Entscheidungsstichwort (Thema)
Fallgruppengebundene Vergütungsgruppenzulage bei Fallgruppenwechsel
Leitsatz (redaktionell)
Anspruch auf Vergütungsgruppenzulage nach Fußnote 2 zur VergGr. V c Fallgr. 7 Anlage 1 a Teil II Abschn. G Sozial- und Erziehungsdienst nach § 242 BGB trotz Fallgruppenwechsels wegen Übernahme höherwertiger Tätigkeit. Ob in der VergGr. V c Fallgr. 7 verbrachte Zeiten auf die für die Vergütungsgruppenzulage der Fußnote 1 zur VergGr. V c Fallgr. 6 geforderte Tätigkeitszeit anzurechnen sind oder ob insoweit eine Tariflücke vorliegt, die durch eine ergänzende Tarifvertragsauslegung zu schließen wäre, bleibt offen.
Normenkette
BAT § 23b; BGB § 242
Verfahrensgang
LAG Berlin (Urteil vom 05.11.1993; Aktenzeichen 10 Sa 82/93) |
ArbG Berlin (Urteil vom 28.04.1993; Aktenzeichen 94 Ca 27564/92) |
Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 5. November 1993 – 10 Sa 82/93 – aufgehoben.
2. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. April 1993 – 94 Ca 27564/92 – wird zurückgewiesen.
3. Das beklagte Land hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Vergütungsgruppenzulage nach Fußnote 2 zur Fallgr. 7 der VergGr. V c des Tarifvertrages zur Änderung und Ergänzung der Anl. 1 a zum Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) für den Bereich des Bundes und für den Bereich der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder (BL) – Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst – vom 24. April 1991, in Kraft mit Wirkung vom 1. Januar 1991, ab 4. April 1992 i. H. von 6 % der Anfangsgrundvergütung hat.
Die Klägerin, eine Erzieherin mit staatlicher Anerkennung, ist seit 3. April 1985 bei dem beklagten Land als Erzieherin beschäftigt.
Nach dem zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrag vom 23. November 1987 sind für das Arbeitsverhältnis der „Bundes-Angestelltentarifvertrag (Bund, Länder …)– BAT – unter der Berücksichtigung der jeweils in Frage kommenden Sonderregelungen mit allen künftigen Änderungen und Ergänzungen” sowie „die mit dem Lande Berlin bzw. dem Arbeitgeberverband, dem das Land Berlin angehört, bisher vereinbarten, noch geltenden und künftig abzuschließenden Tarifverträge über Arbeitsbedingungen der Angestellten, insbesondere die Vergütungstarifverträge” maßgebend.
Die Klägerin wurde im Arbeitsvertrag „in VergGr. VI b BAT” eingruppiert. Dieser Vereinbarung lag die Auffassung des beklagten Landes zugrunde, die Tätigkeit der Klägerin als „Gruppenerzieherin in einer Elementar-Gruppe” sei der VergGr. VI b Fallgr. 5 Teil II Abschn. G „Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst” der Anl. 1 a zum BAT zuzuordnen. Ab 1. Januar 1991 erhielt die Klägerin Vergütung nach VergGr. V c infolge Bewährungsaufstiegs aus der VergGr. VI b Fallgr. 5 nach VergGr. V c Fallgr. 7 Teil II Abschn. G der Anl. 1 a zum BAT. Mit Schreiben vom 30. November 1991 bewarb sich die Klägerin um die Vorschulerzieherstelle Kennziffer 286. Diese Stelle war am 25. November 1991 mit „VergGr. V c/V b BAT” und mit dem Aufgabengebiet „Leitung einer Vermittlungsgruppe in der Kindertagesstätte S. straße 14, B.” ausgeschrieben worden. Die Klägerin erhielt die Stelle zum 1. Februar 1992. Sie wurde als „Vermittlungsgruppenleiterin” oder „Erzieherin in Vermittlungsgruppen” in VergGr. V c Fallgr. 6 Teil II Abschn. G der Anl. 1 a zum BAT eingruppiert. Das beklagte Land teilte ihr das mit Schreiben vom 6. Februar 1992 mit und wies darauf hin, „Kein Aufstieg” und „Wegen Ihrer Eingruppierung erhalten Sie eine Zulage … nach vier Jahren”.
