Entscheidungsstichwort (Thema)
Präklusionswirkung eines der Kündigungsschutzklage stattgebenden und die Beschäftigungsklage abweisenden Urteils für eine später erhobene Verzugslohnklage
Normenkette
ZPO § 322; BGB § 615
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 23. Februar 1989 – 13 Sa 35/88 – wird zurückgewiesen.
2. Auf die Anschlußrevision der Beklagten wird das vorbezeichnete Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben, soweit es über die Kosten entschieden und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 17. Februar 1988 – 3 Ca 218/87 – zurückgewiesen hat.
3. Auf die Berufung der Beklagten wird das vorbezeichnete Urteil des Arbeitsgerichts dahin abgeändert, daß die Klage in vollem Umfang abgewiesen wird.
4. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
I. Der im Jahre 1948 geborene, geschiedene und zwei Kindern unterhaltspflichtige Kläger war aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages seit dem 1. Juni 1982 als Wachmann bei der Beklagten beschäftigt, die mit mehreren hundert Mitarbeitern an verschiedenen Standorten militärische und zivile Einrichtungen bewacht. Mit Schreiben vom 22. Juni 1985 kündigte die Beklagte dem Kläger, der zu dieser Zeit zur Bewachung von militärischen Einrichtungen der Bundeswehr in N. (künftig: Objekt N.) eingesetzt war, mit der Begründung, im Hinblick auf ein von militärischer Seite geforderten und von der Ständortverwaltung ausgesprochenen Verbots sei sein Einsatz in militärischen Objekten nicht mehr möglich und in seinem Bereich würden von ihr auch keine zivilen Objekte betreut.
In einem deswegen vom Kläger anhängig gemachten Rechtsstreit (ArbG Mannheim – 5 Ca 389/85 –) schlossen die Parteien folgenden, von den damaligen Prozeßbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 6. September 1985 bestätigten außergerichtlichen Vergleich:
„Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endet mit der Kündigung vom 22.06.1985 fristgerecht zum 09.07.85. Eine Lohnabrechnung für diesen Zeitraum wird gesondert erstellt.
Zum 09.09.85 wird ein neues Arbeitsverhältnis begründet. Die Betriebsangehörigkeit wird anerkannt; eine Probezeit entfällt. Die Entlohnung erfolgt tariflich. Herr M. wird in H. eingesetzt werden und dort in etwa den gleichen Verdienst haben wie bisher.
Herr M. wird seinen Arbeitsplatz im Objekt H. am 09.09.85 antreten.
Herr M. sichert zu, daß er seinen Dienst korrekt, entsprechend den Dienstvorschriften, durchführen wird und insbesondere seinen Diensthund stets angeleint halten wird.”
Die Parteien schlossen danach unter dem 1. Oktober 1985 einen neuen schriftlichen Arbeitsvertrag, in dem der 1. Oktober 1985 als Vertragsbeginn vorgesehen war. Der Kläger trat seinen Dienst in dem Bundeswehrdepot H. (künftig: Objekt H.) am 30. September 1985 an. Bei Dienstbeginn wurde er in einem Hundezwinger von einem Diensthund mehrmals gebissen. Er war deshalb bis zum 14. Oktober 1985 arbeitsunfähig krank und hatte anschließend bis zum 21. Oktober 1985 Urlaub.
Am 22. Oktober 1985 teilte der Kläger seinem Schichtführer mit, wegen des Vorfalls vom 30. September 1985 im Hundezwinger könne er keinen Wachhund mehr führen. Am 23. Oktober 1985 bat er den Betriebsinspektor B. um einen Einsatz ohne Wachhund.
Die Beklagte sah darin eine außerordentliche Kündigung des Klägers, „bestätigte” diese mit Schreiben vom 25. Oktober 1985 und kündigte mit einem weiteren Schreiben vom selben Tag vorsorglich das Arbeitsverhältnis „fristgerecht zum nächsten möglichen Termin”.
