Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an Rechtsbeschwerdebegründung

 

Orientierungssatz

§ 94 Abs 2 S 2 ArbGG verlangt für die Rechtsbeschwerdebegründung neben der Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm - anders als § 554 Abs 3 Nr 3 Buchst a ZPO - ausdrücklich auch die Angabe, worin die Rechtsverletzung bestehen soll, also die Darlegung, wie die angeblich verletzte Rechtsnorm richtig auszulegen ist und inwieweit sich das auf die Entscheidung auswirken muß.

 

Normenkette

ArbGG § 94 Abs. 2 S. 2; ZPO § 554 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Beschluss vom 26.06.1986; Aktenzeichen 7 TaBV 2/86)

ArbG Berlin (Entscheidung vom 21.11.1985; Aktenzeichen 22 BV 3/85)

 

Gründe

1. Der Beschluß des Landesarbeitsgerichts ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats am 28. August 1986 zugestellt worden. Er hat mit einem Schriftsatz vom 26. September 1986 gegen diesen Beschluß die zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt. Die Rechtsbeschwerdeschrift ist erst am 13. Oktober 1986 beim Bundesarbeitsgericht eingegangen. Mit Schriftsatz vom 9. Oktober 1986, ebenfalls eingegangen am 13. Oktober 1986, hat der Verfahrensbevollmächtigte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist beantragt.

Der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats hat unter anwaltlicher Versicherung der Richtigkeit und Vorlage einer eidesstattlichen Erklärung seiner Gehilfin, Frau Schneider, zur Begründung seines Antrags vorgetragen:

Die Rechtsbeschwerde sei am Vormittag des 26. September 1986 geschrieben und von ihm unterschrieben worden. Er habe dabei Frau Schneider Anweisung gegeben, unbedingt dafür Sorge zu tragen, daß der Schriftsatz noch am gleichen Tag zur Post gehe. Frau Schneider habe am Nachmittag alle Ausgangspost zunächst kuvertiert und anschließend mit der Frankiermaschine frankiert. Dabei seien alle frankierten Umschläge auf den kleinen Tisch, auf dem sich die Frankiermaschine befinde und der neben zwei Schreibtischen stehe, gelegt und anschließend in die vorgeschriebenen roten Umschläge der Post eingelegt worden. Die roten Umschläge seien anschließend von Frau Schneider zur Post gebracht worden, wobei diese beim Weggehen noch einmal befragt worden sei, ob die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht abgesandt sei. Das sei von Frau Schneider bejaht worden.

Erst Anfang Oktober sei aufgefallen, daß die Eingangsbestätigung vom Bundesarbeitsgericht noch nicht vorliege. Eine Anfrage beim Bundesarbeitsgericht habe ergeben, daß dort eine Rechtsbeschwerdeschrift nicht eingegangen sei. Der Vorsitzende des Betriebsrats habe auf Anfrage mitgeteilt, daß er die Mandantendurchschrift der Rechtsbeschwerde am 29. September 1986 erhalten habe. Daraufhin sei das Büro nach der Rechtsbeschwerdeschrift abgesucht worden. Diese habe sich schließlich zwischen dem Tisch mit der Frankiermaschine und den beiden Schreibtischen wiedergefunden, wo sie auf einem Vorsprung des Möbels steckengeblieben und so nicht zu Boden gefallen sei. Der Umschlag müsse daher vor dem Eintüten vom Stapel der Ausgangspost zwischen die Tische gerutscht sein.

2. Der Wiedereinsetzungsantrag ist begründet. Dem Betriebsrat und seinem Verfahrensbevollmächtigten trifft kein Verschulden an der Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist. Selbst wenn man davon ausgeht, daß die Gehilfin Frau Schneider verpflichtet gewesen wäre, sich beim Eintüten der frankierten Umschläge zu vergewissern, daß die Sendung an das Bundesarbeitsgericht dabei war, wäre die Verletzung dieser Sorgfaltspflicht dem Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats nicht zuzurechnen. Er hat Frau Schneider, als sie das Büro mit der Post verließ, noch gefragt, ob die Sendung an das Bundesarbeitsgericht dabei ist, was diese bejaht hat. An der Richtigkeit dieser Auskunft zu zweifeln, hatte er keinen Anlaß, zumal es sich bei der Gehilfin Frau Schneider um eine langjährig beschäftigte und zuverlässige Kraft handelt.

Dr. Seidensticker Roeper Dr. Steckhan

 

Fundstellen

Dokument-Index HI441022

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