Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung von Lehrkräften an Fachhochschulen
Leitsatz (redaktionell)
Parallelverfahren zu – 10 AZR 563/96 –
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; BGB §§ 242, 611; BAT §§ 22, 23 Lehrer
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. Mai 1996 – 7 (12) Sa 177/96 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.
Der Kläger ist als graduierter und diplomierter Bekleidungsingenieur aufgrund des Arbeitsvertrages vom 25. September/9. Oktober 1979 seit dem 1. März 1980 an der Fachhochschule N., Abteilung M. als Angestellter in der Stellung eines Fachlehrers als Technischer Lehrer beschäftigt und gemäß Abschn. 2.1.7 des Runderlasses des Ministers für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen – I B 4 – 3861 vom 29. Juni 1978 (Eingruppierungserlaß 1978) in die VergGr. IV a BAT eingruppiert. Er gehört dem Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik an und hält Vorlesungen und Übungen in den Lehrgebieten Bekleidungskonstruktion und Fertigungstechnik Haka sowie Arbeitsstudien. Durch Änderungsvertrag vom 10./20. Dezember 1989 wurde der Kläger mit Wirkung vom 1. August 1989 gemäß Abschn. 2.14 des Eingruppierungserlasses 1978 in die VergGr. III BAT höhergruppiert. Hochschulrechtlich ist der Kläger als „Lehrkraft für besondere Aufgaben” i.S. von § 38 FHG NRW anzusehen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß seine derzeitige Eingruppierung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße.
Die von dem beklagten Land bei den Lehrkräften nach § 38 FHG vorgenommene Eingruppierung sei insbesondere durch die Veränderung der Aufgabenbereiche der Fachhochschullehrer und die geänderte Hochschulstruktur in eine unterträgliche Schieflage geraten. Dies gelte insbesondere in Relation zu der Gruppe der „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Forschung und Lehre mit Hochschulabschluß” des § 40 FHG. Soweit es sich um wissenschaftliche Mitarbeiter mit Hochschulabschluß handele, beginne für diesen Kreis der Bediensteten die Vergütung erst mit BAT II a, während der Lehrende in seiner relativ herausgehobenen Funktion unverständlicher Weise auf eine Vergütung nach höchstens BAT III limitiert bleibe. Hier komme ein Systemfehler zum Ausdruck, der unabhängig davon bestehe, ob die jeweils Ansprüche geltend machende Lehrkraft für besondere Aufgaben im konkreten Arbeitsumfeld mit derartige wissenschaftlichen Mitarbeitern arbeite oder nicht. Damit könnten diese nachgeordneten Mitarbeiter eine höhere Vergütung erhalten als er selbst. Unter diesen Umständen verstoße die Eingruppierung gegen das Prinzip, daß eine höherwertige Tätigkeit auch eine höhere Vergütung erfordere.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ihn ab dem 1. Februar 1995 nach VergGr. I b BAT, hilfsweise nach VergGr. II a BAT zu vergüten.
Das beklagte Land hat beantragt,
die klage abzuweisen.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klagebegehren. Das beklagte Land bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision ist nicht begründet.
Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Eingruppierung des Klägers als Lehrkraft an einer Fachhochschule in die VergGr. III BAT sei rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere liege kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor, weil die Tätigkeiten von Lehrkräften für besondere Aufgaben gemäß § 38 FHG NRW nicht mit der Tätigkeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Forschung und Lehre mit Hochschulabschluß gemäß § 40 FHG NRW vergleichbar seien. Eine Ungleichbehandlung beider Gruppen entfalle auch deswegen, weil die Mitarbeiter in Forschung und Lehre nicht automatisch in eine höhere Vergütungsgruppe eingruppiert würden als eine Lehrkraft an einer Fachhochschule.
Diese Ausführungen sind im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
II. Der geltend gemachte höhere Vergütungsanspruch ergibt sich weder aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit dem Eingruppierungserlaß 1978 noch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
1. Auf den Eingruppierungserlaß 1978 kann der Kläger seinen Anspruch auf eine höhere Vergütung nicht stützen. Unter den Parteien besteht kein Streit, daß der Kläger – gemessen an diesem Erlaß – zutreffend in die VergGr. III eingruppiert ist.
Die Parteien haben im Arbeitsvertrag vereinbart, daß sich die Vergütung des Klägers nach dem Eingruppierungserlaß in seiner jeweiligen Fassung richtet. Damit ist dem beklagten Land ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt worden. Das beklagte Land kann daher den Erlaß – auch zum Nachteil des Klägers – einseitig ändern. Eine solche neue Leistungsbestimmung muß allerdings billigem Ermessen entsprechen, § 315 BGB. Ob dies der Fall ist, kann ggf. von den Gerichten geprüft werden. Im vorliegenden Fall hat das beklagte Land jedoch den Eingruppierungserlaß – jedenfalls soweit dieser für die Eingruppierung des Klägers maßgebend ist – nicht geändert. Eine an § 315 BGB zu messende Entscheidung des beklagten Landes liegt daher nicht vor.
