Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall – Nachtschichtzuschläge. Bemessungsgrundlage. tarifliche Begrenzung der gesetzlichen Entgeltfortzahlung. tarifliche Zuschläge. tarifliche Grundvergütung. Lohnausfallprinzip. Lebensstandardprinzip. gesetzliche Öffnungsklausel. Geschäftsgrundlage des Tarifvertrags
Leitsatz (amtlich)
Die Tarifvertragsparteien können nach § 4 Abs. 4 EFZG auch tarifliche Zuschläge, die im Arbeitsverhältnis regelmäßig anfallen, von der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ausnehmen. Sie müssen bei einer Mehrzahl tariflicher Zuschläge nicht einzelne hiervon bei der Entgeltfortzahlung bestehen lassen.
Orientierungssatz
1. Nach § 11 Ziff. 3 des Manteltarifvertrags für die Molkereien und Käsereien im Lande Nordrhein-Westfalen vom 10. April 1997 (MTV) bemißt sich die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach dem tariflichen Grundlohn (100 %) zzgl. individueller Zulagen. Tarifliche Zuschläge bleiben unberücksichtigt.
2. Der Wirksamkeit dieser Regelung steht seit dem Inkrafttreten des Korrekturgesetzes am 1. Januar 1999 nicht entgegen, daß die Arbeitnehmer gegenüber der bei Tarifabschluß geltenden gesetzlichen Absenkung der Entgeltfortzahlung auf 80 % begünstigt werden sollten.
3. § 11 Ziff. 3 MTV verstößt nicht gegen § 4 Abs. 1 EFZG. Eine nach § 4 Abs. 4 EFZG zulässige abweichende Bemessungsgrundlage liegt auch dann noch vor, wenn sie die tariflichen Zuschläge vollständig ausklammert. Unerheblich ist, ob die Zuschläge für den einzelnen Arbeitnehmer nur gelegentlich oder regelmäßig anfallen.
4. Die tarifliche Grundvergütung muß zu 100 % erhalten bleiben.
Normenkette
EFZG §§ 3-4, 12; Manteltarifvertrag für die Molkereien und Käsereien im Lande Nordrhein-Westfalen vom 10. April 1997 §§ 6, 11; ArbZG § 6 Abs. 5; TVG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30. August 2000 – 4 Sa 1001/00 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob regelmäßig anfallende Nachtschichtzuschläge bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu berücksichtigen sind.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Molkereimeister mit einem Stundenlohn von 26,82 DM beschäftigt. Er arbeitet im Schichtbetrieb, wobei regelmäßig Früh-, Spät- und Nachtschichten anfallen. Auf das Arbeitsverhältnis findet unstreitig – aber auf nicht näher festgestellter Grundlage – der Manteltarifvertrag für die Molkereien und Käsereien im Lande Nordrhein-Westfalen vom 10. April 1997 (MTV) Anwendung. § 6 MTV sieht Zuschläge ua. für regelmäßige Nachtschichtarbeit und für jede vorkommende unregelmäßige Nachtarbeit sowie Nachtschichtarbeit, die gleichzeitig Mehrarbeit ist, in Höhe von 25 % bzw. 50 % vor. Als Nachtarbeit gelten die Stunden von 20.00 Uhr bis 5.00 Uhr (§ 5 Ziff. 3 MTV). § 11 MTV lautet wie folgt:
„§ 11
Entgeltfortzahlung bei Krankheit
1. Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle für die Dauer von sechs Wochen.
2. Der Anspruch nach Abs. 1 entsteht erst nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses.
3. Die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle beträgt 100 % des dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgeblichen tariflichen Arbeitszeit zustehenden Arbeitsentgelts (7,4 Stunden × Tariflohn + individueller Zulagen ohne tarifliche Zuschläge und ohne Pauschalzulagen für Mehrarbeit).
4. …
5. Zum Arbeitsentgelt gehören nicht Leistungen für Aufwendungen des Arbeitnehmers, soweit der Anspruch auf sie im Falle der Arbeitsunfähigkeit davon abhängig ist, daß dem Arbeitnehmer entsprechende Aufwendungen tatsächlich entstanden sind, und dem Arbeitnehmer solche Aufwendungen während der Arbeitsunfähigkeit nicht entstehen.
6. Erhält der Arbeitnehmer eine auf das Ergebnis der Arbeit abgestellte Vergütung, so ist der von dem Arbeitnehmer in der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit erzielbare Durchschnittsverdienst der Berechnung zugrunde zu legen.”
