Entscheidungsstichwort (Thema)
Schulhausmeister-Aufsichtstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit
Leitsatz (redaktionell)
Schulhausmeistern beim Land Berlin kann durch eine weitere schriftliche Vereinbarung innerhalb eines bestehenden Arbeitsverhältnisses Aufsichtstätigkeit außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit übertragen werden, die nach den Richtlinien für die Gewährung von Aufsichtsvergütung und Vertretungsentschädigung vom 22. Juli 1968 vergütet wird. In diesem Fall findet für die Aufsichtsvergütung auch der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 Anwendung, wenn in der späteren Vereinbarung dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.
Normenkette
BAT Anlage SR; BAT § 11; TVG § 1; BAT § 47 Abs. 2
Verfahrensgang
LAG Berlin (Entscheidung vom 29.01.1987; Aktenzeichen 14 Sa 116/86) |
ArbG Berlin (Entscheidung vom 18.09.1986; Aktenzeichen 20 Ca 24/86) |
Tatbestand
Die Parteien streiten, in welcher Höhe der Kläger für das Jahr 1985 von dem beklagten Land eine Jahressonderzuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (Zuwendungs-TV) verlangen kann.
Der Kläger ist aufgrund des Arbeitsvertrages vom 19. April 1974 seit dem 1. Juni 1974 bei dem beklagten Land als Schulhausmeister im Bereich des Bezirksamtes S beschäftigt. Zwischen den Parteien ist der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) unter Berücksichtigung der jeweils in Frage kommenden Sonderregelungen mit allen künftigen Änderungen und Ergänzungen als maßgebend vereinbart.
Der Kläger ist in der Grundschule am A in Berlin-S tätig. Zugleich mit Beginn des Arbeitsverhältnisses übernahm er die Aufsichtstätigkeit in den Schulräumen außerhalb der Schulzeiten. Das beklagte Land zahlte dem Kläger dafür eine zusätzliche Vergütung nach den Richtlinien für die Gewährung von Aufsichtsvergütung und Vertretungsentschädigung vom 22. Juli 1968 (Dienstblatt I 1968, S. 139, Nr. 52). Aufgrund einer Beanstandung des Rechnungshofes vereinbarten die Parteien für die Aufsichtstätigkeit des Klägers in einer schriftlichen Vereinbarung vom 8. September 1977 folgendes:
"Nebenabrede zum Arbeitsvertrag
vom 19.4.74 (§ 4 Abs. 2 BAT)
Zwischen
dem Land Berlin, vertreten durch das Bezirksamt
S von Berlin
und
Herrn Walter Sch wird folgendes vereinbart:
Herr Sch beaufsichtigt in Nebentätigkeit Schul-
räume (hierzu gehören auch Turnhallen) nach den
Richtlinien für die Gewährung von Aufsichtsvergü-
tung und Vertretungsentschädigung vom 22. Juli 1968
(DBl. I/1968 Nr. 52, III/1968 Nr. 55) in der jeweils
geltenden Fassung in Verbindung mit der Allgemeinen
Anweisung für die Vergabe von Räumen in Bürodienst-
gebäuden, öffentlichen Schulen, Fachschulen und von
schuleigenen Sportplätzen vom 2. November 1971 (DBl.
I/1971 Nr. 31, III/1971 Nr. 90) in der jeweils gel-
tenden Fassung.
Die Nebenabrede kann nur gemeinsam und zu den glei-
chen Bedingungen wie der Arbeitsvertrag beendet
werden."
