Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassung von Hafenarbeit durch Schiffspersonal

 

Leitsatz (amtlich)

  • Ein Gesamthafenbetrieb kann von einer Reederei nicht verlangen, daß Ladungsbefestigungsarbeiten auf ihren Schiffen nur von Arbeitern ausgeführt werden, die im Besitz einer Hafenarbeitskarte sind.
  • Die gegenteilige Auffassung (Urteil des Senats vom 26. Februar 1992 – 5 AZR 99/91 – AP Nr. 6 zu § 1 GesamthafenbetriebsG) wird aufgegeben.
 

Normenkette

Gesetz über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter (Gesamthafenbetrieb) vom 3. August 1950 (BGBl. I S. 352); BGB § 823 Abs. 1, § 1004

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Urteil vom 12.10.1993; Aktenzeichen 3 Sa 52/92)

ArbG Hamburg (Urteil vom 09.06.1992; Aktenzeichen 1 Ca 365/91)

 

Tenor

  • Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 12. Oktober 1993 – 3 Sa 52/92 – aufgehoben.
  • Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 9. Juni 1992 – 1 Ca 365/91 – abgeändert:

    Die Klage wird abgewiesen.

  • Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Hafenbetriebsverein Lübeck e.V. verlangt von der beklagten Reederei, für das Laschen und Entlaschen der Ladung an Bord ihrer Schiffe nur Arbeiter mit einer Hafenarbeitskarte einzusetzen, solange die Schiffe im Hafen Lübeck liegen.

Der Kläger ist das Verwaltungsorgan des Gesamthafenbetriebs Lübeck, der seinerseits auf der Grundlage des Gesetzes über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter (Gesamthafenbetrieb) vom 3. August 1950 (BGBl. I S. 352) durch eine Vereinbarung des Vereins Lübecker Seehafenbetriebe e.V. und der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr zu dem Zweck errichtet worden ist, eine fortdauernde Beschäftigung der Gesamthafenarbeiter zu erreichen. In der zugrunde liegenden Vereinbarung in der Fassung vom 31. März 1985 heißt es auszugsweise:

“§ 2

  • Der Gesamthafenbetrieb hat stetige Arbeitsverhältnisse für die unständig beschäftigten Hafenarbeiter zu schaffen und insbesondere eine zweckmäßige und gerechte Verteilung der Gesamthafenarbeiter auf die Arbeitsplätze vorzunehmen.

    Er ist berechtigt, zur Erreichung dieses Zwecks in organisatorischer Beziehung Vorschriften zu erlassen, die auch für die Hafeneinzelbetriebe und für die gelegentlich am Hafen arbeitenden Betriebe bindend sind. Insbesondere ist er berechtigt, die Zulassung von Arbeitern zur Hafenarbeit zu beschränken und die Ausübung von Hafenarbeit von dem Besitz einer Hafenarbeitskarte abhängig zu machen.

Der Verwaltungsausschuß des Gesamthafenbetriebs Lübeck erließ eine am 7. Februar 1986 in Kraft tretende Verwaltungsordnung, in der es u.a. heißt:

“§ 1

Aufgaben und Geltungsbereich

  • Diese Verwaltungsordnung regelt die Aufgaben des Gesamthafenbetriebes Lübeck.
  • Sie gilt für das Gebiet des Lübecker Hafens von der Geniner Straßenbrücke bis zum Molenkopf in Travemünde mit den dazugehörigen Hafenanlagen.

§ 3

Hafenarbeit

  • Hafenarbeit im Sinne dieser Verwaltungsordnung ist die gesamte Arbeit des Beladens, Löschens und Bunkerns von See- und Binnenschiffen, des Umschlags von Gütern aller Art an den Kaistrecken und in den Kaischuppen sowie Schiffsreinigungsarbeiten und die Handhabung von Hölzern im Wasserlager.
  • Darüber hinaus bestimmt der Verwaltungsausschuß auf Antrag, ob eine Arbeit unter den Begriff der Hafenarbeit fällt.

