Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung von Lehrer
Orientierungssatz
Eingruppierung von Lehrer nach BAT Anlage 1a Vergütungsgruppe IVa, Vereinbarung der jeweils gültigen Erlasse des Kultusministers; Auslegung der Erlasse nach den Regeln des Verwaltungsrechts; Änderung der Vergütung bei Vereinbarung der jeweiligen Erlasse als Leistungsbestimmung durch den Arbeitgeber nur nach billigem Ermessen.
Normenkette
BAT Anlage 1a; BGB §§ 133, 157; BAT § 22 Fassung: 1975-03-17
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 16.12.1987; Aktenzeichen 7 Sa 1111/87 E) |
ArbG Hannover (Entscheidung vom 24.06.1987; Aktenzeichen 1 Ca 350/86 E) |
Tatbestand
Der 41-jährige Kläger hat am 15. Juli 1971 die staatliche Abschlußprüfung für Sozialarbeiter bestanden und wurde mit Wirkung vom 1. August 1972 als Sozialarbeiter staatlich anerkannt. Seit 1. September 1973 steht er als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis eines pädagogischen Mitarbeiters in den Diensten des beklagten Landes. Er wird als Lehrkraft (Klassenleiter) für geistig Behinderte an der Sonderschule in S beschäftigt.
Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 26. Juli/23. August 1973 heißt es unter anderem:
§ 1
.....
Die Lehrkraft wird in VergGr. IV b BAT
eingereiht.
§ 2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach
dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT)
vom 23. Februar 1961 und den diesen er-
gänzenden oder ändernden Tarifverträgen.
Im Jahre 1976 haben die Parteien ferner vereinbart, daß sich das Arbeitsverhältnis auch nach den Eingruppierungserlassen des Niedersächsischen Kultusministers in der jeweils geltenden Fassung regelt.
Am 23. März 1979 hat der Kläger die staatliche Abschlußprüfung für pädagogische Mitarbeiter an Einrichtungen für geistig behinderte Kinder und Jugendliche bestanden. Auf seinen Antrag verlieh ihm die Evangelische Fachhochschule Hannover - Fachbereich Sozialwesen - am 2. Juli 1985 den Hochschulgrad "Diplom- Sozialarbeiter/Sozialpädagoge" aufgrund seiner Ausbildung zum Sozialarbeiter an der Wichernschule (evangelische höhere Fachschule für Sozial- und Jugendarbeit) mit Zeugnis vom 15. Juli 1971. Daraufhin wurde er am 17. Oktober 1985 als Sozialarbeiter/Sozialpädagoge staatlich anerkannt.
Mit Schreiben vom 1. August 1979 bat der Kläger unter Berufung auf seine abgelegte Prüfung für pädagogische Mitarbeiter an Einrichtungen für geistig behinderte Kinder und Jugendliche vom 23. März 1979 um Überprüfung, ob und wann eine Höhergruppierung von VergGr. IV b nach VergGr. IV a BAT für ihn möglich sei. Daraufhin erwiderte die Bezirksregierung H mit Schreiben vom 9. August 1979, in dem es heißt:
"Ihren Antrag auf Höhergruppierung in die
Vergütungsgruppe IV a BAT muß ich leider
ablehnen. Eine Höhergruppierung kann erst
mit einer abgeschlossenen Sonderpädago-
gischen Ausbildung u n d der nachfol-
genden sechsjährigen Bewährung erfolgen.
Eine Höhergruppierung wäre somit frühestens
zum 01.03.85 möglich."
Mit Schreiben vom 4. Februar 1985 wiederholte der Kläger seinen Antrag auf Höhergruppierung. Darauf antwortete die Bezirksregierung H mit Schreiben vom 28. Februar 1985, in dem es heißt:
"Bevor ich über Ihren Antrag auf Höher-
gruppierung im Wege des Bewährungsauf-
stieges nach VergGr. IV a BAT entscheide,
muß eine Unterrichtsbesichtigung durchge-
führt werden, und ein entsprechender
Besichtigungsbericht mit dienstlicher
Beurteilung erstellt werden."