Mit einer am 7. November 1985 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 21. November 1985 zugestellten Klage (ArbG Mannheim – 5 Ca 641/85 –) wandte sich der Kläger gegen diese Kündigung. In der Klageschrift machte er zunächst den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses sowie seine Weiterbeschäftigung „zu den bisherigen Arbeitsbedingungen” geltend, mit der Begründung, im Objekt N. gebe es freie Arbeitsplätze für Wachmänner ohne Hundeführung. Ein Einsatzverbot der Standortverwaltung gegen ihn bestehe nicht. Mit Schreiben vom 25. November 1985 bot ihm die Beklagte eine Beschäftigung als Wachmann ohne Hundeführung in B. mit sofortiger Wirkung an. Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 1985 lehnte er das Angebot als unzumutbar ab. Er begründete dies damit, daß er bei einem Einsatz in B. dorthin umziehen müsse und dann weder sein Besuchsrecht gegenüber seinen bei seiner geschiedenen Frau lebenden Kindern ausüben noch regelmäßig seine Großmutter besuchen könne, die 8 km von seinem jetzigen Wohnort entfernt im Altersheim lebe.
Der Kläger stellte in diesem (zweiten) Kündigungsprozeß (künftig: Vorprozeß), soweit noch von Interesse, zuletzt folgende Anträge:
- Es wird festgestellt, daß die Kündigung der Beklagten vom 25.10.1985 rechtsunwirksam ist und daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über die ordentliche Kündigungsfrist hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht.
- die Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Wachmann bei der Zivilwache S. in N. mit solchen Aufgaben zu beschäftigen, welche die Führung eines Hundes nicht erforderlich machen und im übrigen zu den bestehenden Arbeitsbedingungen.
Die Beklagte trug zur Rechtfertigung ihrer vorsorglichen Kündigung vom 25. Oktober 1985 vor, der Kläger sei nach seinem eigenen Vortrag nicht mehr in der Lage, Diensthunde zu führen. In H. stünden keine für ihn geeigneten Arbeitsplätze zur Verfügung. In N. könne er nicht beschäftigt werden, weil die zuständige Standort Verwaltung gegen ihn für ihr dortiges Objekt ein Einsatzverbot verhängt habe und im übrigen dort auch keine Beschäftigungsmöglichkeit bestehe. Die vom Kläger gegen die angebotene Beschäftigung in B. erhobenen Einwendungen seien unerheblich.
Das Arbeitsgericht entschied über die Klageanträge zu 1) und 2) durch Urteil vom 3. Juli 1986 wie folgt:
- Es wird festgestellt, daß die Kündigung der Beklagten vom 25. Oktober 1985 rechtsunwirksam ist und das Arbeitsverhältnis über den 31. Dezember 1985 hinaus ungekündigt fortbesteht.
- Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Wachmann bei der „Zivilwache S.” in N. in der Weise zu beschäftigen, daß die Führung eines Wachhundes nicht erforderlich ist. Im übrigen wird der Klageantrag zu 2) abgewiesen.
Das Arbeitsgericht hielt das Kündigungsschutzgesetz auch für das neu begründete Arbeitsverhältnis für anwendbar und die Kündigung für sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte sei verpflichtet, den Kläger im Objekt N. ohne Hundeführung einzusetzen. Der weitergehende Beschäftigungsantrag sei unbegründet. Der Kläger könne nicht verlangen, im übrigen zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt zu werden, weil sich aufgrund der jeweiligen Tätigkeit Unterschiede in der Vergütung ergeben könnten.
Auf die Berufung der Beklagten erkannte das Landesarbeitsgericht (LAG Baden-Württemberg – 14 (10) Sa 108/86 –) durch Urteil vom 30. März 1987 zu den Klageanträgen zu 1) und 2) wie folgt:
- Es wird festgestellt, daß die Kündigung der Beklagten vom 25.10.1985 rechtsunwirksam ist und das Arbeitsverhältnis über den 09.11.1985 hinaus ungekündigt fortbesteht.
- Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Wachmann ohne Hundeführung zu beschäftigen.
- …
- Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Das Landesarbeitsgericht begründete die Sozialwidrigkeit der Kündigung im wesentlichen wie folgt:
Der Kläger habe sich nach eigenem Vortrag zu der nach dem neuen Vertrag vorgesehenen Tätigkeit außerstande gesehen. Die Beklagte habe ihn jedoch in B. als Wachmann ohne Hundeführung einsetzen können. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hätte sie deshalb statt einer Beendigungskündigung eine entsprechende Änderungskündigung als das mildere Mittel aussprechen müssen.