Die Beklagte betreibt eine Reederei. Sie setzt ihre Fährschiffe vorrangig im sogenannten “Roll on/Roll off” -Verkehr zwischen dem Hafen Lübeck (Skandinavien-Kai in Travemünde) und Trelleborg ein. Dabei werden in großem Umfang Schwerlasttrailer (ohne Zugmaschinen) transportiert. Die Schwerlasttrailer werden mit Sattelschleppern oder anderen Zugmaschinen auf das Schiff bzw. vom Schiff an Land gebracht. Für den Transport über See werden die Schwerlasttrailer gelascht, d.h. im Schiff befestigt, zum Teil werden unter die Schwerlasttrailer auch Böcke gestellt. Für das Entladen werden die Trailer wieder durchlösen der Befestigungen entlascht; die Böcke werden entfernt. Für das Laschen und Entlaschen bzw. das Unterstellen und Entfernen der Böcke setzt die Beklagte die Besatzung des jeweiligen Schiffes ein. Die Besatzungsangehörigen sind nicht im Besitz einer Hafenarbeitskarte für den Hafen Lübeck. Gegen deren Einsatz wendet sich der Kläger.

Sein Verwaltungsausschuß entschied, daß ab 1. September 1989 die Tätigkeiten des Laschens und Entlaschens einschließlich des Unterstellens und Entfernens von Böcken unter den Schwerlasttrailern nur von Hafenarbeitern mit einer Hafenarbeitskarte ausgeführt werden dürfe, solange das jeweilige Schiff am Kai festgemacht habe.

Der Kläger hat unter Berufung auf das Urteil des Senats vom 26. Februar 1992 (– 5 AZR 99/91 – AP Nr. 6 zu § 1 GesamthafenbetriebsG mit ablehnender Anmerkung Zeuner) gemeint, diese Arbeiten dürften entsprechend der Entscheidung seines Verwaltungsausschusses nur von Hafenarbeitern mit Hafenarbeitskarte ausgeführt werden. Diese Regelungen verstießen entgegen der Ansicht der Beklagten nicht gegen Bestimmungen über den freien Warenverkehr nach den Art. 30, 86 und 90 EG-Vertrag. Weder habe der Kläger eine marktbeherrschende Stellung noch nutze er diese mißbräuchlich aus; der freie Warenverkehr werde nicht beeinträchtigt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im Gebiet des Lübecker Hafens, von der Geniner Straßenbrücke bis zum Molenkopf in Travemünde mit den dazugehörigen Hafenanlagen, gewerbliche Arbeitnehmer zum Laschen und Entlaschen von Ladungsgut an Bord von Schiffen einschließlich des Unterstellens und Entfernens von Böcken unter Trailern, einzusetzen, solange das Schiff am Kai festgemacht sei, ohne daß die Arbeitnehmer im Besitz einer von dem Kläger ausgestellten gültigen Hafenarbeitskarte sind.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat erwidert, die streitbefangenen Tätigkeiten seien keine Hafenarbeiten gem. § 3 Abs. 1 der Verwaltungsordnung. Dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Februar 1992 (aaO) stehe europäisches Recht entgegen, wie das den Hafen Genua betreffende Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10. Dezember 1992 (Rs C-179/90) zeige. Ähnlich wie dort betreibe der Kläger in Lübeck ein monopolartiges Unternehmen und nutze seine marktbeherrschende Stellung rechtsmißbräuchlich aus. Würde die Beklagte anstelle eigenen Bordpersonals für die zeitlich wenig umfangreichen streitbefangenen Arbeiten Hafenarbeiter mit Hafenarbeitskarte einsetzen, so müsse sie diesen Hafenarbeitern – unstreitig – jeweils eine volle Schicht von acht Stunden bezahlen, obwohl die Arbeiten nur einen Zeitaufwand von etwa einer Stunde in Anspruch nähmen. Die der Beklagten dadurch entstehenden Mehrkosten überstiegen monatlich den Betrag von 200.000,00 DM. Dadurch würden der Transport und damit auch die Ein- und Ausfuhr von Waren aus Deutschland in die skandinavischen Länder, vor allem nach Schweden, über Gebühr verteuert.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision will die Beklagte die Abweisung der Klage erreichen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Die Klage ist unbegründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger könne nach dem Urteil des Senats vom 26. Februar 1992 (– 5 AZR 99/91 – AP Nr. 6 zu § 1 GesamthafenbetriebsG mit ablehnender Anmerkung Zeuner) wegen seines Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB von der Beklagten verlangen, den Einsatz von Arbeitnehmern für die streitbefangenen Ladungsarbeiten zu unterlassen, wenn die Arbeitnehmer nicht im Besitz einer gültigen Hafenarbeitskarte seien. Dem stünden die kartellrechtlichen Bestimmungen des EG-Vertrages (Art. 30, 86, 90) nicht entgegen. Ob der Kläger seine monopolartige Stellung für die Durchführung von Hafenarbeiten im Lübecker Hafen mißbräuchlich ausnutze, könne dahinstehen. Denn davon wäre kein wesentlicher Teil des gemeinsamen Marktes im Sinne des Art. 86 Satz 1 EG-Vertrag betroffen.