Das beklagte Land zahlte an den Kläger bis einschließlich 1984 eine Zuwendung nach dem Zuwendungs-TV unter Berücksichtigung der Aufsichtsvergütung. Für das Jahr 1985 zahlte das beklagte Land dem Kläger lediglich eine Zuwendung, bei der die Aufsichtsvergütung unberücksichtigt blieb.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger von dem beklagten Land die Zahlung von weiteren 800,02 DM brutto. Er ist der Ansicht, das beklagte Land müsse bei der Berechnung der Höhe der Zuwendung auch die Aufsichtsvergütung in Ansatz bringen. Die Vereinbarung vom 8. September 1977 stelle eine Nebenabrede zum Arbeitsvertrag vom 19. April 1974 dar, so daß die Bedingungen des Hauptarbeitsvertrages gelten. Daraus folge, daß insoweit die Bestimmungen des BAT und damit des Zuwendungs-TV auch bezüglich der Aufsichtstätigkeit Anwendung fänden. Schon aus der Bezeichnung "Nebenabrede zum Arbeitsvertrag" werde deutlich, daß die Parteien keinen zweiten selbständigen Arbeitsvertrag gewollt, sondern statt dessen nur den bereits geschlossenen Arbeitsvertrag ergänzt hätten. Die Aufsichtstätigkeit stelle eine typische Schulhausmeistertätigkeit dar, wie sie dem Kläger auch im Rahmen seiner geschuldeten Haupttätigkeit obliege. Der Hinweis in der Nebenabrede auf die mögliche Beendigung des Vertragsverhältnisses nur gemeinsam mit dem Arbeitsvertrag mache den Willen der Parteien deutlich, eine einheitliche Regelung für beide Tätigkeiten zu schaffen. Aus dem nur ergänzenden Charakter der Zusatzvereinbarung vom 8. September 1977 folge die Anwendbarkeit des BAT und des Zuwendungs-TV. Wenn die Parteien etwas anderes gewollt hätten, hätten sie die Geltung des Zuwendungs-TV ausschließen müssen. Im Zusatzvertrag sei aber abweichend von den tariflichen Regelungen nur eine andere Vergütung zugrunde gelegt. Im übrigen gelte das gesamte Tarifwerk des BAT.
Der Kläger hat zur Höhe des Anspruchs die Auffassung vertreten, ihm stehe eine Zuwendung auf der Grundlage der tatsächlich gezahlten Aufsichtsvergütung zu. Angesichts der Sonderregelung der Parteien könne nicht auf die tarifliche Vergütung der SR 2 r BAT abgestellt werden. Bei der Aufsichtstätigkeit handele es sich nicht um Mehrarbeit im Sinne des § 17 BAT, sondern um eine zusätzliche übertragene weitere Aufgabe, für die vertraglich eine besondere Vergütung und damit eben keine Überstundenvergütung vereinbart sei.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger
800,02 DM brutto nebst 4 % Zinsen des sich
daraus ergebenden Nettobetrages seit Rechts-
hängigkeit zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat die Auffassung vertreten, die Aufsichtsvergütung habe bei der Bemessung der an den Kläger zu zahlenden Zuwendung unberücksichtigt zu bleiben. Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 19. April 1974 und die mit "Nebenabrede" überschriebene Vereinbarung vom 8. September 1977 seien zwei verschiedene, eigenständige Arbeitsverträge. Der schriftliche Arbeitsvertrag habe ein in sich abgeschlossenes Arbeitsverhältnis des Klägers als vollbeschäftigter Schulhausmeister zum Gegenstand. Dort gelte der BAT mit Anlagen und Zusätzen. Die "Nebenabrede" hingegen stelle nur in der Überschrift einen Bezug zu diesem Hauptvertrag her. Sie enthalte im übrigen aber alle wesentlichen Elemente eines Arbeitsvertrages. Sie schreibe die vom Kläger geschuldete Arbeitsleistung fest und regele die dafür von dem beklagten Land zu zahlende Vergütung. Dem stehe nicht entgegen, daß der Kläger auch als vollbeschäftigter Schulhausmeister zeitweilig Aufsichtstätigkeit ausüben müsse. Während des Schulbetriebes habe er noch zahlreiche andere Funktionen zu erfüllen, die in den Abendstunden, in denen kein Schulbetrieb stattfinde, nicht anfielen. Auch die besondere Beendigungsregelung in der Vereinbarung vom 8. September 1977 spreche für den Willen der Parteien, damit einen selbständigen Vertrag zu schließen. Anderenfalls wäre diese Regelung überflüssig gewesen. Schließlich sei auch die Bezeichnung "Nebentätigkeit" ein Hinweis auf eine selbständige Vereinbarung. Hätten die Parteien nur eine Abänderung des Hauptvertrages gewollt, hätten sie dies vereinbaren müssen.
