Entscheidungsstichwort (Thema)
Schichtlohnzuschlag für Teilzeitarbeit
Leitsatz (amtlich)
Der Schichtlohnzuschlag nach § 24 BMT-G II ist im Bereich des kommunalen Arbeitgeberverbandes Bayern an teilzeitbeschäftigte Arbeiter, die ständig Schichtarbeit leisten, nur zeitanteilig zu zahlen (im Anschluß an Urteil des Senats vom 23. Juni 1993 – 10 AZR 127/92 – AP Nr. 1 zu § 34 BAT).
Normenkette
BMT-G II §§ 24-25; BAT § 33; BeschFG 1985 § 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der beklagten Stadt wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 22. August 1996 – 10 Sa 175/96 – aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 16. Januar 1996 – 2 Ca 4524/94 – teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt neu gefaßt:
Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Klägerin ist seit 1973 bei der beklagten Stadt als Bad- und Reinigungshilfe beschäftigt. Ihre wöchentliche Arbeitszeit beträgt 30 Stunden. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft Tarifbindung die Vorschriften des Bundes-Manteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) sowie die ihn ergänzenden Bezirkstarifverträge für den Bereich des kommunalen Arbeitgeberverbandes Bayern e.V. (KAV Bayern) Anwendung.
Die Klägerin verrichtet ständig Schichtarbeit. Die früheste Schicht beginnt um 8.00 Uhr, die späteste Schicht endet um 22.30 Uhr, die sog. Zeitspanne beträgt mithin 14,5 Stunden. Mit Rücksicht auf die Schichtarbeit erhält die Klägerin einen Schichtlohnzuschlag. Unter den Parteien ist streitig, ob der Schichtlohnzuschlag in voller Höhe oder mit Rücksicht auf die Teilzeitbeschäftigung der Klägerin nur in anteiliger Höhe (30/38,5) zu zahlen ist.
Die einschlägigen tariflichen Vorschriften lauten wie folgt:
„BMT-G II
§ 24
Schichtlohnzuschlag
(1) …
(2) Ständige Schichtarbeiter erhalten einen Schichtlohnzuschlag, wenn
…
c) die Schichtarbeit innerhalb einer Zeitspanne von mindestens 13 Stunden geleistet wird.
…
(4) Die Höhe des Schichtlohnzuschlags wird durch besonderen Tarifvertrag vereinbart.”
Tarifvertrag
zu § 24 Abs. 4 BMT-G (Schichtlohnzuschlag)
§ 2
Übergangsregelung zu § 1
Anstelle des § 1 gelten für den Arbeiter, der nicht unter § 3 Abs. 3 fällt, (– unter den Parteien ist unstreitig, daß dies für die Klägerin zutrifft –) die für ihn in Betracht kommenden nachfolgenden Vorschriften …
2. Bereich des KAV Bayern
(1) …
(2) Ständige Schichtarbeiter erhalten einen Schichtlohnzuschlag in Höhe von monatlich 3 v.H. des Monatsgrundlohnes der Stufe 1 der jeweiligen Lohngruppe.
Die Klägerin erhält Lohn nach der Lohngruppe 1 a. Der Monatsgrundlohn dieser Lohngruppe betrug im Klagezeitraum von Oktober 1993 bis Juni 1994 2.621,04 DM und von Juli 1994 bis April 1995 2.673,46 DM.
Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe der Schichtlohnzuschlag in Höhe von 3 v.H. des vollen Monatsgrundlohnes zu. Eine Differenzierung danach, ob der Arbeiter in Vollzeit oder in Teilzeit arbeite, sei unzulässig. Die Klägerin hat – soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung – die Differenz zwischen dem anteiligen und vollen Schichtlohnzuschlag geltend gemacht und beantragt,
die beklagte Stadt zu verurteilen, an sie 410,72 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus den jeweiligen Nettobeträgen ab Fälligkeit zu zahlen.
Die beklagte Stadt hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hält die anteilige Kürzung des Schichtlohnzuschlages für zulässig. Es handele sich um eine pauschalierte feste monatliche Zulage, die nach § 25 BMT-G XI an Teilzeitkräfte nur zeitanteilig zu zahlen sei.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die beklagte Stadt ihren Klageabweisungsantrag weiter, während die Klägerin um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
Die Revision der beklagten Stadt ist begründet. Der Klägerin steht der Schichtlohnzuschlag nur anteilig entsprechend ihrer Arbeitszeit zu.
I. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage unter Berufung auf die Entscheidung des Senats vom 23. Juni 1993 (– 10 AZR 127/92 – AP Nr. 1 zu § 34 BAT) stattgegeben.
In dieser Entscheidung hat der Senat ausgesprochen, daß die Wechselschichtzulage nach Nr. 8 der SR 2 a zum BAT auch teilzeitbeschäftigten Angestellten in voller Höhe zustehe, wenn sie die tariflichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllten. § 34 Abs. 2 BAT, der für teilzeitbeschäftigte Angestellte eine anteilige Kürzung der in Monatsbeträgen festgesetzten Wechselschichtzulage vorschreibe, verstoße insoweit gegen § 2 Abs. 1 BeschFG und sei nichtig. Indem das Landesarbeitsgericht die Grundsätze dieser Entscheidung auf den im vorliegenden Fall zu beurteilenden Schichtlohnzuschlag übertragen hat, hat es die Entscheidung des Senats mißverstanden. Insoweit kann dem Landesarbeitsgericht nicht gefolgt werden.