II. Für das Begehren des Klägers gibt es keine Rechtsgrundlage.

1. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch läßt sich aus vertraglichen Beziehungen der Parteien nicht herleiten. Derartige Vereinbarungen sind nicht behauptet worden.

2. Aus den Vorschriften des Gesamthafenbetriebsgesetzes läßt sich der Anspruch ebenfalls nicht herleiten. Die Beklagte unterliegt nicht dem Anwendungsbereich des Gesamthafenbetriebsgesetzes, wie er in dessen § 1 beschrieben ist, und zwar auch nicht in Zeiten, in denen eines ihrer Schiffe im Hafen liegt und sie auf ihren Schiffen mit ihren Seeleuten durch das Laschen und Entlaschen der Trailer, das Unterstellen und Entfernen der Böcke Ladungsbefestigungsarbeiten und Hafenarbeiten (§ 3 Abs. 1 der Verwaltungsordnung) durchführt.

a) Die Beklagte ist nicht gem. § 1 Abs. 1 GesamthafenbetriebsG an die Hafenbetriebsregelungen im Lübecker Hafen gebunden. Diese Bestimmung lautet:

  • Durch schriftliche Vereinbarung von zuständigen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften oder von einzelnen Arbeitgebern und Gewerkschaften kann von den Betrieben eines Hafens, in denen Hafenarbeit geleistet wird, zur Schaffung stetiger Arbeitsverhältnisse für Hafenarbeiter ein besonderer Arbeitgeber (Gesamthafenbetrieb) gebildet werden. Eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit des Gesamthafenbetriebes ist ausgeschlossen.

Die Beklagte gehört weder einem zuständigen Arbeitgeberverband an noch ist sie selbst Partei der schriftlichen Vereinbarung über die Errichtung des Gesamthafenbetriebs Lübeck.

b) Die beklagte Reederei wird auch nicht nach § 1 Abs. 2 GesamthafenbetriebsG vom Gesamthafenbetrieb Lübeck umfaßt, der lautet:

  • Der Gesamthafenbetrieb umfaßt auch Betriebe, deren Unternehmer weder Mitglied des Arbeitgeberverbandes sind noch selbst die Vereinbarung nach Absatz 1 abgeschlossen haben, sofern die Betriebe, die dem die Vereinbarung abschließenden Arbeitgeberverband angehören oder die selbst die Vereinbarung abgeschlossen haben, nach Feststellung der obersten Arbeitsbehörde des Landes oder der von ihr bestimmten Stelle im Durchschnitt des dem Abschluß der Vereinbarung vorangegangenen Kalendervierteljahres insgesamt nicht weniger als 50 v.H. der Hafenarbeiter beschäftigt haben.

Die Betriebe, die hiernach vom Gesamthafenbetrieb umfaßt werden, sind, soweit es um die betriebliche Zielsetzung geht, dieselben, die in § 1 Satz 1 GesamthafenbetriebsG beschrieben sind, nämlich “Betriebe eines Hafens, in denen Hafenarbeit geleistet wird”. Mit § 1 Abs. 2 GesamthafenbetriebsG soll nicht der fachliche Geltungsbereich über die erfaßten Betriebe hinaus ausgedehnt, sondern nur die sogenannten Außenseiter erfaßt werden, nämlich die Betriebe eines Hafens, in denen zwar Hafenarbeit geleistet wird, die aber mangels Organisationszugehörigkeit bzw. mangels Abschluß einer entsprechenden Vereinbarung nicht schon nach § 1 Abs. 1 vom GesamthafenbetriebsG umfaßt sind.