Der Kläger war vom 29. Juni bis 9. Juli 1999, 4. August bis 6. August 1999, 10. September bis 29. September 1999 und 22. November bis 7. Dezember 1999 arbeitsunfähig krank. Die Beklagte leistete für die genannten Zeiträume Entgeltfortzahlung ohne Berücksichtigung der Zuschläge für Nachtschicht- und Nachtarbeit. Diese Zuschläge hätten sich auf insgesamt 771,65 DM belaufen, wenn der Kläger gearbeitet hätte.
Der Kläger hat geltend gemacht, auch hinsichtlich der Zuschläge müsse nach der Änderung des Entgeltfortzahlungsgesetzes ab dem 1. Januar 1999 das Lohnausfallprinzip gelten. Von der in der gesetzlichen Neuregelung enthaltenen Tariföffnungsklausel des § 4 Abs. 4 EFZG hätten die Tarifvertragsparteien bei Abschluß des MTV keinen Gebrauch gemacht; sie hätten lediglich eine nach dem damaligen Recht gesetzeskonforme Regelung treffen wollen. Es könne nicht der Sinn des Tarifvertrags sein, regelmäßig anfallende Vergütungsbestandteile und damit einen erheblichen Teil des monatlichen Einkommens von der Entgeltfortzahlungspflicht auszunehmen. § 11 Ziff. 3 MTV überschreite die den Tarifvertragsparteien mit § 4 Abs. 4 EFZG gesetzten Grenzen. Die Nichtberücksichtigung von regelmäßigen Zuschlägen stelle nicht mehr nur die Festlegung einer abweichenden Bemessungsgrundlage, sondern eine unzulässige Reduzierung der Höhe des fortzuzahlenden Entgelts dar. Dies gelte jedenfalls, seitdem die gesetzliche Entgeltfortzahlung wieder 100 % betrage.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 771,65 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Aus dem Wortlaut des MTV und dessen Entstehungsgeschichte ergebe sich, daß bei der Berechnung des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts die Nachtzuschläge unberücksichtigt bleiben sollten. Die Tarifvertragsparteien hätten in zulässiger Weise von der Öffnungsklausel des § 4 Abs. 4 EFZG Gebrauch gemacht. Durch die Vereinbarung einer 100 %igen Entgeltfortzahlung seien sie zugunsten der Arbeitnehmer von der Gesetzeslage abgewichen. Auch regelmäßig anfallende Vergütungsbestandteile wie Nachtarbeitszuschläge könnten von der Entgeltfortzahlung tarifvertraglich ausgenommen werden.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag unverändert weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger kann Entgeltfortzahlung nur entsprechend der Tarifregelung in § 11 Ziff. 3 MTV ohne Nachtschicht- und Nachtarbeitszuschläge verlangen.
I. Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers findet unstreitig § 11 MTV Anwendung. Nach § 11 Ziff. 3 MTV beträgt die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle 100 % des dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgeblichen tariflichen Arbeitszeit zustehenden Arbeitsentgelts. Durch den Klammerzusatz wird die Grundlage der Entgeltfortzahlung verbindlich festgelegt: Die Höhe der Entgeltfortzahlung bemißt sich aus den Faktoren tarifliche Arbeitszeit (vgl. § 3 Ziff. 1 MTV, der eine tarifliche wöchentliche Arbeitszeit von 37 Stunden und deren Verteilung auf fünf Tage vorsieht) und Tariflohn. Hinzu kommen die individuellen Zulagen. Tarifliche Zuschläge und Pauschalzulagen für Mehrarbeit bleiben ausdrücklich ausgeklammert. Damit sind bei der Höhe der Entgeltfortzahlung auch die Zuschläge für angeordnete regelmäßige Nachtschichtarbeit (in Höhe von 25 % gem. § 6 Ziff. 1 b MTV) und für angeordnete unregelmäßige Nachtarbeit sowie Nachtschichtarbeit, die gleichzeitig Mehrarbeit ist (in Höhe von 50 % gem. § 6 Ziff. 1 c MTV), nicht zu berücksichtigen. Eine andere Auslegung von § 11 Ziff. 3 MTV ist nicht möglich und wird auch von der Revision nicht vertreten.