Ihr Einwand, nach dem Vergleich vom September 1985 sei sie nur zu einer Beschäftigung des Klägers im Objekt H. mit Hundeführung verpflichtet, sei unbegründet. Zwar sei dieser Einsatzort vereinbart worden. Mit dem in Nr. 8 des Arbeitsvertrages vereinbarten Weisungsrecht habe sie sich jedoch eine weitergehende Umsetzungsmöglichkeit offen gehalten. Es widerspräche deshalb Treu und Glauben, den durch einen Dienstunfall behinderten Kläger an der ursprünglich vereinbarten Einsatzregelung festzuhalten.
Im Rahmen der Interessenabwägung sei die Beklagte weiter verpflichtet gewesen, den Kläger vor Ausspruch einer Beendigungskündigung eine Beschäftigung in N. anzubieten. Ihr Einwand, es bestehe ein Einsatzverbot gegen den Kläger für diesen Bereich, sei unbegründet. Ihr weiteres Vorbringen, sie habe dort auch keine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger, sei im Hinblick auf eindeutige Zeitungsinserate nicht glaubhaft.
Da das arbeitsgerichtliche Urteil im Feststellungsausspruch zu bestätigen sei, müsse die Beklagte den Kläger auch tatsächlich, und zwar ohne Wachhund, weiterbeschäftigen. Die weitergehende Verurteilung sei aufzuheben gewesen, da die Beklagte aufgrund des bestehenden Direktionsrechts im Rahmen des vertraglich Festgelegten berechtigt sei, den Einsatzort des Klägers selbst zu bestimmen.
Dieses Urteil, in dem die Revision nicht zugelassen wurde, wurde den damaligen Prozeßbevollmächtigten der Parteien am 14. April (Beklagte) bzw. 15. April 1987 (Kläger) zugestellt.
Die Beklagte hat den Kläger ab 4. Mai 1987 wieder als Wachmann ohne Hundeführung beschäftigt, nach seinem Vortrag bis Ende Mai 1987 im Depot A. und ab Juni 1987 in der Maschinenfabrik D..
II. Mit der vorliegenden, der Beklagten am 3. August 1987 zugestellten Klage fordert der Kläger von der Beklagten Zahlung von Verzugslohn für die Zeit vom 23. Oktober 1985 bis 3. Mai 1987. Zur Begründung hat er vorgetragen:
Die Beklagte habe sich im Anspruchszeitraum im Verzug der Annahme seiner Dienste befunden. Sie sei nach dem rechtskräftigen Urteil des Berufungsgerichts vom 30. März 1987 verpflichtet, ihn als Wachmann ohne Hundeführungspflicht zu beschäftigen. Er habe von ihr eine solche Beschäftigung am 23. Oktober 1985 verlangt und in der im November 1985 im zweiten Vorprozeß eingereichten Klageschrift erfolglos angeboten.
Die von der Beklagten angebotene Beschäftigung in B. sei ihm schon aus den im Vorprozeß dargelegten Gründen nicht zumutbar. Außerdem befinde er sich in angespannten finanziellen Verhältnissen.
Im Objekt N. habe er vom 23. Oktober 1985 an bis zum Jahresende 1986 beschäftigt werden können. Weder habe ihm gegenüber ein Einsatzverbot bestanden, noch sei die dortige Wache überbesetzt gewesen.
Ab 1. Januar 1987 sei der Beklagten die Bewachung des Objekts N. von der Bundeswehr entzogen und einem anderen Bewachungsunternehmen übertragen worden. Das ändere jedoch nichts am Fortbestand des Annahmeverzugs der Beklagten bis zum 3. Mai 1987.