Ob der Eingruppierungserlaß, so wie er von den Parteien arbeitsvertraglich vereinbart worden ist, eine billige und gerechte Regelung enthält, ist nicht an § 315 BGB zu messen. Das beklagte Land hat den Eingruppierungserlaß in Wahrnehmung seines eigenen weiten Verwaltungs- und Gestaltungsermessen geschaffen und darin seine bildungs- und vergütungspolitischen Vorstellungen zum Ausdruck gebracht. Das Ergebnis dieses Vorgangs haben die Parteien arbeitsvertraglich als maßgebend vereinbart. Aus § 315 BGB ergibt sich keine Verpflichtung des beklagten Landes, von seinem Leistungsbestimmungsrecht nunmehr erneut und in bestimmter Weise auch Gebrauch zu machen, d.h. die Eingruppierungsvoraussetzungen zu ändern und anderen bildungs- und vergütungspolitischen Vorstellungen Rechnung zu tragen, auch wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse hinsichtlich der Aufgaben der verschiedenen Lehrkräfte und der Hochschulstruktur insgesamt zwischenzeitlich geändert haben sollten. Auch die Gerichte für Arbeitssachen sind nicht befugt, diese alle Lehrkräfte an Fachhochschulen in gleicher Weise betreffende Entscheidung daraufhin zu überprüfen, ob die Beibehaltung der Anspruchsvoraussetzungen des Erlasses sachlich geboten ist oder mit bildungspolitischen Erwägungen in Einklang steht (vgl. BAG Urteile vom 21. Juli 1993 – 4 AZR 498/92 – und vom 15. November 1995 – 4 AZR 489/94 – AP Nr. 32 und 44 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer).
2. Auch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ergibt sich keine Verpflichtung des beklagten Landes den Eingruppierungserlaß zu ändern. Es besteht kein Anspruch des Klägers, mit den wissenschaftlichen Mitarbeitern in Forschung und Lehre mit Hochschulabschluß gemäß § 40 FHG NRW gleichbehandelt und wie diese vergütet zu werden.
a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt. Er gewährt dem einzelnen ein subjektiv öffentliches Recht gegen den Staat auf Rechtsgleichheit. An ihn sind Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung gebunden (Art. 1 Abs. 3 GG) und haben ihn als Teil der objektiven Wertordnung zu beachten. Dies gilt auch im Arbeitsrecht, soweit kollektive Ordnungs- und Regelungsbereiche vorliegen (vgl. BAG Urteil vom 28. Juli 1992 – 3 AZR 173/92 – BAGE 71, 29, 35 = AP Nr. 18 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung).
Der Schutzbereich des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln (vgl. dazu BVerfGE 1, 14, 52; 76, 256, 329; 78, 249, 287), wird jedoch dann nicht eröffnet, wenn die Vergleichsfälle verschiedenen Ordnungsbereichen angehören und damit in anderen systematischen Gesamtzusammenhängen stehen (vgl. BVerfGE 11, 283, 293; 40, 121, 139). Der allgemeine Gleichheitssatz enthält daher kein verfassungsrechtliches Gebot, ähnliche Sachverhalte in verschiedenen Ordnungsbereichen gleich zu regeln bzw. zu behandeln (vgl. BVerfGE 40, 121, 139 f., m.w.N.; 75, 78, 107). Die Anforderungen an eine gleichheitsgerechte Behandlung einzelner Personengruppen beinhaltet zwar auch eine Systemgerechtigkeit, d.h. ein hinreichendes Maß an folgerichtiger Wertung, jedoch nur innerhalb des gleichen Ordnungsbereichs. Systemwidrigkeit stellt darüber hinaus für sich allein noch keinen Gleichheitsverstoß dar, sondern kann einen solchen Verstoß allenfalls indizieren (BVerfGE 24, 75, 100; 34, 103, 115; 59, 36, 49; 68, 237, 253; 81, 156, 207 = AP Nr. 1 zu § 128 AFG).
Der allgemeine Gleichheitssatz findet darüber hinaus keine Anwendung, wenn die Vergleichsfälle in den Kompetenzbereich unterschiedlicher Träger fallen und daher die Schutzpflicht jeweils nur von diesem Träger eigenverantwortlich zu erfüllen ist (vgl. dazu BVerfGE 46, 160, 164). Der allgemeine Gleichheitssatz bindet jeden Träger damit allein in seinem Zuständigkeitsbereich (BVerfGE 21, 54, 68; 32, 346, 360; 42, 20, 27; 52, 42, 57; 76, 1, 73; 79, 127, 158).
b) Unter Zugrundelegung dieser verfassungsrechtlichen Grundsätze zum allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG stellt die von dem Kläger gerügte unterschiedliche vergütungsrechtliche Behandlung der genannten Personengruppen keinen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz dar.