Mit Schreiben vom 5. Juli 1992 begehrte die Klägerin gegenüber dem beklagten Land erfolglos die Vergütungsgruppenzulage.
Mit der dem beklagten Land am 25. Oktober 1992 zugestellten Klage verfolgt die Klägerin die Zahlung der Vergütungsgruppenzulage ab 4. April 1992 weiter.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe nach den Übergangsvorschriften zum Änderungstarifvertrag vom 24. April 1991 seit dem 4. April 1988 die erforderliche Bewährungszeit für den Aufstieg in die VergGr. V c BAT absolviert und habe nach weiteren vier Jahren Anspruch auf die Vergütungsgruppenzulage von 6 % nach der Fußnote 2. Obwohl sie seit dem 1. Februar 1992 als Erzieherin in einer Vermittlungsgruppe tätig sei, erfülle sie neben den Voraussetzungen der Fallgr. 6 auch diejenigen der Fallgr. 7. Sie sei eben nicht nur Erzieherin mit staatlicher Anerkennung in einer Vermittlungsgruppe (Fallgr. 6), sondern auch Erzieherin mit staatlicher Anerkennung nach dreijähriger Bewährung in der VergGr. VI b Fallgr. 5 (Fallgr. 7). Nach dem Wechsel von einer Erzieherin zur Erzieherin von Vermittlungsgruppen, der zudem noch in derselben Tagesstätte stattgefunden habe, könne sie nicht finanziell schlechter gestellt werden. Wäre sie Erzieherin geblieben, hätte sie Anspruch auf die Vergütungsgruppenzulage ab 4. April 1992 gehabt. Es gehe nicht an, daß sie vier Jahre in der Fallgr. 6 der VergGr. V c BAT Sozial- und Erziehungsdienst tätig sein müsse und erst ab 1. Februar 1996 Anspruch auf Vergütungsgruppenzulage nach Fußnote 1 zu dieser Fallgruppe habe.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ihr ab dem 4. April 1992 eine Fußnotenzulage gemäß der Fußnote 2 zur VergGr. V c des Abschnitts G des Teils II der Anlage 1 a zum BAT zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Vergütungsgruppenzulage. Die Tarifvertragsparteien hätten eindeutig festgelegt, daß bei einer Tätigkeit in der Fallgr. 6 der VergGr. V c die Vergütungsgruppenzulage nur nach vierjähriger Tätigkeit gewährt werden solle. Diese habe die Klägerin noch nicht erfüllt. Soweit der Tarifvertrag eine Tätigkeit in einer bestimmten Fallgruppe fordere, könne nicht eine Tätigkeit gemäß irgendeiner anderen Fallgruppe daneben berücksichtigt werden. Die Fußnote 2 sei eindeutig der Fallgr. 7 der VergGr. V c zugeordnet. Wenn die Tarifvertragsparteien andere Zuordnungen gewollt hätten, dann wäre dies im Tarifvertrag zum Ausdruck gebracht worden. Wenn es für die Klägerin zu Nachteilen dadurch komme, daß sie bei weiterer Ausübung ihrer früheren Tätigkeit und damit weiterer Eingruppierung in die Fallgr. 7 die Vergütungsgruppenzulage früher erhalten hätte, so müsse dies angesichts der Tarifregelung hingenommen werden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des landesarbeitsgerichtlichen Urteils und zur Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts.
I. Die Klage ist als Feststellungsklage nach § 256 ZPO zulässig. Insbesondere mit Rücksicht auf die rechnerischen Schwierigkeiten, die mit der Bezifferung eines Zahlungsantrages für mehrjährige Anspruchs Zeiträume verbunden wären, hat der Senat Klagen auf Feststellung von Ansprüchen auf Zulagen als zulässig angesehen (BAGE 24, 300 = AP Nr. 1 zu § 26 BBesG; 24, 452 = AP Nr. 2 zu § 24 BAT; Senatsurteil vom 16. Juli 1975 – 4 AZR 433/74 – AP Nr. 1 zu § 28 BMT-G II; Senatsurteil vom 23. November 1994 – 4 AZR 883/93 –, zu I der Gründe, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen); daran ist festzuhalten.
II. Die Klägerin hat Anspruch auf die 6 % Vergütungsgruppenzulage nach Fußnote 2 zur Fallgr. 7 der VergGr. V c BAT/BL – Sozial- und Erziehungsdienst – ab 4. April 1992, § 23 b BAT.