Aber selbst wenn eine rechtliche Beziehung zwischen dem Vertrag vom 19. April 1974 und der Vereinbarung vom 8. September 1977 bestünde, könne der Kläger nicht die Zahlung einer Zuwendung unter Berücksichtigung der Aufsichtsvergütung verlangen. Die Parteien hätten frei darüber disponieren können, ob und in welchem Umfang der BAT und der Zuwendungs-TV anwendbar sein sollten, weil der Kläger nicht tarifgebunden sei. Hinsichtlich der Aufsichtsvergütung hätten die Parteien in der Vereinbarung vom 8. September 1977 aber gerade nicht die Anwendung des BAT ausbedungen, sondern einen anderen Vergütungsmaßstab gewählt. Das mache deutlich, daß die Parteien eine Anwendung des BAT und des Zuwendungs-TV im Regelungsbereich der Abrede vom 8. September 1977 gerade nicht gewollt hätten. In Anbetracht einer Aufsichtstätigkeit des Klägers von insgesamt 20 Wochenstunden und damit weniger als der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eines Schulhausmeisters mit 52 Wochenstunden hätte es einer Erwähnung des BAT und des Zuwendungs-TV bedurft, wenn dieser hätte anwendbar sein sollen.
Auch die Berechnung der Klageforderung durch den Kläger sei fehlerhaft. Nur die dem Kläger tariflich zustehende Vergütung könne nach Maßgabe des § 47 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT in den Urlaubsaufschlag einfließen und damit bei der Ermittlung der Höhe der Zuwendung Berücksichtigung finden. Gemäß Nr. 4 SR 2 r BAT falle aber bei Schulhausmeistern jede Überstunde nur mit einer Bewertung zur Hälfte als Überstunde ins Gewicht. Das führe rechnerisch zu Beträgen für Januar 1986 von 747,20 DM und für April 1986 von 700,50 DM. Demgegenüber habe der Kläger auf der Grundlage der Richtlinien für die Gewährung von Aufsichtsvergütung und Vertretungsentschädigung vom 22. Juli 1968 für diese Monate 872,-- DM bzw. 840,-- DM erhalten.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen klageabweisenden Antrag weiter. Der Kläger bittet, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Dem Kläger steht der Anspruch auf Zahlung der Jahressonderzuwendung für das Jahr 1985 in Höhe von 800,02 DM brutto gegen den Beklagten aus §§ 1, 2 Zuwendungs-TV i.V.m. § 47 Abs. 2 BAT zu.
1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, zwischen den Parteien sei ein einheitliches Arbeitsverhältnis seit 1. Juni 1974 zustandegekommen, das die Tätigkeit als Schulhausmeister und die Aufsichtstätigkeit nach dem normalen Dienstschluß beinhalte. Für dieses einheitliche Arbeitsverhältnis hätten die Parteien die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) und des den BAT ergänzenden Zuwendungs-Tarifvertrages (Zuwendungs-TV) vereinbart.
Bei Anwendung der Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB ergebe bereits die Vertragsgestaltung und tatsächliche Handhabung bei Beginn des Arbeitsverhältnisses im Jahre 1974, daß dem Kläger die Aufsichtstätigkeit als eine weitere zusätzliche Tätigkeit im Rahmen des unter die Tarifgeltung gestellten schriftlich fixierten Arbeitsverhältnisses übertragen werden sollte. Bei Beginn des Arbeitsverhältnisses habe nämlich nur der Arbeitsvertrag vom 19. April 1974 als schriftliche Vereinbarung vorgelegen, in dem die Tätigkeit des Klägers als Schulhausmeister geregelt und das Arbeitsverhältnis unter die Anwendung des einschlägigen Tarifrechts des öffentlichen Dienstes gestellt worden sei. Die daneben erfolgte formlose Übertragung der Aufsichtstätigkeit außerhalb der Beschäftigungszeiten als Schulhausmeister und Zahlung der Vergütung nach den Aufsichtsrichtlinien stelle nur eine Ergänzung dieses Arbeitsverhältnisses dar.
Zum damaligen Zeitpunkt hätten sich die Parteien keine Gedanken darüber gemacht, ob sie ein weiteres selbständiges Arbeitsverhältnis begründen wollten, ob es sich um eine Nebenabrede oder um eine Nebentätigkeit handeln sollte. Eine vernünftige und lebensnahe Betrachtungsweise lasse aber den Schluß zu, daß die Übertragung der Aufsichtstätigkeit mit Beginn der Beschäftigung als Schulhausmeister kein weiteres selbständiges Arbeitsverhältnis habe begründen sollen. Die Tätigkeit, die der Kläger als Aufsichtstätigkeit nach Dienstschluß auszuüben hatte, habe inhaltlich einem Teil der Tätigkeit als Schulhausmeister, der auch Aufsichtstätigkeit ausübt, entsprochen. Die Aufsichtstätigkeit sei vom Kläger am selben Arbeitsplatz und für denselben Arbeitgeber ausgeübt worden, so daß ein enger inhaltlicher örtlicher und auch zeitlicher Zusammenhang zwischen beiden Tätigkeiten bestehe. Allein der Umstand, daß der Beklagte die Vergütung der Aufsichtstätigkeit nach den einschlägigen Richtlinien und nicht nach den Vergütungsregelungen des BAT vornahm, lasse nicht erkennen, daß ansonsten für die Aufsichtstätigkeit das im Hauptarbeitsvertrag vereinbarte Tarifrecht nicht gelten solle.