Das beklagte Land regelt die Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte durch arbeitsvertragliche Verweisung auf den Eingruppierungserlaß 1978. Die Vergütung für wissenschaftliche Mitarbeiter in Forschung und Lehre mit Hochschulabschluß ist im Vergütungstarifvertrag zum Bundes-Angestelltentarifvertrag geregelt; die Tarifvertragsparteien des BAT haben damit eine eigenständige kollektive Ordnung geschaffen (vgl. BAGE 71, 29, 35). Die von dem Kläger angezogenen Vergleichsfälle gehören somit unterschiedlichen Ordnungs- und Regelungsbereichen an, so daß das Gleichbehandlungsgebot schon aus diesem Grund keine Anwendung findet. Hinzu kommt, daß für beide Ordnungs- und Regelungsbereiche unterschiedliche Träger zuständig sind. Während das beklagte Land zuständigkeitshalber die Eingruppierung angestellter Lehrkräfte durch den Eingruppierungserlaß gestaltet, liegt die Regelung für den Tarifbereich des BAT nicht in seinem, sondern im Kompetenzbereich der Tarifvertragsparteien. Insoweit gestaltet das beklagte Land den BAT nur als ein Mitglied der Tarifgemeinschaft der Länder mit.
Von daher liegt entgegen der Ansicht der Revision auch kein verfassungsrechtlich relevanter Wertungswiderspruch darin, daß nach der Vergütungsregelung des BAT diesem unterfallende gleich- oder sogar geringer qualifizierte Beschäftigte im Hochschulbereich höher eingruppiert werden als Beschäftigte, deren Vergütung sich nach dem arbeitsvertraglich vereinbarten Eingruppierungserlaß richtet.
c) Ein Anspruch des Klägers auf eine höhere Vergütung folgt auch nicht daraus, daß die Parteien im Arbeitsvertrag im übrigen auf den BAT Bezug genommen haben. Die Tarifvertragsparteien des BAT haben nach Nr. 5 der Vorbemerkung zu allen Vergütungsgruppen die Anwendung der Vergütungsordnung zum BAT für Lehrerarbeitsverhältnisse ausgeschlossen (vgl. BAG Urteil vom 21. Oktober 1992 – 4 AZR 156/92 – AP Nr. 27 zu § 23 a BAT). Deshalb kommt für Lehrer die Vergütungsordnung des BAT selbst dann nicht zur Anwendung, wenn im Arbeitsvertrag die Geltung des BAT vereinbart wird. Damit vereinbaren die Parteien des Arbeitsverhältnisses nur eine Anwendung des BAT, wie sie nach den allgemeinen Grundsätzen des Tarifrechts auch für tarifgebundene, dem BAT unterfallende Angestellte anzuwenden wäre. Es soll nur wiedergegeben werden, was nach §§ 3, 4 TVG kraft Tarifrechts für Tarifgebundene gelten soll. Für tarifgebundene Lehrer führt die Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen jedoch zum Ausschluß der Vergütung nach dem BAT (vgl. BAG Urteile vom 21. Oktober 1992 – 4 AZR 28/92 – und – 4 AZR 156/92 – AP Nr. 26 und 27 zu § 23 a BAT). Diese Entscheidung der Tarifvertragsparteien kann nicht durch die Gerichte für Arbeitssachen dahin korrigiert werden, daß die Regelung eines Anwendungsbereichs für einen anderen als verbindlich anzusehen ist.
d) Damit ist das beklagte Land nicht verpflichtet, bei der Schaffung und inhaltlichen Ausgestaltung seines Eingruppierungserlasses darauf zu achten, daß dessen Eingruppierungsvoraussetzungen mit denen der Vergütungsordnung des BAT korrespondieren und systemgerecht erscheinen. Deshalb muß, entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts, ungeprüft und dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Gruppe der Lehrkräfte für besondere Aufgaben nach § 38 FHG NRW und der wissenschaftlichen Mitarbeiter in Forschung und Lehre mit Hochschulabschluß gemäß § 40 FHG NRW überhaupt um Personengruppen handelt, zwischen denen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die vergütungsrechtliche Ungleichbehandlung rechtfertigen bzw. ob die Zuordnung von Personengruppen zu unterschiedlichen Ordnungssystemen bereits deswegen eine vergütungsrechtlich unterschiedliche Behandlung rechtfertigt (vgl. BVerfGE 84, 348, 359; 85, 176, 186).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Matthes, Dr. Jobs, Hauck, Lindemann, Paul
Fundstellen