Diese Fußnote lautet:
Diese Angestellten erhalten nach vierjähriger Tätigkeit in dieser Fallgruppe eine monatliche Vergütungsgruppenzulage i. H. von 6 v. H. der Anfangsgrundvergütung (§ 27 Abschn. A Abs. 1) der VergGr. V c. Bei der Berechnung sich ergebende Bruchteile eines Pfennigs unter 0,5 sind abzurunden, Bruchteile von 0,5 und mehr sind aufzurunden. Die Vergütungsgruppenzulage gilt bei der Bemessung des Sterbegeldes (§ 41) und des Übergangsgeldes (§ 63) als Bestandteil der Grundvergütung.
Die Sätze 2 und 3 wurden gestrichen durch § 2 Nr. 3 i.V. mit der Anl. 2 des 69. Änderungstarifvertrages zum BAT vom 25. April 1994, gültig ab 1. Mai 1994.
Der Anspruch auf die Zulage setzt voraus, daß die Klägerin nach dem Tarifvertrag zur Änderung der Anl. 1 a zum BAT/BL vom 24. April 1991 die Voraussetzungen der VergGr. V c Fallgr. 7 BAT/BL – Sozial- und Erziehungsdienst – erfüllt. Dies ergibt sich aus § 5 des Tarifvertrages zur Änderung der Anl. 1 a zum BAT/BL vom 24. April 1991. Diese Bestimmung lautet:
„§ 5
Übergangsvorschriften für den Bereich des Bundes und für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder ….
Für die Angestellten, die am 31. Dezember 1990 in einem Arbeitsverhältnis gestanden haben, das am 1. Januar 1991 zu demselben Arbeitgeber fortbestanden hat, gilt für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses folgendes:
- Hat der Angestellte am 31. Dezember 1990 Vergütung (§ 26 BAT) aus einer höheren Vergütungsgruppe erhalten als aus der Vergütungsgruppe, in der er nach diesem Tarifvertrag eingruppiert ist, wird diese Vergütung durch das Inkrafttreten dieses Tarifvertrages nicht berührt.
- Hängt die Eingruppierung oder der Anspruch auf eine Vergütungsgruppenzulage nach diesem Tarifvertrag von der Zeit einer Tätigkeit oder von der Zeit einer Bewährung in einer bestimmten Vergütungs- und Fallgruppe oder von der Zeit einer Berufstätigkeit ab, wird die vor dem 1. Januar 1991 zurückgelegte Zeit vorbehaltlich der nachstehenden Nr. 3 so berücksichtigt, wie sie zu berücksichtigen wäre, wenn dieser Tarifvertrag bereits seit Beginn des Arbeitsverhältnisses gegolten hätte.
- …
- …”
Nach dieser Übergangsvorschrift ist es erforderlich, daß die Klägerin auch nach den geänderten Eingruppierungsmerkmalen für den Bereich des Sozial- und Erziehungsdienstes tarifgerecht in die VergGr. V c Fallgr. 7 BAT – Sozial- und Erziehungsdienst – eingruppiert ist.
Das ist indes nicht der Fall.
Auf das Arbeitsverhältnis finden jedenfalls aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag in der für den Bereich des Bundes und für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder geltenden Fassung (BAT/BL) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung.
Dabei kommt es für die Eingruppierung der Klägerin nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT darauf an, ob zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals der VergGr. V c Fallgr. 7 BAT – Sozial- und Erziehungsdienst – in der ab 1. Januar 1991 geltenden Fassung erfülle.
Dabei ist von dem in ständiger Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorganges auszugehen, also von einer unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbaren und rechtlich selbständig zu bewertenden Arbeitseinheit der zu einen bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (BAGE 51, 59, 65 = AP Nr. 115 zu §§22, 23 BAT 1975. m.w.N.).
Die gesamte Tätigkeit der Klägerin ist als ein Arbeitsvorgang anzusehen.
Arbeitsergebnis der Tätigkeit ist die Leitung einer Vermittlungsgruppe in der Kindertagesstätte S. Straße in B. des beklagten Landes. Alle von ihr im einzelnen ausgeübten Aufgaben dienen diesem Arbeitsergebnis. Die Tätigkeit ist der Klägerin allein übertragen.