Dieses so begründete einheitliche Arbeitsverhältnis, das auch die Aufsichtstätigkeit des Klägers umfaßte, sei nicht durch die schriftliche "Nebenabrede" vom 8. September 1977 dahin abgeändert worden, daß nunmehr die Aufsichtstätigkeit als selbständiges weiteres Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien vereinbart worden sei, für das das einschlägige Tarifrecht nicht gelten solle.
Der Beklagte habe diese schriftliche Vereinbarung auf eine Beanstandung des Rechnungshofes hin mit dem Kläger getroffen. Die Richtlinien für die Gewährung von Aufsichtsvergütung und Vertretungsentschädigung vom 22. Juli 1968, nach denen der Kläger bis dahin Vergütung erhielt, sollten nämlich nach der Bestimmung Nr. 1 des Abschnittes A nur für Schulhausmeister gelten, die aufgrund besonderen Vertrages in Nebentätigkeit die Schulräume nach dem normalen Dienstschluß beaufsichtigen. Möglicherweise habe also der Beklagte mit der schriftlichen Vereinbarung vom 8. September 1977 einen solchen selbständigen Vertrag mit dem Kläger begründen wollen. Der Vertragstext selbst und auch die unverändert beibehaltene Berücksichtigung der Aufwendungsvergütung bei der Jahreszuwendung auch nach Abschluß der schriftlichen "Nebenabrede" ließen einen solchen Willen des Beklagten jedoch nicht hinreichend deutlich erkennen. Daher habe der Kläger nicht davon ausgehen können, mit Abschluß der Vereinbarung vom 8. September 1977 habe sich an dem bisherigen einheitlichen Arbeitsverhältnis unter Tarifgeltung etwas geändert.
Die Vereinbarung vom 8. September 1977 stelle zwar keine Nebenabrede im Sinne von § 4 Abs. 2 BAT dar, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Vereinbarung vorliege, die die beiderseitigen Hauptpflichten - Arbeitsleistung und Vergütung - betreffe. Diese rechtlich falsche Einschätzung des Beklagten sei aber dennoch für den Kläger als Erklärungsempfänger nicht bedeutungslos gewesen, da ihm dadurch der auch vom Beklagten gewünschte Zusammenhang mit der schon bestehenden schriftlichen Vereinbarung vom 19. April 1974 deutlich gemacht worden sei. Für den Kläger habe sich der Begriff "Nebenabrede" so dargestellt, daß die bisherige mündliche Ergänzung des Arbeitsvertrages vom 19. April 1974 um die Verpflichtung zur Ausübung der Aufsichtstätigkeit nunmehr habe schriftlich fixiert werden sollen.
Auch die Verwendung der Bezeichnung "Nebentätigkeit" im weiteren Text der Vereinbarung vom 8. September 1977 habe für den Kläger nicht bedeuten müssen, daß er nunmehr die Aufsichtstätigkeit mit einem weiteren selbständigen Vertrag ausführen solle, für den - mit Ausnahme der Vergütungsregelung - das Tarifwerk des BAT mit seinen Ergänzungen nicht gelten solle. Denn auch diesen Begriff habe der Beklagte nicht wie in § 11 BAT verwendet. Nach § 3 BNV seien nämlich Tätigkeiten des BAT-Angestellten für seinen Arbeitgeber grundsätzlich in seine Haupttätigkeit einzuordnen. Sie seien nicht als Nebentätigkeit zugelassen worden, wenn sie mit der Haupttätigkeit in Zusammenhang ständen. Der enge Zusammenhang zwischen der Haupttätigkeit und der Aufsichtstätigkeit des Klägers sei hier jedoch gegeben. Wenn der Beklagte diese Aufsichtstätigkeit nunmehr mit einem selbständigen Arbeitsvertrag habe vergeben wollen, so sei dieser Wille durch die Verwendung des Begriffs "Nebentätigkeit" nicht genügend zum Ausdruck gekommen.
