Entscheidungsstichwort (Thema)
Mehrarbeit eines Hausmeisters. Zulage. Anrechenbarkeit
Leitsatz (redaktionell)
Die in § 11 Nr. 1 Abs. 1 Manteltarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe vom 28. Juni 1996 genannte regelmäßige Arbeitszeit von 38 Wochenstunden gilt nach dem eindeutigen Wortlaut der Tarifregelung nicht für Hausmeister. Die Herausnahme dieses Personenkreises aus dem Anwendungsbereich des § 11 Nr. 1 Abs. 1 Manteltarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe ist mit dem Gleichsatzsatz vereinbar und verstößt deshalb nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Normenkette
MTV §§ 1, 3, 11; GG Art. 3 Abs. 1; ArbZG § 3
Verfahrensgang
LAG München (Urteil vom 19.08.2003; Aktenzeichen 8 Sa 324/03) |
ArbG München (Teilurteil vom 05.02.2003; Aktenzeichen 6 Ca 11346/02) |
Tenor
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 19. August 2003 – 8 Sa 324/03 – wird zurückgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche auf Mehrarbeitsvergütung, übertarifliche Zulagen sowie einen tariflichen Zuschlag als Ausgleich für eine tarifliche Arbeitszeitverkürzung.
Der Kläger trat am 1. Juli 1983 als Hausmeister in die Dienste der nicht tarifgebundenen G… GmbH (nachfolgend: GMR), die in M… den Haus- und Grundbesitz der M… verwaltet. Das Arbeitsverhältnis ist mit der Gründung der Beklagten am 1. Januar 2000 auf diese kraft Rechtsnachfolge übergegangen. Es bestimmt sich nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 15. Juni 1983. In dessen § 10 Ziff. 2 ist als normale Dienstzeit die Zeit von montags bis freitags von 7.00 bis 17.00 Uhr bei einer einstündigen Mittagszeit vereinbart.
Mit Schreiben vom 16. Dezember 1986, 10. Dezember 1990, 14. Dezember 1993 und vom 22. Dezember 1997 teilte die GMR dem Kläger mit, dass sein Lohn wegen seiner “zufriedenstellenden” oder “sehr zufriedenstellenden” Leistungen ab Beginn des Folgejahres erhöht werde. Darin heißt es jeweils: “Es handelt sich hier um eine außertarifliche Lohnerhöhung, die wir als Leistungszulage ansehen.” Das Wort Leistungszulage war in den Schreiben vom 10. Dezember 1990 und 14. Dezember 1993 in Anführungszeichen gesetzt. Weitere “Lohnerhöhungen” des Klägers begründete die GMR mit der “Anlehnung an die Tariferhöhung in der Versicherungswirtschaft … zum Ausgleich der gestiegenen Lebenshaltungskosten” (Schreiben vom 21. Dezember 1992) oder nur mit dem Anstieg der Lebenshaltungskosten (Schreiben vom 24. Juni 1996 und vom 23. September 1997). Derartige Mitteilungen erhielten auch andere bei der Beklagten beschäftigte Hausmeister.
Die Beklagte, die außer dem Kläger zwölf weitere Hausmeister beschäftigt, gehört seit ihrer Gründung dem Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen in Deutschland an. Darüber unterrichtete sie den Kläger mit Schreiben vom 19. März 2001. In diesem ist weiter ausgeführt:
“… In Folge dessen finden die Tarifverträge für das private Versicherungsgewerbe auf tarifgebundene Arbeitnehmer Anwendung. Diese Tarifverträge gelten auch, wenn im Arbeitsvertrag auf die Tarifverträge für das private Versicherungsgewerbe Bezug genommen worden ist, oder die M… GmbH – wie zukünftig beabsichtigt – die Tarifverträge auf nicht gewerkschaftlich gebundene Arbeitnehmer anwendet.
…
Sollten einzelne Hausmeister übertariflich entlohnt werden, werden Tariflohnerhöhungen solange auf den übertariflichen Gehaltsbestandteil angerechnet, bis das Gehaltsniveau der tariflich bezahlten Hausmeister erreicht ist.
Ohne Tarifbindung haben Sie bisher DM 5.929,00 brutto monatlich verdient.