Die Beklagte unterhält aber im Hafen Lübeck keinen Betrieb eines Hafens, in dem Hafenarbeit geleistet wird, also keinen Hafenbetrieb, sondern sie betreibt Reedereigeschäfte und läßt dort ihre Schiffe zum Löschen und Beladen anlegen.

Daran ändert nichts, daß die in Rede stehenden Arbeiten als Ladungsbefestigungsarbeiten gem. § 3 Abs. 1 der Verwaltungsordnung des Gesamthafenbetriebs Lübeck Hafenarbeiten sind. Allein dadurch, daß die Beklagte diese Arbeiten auf ihren Schiffen mit ihrer Schiffsbesatzung ausführt, unterhält sie noch keinen “Betrieb eines Hafens”. Betrieb eines Hafens im Sinne des § 1 Abs. 1 GesamthafenbetriebsG ist nur ein solcher, der im Gebiet des Hafens, wie in den Regelungen über den Gesamthafenbetrieb näher beschrieben, seinen Sitz oder zumindest seine Niederlassung hat und mit ihm zugeordneten oder von ihm angestellten Arbeitnehmern Hafenarbeiten ausführt. Der Kläger hat nicht behauptet, daß die Beklagte einen Betrieb im Lübecker Hafen unterhält oder daß er derartige Arbeiten mit Arbeitnehmern eines Hafenbetriebes durchführen läßt. Vielmehr setzt die Beklagte für die in Rede stehenden Arbeiten ihr eigenes seemännisches Personal ein. Das Schiff als solches ist nicht ein Betrieb eines Hafens.

3. Dem Kläger steht auch unter dem Gesichtspunkt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes (§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verb. mit § 823 Abs. 1 BGB) der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu. Der Senat hält diese in seinem Urteil vom 26. Februar 1992 (aaO) vertretene Auffassung nicht aufrecht.

Der Senat hat in jener Entscheidung eine Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb deshalb bejaht, weil der Kläger zur Sicherung seines Fortbestands und zum Schutz der Hafenarbeiter verlangen könne, daß alle Hafenarbeiten im Hafen Lübeck nur von Hafenarbeitern mit gültiger Hafenarbeitskarte ausgeführt würden.

a) Ein rechtswidriger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers würde voraussetzen, daß im Hafen Lübeck alle Hafenarbeiten nur von Hafenarbeitern mit gültiger Hafenarbeitskarte ausgeführt werden dürften. Dem Kläger müßte eine Monopolstellung eingeräumt sein, die es ihm erlaubte, unter Ausschluß aller anderen Arbeitgeber die Hafenarbeit zu vergeben. Nur dann käme ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb überhaupt in Betracht. Nur wenn dem Kläger ein solches Monopol zustünde, könne der Kläger den Schutz, der Rechten und Rechtsgütern des § 823 Abs. 1 BGB zukommt, für sich in Anspruch nehmen (vgl. Zeuner, Anmerkung zu AP Nr. 6 zu § 1 GesamthafenbetriebsG unter IIb). Dem Kläger steht ein solches Monopol aber nicht zu.

b) Als Rechtsgrundlage für eine Monopolstellung des Klägers kommt nur das Gesamthafenbetriebsgesetz selbst in Betracht. Die nachrangigen Regelungen, insbesondere die Vereinbarung über die Errichtung des Klägers (in der Fassung vom 31. März 1985) und die vom Verwaltungsausschuß erlassene Verwaltungsordnung (in Kraft getreten am 7. Februar 1986) sind nicht geeignet, eine Monopolstellung des Klägers zu begründen. Das Gesamthafenbetriebsgesetz hat rechtlichen Vorrang vor den Verwaltungsordnungen und vor der Satzung des Gesamthafenbetriebes (BAG Urteil vom 26. Februar 1992 – 5 AZR 99/91 –, aaO, unter II der Gründe). Die Parteien der Vereinbarung über die Errichtung des Gesamthafenbetriebs können weder etwas rechtlich verbindlich als Hafenarbeit definieren, was keine Hafenarbeit im Sinne des Gesetzes ist (BAG Urteil vom 26. Februar 1992, aaO, m.w.N.), noch können sie dem Kläger oder dem Gesamthafenbetrieb durch vom Gesetz abgeleitete nachrangige Regelungen dem Kläger eine stärkere Rechtsstellung verschaffen als sie sich aus dem Gesamthafenbetriebsgesetz selbst ergibt.