Allein der Umstand, daß Gegenstand eines selbständigen Arbeitsvertrages die Übertragung der Aufsichtstätigkeit unter Vereinbarung der Richtlinien für die Gewährung von Aufsichtsvergütung und Vertretungsentschädigung sein könne, rechtfertige nicht die Auslegung der Vereinbarung vom 8. September 1977 im Sinne des Beklagten. Es komme vielmehr darauf an, was die Parteien im konkreten Fall tatsächlich vereinbart hätten. Ausgehend von einer zunächst formlosen unselbständigen Ergänzung des Arbeitsvertrages vom 19. April 1974 könne in der Vereinbarung vom 8. September 1977 daher nicht eine Abänderung in einen weiteren selbständigen Arbeitsvertrag gesehen werden.
Auch die Beendigungsregelung in der Vereinbarung vom 8. September 1977 spreche nicht für die Begründung eines selbständigen Vertragsverhältnisses. Dem Beklagten sei zwar zuzugeben, daß diese Regelung überflüssig ist, wenn man die Vereinbarung lediglich als Ergänzung des Hauptvertrages sieht. Es sei aber zu beachten, daß der Beklagte im formularmäßigen Arbeitsvertrag vom 19. April 1974 eine ähnliche überflüssige Regelung aufgenommen habe, nämlich die Vereinbarung der Kündigungsfrist für die ordentliche Kündigung innerhalb der Probezeit. Der Beklagte habe mit dieser Regelung im Vertragstext lediglich die Bestimmung des § 53 Abs. 1 BAT wiederholt. Die Aufnahme einer bei rechtlicher Betrachtungsweise überflüssigen Bestimmung sei daher kein hinreichend sicheres Indiz für den erklärten Willen der Parteien, einen selbständigen Arbeitsvertrag hinsichtlich der Aufsichtstätigkeit des Klägers begründen zu wollen.
Schließlich sei zur Auslegung der Vereinbarung über die Aufsichtstätigkeit auch die tatsächliche Handhabung der Parteien heranzuziehen. Dann aber sei von besonderer Bedeutung, daß der Beklagte auch nach der schriftlichen Vereinbarung vom 8. September 1977 stets die Aufsichtsvergütung in die Berechnung der Jahressonderzuwendung für den Kläger einfließen ließ. Diese Handhabung habe für den Kläger den Erklärungswert, daß auch der Beklagte das Vertragsverhältnis als ein einheitliches Arbeitsverhältnis mit Geltung des BAT nebst Zusatztarifverträgen angesehen habe.
Auch die Höhe der Jahressonderzuwendung sei nicht zu beanstanden. Die Aufsichtsvergütung sei ein sog. unständiges Bezügebestandteil im Sinne des § 47 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT, die sich nach der monatlich geleisteten Anzahl der Aufsichtsstunden des Klägers bemesse. Diese tatsächlich gezahlte Aufsichtsvergütung fließe folglich als Aufschlag in die Urlaubsvergütung und damit gemäß § 2 Abs. 1 Zuwendungs-TV in die ihm zu zahlende Zuwendung ein. Es könne nicht auf die dem Kläger tariflich zustehende Vergütung ankommen, die der Beklagte fiktiv nach Nr. 4 der SR 2 r BAT berechne. Da die Vereinbarungen der Parteien hinsichtlich der Aufsichtstätigkeit gerade keine tarifliche Vergütung vorsehen, komme es nur darauf an, in welchem Umfang der Kläger kraft der Vereinbarungen tatsächlich eine Vergütung für die zusätzliche über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Aufsichtstätigkeit erhalten habe. Ausgehend von dem unstreitigen Tagesverdienst von 30,77 DM im Kalenderjahr 1984 ergebe sich daher unter Anwendung der Berechnungsvorschriften des § 47 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT der mit der Klage geltend gemachte Betrag.
2. Das Landesarbeitsgericht hatte eine individuell gestaltete Vereinbarung der Parteien, keine typischen Willenserklärungen zu beurteilen. Seine Auslegung kann daher vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob die Rechtsgrundsätze der Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB beachtet, bei der Auslegung Denkgesetze sowie allgemeine Erfahrungssätze verletzt und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind.