Durch die tarifgerechte Eingruppierung gemäß dem Manteltarifvertrag und dem Gehaltstarifvertrag für das Versicherungsgewerbe setzt sich Ihr monatliches Bruttogehalt wie folgt zusammen:
DM 5.196,00 Grundgehalt – Gehaltsgruppe V – Berufsjahr Endstufe
DM 733,00 übertariflicher Gehaltsbestandteil
DM 5.929,00 monatliches Bruttogehalt
…”
Die Zusammensetzung des – ihm bereits seit dem 1. Januar 2000 gezahlten – Bruttoverdienstes iHv. 5.929,00 DM vor der tariflichen Eingruppierung des Klägers ist von den Parteien nicht vorgetragen.
Der Kläger ist in der Gehaltsgruppe V des Gehaltstarifvertrages für die Arbeitnehmer im privaten Versicherungsgewerbe eingruppiert. Das Tarifgehalt in der Gehaltsgruppe V – Endstufe für die Arbeitnehmer im Innendienst – betrug vom 1. Januar 2000 bis 30. April 2000 5.069,00 DM, vom 1. Mai 2000 bis 31. Mai 2001 5.169,00 DM und vom 1. Juni 2001 bis 31. Juli 2001 5.341,00 DM.
Der Manteltarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe vom 28. Juni 1996 (MTV) enthält folgende Regelungen:
“I. Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Geltungsbereich
…
2. Der Tarifvertrag regelt die Arbeitsverhältnisse aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einschließlich der Auszubildenden. Er unterscheidet nicht zwischen gewerblichen und angestellten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und bezeichnet sie einheitlich als Angestellte.
…
Der Tarifvertrag findet keine Anwendung auf
…
c) Angestellte in unternehmenseigenen, aber nicht von dem Versicherungsunternehmen als Betriebsstätte benutzten Gebäuden; dies gilt nicht für Hausmeisterinnen/ Hausmeister und Angestellte im technischen Bereich (z.B. Heizungs- und Wartungspersonal, Reparaturdienst), die für das Unternehmen hauptberuflich tätig sind.
…
II. Bestimmungen für Angestellte des Innendienstes und des Außendienstes, soweit sie nicht unter Teil III fallen
§ 3 Arbeitsentgelt
1. Das Arbeitsentgelt richtet sich nach der Art der Tätigkeit.
2. Die Bezüge, deren Höhe in §§ 1, 2 und 4 Ziff. 1 des Gehaltstarifvertrages geregelt ist, sowie die Tätigkeitszulage und die Schichtzulagen nach § 11 Ziff. 5 sind Monatsbezüge. Sie entsprechen der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 11 Ziff. 1 und werden bei Teilzeitbeschäftigung anteilig gezahlt. …
…
§ 11 Arbeitszeit, Ausgleich für schwere Arbeit
1. Regelmäßige Arbeitszeit
Für die Angestellten im Innendienst (ausgenommen Hausmeister und Heizer) beträgt die regelmäßige Arbeitszeit 38 Stunden in der Woche. Pausen gelten nicht als Arbeitszeit. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit verteilt sich gleichmäßig auf die Tage Montag bis Freitag. (1))
…
2. Mehrarbeit
Mehrarbeit ist die über die regelmäßige Arbeitszeit im Sinne von Ziff. 1 Abs. 1 bzw. die durch Betriebsvereinbarung abweichend geregelte Arbeitszeit hinaus geleistete angeordnete Arbeit. Sie wird mit 1/162 des Monatsbezuges (einschließlich aller Zulagen) und mit einem Zuschlag von 25 % für jede Mehrarbeitsstunde bezahlt. Bei Mehrarbeit an Samstagen beträgt der Zuschlag einschließlich etwaiger Zuschläge nach Ziff. 1 Abs. 3 50 % …
…”
Zu § 11 Ziff. 1 Abs. 1 MTV haben die Tarifvertragsparteien folgende – ursprünglich bis zum 30. Juni 1992 befristete, seit Ende 1992 unbefristet geltende – Regelung getroffen:
“Für die Arbeitszeitverkürzung ab dem 1.7.1990 gelten folgende Übergangsregelungen:
1. Arbeitnehmer nach Teil II des Manteltarifvertrages, für die nach § 11 Ziff. 1 Abs. 1 MTV die tarifliche Arbeitszeitregelung nicht gilt, erhalten ab 1.7.1990 (als Ausgleich für die tarifliche Arbeitszeitverkürzung) einen monatlichen Zuschlag von 1,97 % ihres Tarifgehalts, wenn und solange nicht ein entsprechender Ausgleich durch Reduzierung der individuellen Arbeitsmenge oder Arbeitszeit stattgefunden hat.