Der Kläger hat für die Zeit vom 22. bis 31. Oktober 1985 einen Restbetrag von 1.037,37 DM brutto, für die Zeit vom 1. November 1985 bis zum 31. Dezember 1986 einen Betrag von insgesamt 44.766,27 DM brutto, für die Zeit vom 1. Januar bis zum 3. Mai 1987 einen Betrag von 13.728,90 DM brutto errechnet und hiervon die für die jeweiligen Monate gezahlten Beträge an Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe abgesetzt. Er hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn brutto 59.705,86 DM abzüglich netto 18.521,99 DM zu bezahlen und die – im einzelnen aufgeschlüsselten – Monatsbeträge mit 4 % Zinsen aus dem verbleibenden Nettobetrag zu verzinsen.
Die Beklagte hat – soweit noch von Interesse – beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung hat sie vorgetragen:
Sie sei nicht verpflichtet gewesen, den Kläger in N. ohne Hundeführung zu beschäftigen. Dies folge aus dem im September 1985 abgeschlossenen Vergleich, in dem H. als Beschäftigungsort konkretisiert worden sei. Der Vergleich habe auch die Pflicht zur Hundeführung begründet. Die dem widersprechende Entscheidung des Berufungsgerichts stehe nicht entgegen, weil das Berufungsgericht nicht geprüft habe, ob dem Kläger die Hundeführung unmöglich geworden sei, sondern dessen bestrittener Behauptung gefolgt sei.
In N. habe der Kläger aber aus den bereits im Vorprozeß dargelegten betriebsbedingten Gründen nicht eingesetzt werden können. Entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts habe ein Einsatzverbot des Auftraggebers bestanden. Auch sei kein freier Arbeitsplatz vorhanden gewesen. Ab 1. Oktober 1985 sei ein Wachtor ausgefallen. Die dort eingesetzten Wachmänner hätten auf die übrigen Schichten verteilt werden müssen. Aus ihren im Februar 1987 aufgegebenen Inseraten habe das Berufungsgericht falsche Schlüsse gezogen, in jedem Fall aber für die Verhältnisse in dem Objekt in den vorausgegangenen Monaten.
Die angebotene Beschäftigung in B. sei dem Kläger zumutbar gewesen. Sie habe ihm diesen Einsatz als Dauerbeschäftigung unter detaillierter Angabe der Arbeitsbedingungen angeboten. Der Kläger habe seine Ablehnung mit zu großer Entfernung von seinem Wohnort begründet. Auch der Berücksichtigung dieser Umstände stehe das Urteil des Berufungsgerichts im Vorprozeß nicht entgegen. Das Berufungsgericht habe darin den Arbeitsort gerade offen gelassen und nur über die Art der Beschäftigung – Wachmann ohne Hundeführungspflicht – entschieden. Zudem habe eine Beschäftigungsmöglichkeit in B. erst ab 23. November 1985 bestanden.
Nach alledem habe im Anspruchszeitraum kein Annahmeverzug bestanden, zumindest aber nicht vor dem 20. Januar 1986, weil die Weigerung des Klägers, weiter in H. mit Hundeführungspflicht zu arbeiten, auf einem in seiner Person liegenden Grund beruhe und es ihr nicht möglich sei, im Hinblick auf die feststehenden Einsatzpläne einen Wachmann von einem auf den anderen Tag in einem anderen Objekt einzusetzen.
Der Kläger könne allenfalls für eine Tätigkeit in H. geschuldeten Lohn beanspruchen, der wesentlich niedriger sei, weil dort weniger Wachstunden anfielen. Danach errechne sich für den Anspruchszeitraum ein Gesamtlohn von höchstens 38.452,80 DM brutto zuzüglich 5.860,22 DM brutto an Zuschlägen. Hiervon seien 18.096,37 DM Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe abzusetzen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben.
Das Berufungsgericht hat dieses Urteil bestätigt, soweit die Beklagte zur Zahlung von Verzugslohn für die Zeit vom 23. Oktober bis 30. November 1985 in Höhe von 4.193,85 DM brutto abzüglich 1.329,84 DM Arbeitslosengeld nebst 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag verurteilt worden ist. Im übrigen hat es das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen.
Mit Revision und Anschlußrevision verfolgen die Parteien im Umfang ihres Unterliegens ihre erfolglos gebliebenen Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Dagegen hat die Anschlußrevision der Beklagten Erfolg und führt zur Abweisung der Klage in vollem Umfang.
A. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe sich nur vom 23. Oktober bis 30. November 1985 im Verzug der Annahme der Dienste des Klägers befunden. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger sei zwar ab 23. Oktober 1985 nicht mehr bereit gewesen, entsprechend der im Vergleich vom September 1985 eingegangenen Verpflichtung in H. gegebenenfalls auch als Wachmann mit Hundeführung zu arbeiten, obwohl die Beklagte ihm eine solche Beschäftigungsmöglichkeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eingeräumt habe. Die Beklagte sei jedoch im vorliegenden Verfahren mit dem Einwand, der Kläger sei zu einer solchen Tätigkeit in H. verpflichtet gewesen, durch das im Vorprozeß ergangene Urteil des Berufungsgerichts vom 30. März 1987 ausgeschlossen (präkludiert). Darin habe das Berufungsgericht die Beklagte verurteilt, den Kläger als Wachmann ohne Hundeführung zu beschäftigen und in den Entscheidungsgründen festgestellt, daß eine solche Beschäftigung sowohl in B. wie in N. möglich sei. Daraus habe es gefolgert, daß die Kündigung vom 25. Oktober 1985 sozial ungerechtfertigt sei. Sei rechtskräftig festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung nicht aufgelöst sei, weil der Arbeitnehmer an anderer Stelle hätte weiterbeschäftigt werden können, so könne im folgenden Verzugslohnprozeß nicht mehr eingewandt werden, er habe an der bisherigen Stelle arbeiten müssen und an der anderen Stelle nicht eingesetzt werden können. Die Beklagte könne deshalb weder einwenden, der Kläger sei zur Dienstleistung in H. verpflichtet gewesen, noch geltend machen, in N. habe keine Beschäftigungsmöglichkeit für ihn bestanden.
Andererseits könne sich auch der Kläger nicht mehr darauf berufen, eine Beschäftigung in B. sei ihm unzumutbar gewesen. Denn das Berufungsgericht habe im Vorprozeßurteil ausgeführt, die Beklagte sei in der Lage gewesen, statt einer Beendigungskündigung eine Änderungskündigung für eine Beschäftigung in B. auszusprechen. Mit ihrem nach Beginn des Vorprozesses an den Kläger gerichteten Angebot, in B. ohne Wachhund zu arbeiten, habe die Beklagte dem Kläger einen vertragsgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt und damit die ihr als Gläubigerin des Dienstleistungsanspruchs obliegende Mitwirkungspflicht erfüllt.
Gleichwohl habe sich die Beklagte bis zum 30. November 1985 in Annahmeverzug befunden, weil der Kläger mit Rücksicht auf seine persönlichen Verhältnisse die Arbeit in B. erst zum 1. Dezember 1985 hätte aufnehmen können. Von diesem Zeitpunkt an wäre die Beklagte nur in Annahmeverzug geblieben, wenn der Kläger seine Arbeitsleistung in B. tatsächlich angeboten hätte. Der Kläger habe aber seine Arbeitsleistung dort überhaupt nicht angeboten. Die Beklagte habe ihm auch unstreitig eine „bedingungslose” und nicht nur eine vorübergehende Weiterbeschäftigung für die Dauer des Rechtsstreits angeboten.
Wegen der Höhe des Lohnanspruchs für die Monate Oktober und November 1985 sei der Berechnung des Klägers zu folgen.
B. Dieser Würdigung ist jedenfalls im Ergebnis insoweit zu folgen, als das Berufungsgericht einen Annahmeverzug der Beklagten ab 1. Dezember 1985 verneint und die auf Zahlung von Verzugslohn für die Zeit vom 1. Dezember 1985 bis 3. Mai 1987 gerichtete Klage abgewiesen hat. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Klage jedoch auch im übrigen unbegründet.
