat oder dessen Aufsicht unterstehen oder mit besonderen Rechten ausgestattet sind, die über diejenigen hinausgehen, die nach den Vorschriften für die Beziehungen zwischen Privatpersonen gelten (EuGH 12. Juli 1990 – C-188/89 – [Foster] Sgl. 1990 I-3313, 3343). Dabei kommt es nicht darauf an, in welcher Eigenschaft der Staat handelt, ob als Hoheitsträger oder als Arbeitgeber (EuGH 26. Februar 1986 – Rs. 152/84 – [Marshall I] Sgl. 1986, 723, 737, zu Nr. 49 der Gründe; 12. Juli 1990 – C-188/89 – aaO, zu Nr. 17 der Gründe).
bb) Der beteiligte Arbeitgeber ist keine staatliche Einrichtung in diesem Sinne. Auch diese Feststellung kann der Senat ohne Vorlage an den Europäischen Gerichtshof treffen. Der Europäische Gerichtshof ist im Wege der Vorabentscheidung befugt festzustellen, gegenüber welchen Gruppen von Rechtssubjekten die Bestimmungen einer Richtlinie geltend gemacht werden können. Sache der nationalen Gerichte ist es, darüber zu entscheiden, ob der Beteiligte eines bei ihnen anhängigen Verfahrens zu einer dieser Gruppen gehört (EuGH 12. Juli 1990 – C-188/89 – aaO, zu Nr. 15 der Gründe).
Der Arbeitgeber nimmt hier zwar mit der Einrichtung und Durchführung des Rettungsdienstes eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe wahr und unterliegt in diesem Zusammenhang der staatlichen Aufsicht (vgl. § 1, § 2, § 30a Abs. 2 Rettungsdienstgesetz Baden-Württemberg). Auch ist er bei der Ausübung seiner Tätigkeit mit begrenzten Hoheitsbefugnissen im Straßenverkehr ausgestattet. Der Arbeitgeber ist jedoch als Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes ein privatrechtlicher Verein, dessen Verhalten als Arbeitgeber von öffentlichen Stellen nicht beeinflußt wird. Staatliche Stellen vermögen dem Arbeitgeber keine Weisungen bezüglich seines Verhaltens gegenüber Betriebsrat und Arbeitnehmern zu erteilen. Es kann deshalb dahinstehen, welche Intensität der rechtlichen, möglicherweise auch nur tatsächlichen informellen oder wirtschaftlichen Einwirkungsmöglichkeiten staatlicher Stellen insoweit als ausreichend anzusehen wäre. Ebensowenig ist der Arbeitgeber im Hinblick auf von ihm eingegangene Arbeitsverhältnisse mit besonderen Rechten ausgestattet, die über das hinausgingen, was für die Beziehungen zwischen Privatpersonen gilt. Staatliche Stellen haben damit keinen Einfluß auf das Verhalten des Arbeitgebers in dem Bereich, für den die nicht ordnungsgemäß umgesetzten Bestimmungen der Arbeitszeit-Richtlinie, insbesondere Art. 6 der Richtlinie Verpflichtungen begründen (vgl. zu diesem Gesichtspunkt die Schlußanträge des Generalanwalts vom 8. Mai 1990 – C-188/89 – [Foster] Slg. 1990 I-3313, zu Nr. 21).
Dem Arbeitgeber kann die Säumigkeit der zur ordnungsgemäßen Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie berufenen staatlichen Organe nicht entgegengehalten werden. Es ist nicht gerechtfertigt, ihn zwecks praktischer Wirksamkeit der Richtlinien der Sanktion der unmittelbaren Geltung ihrer Bestimmungen zu unterwerfen. Im Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber auf der einen und seinen Mitarbeitern und dem Betriebsrat auf der anderen Seite sind die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes und ist insbesondere § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG nicht unanwendbar geworden.