Die Klage ist begründet. § 13 Abs. 3 MTV ist nicht zu entnehmen, dass die verlängerte Ruhezeit von zwei Kalendertagen nach Arbeitszeit oder Bereitschaftszeit nach fünf aufeinander folgenden Tagen nicht innerhalb von sieben aufeinander folgenden Tagen vollständig zu gewähren ist.
1. Beide Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass der MTV auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis Anwendung findet.
2. Der Feststellungsantrag ist begründet. Die Beklagte ist nicht berechtigt, die dem Kläger als Piloten zustehende verlängerte Ruhezeit von zwei Kalendertagen, wenn er an fünf aufeinander folgenden Tagen Arbeitszeit oder Bereitschaftszeit geleistet hatte, so zu gewähren, dass sie erst nach Ablauf der sieben aufeinander folgenden Tage endet. Dies ergibt die Auslegung des Tarifvertrages.
3. Die Auslegung des normativen Teils des Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Dabei ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (Senat 29. August 2001 – 4 AZR 337/00 – BAGE 99, 24, 28 f. = AP TVG § 1 Auslegung Nr. 174 = EzA BGB § 622 Tarifvertrag Nr. 2).
a) Das Landesarbeitsgericht hat ausgehend von der Rechtsprechung des Senats zur Auslegung von Tarifverträgen ausgeführt, es sei nicht davon auszugehen, dass § 13 Abs. 3 MTV anordne, dass auch die verlängerte Ruhezeit von zwei Kalendertagen innerhalb von sieben aufeinander folgenden Tagen vollständig zu gewähren sei.
b) Die Tarifauslegung des Landesarbeitsgerichts unterliegt in vollem Umfang der Revision. Seine Auslegung hält der Revision nicht stand. Die Beklagte ist nicht berechtigt, die verlängerte Ruhezeit von zwei Kalendertagen im Sieben-Tages-Zeitraum zu einem Zeitpunkt innerhalb dieses Zeitraumes beginnen zu lassen, wenn dadurch die Sieben-Tage-Periode überschritten wird. Für ein solches Verständnis spricht ein erster Blick auf die Tarifregelung.
aa) Dem Landesarbeitsgericht ist jedoch darin zu folgen, dass sich aus dem Wortlaut des § 13 Abs. 3 MTV nicht eindeutig ergibt, dass auch die verlängerte Ruhezeit von zwei Kalendertagen innerhalb der Sieben-Tage-Periode begonnen und abgeschlossen sein muss.
Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 MTV steht jedem Besatzungsmitglied innerhalb von sieben aufeinander folgenden Tagen eine zusammenhängende Ruhezeit von 36 Stunden zu. Nach Abs. 3 Satz 2 verlängert sich “diese Zeit” auf zwei Kalendertage, wenn an fünf aufeinander folgenden Tagen Arbeitszeit oder Bereitschaftszeit geleistet worden ist. Entgegen dem Arbeitsgericht und den Ausführungen der Revision ist der Wortlaut sprachlich nicht eindeutig. Die Wörter “diese Zeit verlängert sich auf zwei Kalendertage” lassen den Schluss zu, dass sie sich auf die zusammenhängende Ruhezeit innerhalb von sieben aufeinander folgenden Tagen beziehen, die nach Satz 2 in einem speziellen Fall auf zwei Kalendertage verlängert wurde. Sprachlich ist aber auch der Schluss möglich, dass sich die Wörter “diese Zeit” nur auf die Wörter “eine zusammenhängende Ruhezeit” des Satzes 1 beziehen, eine Aussage über Beginn und Ende gerade nicht getroffen wurde, sondern lediglich die zusammenhängende Ruhezeit auf zwei Kalendertage verlängert wurde, das Ende dieser Ruhezeit also auch außerhalb des Sieben-Tage-Zeitraumes liegen kann.
Entgegen dem Landesarbeitsgericht ist nicht richtig, dass es in Satz 2 überhaupt an einer Regelung zum Zeitrahmen für die verlängerte Ruhezeit fehle. Sie kann, muss sich aber nicht aus Satz 1 ergeben, zumal das Wort “verlängert” auch mit der Revisionsbeantwortung dahin verstanden werden kann, dass sich die Verlängerung auf zwei Kalendertage an den Abschluss der 36 Stunden nahtlos anschließt mit der Folge, dass die Verlängerung zu einer Überschreitung des Zeitrahmens von sieben aufeinander folgenden Tagen führen kann. Entgegen der Auffassung der Revisionsbeantwortung muss dies aber nicht so sein, es sei denn, man geht, wie sie, von einer zulässigen Arbeitszeit/Bereitschaftszeit von 5½-Tagen aus. Zwingend ist das aber auch nicht, weil die Verlängerung nicht auf 48 Stunden, sondern auf zwei Kalendertage erfolgt. Mit anderen Worten: Bleibt es bei einer Arbeitszeit/Bereitschaftszeit von 5½-Tagen, so kann die verlängerte Ruhezeit tatsächlich 60 Stunden betragen. Ein halber sechster Tag, der siebte Tag als erster Kalendertag, und der achte Tag als zweiter Kalendertag. Sonach spricht der Wortlaut eher für als gegen die Auffassung des Klägers.
bb) Ein übereinstimmender anderweiter Wille der Tarifvertragsparteien ist nicht eindeutig erkennbar.