2. …”
Bis zur Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit mit Wirkung zum 1. Juli 1990 hatte § 11 des Manteltarifvertrages des privaten Versicherungsgewerbes (im Folgenden: Vorgänger-MTV) auszugsweise folgenden Inhalt:
Ҥ 11
Arbeitszeit, Mehrarbeit, Schichtarbeit, Ausgleich für schwere Arbeit
1. Regelmäßige Arbeitszeit
Für Arbeitnehmer im Innendienst (nicht Hausmeister und Heizer) beträgt die regelmäßige tägliche Arbeitszeit 8 Stunden. Pausen gelten nicht als Arbeitszeit. Die Samstage sind arbeitsfrei.
Abweichende Regelungen können nur durch Betriebsvereinbarung getroffen werden. In diesen Fällen ist in anderer Weise ein Ausgleich zu schaffen. Die durchschnittliche Gesamtarbeitszeit von 40 Stunden in der Woche darf nicht überschritten werden. …
2. …”
Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe auf Grund der Vereinbarung der Tarifvertragsparteien zu § 11 Ziff. 1 Abs. 1 MTV ein monatlicher Zuschlag auf seine Bruttovergütung iHv. 1,97 % zu. Des Weiteren habe er Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung und den tariflichen Mehrarbeitszuschlag. Seine tarifliche Arbeitszeit betrage 40 Wochenstunden. Die Begrenzung seiner wöchentlichen Arbeitszeit ergebe sich aus § 11 Ziff. 1 Abs. 2 Vorgänger-MTV; diese Grenze habe durch die Neuregelung in § 11 Ziff. 1 Abs. 1 MTV nicht aufgehoben werden sollen. Auf Grund der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit von wöchentlich 45 Stunden leiste er jede Woche fünf Mehrarbeitsstunden. Diese seien ihm unter Berücksichtigung eines Mehrarbeitszuschlags von 25 % zu vergüten. Weiterhin stehe ihm eine monatliche Zulage iHv. 733,00 DM brutto (374,78 Euro) zu. Hierbei handele es sich um eine Leistungszulage, die seit Januar 2000 zusätzlich zu dem neu berechneten Tarifgehalt zu zahlen sei.
Danach habe er gegen die Beklagte für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 30. Juni 2001 Anspruch auf Zahlung weiterer Vergütung in Höhe von 11.358,96 Euro brutto. Diesen Betrag macht er mit seiner Zahlungsklage geltend. Die Klageforderung errechnet der Kläger wie folgt: Die ihm zustehende monatliche Vergütung belaufe sich auf 6.889,43 DM brutto, denn er habe Anspruch auf die tarifliche Grundvergütung in Höhe von 5.070,00 DM (richtig: 5.069,00 DM), Grundvergütung für Mehrarbeit von 789,24 DM, den tariflichen Mehrarbeitszuschlag von 197,31 DM, den tariflichen Zuschlag für die Wochenarbeitszeitverkürzung von 40 auf 38 Stunden von 99,88 DM und die vertragliche Leistungszulage von 733,00 DM. Die monatliche Differenz zwischen der ihm zustehenden Vergütung in Höhe von 6.889,43 DM brutto und der geleisteten Zahlung von 5.929,00 DM belaufe sich mithin auf 960,43 DM = 491,06 Euro. Für die ersten vier Monate des Jahres 2000 ergebe sich somit ein Restanspruch in Höhe von 1.964,24 Euro. Nur dieser Anspruch ist Gegenstand des Revisionsverfahrens.