Die angekündigte Unterrichtsbesichtigung fand am 18. März 1985 statt. Darüber wurde am 27. März 1985 ein Besichtigungsbericht erstattet und verwaltungsintern die Höhergruppierung des Klägers nach VergGr. IV a BAT eingeleitet. Die im Juni 1985 beabsichtigte Aushändigung einer Urkunde über die Höhergruppierung des Klägers nach VergGr. IV a BAT unterblieb jedoch. Vielmehr teilte die Bezirksregierung H dem Kläger mit Schreiben vom 8. November 1985 mit, daß nach dem maßgebenden Runderlaß des Niedersächsischen Kultusministers ein Bewährungsaufstieg nach VergGr. IV a BAT für den Kläger frühestens am 17. Oktober 1992 in Betracht komme.
Der Kläger meint, er sei nach den für ihn maßgebenden Runderlassen des Niedersächsischen Kultusministers ab 1. März 1985 nach VergGr. IV a BAT einzugruppieren. Er habe im März 1979 seine zusätzliche Sonderpädagogische Ausbildung abgeschlossen und sich danach sechs Jahre bewährt. Die staatliche Anerkennung als Sozialpädagoge im Oktober 1985 sei nur deklaratorischer Art. Denn die hierfür erforderliche Prüfung habe er bereits am 15. Juli 1971 abgelegt und sei danach vom 1. August 1971 bis 31. Juli 1972 in einem Berufspraktikum tätig gewesen.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet
ist, dem Kläger ab 1. März 1985 Vergütung nach
VergGr. IV a BAT zu gewähren.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat vorgetragen, nach den im Klagezeitraum maßgebenden Runderlassen des Niedersächsischen Kultusministers beginne die sechsjährige Bewährungszeit erst nach der staatlichen Anerkennung des Klägers als Sozialpädagoge und der darauf folgenden einjährigen hauptberuflichen Tätigkeit. Da der Kläger die staatliche Anerkennung als Sozialpädagoge am 17. Oktober 1985 erlangt habe, beginne die Bewährungszeit erst am 17. Oktober 1986. Die für die Eingruppierung nach VergGr. IV a BAT erforderliche sechsjährige Bewährungszeit werde damit frühestens am 17. Oktober 1992 erreicht.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag mit der Maßgabe weiter, daß er Vergütung nach VergGr. IV a BAT nur noch für die Zeit ab 17. Oktober 1986 begehrt. Das beklagte Land beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage mit Recht abgewiesen. Das beklagte Land ist nicht verpflichtet, dem Kläger ab 17. Oktober 1986 Vergütung nach VergGr. IV a BAT zu zahlen. Denn der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen des Runderlasses des Niedersächsischen Kultusministers für eine Eingruppierung nach VergGr. IV a BAT. Die sechsjährige Bewährungszeit, nach der eine Höhergruppierung des Klägers nach VergGr. IV a BAT möglich ist, ist noch nicht abgelaufen.
Für den Anspruch des Klägers auf Vergütung nach VergGr. IV a BAT gibt es keine tarifliche Anspruchsgrundlage, da der Kläger als Lehrkraft beschäftigt ist und demgemäß nach Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen des BAT die Vergütungsordnung des BAT auf ihn keine Anwendung findet. Davon gehen auch beide Parteien übereinstimmend aus.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden jedoch kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die Eingruppierungserlasse des Niedersächsischen Kultusministers in ihrer jeweiligen Fassung als Vertragsrecht Anwendung. Danach sind für die Eingruppierung des Klägers die Merkmale für "Lehrkräfte an Sonderschulen" in den einschlägigen Erlassen heranzuziehen. Für die Eingruppierung des Klägers ist Nr. 24 der Erlasse maßgebend, der seit dem Runderlaß des Kultusministers vom 5. September 1979 (Nds.MBl. S. 1612) folgende Fassung hat:
Lehrkräfte als Gruppen-/Klassenleiter für
geistig Behinderte
1. mit der Befähigung gemäß § 5 Abs. 2
Satz 1 Nr. 5 Bes.NLVO IV b
wenn sie eine abgeschlossene zusätzliche
sonderpädagogische, sozialtherapeutische
oder sozialpsychiatrische Ausbildung und
eine nachfolgende sechsjährige Bewährung
nachweisen IV a
2. mit staatlicher Prüfung oder staat-
licher Anerkennung als Erzieher, Kinder-
gärtnerinnen oder Hortnerinnen V c
nach dreijähriger Bewährung V b
3. mit der unter Nr. 2 genannten Ausbil-
dung und einer abgeschlossenen sonderpäda-
gogischen Zusatzausbildung V b
nach sechsjähriger Bewährung IV b
4. ohne die unter 1 bis 3 genannte Ausbil-
dung VI b
nach dreijähriger Bewährung V c
Diese Bestimmung galt auch während des gesamten Klagezeitraums ab 17. Oktober 1986.