Entgegen der Auffassung der Revision hält das angefochtene Urteil einer solchen Überprüfung stand. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend die Rechtsgrundsätze der Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB angewandt. Davon geht auch die Revision aus. Soweit die Revision die Verletzung von Denkgesetzen und die Nichtbeachtung wesentlicher Umstände bei der Auslegung rügt, vermag der Senat dem nicht zu folgen.
a) Zu Unrecht rügt die Revision, das Landesarbeitsgericht habe bei der Auslegung der Vereinbarung vom 8. September 1977 nicht die rechtlichen Regelungen im Arbeitsvertrag vom 19. April 1974 und die tatsächliche Handhabung berücksichtigen dürfen. Rechtserhebliche Begleitumstände sind mit zu berücksichtigen, weil sie den Sinn und Erklärungswert der Vereinbarung vom 8. September 1977 beeinflußt haben können. Dazu gehören insbesondere vorausgegangene Erklärungen und vorausgegangenes Verhalten der Vertragspartner (vgl. BAG Urteil vom 10. April 1973 - 4 AZR 270/72 - AP Nr. 37 zu § 133 BGB). Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts war die Aufsichtstätigkeit des Klägers bereits Bestandteil des Arbeitsvertrages vom 19. April 1974. Dies ist entgegen der Ansicht der Revision revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar spricht eine Vermutung dafür, daß ein schriftlich abgefaßter Vertrag vollständig ist. Zwingend ist dies jedoch nicht. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß aufgrund einer formlosen konkludenten Absprache durch tatsächliche Handhabung die Aufsichtstätigkeit in den Arbeitsvertrag mit einbezogen worden ist. Dies ist rechtlich möglich. Das Landesarbeitsgericht hat darüber hinaus festgestellt, daß bereits seit Abschluß des Arbeitsvertrags der Beklagte eine Zuwendung auch hinsichtlich der Aufsichtsvergütung gezahlt hat. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist es denkgesetzlich zwingend, daß das Landesarbeitsgericht erst danach geprüft hat, ob durch die Vereinbarung vom 8. September 1977 die bisherige Sach- und Rechtslage geändert werden sollte.
b) Der Revision kann auch nicht darin gefolgt werden, das angefochtene Urteil verstoße bei der Annahme eines einheitlichen Arbeitsverhältnisses insofern gegen Denkgesetze, weil es die Anwendung der Nr. 4 SR 2 r BAT auf die Aufsichtsvergütung ablehne, ferner nicht von einer Nebentätigkeit des Klägers ausgehe und die Kündigungsregelung in der Vereinbarung vom 8. September 1977 nicht zutreffend bewertet habe. Das Landesarbeitsgericht hat bei der Auslegung der Vereinbarung vom 8. September 1977 zu Recht nicht auf die Nr. 4 SR 2 r BAT abgestellt (vgl. unten 3). Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts fand die Aufsichtstätigkeit des Klägers am gleichen Arbeitsplatz mit inhaltlich zur Hausmeistertätigkeit zusammenhängender Tätigkeit statt. Somit liegt trotz der Verwendung des Wortes "Nebentätigkeit" in der Vereinbarung vom 8. September 1977 keine Nebentätigkeit i.S. von § 11 BAT, § 3 BNV vor. Hinsichtlich der Kündigungsregel in der Vereinbarung vom 8. September 1977 ist die vom Landesarbeitsgericht getroffene Auslegung möglich. Wenn - wie hier - der Arbeitsvertrag und die Vereinbarung nur gemeinsam gekündigt werden können, spricht dies für ein einheitliches Arbeitsverhältnis.