Für die Eingruppierung der Klägerin sind folgende Tätigkeitsmerkmale des Tarifvertrages zur Änderung der Anl. 1 a zum BAT/BL vom 24. April 1991 – Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst – heranzuziehen:
„VergGr. VI b
…
5. Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.
(Hierzu Protokollnotizen Nr. 1, 6 und 7)
VergGr. V c
…
5. Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,
mit besonders schwierigen fachlichen Tätigkeiten.
(Hierzu Protokollnotizen Nr. 1, 6, 7 und 8)
6. Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,
in Schulkindergärten, Vorklassen der Vermittlungsgruppen für nicht schulpflichtige Kinder.
…
(Hierzu Protokollnotizen Nr. 7 und 10)
7. Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,
nach dreijähriger Bewährung in VergGr. VI b Fallgr. 5. …
(Hierzu Protokollnotizen Nr. 1, 6 und 7)”
Das Landesarbeitsgericht nimmt an, die Klägerin erfülle mit ihrer Tätigkeit die Merkmale der VergGr. V c Fallgr. 6 Teil II Abschn. G der Anl. 1 a zum BAT. Die Klägerin sei seit dem 1. Februar 1992 als staatlich anerkannte Erzieherin in einer Vermittlungsgruppe für nicht schulpflichtige Kinder tätig. Sie erfülle damit sämtliche Merkmale der VergGr. V c Fallgr. 6.
Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist zuzustimmen.
Die Klägerin ist Erzieherin mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit als Leiterin einer Vorschuljahrgangsklasse.
Da die begehrte Vergütungsgruppenzulage an Fallgr. 7 der VergGr. V c (a.a.O.) geknüpft ist, hat die Klägerin von daher keinen Anspruch auf die Vergütungsgruppenzulage nach Fußnote 2 zu dieser Fallgruppe.
Zwar sieht die Fußnote 1 zu VergGr. V c Fallgr. 6 ebenfalls eine Vergütungsgruppenzulage von 6 % der Anfangsvergütung der VergGr. V c vor.
Diese Fußnote lautet:
„Diese Angestellten erhalten nach vierjähriger Tätigkeit in dieser Fallgruppe, frühestens insgesamt jedoch nach siebenjähriger Berufstätigkeit als Erzieherin in VergGr. VI b oder V c, eine monatliche Vergütungsgruppenzulage i. H. von 6 v. H. der Anfangsgrundvergütung (§ 27 Abschn. A Abs. 1) der VergGr. V c. Bei der Berechnung sich ergebende Bruchteile eines Pfennigs unter 0,5 sind abzurunden, Bruchteile von 0,5 und mehr sind aufzurunden. Die Vergütungsgruppenzulage gilt bei der Bemessung des Sterbegeldes (§ 41) und des Übergangsgeldes (§ 63) als Bestandteil der Grundvergütung.”
Die Sätze 2 und 3 wurden gestrichen durch § 2 Nr. 3 i.V. mit der Anlage 2 des 69. Änderungstarifvertrages zum BAT vom 25. April 1994, gültig ab 1. Mai 1994.
Die Voraussetzungen der fallgruppenbezogenen Vergütungsgruppenzulage dieser Fußnote erfüllt die Klägerin – noch – nicht. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, die Klägerin sei erst seit dem 1. Februar 1992 als Erzieherin in einer Vermittlungsgruppe tätig und erfülle erst seit diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen der VergGr. V c Fallgr. 6.
Es dürfte auch nicht davon auszugehen sein, daß der Klägerin die begehrte Vergütungsgruppenzulage nach Fußnote 2 deswegen zusteht, weil sie zugleich die Voraussetzungen der Fallgr. 7 der VergGr. V c BAT – Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst – erfülle, an welche Fallgruppe die Zulage gebunden ist.
Die VergGr. V c Fallgr. 6 weist gegenüber der Fallgr. 7 ein Qualifizierungsmerkmal auf, nämlich die Tätigkeit in einer Vermittlungsgruppe. Die Voraussetzungen der Fallgr. 6 können nur erfüllt werden, wenn auch die Voraussetzungen der Fallgr. 7 vorliegen. Geht man davon aus, daß die Fallgr. 7 auch immer in der Fallgr. 6 enthalten ist, dann müßte von daher die Fußnotenzulage zu Fallgr. 7 auch bei einer Tätigkeit in Fallgr. 6 gezahlt werden.