c) Das Gesamthafenbetriebsgesetz begründet in Bezug auf die Vergabe von Hafenarbeiten keine Monopolstellungen der deutschen Gesamthafenbetriebe. Eine solche, rechtlich vor Wettbewerb geschützte Monopolstellung läßt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zweck des Gesamthafenbetriebsgesetzes herleiten. Eine ausdrückliche Regelung, die die Vergabe von Hafenarbeiten ausschließlich dem Gesamthafenbetrieb zuteilt, enthält das Gesetz nicht. Aber auch nach dem Zweck des Gesetzes, wie er sich aus § 1 Abs. 1 GesamthafenbetriebsG ergibt, nämlich der “Schaffung stetiger Arbeitsverhältnisse für Hafenarbeiter”, besteht kein derartiges Monopol. Dies zeigt sich bereits daran, daß das Gesetz die Leistung von Hafenarbeit nicht generell davon abhängig gemacht hat, daß hierfür nur Hafenarbeiter mit Hafenarbeitskarte eingesetzt werden dürften. Der Anwendungsbereich des Gesamthafenbetriebsgesetzes erfaßt nicht unmittelbar die Tätigkeiten, die dort verrichtet werden, sondern – nach Arteines Tarifvertrages (BAG Urteil vom 14. Dezember 1988, BAGE 60, 292, 298 = AP Nr. 4 zu § 1 GesamthafenbetriebsG) – die Hafenbetriebe, soweit in diesen Hafenarbeiten geleistet werden (§ 1 Abs. 1 Satz 1 GesamthafenbetriebsG). Aus der Beschränkung des Anwendungsbereiches des Gesetzes “auf Betriebe eines Hafens” folgt aber, daß Hafenarbeiten, die nicht von “Betrieben eines Hafens” geleistet werden, nicht den Regelungen des Gesamthafenbetriebsgesetzes unterliegen.

Auch die Einbeziehung der Außenseiter nach § 1 Abs. 2 GesamthafenbetriebsG führt nicht zu dem Schluß, daß alle Hafenarbeiten ausschließlich von Hafenarbeitern mit Hafenarbeitskarte ausgeführt werden dürften. Auch insoweit ist nicht die Leistung von Hafenarbeiten maßgeblicher rechtlicher Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit des Gesetzes, sondern der Betrieb eines Hafens, in dem Hafenarbeit in bestimmtem Umfang geleistet wird. Soweit durch nachrangige Bestimmungen erreicht werden soll, Hafenarbeiten, die nicht von Hafenbetrieben erbracht werden, zu erfassen, insbesondere durch eine weite Fassung des Begriffs der Hafenarbeit, kommt ihnen keine Wirkung zu. Denn ihre Wirkungen können nicht weitergehen als die Regelung des Gesamthafenbetriebsgesetzes selbst. Hiernach steht dem Kläger nicht das Recht zu, Hafenarbeiten nur zuzulassen, wenn sie von Hafenarbeitern mit Hafenarbeitskarten ausgeübt werden. Der Kläger hat nicht das ausschließliche Recht, Hafenarbeiten zu vergeben. Daher verletzt die Beklagte kein Recht des Klägers (§ 823 Abs. 1 BGB bzw. des § 1004 BGB), wenn sie mit ihren eigenen Schiffsleuten ohne Hafenarbeitskarte die Arbeit des Laschens und Entlaschens, des Unterstellens und Entfernens der Böcke durchführen läßt. Auf die Regelungen der Art. 30, 86, 90 EG-Vertrag kommt es nicht an.

 

Unterschriften

Griebeling, Schliemann, Reinecke, Enck, Kreienbaum

 

Fundstellen

Haufe-Index 872279

BAGE, 363

NZA 1996, 721

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