Der Kläger hat diesbezüglich (im Berufungsrechtszug) beantragt,
die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.964,24 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskont-Überleitungs-Gesetzes vom 9. Juni 1998 aus 491,06 Euro seit 1. Februar, 1. März, 1. April und 1. Mai 2000 als Restvergütung für die Monate Januar bis einschließlich April 2000 zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Zahlung eines Zuschlags iHv. 1,97 % des Bruttogehalts auf Grund der Vereinbarung der Tarifvertragsparteien zu § 11 Ziff. 1 Abs. 1 MTV. Diese Regelung erfasse nur Arbeitnehmer, die nicht von der tariflichen Arbeitszeitverkürzung profitierten. Die Hausmeister fielen nicht unter den Anwendungsbereich der Norm, da sie auch nach § 11 Ziff. 1 Vorgänger-MTV keine tarifliche Arbeitszeit gehabt hätten. Auch wenn Hausmeister grundsätzlich unter den Anwendungsbereich der Vereinbarung zu § 11 Ziff. 1 Abs. 1 MTV fielen, so gelte dies nicht für den Kläger. Für ihn sei mangels arbeitgeberseitiger Tarifgebundenheit vor dem 1. Januar 2000 zu keinem Zeitpunkt eine tarifvertragliche Arbeitszeitregelung maßgebend gewesen. Im Übrigen handele es sich bei der Vereinbarung um eine bloße Übergangsregelung. Ihre Anwendung setze voraus, dass für die von ihr erfassten Arbeitnehmer bereits der Vorgängertarifvertrag gegolten habe. Ein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung und Mehrarbeitszuschlag stehe dem Kläger ebenfalls nicht zu. Er habe keine Mehrarbeit geleistet. Seine regelmäßige Arbeitszeit richte sich nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung und betrage demnach 45 Stunden pro Woche; darüber hinausgehend habe der Kläger nicht gearbeitet. Er könne auch keine Leistungszulage iHv. 733,00 DM beanspruchen. Die Zulage sei kein selbständiger Bestandteil der Arbeitsvergütung; eine Anrechnung auf die nachfolgenden Tariflohnerhöhungen sei statthaft.
Das Arbeitsgericht hat die Klage wegen der Ansprüche für Januar bis April 2000 durch Teilurteil abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine den Gegenstand der vorinstanzlichen Entscheidung bildende Klage weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf die geforderten Leistungen. Zu Recht haben die Vorinstanzen seine Klage für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis 30. April 2000 abgewiesen.
I. Der Kläger kann nicht die Zahlung von Mehrarbeitsvergütung einschließlich des Mehrarbeitszuschlags nach § 11 Ziff. 2 Abs. 1 Satz 2 MTV beanspruchen.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden seit März 2001 streitlos kraft konkludenter Vereinbarung die Tarifverträge für das private Versicherungsgewerbe Anwendung. Ob diese bereits ab 1. Januar 2000 für die Parteien kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit galten (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) und noch gelten, weil ihr Arbeitsverhältnis (auch) vom betrieblichen Geltungsbereich dieser Tarifverträge erfasst ist, kann dahinstehen. Denn die Klage ist auch bei unterstellter Geltung der Tarifverträge im streitigen Anspruchszeitraum unbegründet.
2. Mehrarbeit ist nach § 11 Ziff. 2 Abs. 1 Satz 1 MTV die über die regelmäßige Arbeitszeit iSv. § 11 Ziff. 1 Abs. 1 MTV bzw. die durch Betriebsvereinbarung abweichend geregelte Arbeitszeit hinaus geleistete angeordnete Arbeit. Der Kläger hat keine Mehrarbeit iSv. § 11 Ziff. 2 Abs. 1 Satz 1 MTV geleistet.
a) Für den Kläger ist eine tarifliche Arbeitszeit nicht geregelt.
aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. zB Senat 26. November 2003 – 4 ABR 54/02 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 186 = EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 128, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B II 2b aa der Gründe; 16. Oktober 2002 – 4 AZR 429/01 – BAGE 103, 131 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 181 = EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 126, zu B II 1 der Gründe).