Unstreitig ist der Kläger als Klassenleiter für geistig Behinderte an einer Sonderschule tätig. Damit erfüllt er das Merkmal des Oberbegriffs der nach Nr. 24 der Erlasse eingruppierten Lehrer. Die vom Kläger in Anspruch genommene Fallgruppe 1 der Nr. 24 erfordert weiter die Befähigung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Bes.NLVO. Damit ist Bezug genommen auf die Besondere Niedersächsische Laufbahnverordnung (Bes.NLVO) vom 12. Februar 1979 (GVBl. S. 62), in der es in § 5 Abs. 2 Satz 1 heißt:
"In das Beamtenverhältnis auf Probe kann einge-
stellt werden
....
5. als Jugendleiter,
wer die Prüfung als Jugendleiterin bestanden
oder
die staatliche Anerkennung als Sozialpädagoge
erhalten hat
sowie danach eine einjährige hauptberufliche
Tätigkeit (§ 35 Abs. 3 NLVO) ausgeübt hat."
Der hier in Bezug genommene § 35 Abs. 3 der Niedersächsischen Laufbahnverordnung vom 9. Mai 1975 (GVBl. S. 119) bestimmt, daß hauptberufliche Tätigkeit nur eine Tätigkeit ist, die dem Bewerber die Eignung zur selbständigen Tätigkeit für seine Laufbahn vermittelt.
Die staatliche Anerkennung als Sozialpädagoge hat der Kläger erst am 17. Oktober 1985 erhalten. Die danach erforderliche einjährige hauptberufliche Tätigkeit war am 16. Oktober 1986 beendet, so daß der Kläger ab 17. Oktober 1986 die Befähigung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Bes.NLVO besaß und damit den ersten Halbsatz der Fallgruppe 1 der Nr. 24 der Erlasse erfüllte, die aber nur Vergütungsansprüche nach VergGr. IV b BAT begründet.
Für eine Eingruppierung nach VergGr. IV a des Erlasses ist nach dem zweiten Halbsatz der Fallgruppe 1 der Nr. 24 weiter erforderlich, daß die Lehrkraft eine abgeschlossene zusätzliche sonderpädagogische, sozialtherapeutische oder sozialpsychiatrische Ausbildung und eine nachfolgende sechsjährige Bewährung nachweisen kann. Unstreitig hat der Kläger im März 1979 eine zusätzliche sonderpädagogische Ausbildung (für pädagogische Mitarbeiter an Einrichtungen für geistig behinderte Kinder und Jugendliche) abgeschlossen. Die darauf folgende Tätigkeit des Klägers als Klassenleiter für geistig Behinderte kann aber nicht auf die Bewährungszeit im Sinne der Fallgruppe 1 der Nr. 24 der Erlasse angerechnet werden. Denn die Bewährungszeit des Klägers hat erst mit der Erlangung der Befähigung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Bes.NLVO am 17. Oktober 1986 begonnen. Dies folgt aus dem Gesamtzusammenhang und Sinn und Zweck der Regelungen der Erlasse.