(1) Einseitige Vorstellungen einer Tarifvertragspartei sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie ihren Niederschlag im Tarifwortlaut gefunden haben, also von der anderen Seite nolens/volens akzeptiert worden sind. Das ist nicht der Fall. Die Revision meint, dass Hintergrund dieser Regelung der Versuch sei, eine Fünf-Tage-Woche auch für das Cockpitpersonal einzuführen, und diese Motivation lasse sich auch ohne weiteres anhand dieser Norm erkennen, sie habe insoweit mit der Verlängerung der zusammenhängenden Ruhezeit auf zwei Kalendertage auch Niederschlag in der tariflichen Regelung gefunden. Dieses entspreche auch dem wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien. Damit hat sie keinen Erfolg. Es kommt darauf an, ob der übereinstimmende Wille beider Tarifvertragsparteien im Wortlaut seinen Niederschlag gefunden hat. Für den vom Kläger behaupteten übereinstimmenden Willen der Tarifvertragsparteien fehlen hinreichende Anhaltspunkte im Text des Tarifvertrags. Der vom Kläger genannte Versuch, eine Fünf-Tage-Woche auch für das Cockpitpersonal, jedenfalls als Einstieg einzuführen, lässt sich aus dem Wortlaut der Regelung nicht überzeugend ableiten.
(2) Auch der Hinweis darauf, dass die tariflichen Bestimmungen zugunsten der Besatzungsmitglieder hätten von § 9 Abs. 3 2. DV LuftBO abweichen sollen, ist nicht logisch zwingend. Denn eine solche Abweichung kann nicht nur darin liegen, dass die schon dort vorgesehene zusammenhängende Ruhezeit von 36 Stunden im Sieben-Tage-Zeitraum nicht nur, wie in § 9 Abs. 3 Satz 1 2. DV LuftBO vorgesehen, begonnen, sondern nach der tariflichen Regelung auch beendet sein muss. Die über die 2. DV LuftBO hinausgehende Verlängerung der zusammenhängenden Ruhezeit auf zwei Kalendertage ist zwar eine weitere Verbesserung gegenüber der 2. DV LuftBO. Das schließt aber nicht aus, dass auch vorgesehen wurde, sie zudem im Sieben-Tage-Zeitraum enden zu lassen.
cc) Aus dem tariflichen Zusammenhang ergibt sich jedenfalls nicht zweifelsfrei, ob die verlängerte Ruhezeit von zwei Kalendertagen über den Sieben-Tages-Zeitraum hinausgehen darf.
(1) Das Landesarbeitsgericht meint, dies aus einem Regel-/Ausnahmeverhältnis von Satz 1 und Satz 2 des Abs. 3 des § 13 MTV ableiten zu können. § 13 Abs. 3 Satz 1 MTV stelle die allgemeine Regel, § 13 Abs. 3 Satz 2 MTV die Spezial- oder Ausnahmeregelung dar, die restriktiv auszulegen sei. Hätten die Tarifvertragsparteien den Sieben-Tages-Zeitraum auch für den Ausnahmefall von zwei Kalendertagen festlegen wollen, so habe das einer dementsprechenden ausdrücklichen Regelung bedurft. Das gibt der Wortlaut so nicht her. Er lässt durchaus die Auffassung zu, die auf zwei Kalendertage verlängerte Ruhezeit sei auch innerhalb der Sieben-Tage-Periode abzuwickeln.
Dagegen kann geltend gemacht werden, eine statthafte Arbeitszeit oder Bereitschaftszeit von fünf Tagen und 12 Stunden lasse es nicht zu, dass eine sich anschließende Ruhezeit von zwei Kalendertagen innerhalb des Sieben-Tage-Zeitraumes abgewickelt werden kann. Das wäre nur für die Fälle möglich, wenn die fünf aufeinander folgenden Tage Arbeitszeit oder Bereitschaftszeit genau um 24.00 Uhr des fünften Tages enden und sich die beiden Kalendertage anschließen.