bb) Die in § 11 Ziff. 1 Abs. 1 MTV genannte regelmäßige Arbeitszeit von 38 Wochenstunden gilt auf Grund des Klammerzusatzes nach dem eindeutigen Wortlaut nicht für Hausmeister. Der Kläger kann wegen der Überschreitung der in § 11 Ziff. 1 Abs. 1 MTV genannten Arbeitszeit keine Zahlungsansprüche nach § 11 Ziff. 2 Abs. 1 MTV herleiten. Die Tarifvertragsparteien haben für Hausmeister gerade keine wöchentliche Arbeitszeit tarifvertraglich festgelegt, bei deren Überschreitung ein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung und -zuschlag begründet werden würde.
cc) Eine tarifvertragliche Festlegung der Arbeitszeit der Hausmeister auf 40 Stunden pro Woche lässt sich auch nicht mittelbar aus § 11 Ziff. 1 Abs. 2 Vorgänger- MTV herleiten. § 11 Ziff. 1 Abs. 2 Vorgänger-MTV betraf Regelungen, durch die von § 11 Ziff. 1 Abs. 1 Vorgänger-MTV abgewichen werden sollte. § 11 Ziff. 1 Abs. 2 Vorgänger-MTV bezog sich nach der Systematik der Norm also auf deren Abs. 1. Deswegen kann sich die in § 11 Ziff. 1 Abs. 2 Vorgänger-MTV statuierte Höchstarbeitszeit auch nur auf Arbeitnehmer beziehen, die bereits von § 11 Ziff. 1 Abs. 1 Vorgänger- MTV erfasst wurden. Hausmeister wurden aber auf Grund des Klammerzusatzes schon von § 11 Ziff. 1 Abs. 1 Vorgänger-MTV nicht erfasst.
dd) Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich auch aus § 3 Ziff. 2 MTV eine tarifliche Festlegung des Arbeitszeitvolumens der Hausmeister nicht entnehmen. Nach § 3 Ziff. 2 Abs. 1 Satz 1 MTV sind die der Höhe nach in §§ 1, 2 und 4 Ziff. 1 des Gehaltstarifvertrages geregelten Bezüge sowie die Tätigkeits- und die Schichtzulage Monatsbezüge. Sie entsprechen nach § 3 Ziff. 2 Abs. 1 Satz 2 MTV der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 11 Ziff. 1 MTV und werden bei Teilzeitbeschäftigten anteilig gezahlt. Hausmeister haben aber wegen ihrer ausdrücklichen Herausnahme aus § 11 Ziff. 1 MTV gar keine tarifliche Arbeitszeit. Das im Grundsatz in § 3 Ziff. 2 Abs. 1 Satz 2 MTV angelegte Verhältnis zwischen Gehalt und Arbeitszeit betrifft nicht die Hausmeister. Für diese haben die Tarifvertragsparteien ein entsprechendes Verhältnis auch nicht ausdrücklich angeordnet. Zwar handele es sich nach § 3 Ziff. 2 Abs. 1 Satz 1 MTV auch bei dem Gehalt der Hausmeister um Monatsbezüge. Damit ist aber keine Festlegunghinsichtlich der tariflichen Arbeitszeit getroffen. Die Festlegung der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit erfolgt allein in § 11 Ziff. 1 Abs. 1 MTV. Dieser nimmt die Hausmeister nach seinem eindeutigen Wortlaut von seinem Regelungsbereich aber aus.
ee) Die Herausnahme der Hausmeister aus dem Regelungsbereich des § 11 Ziff. 1 Abs. 1 MTV verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Nichtregelung der Arbeitszeit der Hausmeister durch die Tarifvertragsparteien ist sachlich gerechtfertigt. Hausmeister haben Arbeiten zu verrichten, die vielfach vor Beginn der für die anderen Arbeitnehmer geltenden täglichen Arbeitszeit und nach deren Beendigung ausgeführt werden müssen. Auch ist eine starre Arbeitszeitregelung bei dieser Gruppe von Arbeitnehmern deshalb nicht angestrebt, weil sich die Arbeitszeit nicht exakt vorbestimmen lässt, sondern von den jeweiligen Notwendigkeiten abhängt (Seifert Tarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe Stand Januar 2003 § 11 Rn. 4).
b) Eine Festlegung der Arbeitszeit der Hausmeister der Beklagten durch Betriebsvereinbarung ist nicht ersichtlich.
c) Die Arbeitszeit des Klägers richtet sich ausschließlich nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung. Diese ist mit § 3 Satz 1 ArbZG vereinbar. Mehrarbeit hat der Kläger nicht geleistet.