Die Erlasse des Niedersächsischen Kultusministers sind nach den Regeln des Verwaltungsrechts auszulegen. Die Vereinbarung der Erlasse richtet sich zwar nach den Regeln des BGB. Ihr Inhalt, der sich als behördeninterne Anweisung darstellt, gehört jedoch dem öffentlichen Recht an. Diesen Rechtscharakter verlieren Erlasse auch dann nicht, wenn sie kraft Vereinbarung als Vertragsrecht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses Anwendung finden. Als Bestandteil des öffentlichen Rechts sind Erlasse Kundgabe des hoheitlichen Handelns staatlicher Organe. Daher richtet sich ihre Auslegung nach verwaltungsrechtlichen Grundsätzen. Danach ist - entsprechend dem Grundsatz des § 133 BGB - der wirkliche Wille des Hoheitsträgers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks einer Willensäußerung zu haften (vgl. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 9). Hierbei ist insbesondere die systematische und die teleologische Interpretation von Bedeutung (Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 28 III). Demgemäß ist auch der Gesamtzusammenhang der Regelungen der einzelnen Erlasse des Kultusministers ein wichtiges Auslegungskriterium.
Der Gesamtzusammenhang der Eingruppierungsregelung in Nr. 24 der Erlasse zeigt, daß in den Fallgruppen 2, 3 und 4 die Höhergruppierung aus einer niedrigeren Vergütungsgruppe in eine höhere Vergütungsgruppe erst nach dreijähriger oder sechsjähriger Bewährung in der jeweiligen Fallgruppe möglich ist. Dies spricht dafür, daß auch in der Fallgruppe 1 der Halbsatz 2 eine Bewährung in dieser Fallgruppe, d. h. nach Erfüllung der Merkmale des Halbsatzes 1 erfordert. Halbsatz 2 der Fallgruppe 1 stellt insoweit eine besondere Bewährungszeit dar, da es nicht genügt, daß die Lehrkraft mit der Befähigung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Bes.NLVO tätig ist und sich in dieser Tätigkeit bewährt, sondern zusätzlich verlangt der Absatz 2 noch eine Zusatzausbildung und eine darauffolgende Bewährung. Dies erscheint auch im Gesamtzusammenhang der Regelungen der Nr. 24 der Erlasse sinnvoll, da der Halbsatz 2 der Fallgruppe 1 die Spitzengruppe der Lehrkräfte der Nr. 24 darstellt.
Diese Auslegung wird bestätigt durch die Bezugnahme in Nr. 24 Fallgruppe 1 auf § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Bes.NLVO. Damit soll die Lehrkraft ersichtlich einem Beamten auf Probe gleichgestellt werden, weil eine entsprechende Befähigung verlangt wird. Ein Beamter auf Probe kann aber erst nach seiner Ernennung auf Lebenszeit und einer weiteren Beamtendienstzeit erstmals befördert werden. Dies entspricht einem Zeitraum von mehreren Jahren. Wenn nunmehr eine Lehrkraft im Angestelltenverhältnis sofort mit der Erlangung der Befähigung nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Bes.NLVO aufgrund vorangegangener Tätigkeiten (Bewährungszeit) höhergruppiert werden könnte, würde sie gegenüber einem Beamten auf Probe bessergestellt. Das widerspricht ersichtlich dem Sinn der Nr. 24 Fallgruppe 1 der Runderlasse. Damit beginnt die sechsjährige Bewährungszeit des Klägers erst am 17. Oktober 1986, ein Jahr nach seiner staatlichen Anerkennung als Sozialpädagoge.