(2) Das Arbeitsgericht hat darauf verwiesen, dass sich bei der Annahme, die auf zwei Kalendertage verlängerte zusammenhängende Ruhezeit habe innerhalb des Sieben-Tage-Zeitraumes zu liegen, eine praktische Arbeitszeitverkürzung ohne Lohneinbuße ergeben könne. Das ist insofern richtig, als dass die zwei Kalendertage nur dann noch im Sieben-Tage-Zeitraum untergebracht werden können, wenn am fünften Tag 24.00 Uhr die Arbeitszeit oder Bereitschaftszeit endet. Eine solche Arbeitszeitverbesserung wäre, so das Arbeitsgericht weiter, systematisch an anderer Stelle des Tarifvertrages zu regeln gewesen. Das schade aber nicht, wenn sich, wie hier, eine Arbeitszeitverkürzung mittelbar aus einer anderen, systematisch zutreffend angebrachten Tarifnorm ergebe. Bei einer in sich unklaren Regelung, wie sie hier mit § 13 Abs. 3 Satz 2 MTV vorliegt, kann als Konsequenz für eine besondere Konstellation der Verteilung von Arbeitszeit/Bereitschaftszeit eine Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich nicht ausgeschlossen werden.
Die Arbeitszeit ist in § 10 MTV definiert, zu der die Bereitschaftszeit iSv. § 15 MTV gehört. Für die Arbeitszeiten gelten die Vorschriften der 2. DV LuftBO und gerade nicht das Arbeitszeitgesetz, § 20 ArbZG. Das Arbeitszeitrecht des fliegenden Personals unterscheidet sich substantiell von dem des nichtfliegenden Bereichs. Stattdessen sehen die gesetzlichen und die tariflichen Regelungen ein System von Flug-, Flugdienst-, Bereitschafts- und Ruhezeiten und sogenannte Off-Tage vor, also insgesamt Zeitabschnitte, mit denen ein durchgängiger Flugbetrieb sichergestellt werden soll. Wenn dann eine tarifvertragliche Regelung im Ergebnis zu einer Arbeitszeitverkürzung führt, so ist das als Folge solcher Spezialregelungen hinzunehmen.
dd) Der Hinweis auf § 13 Abs. 3 MTV Kabinenpersonal geht im Ergebnis fehl. Zwar mag er für eine vernünftige, sachgerechte, zweckorientierte, brauchbare Regelung sprechen, also für das oben genannte weitere Auslegungskriterium: Die auf zwei Kalendertage verlängerte zusammenhängende Ruhezeit wird sowohl für das Cockpitpersonal als auch für das Kabinenpersonal gleich gehandhabt; sie läuft synchron. Zwar mag schon aus praktischen Gründen nicht sinnvoll zwischen Piloten und Kabinenpersonal unterschieden werden können, so dass es nahe liegt, den § 13 Abs. 3 des hier vorliegenden MTV so zu verstehen wie den gleich lautenden § 13 Abs. 3 für das Kabinenpersonal, der durch die Protokollnotiz zu seinem § 13 Abs. 3 eine entsprechende Klarstellung erfahren hat. Zwingend ist das aber nicht. Denn es wird dabei übersehen, dass der MTV Kabinenpersonal nicht zur Auslegung des MTV Cockpitpersonal herangezogen werden kann. Das wäre allenfalls dann möglich, wenn die Tarifverträge von denselben Tarifvertragsparteien abgeschlossen wurden, nicht aber von verschiedenen Tarifvertragsparteien, wie es hier auf Arbeitnehmerseite der Fall ist. Es ist nicht auszuschließen, dass die verschiedenen Arbeitnehmervertretungen ihre unterschiedlichen Ziele haben durchsetzen können oder eben haben nicht durchsetzen können. Während die Vereinigung Cockpit e.V. den § 13 Abs. 3 MTV Cockpitpersonal ohne jede Einschränkung durchgesetzt haben mag, mag ver. di für das Kabinenpersonal § 13 Abs. 3 MTV nur unter Inkaufnahme der Protokollnotiz haben abschließen können. Ob lediglich ein für richtig befundenes Auslegungsergebnis des § 13 Abs. 3 MTV Cockpitpersonal mit der Protokollnotiz hat festgehalten werden sollen, ist nicht sicher. Das zeitliche Zusammenspiel MTV Cockpitpersonal und der nachfolgende MTV Kabinenpersonal ergibt das nicht zwingend und kann auf die Tatsache zurückzuführen sein, dass die Beklagte Firmentarifverträge mit verschiedenen Gewerkschaften abgeschlossen hat, hat abschließen müssen, mag auch eine synchrone Regelung für beide Arbeitnehmergruppen als sinnvoller und praktischer erscheinen. Der MTV Cockpitpersonal gibt das nicht her. Ein vom MTV Kabinenpersonal abweichendes Ergebnis muss aus dem Gesichtspunkt der gewillkürten Tarifpluralität hingenommen werden.
4. Legt man an einen Einsatzplan eine Sieben-Tage-Schablone an, so hat innerhalb dieser sieben Tage die verlängerte Ruhezeit von zwei Kalendertagen zu liegen. Die verlängerte Ruhezeit von zwei Kalendertagen muss innerhalb dieses Zeitraumes beginnen und enden. § 13 Abs. 3 Satz 2 MTV enthält eine Zwei-in-Sieben-Regelung.