I. Nach § 615 Satz 1 BGB kann der Dienstverpflichtete trotz fehlender Dienstleistung die Fortzahlung der Vergütung verlangen, wenn sich der Dienstberechtigte im Verzug der Annahme der Dienste befunden hat. Danach setzt der Annahmeverzug des Dienstberechtigten zunächst voraus, daß das Dienstverhältnis fortbestanden hat (Senatsurteil vom 12. September 1985 – 2 AZR 324/84 – AP Nr. 7 zu § 102 BetrVG 1972 Weiterbeschäftigung, zu B II 1 der Gründe). Im vorliegenden Fall steht der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien im Anspruchszeitraum aufgrund des rechtskräftigen, im zweiten Vorprozeß ergangenen Urteils des Berufungsgerichts vom 30. März 1987 fest. Hiervon gehen auch beide Parteien aus.
II. Die weiteren Voraussetzungen des Annahmeverzugs bestimmen sich auch für das Arbeitsverhältnis nach den §§ 293 ff. BGB (ständige Rechtsprechung; vgl. BAGE 50, 164, 168 f. = AP Nr. 39 zu § 615 BGB, zu C I 1 a der Gründe, m.w.N.). Nach der neueren Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 21. März 1985 – 2 AZR 201/84 – AP Nr. 35 zu § 615 BGB, zu B I der Gründe, m.w.N.) bedarf es nach Ausspruch einer unwirksamen ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber grundsätzlich auch keines wörtlichen Dienstleistungsangebots des Arbeitnehmers. Vielmehr gerät der Arbeitgeber gemäß § 296 BGB in Annahmeverzug, wenn er den Arbeitnehmer für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht aufgefordert hat, die Arbeit wieder aufzunehmen. Eintritt und Fortdauer des Annahmeverzuges setzen allerdings weiter die subjektive Arbeitsbereitschaft des Arbeitnehmers und seine objektive Arbeitsfähigkeit voraus (§ 297 BGB).
III. Wie die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, hat sich die Beklagte nach Ausspruch ihrer unwirksamen Kündigung vom 25. Oktober 1985 bis zum 3. Mai 1987 nicht in Verzug der Annahme der Dienste des Klägers befunden und der Kläger kann deshalb keinen Verzugslohn für diese Zeit fordern.
1. Soweit die Beklagte den Kläger nicht in B. beschäftigt hat, ist sie schon deshalb nicht in Annahmeverzug geraten, weil der Kläger nicht bereit war, dort zu arbeiten. Die fehlende (subjektive) Arbeitsbereitschaft des Arbeitnehmers schließt jedoch gemäß § 297 BGB den Annahmeverzug des Arbeitgebers aus (BAGE 46, 234, 244 f. = AP Nr. 34 zu § 615 BGB, zu B II 5 d der Gründe; Senatsurteil vom 21. März 1985, a.a.O., zu B I der Gründe; Senatsurteil vom 6. November 1986 – 2 AZR 744/85 – nicht veröffentlicht, zu II 2 c der Gründe).
2. Auf eine Beschäftigungspflicht im Objekt N. kann der Kläger die Beklagte jedenfalls im Hinblick auf die Rechtskraft der Entscheidung des Berufungsgerichts im Vorprozeß zu seinem dort gestellten Beschäftigungsantrag nicht mehr verweisen. Ob sich diese Rechtsfolge auch aus der Entscheidung zum Feststellungsantrag im Vorprozeß herleiten läßt, wie das Berufungsgericht angenommen hat, braucht deshalb nicht erörtert zu werden.
a) Die Rechtskraftwirkung eines Urteils schließt gemäß § 322 ZPO im Verhältnis der Parteien zueinander jede abweichende gerichtliche Feststellung in einem neuen Verfahren aus. In Rechtskraft erwächst die im Urteil ausgesprochene Rechtsfolge, d.h. der vom Richter aus dem vorgelegten Sachverhalt gezogene und im Urteil ausgesprochene Schluß auf das Bestehen oder Nichtbestehen der beanspruchten Rechtsfolge (vgl. BGHZ 43, 144). Worüber entschieden, welches der in Rechtskraft erwachsene Subsumtionsschluß ist, ist dem Tenor einer den Antrag abweisenden Entscheidung nicht zu entnehmen. Deshalb ist für die Abweisung eines solchen Antrags auf die tragenden Abweisungsgründe der Entscheidung zurückzugreifen und auch für sie eine Bindungswirkung zu bejahen (vgl. BAG Beschluß vom 21. September 1989 – 1 ABR 32/89 – EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 76, zu B II 3 c der Gründe, m.w.N.).