Eine einzelvertragliche Zusage des beklagten Landes, den Kläger unabhängig von Erlassen nach VergGr. IV a BAT höherzugruppieren, liegt nicht vor. Im Schreiben vom 9. August 1979 der Bezirksregierung H heißt es lediglich, eine Höhergruppierung "wäre somit frühestens zum 1. März 1985 möglich". Darin liegt kein Angebot und keine Zusage. Die Auslegung dieses Schreibens als individueller Willenserklärung ist ohnehin dem Revisionsgericht nur in beschränktem Umfang möglich (vgl. BAG Urteil vom 18. Juni 1980 - 4 AZR 463/78 -, AP Nr. 68 zu § 4 TVG Ausschlußfristen m.w.N.). Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, bei diesem Schreiben habe es sich um eine rechtsirrtümliche Mitteilung gehandelt, an die das Land nicht gebunden sei, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht bringt damit zum Ausdruck, daß das beklagte Land in dem Schreiben vom 9. August 1979 nur eine Rechtsmeinung äußern wollte. Diese Auslegung ist rechtlich möglich, ja sogar naheliegend. Sie ist vom Senat nicht weiter überprüfbar. Dasselbe gilt für das Schreiben vom 28. Februar 1985. Irgendeine Zusage enthält dieses Schreiben nicht.
Die Auffassung des Klägers, die staatliche Anerkennung als Sozialpädagoge habe nur deklaratorische Wirkung, da er die zugrundeliegende Prüfung bereits im Jahre 1971 bestanden habe, ist unzutreffend. Das beklagte Land weist insoweit zutreffend darauf hin, daß der Kläger erst aufgrund der Verordnung über staatlich anerkannte Sozialarbeiter/Sozialpädagogen vom 8. August 1982 die staatliche Anerkennung als Sozialpädagoge erlangen konnte. Vor August 1983 hätte der Kläger mit einer staatlichen Abschlußprüfung für Sozialarbeiter eine staatliche Anerkennung als Sozialpädagoge nicht erreichen können. Die staatliche Anerkennung mag nur ein formaler Akt sein. Sie erfordert aber, daß die betreffende Behörde in jedem Einzelfall prüft, ob die Voraussetzungen für eine staatliche Anerkennung (Studiengang, Abschlußprüfung) erfüllt sind. Wenn der Niedersächsische Kultusminister ebenso wie die Tarifvertragsparteien des BAT die Eingruppierung in eine bestimmte Vergütungsgruppe von einer bestimmten staatlichen Anerkennung abhängig machen, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Es ist Sache des einzelnen Arbeitnehmers, sich um eine staatliche Anerkennung zu bemühen, um damit die Voraussetzungen für die Eingruppierung in eine bestimmte Vergütungsgruppe zu erfüllen.
Der Kläger kann auch nichts daraus herleiten, daß er nach Nr. 24 des Runderlasses des Kultusministers in der im Zeitpunkt der Ergänzung des Arbeitsvertrages vom 18. November 1976 geltenden Fassung im Jahre 1985 nach VergGr. IV a BAT vergütet worden wäre. Noch bis einschließlich des Runderlasses des Kultusministers vom 12. Juli 1978 (Nds.MBl. S. 1296) hieß es in Nr. 24:
Lehrkräfte als pädagogische Mitarbeiter
1. mit staatlicher Prüfung als Jugend-
leiterin oder staatlicher Anerkennung als
Sozialpädagoge oder Sozialarbeiter IV b
wenn sie eine abgeschlossene zusätzliche
sonderpädagogische, sozialtherapeutische
oder sozialpsychiatrische Ausbildung und
eine nachfolgende sechsjährige Bewährung
nachweisen IV a
Danach war der Kläger als anerkannter Sozialarbeiter zunächst in VergGr. IV b eingruppiert; bei Fortgeltung des Erlasses hätte er dann mit der im Jahre 1979 abgeschlossenen zusätzlichen Sonderpädagogischen Ausbildung und darauffolgender sechsjähriger Bewährung im Jahre 1985 die VergGr. IV a erreicht. Durch den Runderlaß des Kultusministers vom 5. September 1979 (Nds.MBl. S. 1612) ist jedoch Nr. 24 Fallgruppe 1 geändert worden. Danach reicht die Anerkennung als Sozialarbeiter nicht mehr zur Eingruppierung in die VergGr. IV b BAT aus, so daß daraus auch keine Bewährungszeit erwachsen konnte. Vielmehr erfüllte der Kläger nunmehr nur noch das Merkmal der Nr. 24 Fallgruppe 4 des Erlasses, nämlich das Merkmal der Lehrkraft als Klassenleiter für geistig Behinderte ohne eine der in Nrn. 1 bis 3 genannten Ausbildungen. Danach steht einer solchen Lehrkraft Vergütung nach VergGr. VI b und nach dreijähriger Bewährung nach VergGr. V c BAT zu. Der Kläger behielt jedoch auch nach dem Runderlaß vom 5. September 1979 seinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT gemäß Nr. 7 des Runderlasses, der lautet:
7. Übergangsregelung und Inkrafttreten
7.1 Lehrkräfte, die nach den bisher geltenden
Bestimmungen günstiger als nach diesen
Runderlassen eingruppiert worden sind
(einschließlich etwaiger widerruflicher
Zulagen), verbleiben in der arbeitsver-
traglich vereinbarten Vergütungsgruppe;
eine Höhergruppierung ist ausgeschlossen.