Dem steht der Wortlaut des Tarifvertrages entgegen. Nur bei einer Tätigkeit in Fallgr. 7 wird die Fußnotenzulage gezahlt. Außerdem ist in der Vorbemerkung Nr. 1 zu allen Vergütungsgruppen das Spezialitätsprinzip normiert. Dieser Grundsatz gilt auch innerhalb von Spezialregelungen. Wird zwischen Erzieherinnen mit „Normaltätigkeit” und Erzieherinnen in Schulkindergärten, Vorklassen der Vermittlungsgruppen für nicht schulpflichtige Kinder unterschieden, dann dürfte auch die Vergütungsgruppenzulage nur für die „normale Erzieherin” und nicht für die „Vorschulerzieherin” gelten.
Das kann der Senat aber ebenso dahinstehen lassen wie die Frage, ob eine Tariflücke vorliegt, die mit einer ergänzenden Tarifvertragsauslegung zu schließen wäre. Einmal wäre an ein Redaktionsversehen zu denken, das einer korrigierenden Auslegung zugänglich ist. Zum anderen könnten die Tarifvertragsparteien die Wertigkeit der Tätigkeit nach Fallgr. 6 im Verhältnis zur Fallgr. 7 der VergGr. V c verkannt haben mit der Folge, daß damit der Tarifvertrag relativ unwirksam wäre.
Wenngleich der Senat dazu neigt, es bei einer reinen Wortlautinterpretation zu belassen mit der Folge, daß nur bei einer Tätigkeit in Fallgr. 7 die Vergütungsgruppenzulage nach Fußnote 2 gezahlt wird, hat die Klägerin einen Anspruch auf die begehrte Vergütungsgruppenzulage aus § 242 BGB, und zwar in seiner Erscheinungsform des mißbräuchlichen widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium).
Die Klägerin hat sich, kurz bevor sie Anspruch auf die Vergütungsgruppenzulage nach Fußnote 2 zur VergGr. V c Fallgr. 7 gehabt hätte, aufgrund der Stellenausschreibung vom 25. November 1991 auf die zum 1. Dezember 1991 besetzbare Stelle mit der Kennziffer 286 „Erzieher/in als Leiter/in einer Vermittlungsgruppe – VergGr. V c/V b BAT –” beworben, also aus ihrer Sicht „mit der Aussicht auf die angegebene VergGr. V c/V b BAT”. Dem Personalrat gegenüber wurde die „Stelle” noch am 28. Januar 1992 mit der Bezeichnung „Sozialpäd. als Ltr. e. Vermittlungsgr. Bewertung Vgr. V b/IV b” präsentiert, wobei allerdings bei „Amts- bzw. Dienstbezeichnung künftig” „Vermittlungsgruppenleiterin” und bei „Eingruppierung künftig” „Vgr. V c Fallgr. 6” angegeben ist. Die Klägerin erhält die Stelle per 1. Februar 1992, also etwa zwei Monate bevor sie ohnehin die Vergütungsgruppenzulage erhalten hätte. Gleichwohl gruppiert das beklagte Land die Klägerin in VergGr. V c Fallgr. 6 BAT ein und teilt ihr in Konsequenz dessen mit, „kein Aufstieg” und „Zulage” in „vier Jahren”. Damit ist ein Fall des treuwidrigen widersprüchlichen Verhaltens gegeben. Widersprüchliches Verhalten ist rechtsmißbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist (BGHZ 94, 344.354; BGH Urteil vom 20. März 1986 – III ZR 236/84 – NJW 1986, 2104, 2107). So liegt es hier. Die Klägerin hat sich im Vertrauen auf die in Aussicht gestellte Vergütung nach VergGr. v c/V b BAT auf die Stellenausschreibung Nr. 286 beworben, obwohl der Ablauf der in Fußnote 2 zur VergGr. V c Fallgr. 7 genannten Tätigkeitszeit als Voraussetzung für die Vergütungsgruppenzulage absehbar war. Wenn die Klägerin dann am 1. Februar 1992 die Stelle erhält, sie aber in ihrer Vergütungsgruppe belassen und nur ein Fallgruppenwechsel vorgenommen wird und diese Fallgruppe nicht einmal einen Bewährungsaufstieg vorsieht und ihr darüber hinaus mitgeteilt wird, sie erhalte eine Vergütungsgruppenzulage erst nach vier Jahren ihrer Tätigkeit in der Fallgr. 6 der VergGr. V c, ohne daß eine Anrechnung ihrer in VergGr. V c Fallgr. 7 verbrachten Zeiten erfolgt, so ist dies ein rechtsmißbräuchliches widersprüchliches Verhalten des beklagten Landes. Das hat zur Folge, daß sich das beklagte Land nicht mit Erfolg darauf berufen kann, wegen des Fallgruppenwechsels sei kein Anspruch auf die Vergütungsgruppenzulage mehr entstanden. Vielmehr muß das beklagte Land die Klägerin so behandeln, als habe die Bewerbung und die Versetzung auf die neue Stelle nicht stattgefunden. Damit bleibt es bei der Vergütungsgruppenzulage ab 4. April 1992. Das beklagte Land durfte der Klägerin nicht Vergütung nach VergGr. V b BAT in Aussicht stellen und der Klägerin dann aber diese Aussicht nehmen und darüber hinaus unter Hinweis auf den erfolgten Fallgruppenwechsel ihr die ab 4. April 1992 an sich zur Zahlung anstehende Vergütungsgruppenzulage verweigern.