Hier hat das Berufungsgericht im Vorprozeß den auf Beschäftigung des Klägers in N. gerichteten Leistungsantrag mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte sei aufgrund des bestehenden Direktions- (Versetzungs-)rechts im Rahmen des vertraglich Festgelegten berechtigt, den Einsatzort des Klägers selbst zu bestimmen, als welcher im vorliegenden Fall B. oder N. in Betracht kamen. Dieser Subsumtionsschluß ist in Verbindung mit der insoweit erfolgten Klageabweisung in materieller Rechtskraft erwachsen. Das Berufungsgericht hat somit die Beschäftigungsklage insoweit abgewiesen, als der Beklagten damit die Ausübung des Direktionsrechts, im konkreten Fall des Wahlrechts, gesichert bleiben sollte, den Kläger in B. statt in N. zu beschäftigen, das sie im Schreiben vom 25. November 1985 mit der Bestimmung des Einsatzortes B. auch ausgeübt hatte. Der Kläger kann deshalb im vorliegenden Verzugslohnprozeß nicht mehr einwenden, eine Beschäftigung in B. sei ihm nicht zumutbar und deshalb sei die Beklagte zu seiner Beschäftigung in dem dann allein noch in Betracht kommenden Objekt N. verpflichtet gewesen. Eine dahingehende Feststellung würde der im Vorprozeß ergangenen klageabweisenden Entscheidung widersprechen, die gerade darauf beruht, daß die Beklagte B. statt N. als Beschäftigungsort bestimmen konnte.
b) Unerheblich für die Rechtskraftwirkung des Urteils des Berufungsgerichts im Vorprozeß ist, ob es inhaltlich richtig ist (vgl. BAG Beschluß vom 21. September 1989, a.a.O., zu B II 3 e der Gründe, m.w.N.). Deshalb kann nicht mehr geprüft werden, ob das Berufungsgericht im Vorprozeß sich sachlich mit der Frage hätte auseinandersetzen müssen, ob dem Kläger eine Beschäftigung in B. unzumutbar war und er deshalb in N. hätte eingesetzt werden müssen, wo der Beklagten nach Ansicht des Berufungsgerichts eine Beschäftigung auch möglich gewesen wäre.
3. Wie aus den vorstehenden Ausführungen folgt, ist die Klage in vollem Umfang unbegründet. Die Beklagte hat sich auch in der Zeit vom 23. Oktober bis 30. November 1985 nicht in Annahmeverzug befunden.
Das Berufungsgericht hat im Vorprozeß die auf eine Beschäftigung in N. gerichtete Klage abgewiesen. Wie ausgeführt, ist damit der Subsumtionsschluß in Rechtskraft erwachsen, die Beklagte sei aufgrund ihres Direktionsrechts berechtigt gewesen, B. oder N. als Einsatzort zu bestimmen. Die Rechtskraft dieser Entscheidung steht somit jeder Feststellung einer ausschließlichen Beschäftigungspflicht der Beklagten in N. entgegen. Dies gilt für den gesamten auf den Ausspruch der Kündigung vom 25. Oktober 1985 folgenden Zeitraum, da das Berufungsgericht die Beschäftigungsklage, soweit sie auf den Einsatz in N. gerichtet war, ohne jede Einschränkung, auch in zeitlicher Hinsicht, abgewiesen hat. Deshalb widerspricht das angefochtene Urteil dieser Entscheidung, soweit es für die Zeit bis zum 30. November 1985 eine Verpflichtung der Beklagten zur Beschäftigung des Klägers in N. mit der Begründung angenommen hat, der Kläger hätte mit Rücksicht auf seine persönlichen Verhältnisse die Arbeit in B. erst zum 1. Dezember 1985 aufnehmen können. Diesen Umstand hätte es allenfalls im Vorprozeß bei seiner Entscheidung Über den Beschäftigungsantrag des Klägers berücksichtigen können.
Unterschriften
Hillebrecht, Triebfürst, Dr. Ascheid, Brocksiepe, Timpe
Fundstellen