II.1. Die Wechselschichtzulage nach Nr. 8 der SR 2 a zum BAT (jetzt § 33 a BAT) wird Angestellten gezahlt, die in Wechselschicht arbeiten und dabei innerhalb eines bestimmten Zeitraumes eine bestimmte Zahl von Arbeitsstunden in der Nachtschicht leisten. Werden 40 Stunden durchschnittlich innerhalb von fünf Wochen geleistet, beträgt die Wechselschichtzulage 200,– DM, werden 40 Stunden nur innerhalb durchschnittlich sieben Wochen geleistet, beträgt die Wechselschichtzulage nur 120,– DM monatlich. Diese Beträge gelten unabhängig davon, aus welcher Vergütungsgruppe der Angestellte vergütet wird.
Der Senat hat aufgrund dieser Anspruchsvoraussetzungen in der Wechselschichtzulage eine Erschwerniszulage gesehen, durch die nicht nur die Erschwernisse der Wechselschichtarbeit überhaupt, sondern insbes. auch die Erschwernisse abgegolten werden sollen, die aufgrund des Nachtdienstes innerhalb der Wechselschichtarbeit für den Angestellten entstehen. Das folgt u.a. daraus, daß die Wechselschichtzulage höher ist, wenn der Angestellte länger Arbeit in der Nachtschicht leistet – 40 Stunden schon innerhalb von durchschnittlich fünf Wochen –.
Leistet der in Teilzeit beschäftigte Angestellte Wechselschichtarbeit und erreicht er dabei die erforderliche Zahl von Arbeitsstunden in der Nachtschicht, unterliegt er den gleichen, mit der Zulage abgegoltenen Erschwernissen wie ein vollzeitbeschäftigter Angestellter. Ihm steht daher die Wechselschichtzulage auch in gleicher Höhe zu wie diesem. Eine Kürzung dieser Zulage allein im Hinblick auf die geringere Wochenarbeitszeit verstößt daher gegen § 2 Abs. 1 BeschFG.
2. Der im vorliegenden Fall zu beurteilende Schichtlohnzuschlag unterscheidet sich in seinen Voraussetzungen wesentlich von der Wechselschichtzulage nach § 33 a BAT. Voraussetzung für einen Anspruch auf den Schichtlohnzuschlag ist nach § 24 Abs. 2 c BMT-G II allein, daß der Arbeiter ständig Schichtarbeit leistet und die Zeitspanne zwischen dem frühesten Beginn und dem spätesten Ende der Schichten mindestens 13 Stunden beträgt. Unerheblich ist, wie oft der Arbeiter innerhalb eines Monats die Schichten wechselt, ob dies etwa täglich, wöchentlich oder in noch größeren Zeitabständen geschieht. Die Höhe des Schichtlohnzuschlages ist darüber hinaus nicht für alle Arbeiter gleich, sondern von der Höhe ihres Monatsgrundlohnes abhängig.
Ob ein Schichtlohnzuschlag dieser Art an teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer nur anteilig zu zahlen ist oder in voller Höhe gewährt werden muß, richtet sich nach dem Zweck dieses Zuschlages. Nur anhand des Zwecks einer Leistung kann entschieden werden, ob eine Differenzierung danach, ob der Arbeitnehmer Teilzeitarbeit leistet oder in Vollzeit beschäftigt ist, zulässig ist.
Der Senat hat wiederholt ausgesprochen, daß sich der Zweck einer Leistung aus den jeweiligen Voraussetzungen und sonstigen Merkmalen der Leistung ergibt (Urteil vom 24. März 1993 – 10 AZR 160/92 – AP Nr. 152 zu § 611 BGB Gratifikation, zuletzt Urteil vom 11. Dezember 1996 – 10 AZR 359/96 – AP Nr. 19 zu §§ 22, 23 BAT Zulagen).
Angesichts der dargestellten Voraussetzungen und Besonderheiten des Schichtlohnzuschlages handelt es sich bei diesem nicht um eine Erschwerniszulage, die eine bestimmte quantitativ oder qualitativ umschriebene Erschwernis abgelten soll, sondern um einen Vergütungsbestandteil, der mit Rücksicht auf die Besonderheit der Arbeit – ständige Schichtarbeit – gezahlt wird. Das wird besonders deutlich daraus, daß der Schichtlohnzuschlag abhängig ist von der Grundvergütung des jeweiligen Arbeiters. Ein Arbeiter mit einer Grundvergütung aus einer höheren Lohngruppe erhält daher einen höheren Schichtlohnzuschlag als ein Arbeiter mit einer Grundvergütung aus einer niedrigeren Lohngruppe, auch wenn beide Arbeiter im gleichen Umfang ständig Schichtarbeit leisten und damit den gleichen Erschwernissen und Belastungen, wie sie eine solche Arbeit mit sich bringt, ausgesetzt sind.
Eine solche Regelung ist zulässig. Es steht den Tarifvertragsparteien frei, ob sie besondere Umstände einer Arbeit durch eine höhere Vergütung honorieren wollen oder ob sie für besondere Erschwernisse – etwa Kälte, Nässe, Schmutz – eine an dem Maß dieser Erschwernisse orientierte Zulage normieren.
3. Handelt es sich damit bei dem Schichtlohnzuschlag im Ergebnis um einen Vergütungsbestandteil, so verstößt es nicht gegen § 2 BeschFG, wenn dieser Vergütungsbestandteil ebenso wie die Grundvergütung sich nach der Dauer der vereinbarten Arbeitszeit bemißt, d.h. im vorliegenden Falle nur in Höhe von 30/38,5 Std. gezahlt wird. Ein voller Schichtlohnzuschlag steht der Klägerin daher nicht zu. Ihre Klage mußte daher abgewiesen werden.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Unterschriften
Matthes, Hauck, Böck, Burger, Bacher
Fundstellen