c) Unzutreffend ist auch die Auffassung der Revision, der Zuwendungs-TV finde deshalb keine Anwendung, weil er weder in der Vereinbarung vom 8. September 1977 noch in den Richtlinien des Beklagten über die Gewährung von Aufsichtsvergütung aufgenommen worden sei. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der BAT nebst ergänzenden Tarifverträgen Anwendung. Damit gilt auch der Zuwendungstarifvertrag. Das hat zur Folge, daß der Kläger einen vertraglichen Anspruch darauf hat, nach den Bestimmungen des BAT und des Zuwendungstarifvertrags behandelt zu werden. Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil in der Vereinbarung vom 8. September 1977 nicht auf den Zuwendungs-TV Bezug genommen wurde. Zwar steht es den Parteien grundsätzlich frei, vom BAT und den ihn ergänzenden Tarifverträgen abzuweichen. Dies setzt aber voraus, daß der übereinstimmende Wille beider Parteien deutlich zum Ausdruck gebracht wird, das zuvor generell vereinbarte Tarifwerk - BAT und Zuwendungs-TV - bei der Aufsichtsvergütung nicht anwenden zu wollen. Dazu ist es erforderlich, ausdrücklich klarzustellen, daß der BAT und der Zuwendungs-TV insoweit keine Anwendung finden sollen. Es reicht somit nicht aus, auf ein anderes als das dem BAT zugrunde liegende Vergütungssystem Bezug zu nehmen, um die übrigen in den Bestimmungen des BAT geregelten Rechtsfolgen auszuschalten. Die fehlende Bezugnahme auf die Geltung des BAT in der Vereinbarung vom 8. September 1977 kann daher schon aus diesem Grunde nicht als Argument für die Nichtanwendung seiner Normen und der des Zuwendungs-TV nutzbar gemacht werden. Darüber hinaus wird übersehen, daß die Richtlinien für die Gewährung von Aufsichtsvergütung und Vertretungsentschädigung vom 22. Juli 1968 unter Abschnitt A II Nr. 12 auf § 47 BAT verweisen. Die Aufsichtsvergütung stellt damit ein sog. unständiges Bezügebestandteil i.S. des § 47 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT dar und fließt somit als Aufschlag in die Urlaubsvergütung ein (vgl. unten 3). Bei dieser Rechtslage hätte es eines ausdrücklichen Ausschlusses des Zuwendungs-TV in der Vereinbarung bedurft.
3. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Anspruch auch der Höhe nach begründet.
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 Zuwendungs-TV stehen dem Kläger 100 % der Urlaubsvergütung nach § 47 Abs. 2 BAT zu. Dabei werden die sog. unständigen Bezügeteile, das sind die nicht in Monatsbeträgen festgelegten Bezüge, wie die nach dem Grad der Inanspruchnahme variierenden zusätzlichen Vergütungen für außerschulische Aufsichtstätigkeit, gemäß § 47 Abs. 2 Satz 2 BAT als Zulage (Aufschlag) mitberücksichtigt. Abzustellen ist dabei auf den Teil der Vergütung, der im vorangegangenen Kalenderjahr zugestanden hat. Das folgt aus der Protokollnotiz Nr. 2 zu Abs. 2 der Vorschrift. Dort wird die Berechnung des Aufschlags an die zustehende Vergütung und gerade nicht daran geknüpft, welche tarifliche Vergütung oder Vergütungsbestandteile für die Zeit des Urlaubs gezahlt worden wären.
Dem Kläger stand für die Aufsichtstätigkeit außerhalb des Schulbetriebes nicht nur die in Nr. 4 SR 2 r BAT vorgesehene Vergütung zu. Dort wird zwar für über die regelmäßige Arbeitszeit (durchschnittlich 52 Stunden wöchentlich Nr. 3 Abs. 1 SR 2 r BAT) hinaus geleisteten Arbeitsstunden eine Bewertung mit 1/2 als Überstunden angeordnet. Gleichwohl steht dem Kläger insoweit eine Vergütung nach den Richtlinien für die Gewährung von Aufsichtsvergütung und Vertretungsentschädigung vom 22. Juli 1968 in der jeweils geltenden Fassung zu, weil die Parteien insoweit ausdrücklich eine abweichende Vereinbarung getroffen haben. Der Kläger hat nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im Kalenderjahr 1984 einen unstreitigen Tagesverdienst aus seiner Aufsichtstätigkeit von 30,77 DM erzielt. Das Landesarbeitsgericht hat damit rechnerisch richtig bei 26 Tagen und einem Multiplikator von 30,77 DM einen Betrag von 800,02 DM ermittelt. Die so ermittelte Höhe der Klageforderung ist danach nicht zu beanstanden.
4. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 ZPO.
Dr. Jobs Schneider Dörner
Schmidt Möller-Lücking
Fundstellen
Haufe-Index 440674 |
RdA 1989, 71 |
AP § 2 BAT SR 2r (LT1), Nr 1 |
EzBAT, TV Zuwendung Nr 13 (LT1) |
PersR 1990, 85 (L) |
PersV 1991, 237 (K) |