Mehrarbeit iSv. § 11 Ziff. 2 Abs. 1 MTV läge nur vor, wenn der Kläger über seine arbeitsvertraglich bestimmte Arbeitszeit hinaus angeordnete Arbeit geleistet hätte. Zwar definiert § 11 Ziff. 2 Abs. 1 MTV Mehrarbeit als die über die in § 11 Ziff. 1 Abs. 1 MTV tarifvertraglich bzw. durch Betriebsvereinbarung festgelegte Arbeitszeit geleistete und angeordnete Arbeit. Für diejenigen Arbeitnehmer, die vom Geltungsbereich des § 11 Ziff. 1 Abs. 1 MTV ausgenommen worden sind, ergibt sich die regelmäßige Arbeitszeit demgegenüber aber aus dem Arbeitsvertrag. Mehrarbeit iSv. § 11 Ziff. 2 Abs. 1 MTV kann für diese Arbeitnehmer nur die über die arbeitsvertraglich festgelegte regelmäßige Arbeitszeit hinaus angeordnete und geleistete Arbeit sein.
aa) Nach § 10 Ziff. 2 des Arbeitsvertrages beträgt die Arbeitszeit des Klägers von montags bis freitags jeweils neun Stunden. Der Kläger macht nicht geltend, auf Anordnung der Beklagten über diese Arbeitszeit hinaus Arbeitsleistung erbracht zu haben.
bb) Die Vereinbarung einer täglichen Arbeitszeit von neun Stunden verstößt nicht gegen § 3 ArbZG. Das übersteigt die nach § 3 Satz 1 ArbZG zulässige werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden. Dennoch ist die Arbeitszeitregelung nach § 3 Satz 2 ArbZG zulässig, da auf Grund des freien Samstags im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Ob die Erbringung einer Arbeitsleistung über den nach § 3 ArbZG zulässigen Zeitrahmen hinaus überhaupt Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers begründet (ablehnend BAG 28. Januar 2004 – 5 AZR 503/02 – AP TVG § 1 Tarifverträge: DRK Nr. 18 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitsbereitschaft Nr. 1), kann deswegen offen bleiben.
II. Die Klage ist auch wegen der Ansprüche auf die Leistungszulage und den tariflichen Arbeitszeitverkürzungszuschlag unbegründet.
Es kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass er in der Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 30. April 2000 Anspruch auf eine anrechnungsfeste Zulage zum jeweiligen Tariflohn von monatlich 733,00 DM brutto (374,78 Euro) sowie den tariflichen Zuschlag zum Ausgleich einer tariflichen Arbeitszeitverkürzung nach Ziff. 1 der Zusatzvereinbarung der Tarifvertragsparteien zu § 11 Ziff. 1 Abs. 1 MTV von monatlich 99,88 DM hatte. Denn er hat von der Beklagten eine Monatsvergütung von 5.929,00 DM erhalten und damit mehr als die Summe, die sich aus der Addition der vorgenannten Ansprüche zu dem seinerzeitigen Tarifgehalt in Höhe von 5.069,00 DM ergibt. Diese beläuft sich auf 5.901,88 DM (5.069,00 DM + 733,00 DM + 99,88 DM). Damit wären auch die – streitigen – Ansprüche des Klägers auf die Leistungszulage und den tariflichen Arbeitszeitverkürzungszuschlag erfüllt. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 30. April 2000 stellt sich damit nicht die Frage, ob auf die Zulage von 733,00 DM andere Ansprüche anrechenbar sind. Denn bezüglich der Differenz von 127,00 DM zwischen der Summe aus Tarifgehalt (5.069,00 DM) und Zulage (733,00 DM) in Höhe von 5.802,00 DM und gezahlter Vergütung von 5.929,00 DM rügt der Kläger nicht die Nichtanrechenbarkeit des tariflichen Arbeitszeitverkürzungszuschlags von 99,88 DM.
Unterschriften
Schmidt, Wolter, Bott, Valentien, Hickler
Fundstellen