Durch diese Besitzstandsklausel blieb dem Kläger der Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT erhalten. Eine Höhergruppierung schließt der Runderlaß aber ausdrücklich für diesen Fall aus.
Allerdings gehört die Änderung der Arbeitsbedingungen dem Zivilrecht an und richtet sich demgemäß nach der Vereinbarung selbst nach den Regeln des BGB, weil durch die Vereinbarung der Geltung der jeweiligen Erlasse auch zukünftige Änderungen zivilrechtlich vereinbart wurden. Diese Änderung aufgrund der neugefaßten Nr. 24 Fallgruppe 1 des Runderlasses, die sich zum Nachteil des Klägers ausgewirkt hat, entspricht aber auch billigem Ermessen. Bei der Änderung des Runderlasses handelt es sich um eine vertraglich vereinbarte einseitige Leistungsbestimmung durch den Arbeitgeber. Dies führt zur Anwendung des § 315 BGB. Die einseitige Leistungsbestimmung darf nur nach billigem Ermessen erfolgen (BAG Urteil vom 24. September 1980 - 4 AZR 744/78 -, AP Nr. 7 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer). Durch die Änderung des Runderlasses wollte der Kultusminister Lehrkräfte als Klassenleiter für geistig Behinderte, die nicht die Befähigung für ein Lehramt besitzen, mit beamteten Jugendleitern insofern gleichstellen, als sie die Befähigung für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe besitzen müssen. Dies erscheint nicht unbillig, sondern sachgerecht.
Die Eingruppierungsvorschriften nach den Runderlassen knüpfen in aller Regel an die von der Lehrkraft erworbene Befähigung (für das Lehramt usw.) an. Der staatlich anerkannte Sozialarbeiter ist von seiner Ausbildung her keine Lehrkraft. Der Jugendleiter läßt sich eher mit einer Lehrkraft vergleichen, weil er Jugendgruppen zu leiten und zu betreuen hat. Wenn die Befähigung hierzu ein besonderes Qualifikationsmerkmal für die Eingruppierung ist, während dies einem staatlich anerkannten Sozialarbeiter nicht mehr zugebilligt wird, ist das nicht zu beanstanden, jedenfalls nicht unbillig. Abgesehen davon sind dem Kläger entgegen seiner Auffassung dadurch keine wohlerworbenen Rechte genommen worden. Ein Anspruch auf unveränderte Beibehaltung der Nr. 24 Fallgruppe 1 des Runderlasses hatte er nicht, da die jeweilige Fassung der Runderlasse mit ihm vereinbart war. Eine Anwartschaft auf Höhergruppierung besaß er nicht. Denn im Zeitpunkt der Änderung des Runderlasses (5. September 1979) waren erst rund sechs Monate seit Beginn der sechsjährigen Bewährungszeit für die Höhergruppierung nach VergGr. IV a BAT gemäß dem vorher geltenden Runderlaß vergangen, da der Kläger erst im März 1979 die erforderliche zusätzliche Sonderpädagogische Ausbildung abgeschlossen hatte.
Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Dr. Neumann Dr. Feller Dr. Etzel
Scheerer Prof. Dr. Knapp
Fundstellen