Leitsatz (redaktionell)
1. Die rechtliche Bewertung des Streiks und des Arbeitskampfes überhaupt muß einheitlich erfolgen und seinem kollektiv-rechtlichen Wesen gerecht werden.
2. Bei dem legitimen gewerkschaftlichen Streik gibt diese Legitimität der Gesamtaktion ihr entscheidendes rechtliches Gepräge, so daß nicht nur die zum Streik auffordernde Gewerkschaft, sondern auch die daraufhin die Arbeit ohne Kündigung niederlegenden Arbeitnehmer nicht vertragswidrig und nicht rechtswidrig handeln.
3. Der von einer Gewerkschaft beschlossene, von den Arbeitnehmern ohne fristgemäße Kündigung durchgeführte legitime Streik um die Arbeitsbedingungen berechtigt die bestreikten Arbeitgeber nicht zur außerordentlichen fristlosen Einzelentlassung des einzelnen Arbeitnehmers oder mehrerer einzelner Arbeitnehmer wegen Vertragsverletzung. Die GewO § 123 Nr 3, § 124a, HGB § 70, § 72 Abs 1 Nr 2, LArbOV § 16, AllgBergG PR § 82 Abs 1 Nr 3, § 83a, BinSchG § 25, BGB § 626 sind nicht anzuwenden.
4. Bei dem legitimen Arbeitskampf gilt der Grundsatz der Kampfparität und der Freiheit der Wahl der Kampfmittel.
5. Die kollektivrechtlich legitime Aussperrung bedarf keiner Kündigung der Arbeitsverträge, und zwar weder einer befristeten, noch einer fristlosen Kündigung. GewO § 123 Nr 3 und die entsprechenden Vorschriften gelten nicht. Auch bestehen bei sofortiger Aussperrung zur Erreichung eines legitimen kollektiven Kampfzieles keine Vergütungsansprüche der Arbeitnehmer aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs.
6. Der von einer Gewerkschaft ohne fristgemäße Kündigung der Arbeitsverhältnisse durchgeführte Streik um die Arbeitsbedingungen berechtigt die bestreikten Arbeitgeber, im Wege der kollektiven Abwehraussperrung die Arbeitsverhältnisse der streikenden Arbeitnehmer fristlos zu lösen.
7. Sperren die bestreikten Arbeitgeber gemäß Nr 6 aus, so steht die Wiedereinstellung der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitskampfes beim Fehlen einer Wiedereinstellungsklausel in ihrem unternehmerischen Ermessen. Dieses Ermessen darf jedoch nicht offensichtlich mißbräuchlich ausgeübt werden.
Normenkette
HGB § 70; BGB §§ 626, 826; GG Art. 9 Abs. 3; LArbOV § 16; GG Art. 2 Abs. 1; GewO § 124a; BinSchG § 25; ABG PR § 83a; BGB § 823 Abs. 1; GewO § 123 Nr. 3; HGB § 72 Abs. 1 Nr. 2; ABG PR § 82 Abs. 1 Nr. 3
Fundstellen
BAGE 1, 291 (LT1-7) |
BB 1955, 605 (LT1-7) |
NJW 1955, 882 |
Arbeitskammer 1959, 330 (LT1-7) |
SAE 1956, 10 (LT1-7) |
AP, Arbeitskampf (LT1-7) |
BArbBl 1955, 510 (LT1-7) |