Die Tarifvertragsparteien haben im nachhinein gesehen, daß, werden Erzieher der VergGr. V c Fallgr. 7 besonders schwierige fachliche Tätigkeiten i.S. der VergGr. V c Fallgr. 5 übertragen, sie nach der tarifvertraglichen Regelung den Anspruch auf die Zulage oder die Aussicht auf die Zulage nach Fußnote 2 zur VergGr. V c Fallgr. 7 verlieren. Die 5. Mitgliederversammlung der TDL hat am 20. April 1993 keine Bedenken erhoben, wenn Erziehern in diesen Fällen die Vergütungsgruppenzulage bis zum Bewährungsaufstieg nach VergGr. V b Fallgr. 5 belassen wird. Nach diesem Beschluß werden allerdings „Exspektanzen auf die Zulage jedoch nicht gewahrt”, d.h., ein Anspruch auf die Zulage kann, wenn die Frist der Fußnote 2 von vier Jahren erst nach der nicht nur vorübergehenden Übertragung der besonders schwierigen fachlichen Tätigkeiten der VergGr. V c Fallgr. 5 abliefe, nicht mehr neu entstehen (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT. VergO VKA, Teil II, Stand November 1994, Sozial- und Erziehungsdienst, Anm. 24). Das greift jedenfalls für den vorliegenden Fall des Wechsels von Fallgr. 7 in die Fallgr. 6 ohne Bewährungsaufstiegsmöglichkeit nach VergGr. V b aus dieser Fallgruppe zu kurz. Es ist nicht hinnehmbar, daß der Klägerin im Rahmen einer Stellenausschreibung eine höhere Vergütungsgruppe in Aussicht gestellt wird, ihr die ausgeschriebene Stelle kurz vor Ablauf der zur Vergütungsgruppenzulage nach Fußnote 2 zur Fallgr. 7 der VergGr. V c führenden Tätigkeitszeit übertragen wird, sie aber in derselben Vergütungsgruppe bleibt und nur die Fallgruppe wechselt ohne jede Aussicht auf eine andere, höhere Vergütung und sei es im Wege des Bewährungsaufstiegs, obwohl sie eine nach Auffassung der Tarifvertragsparteien höherwertige Tätigkeit verrichtet, und darüber hinaus wegen des Fallgruppenwechsels die Anwartschaft auf die Zulage verliert und dadurch im Ergebnis weniger erhält, als wenn sie nicht „befördert” worden wäre. Sie ist wenigstens so zu stellen, wie wenn sie in ihrer früheren Tätigkeit verblieben wäre.
Nach alledem kann sich das beklagte Land wegen der besonderen Umstände des vorliegenden Falles nicht mit Erfolg darauf berufen, daß wegen des Fallgruppenwechsels ein Anspruch auf die Zulage nicht mehr entstehen konnte. Der Klägerin ist sonach die Vergütungsgruppenzulage der Fußnote 2 zur VergGr. V c Fallgr. 7 ab 4. April 1992 zu gewähren.
III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schaub, Schneider, Friedrich, Brocker, Kiefer
Fundstellen