II. Die Revision macht geltend, die Tarifvertragsparteien hätten die Regelung unter der Geltung der gesetzlichen Entgeltfortzahlung von 80 % als Begünstigung der Arbeitnehmer getroffen. Tatsächlich spricht vieles dafür, daß die Herausnahme der tariflichen Zuschläge aus der Entgeltfortzahlung in diesem Zusammenhang ein Zugeständnis der Arbeitnehmerseite darstellte, dessen Sinnhaftigkeit mit der gesetzlichen Wiedereinführung der vollen Entgeltfortzahlung ab dem 1. Januar 1999 weggefallen ist. Das macht die tarifliche Regelung aber nicht (teilweise) unwirksam. Soweit ein Wegfall der Geschäftsgrundlage überhaupt anerkannt werden kann, führt dieser lediglich dann zur Unwirksamkeit, wenn ein Festhalten am Vertrag schlechthin untragbare Ergebnisse zur Folge hätte. Im übrigen könnte, gegebenenfalls nach Anerkennung einer vorzeitigen Kündigungsmöglichkeit, nur eine Pflicht der Tarifvertragsparteien angenommen werden, über eine Anpassung des Tarifvertrags zu verhandeln. Hierbei kommen verschiedene Lösungen in Betracht. Die staatlichen Gerichte dürfen keinesfalls der Einschätzung der Tarifvertragsparteien vorgreifen und die Tarifregelung in einem bestimmten Sinne modifizieren (BAG 10. Februar 1988 – 4 AZR 538/87 – AP BAT § 33 Nr. 12; 9. November 1988 – 4 AZR 409/88 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Seeschiffahrt Nr. 5; 9. Dezember 1999 – 6 AZR 299/98 – BAGE 93, 63, 69 f.; mit unterschiedlicher Begründung im Ergebnis ebenso Wiedemann/Wank TVG 6. Aufl. § 1 Rn. 819 ff., § 4 Rn. 60 ff.; Löwisch/Rieble TVG § 1 Rn. 365 ff.; Kempen/Zachert TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 45 ff., 49 alle mwN; vgl. auch BAG 26. August 1998 – 5 AZR 740/97 – BAGE 89, 330, 336; 21. Oktober 1998 – 5 AZR 155/98 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Klempnerhandwerk Nr. 1 = EzA EntgeltfortzG § 4 Tarifvertrag Nr. 16, zu II 2 b der Gründe).
III. § 11 Ziff. 3 MTV verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen § 4 Abs. 1 EFZG.
1. Abgesehen von § 4 Abs. 4 kann von den Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden (§ 12 EFZG). § 4 Abs. 4 Satz 1 EFZG erlaubt die Festlegung einer von den Absätzen 1, 1 a und 3 abweichenden Bemessungsgrundlage des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts durch Tarifvertrag.
2. § 11 Ziff. 3 MTV legt die Bemessungsgrundlage der Entgeltfortzahlung abweichend von § 4 Abs. 1 EFZG fest. Die Tarifregelung hält sich im Rahmen der gesetzlichen Öffnungsklausel.
a) Nach § 4 Abs. 1 EFZG ist dem Arbeitnehmer für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen. Zum Arbeitsentgelt in diesem Sinne gehören auch die Zuschläge gem. § 6 Ziff. 1 b und c MTV, denn diese Tarifbestimmung ist nicht dahin zu verstehen, die Zahlung des Zuschlags setze in jedem Falle die Ableistung der Nachtschichtarbeit bzw. Nachtarbeit voraus (vgl. demgegenüber etwa für tarifliche Überstundenzuschläge BAG 21. November 2001 – 5 AZR 296/00 – zVv., zu I 1 der Gründe; für eine Wechselschichtzulage BAG 7. Februar 1996 – 10 AZR 203/94 – AP BAT § 33 a Nr. 9, zu III 1 der Gründe).
b) „Bemessungsgrundlage” im Sinne des § 4 Abs. 4 EFZG ist die Grundlage für die Bestimmung der Höhe der Entgeltfortzahlung. Hierzu gehören sowohl die Berechnungsmethode (Ausfall- oder Referenzprinzip) als auch die Berechnungsgrundlage; diese betrifft Umfang und Bestandteile des zugrunde zu legenden Arbeitsentgelts (BAG 26. August 1998 aaO S 336 f.; 26. September 2001 – 5 AZR 539/00 – zVv., zu I 3 a aa der Gründe). Im übrigen sind die Tarifvertragsparteien an den Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung (100 %) im Krankheitsfall gem. § 4 Abs. 1 EFZG gebunden.
c) Der Senat hat bereits entschieden, daß einzelne Vergütungsbestandteile, wie beispielsweise die Nachtarbeitsvergütung, von der Berechnung der Krankenbezüge ausgenommen werden können (26. September 2001 aaO). Das entspricht nicht nur dem Wortlaut des Gesetzes, sondern auch dem erklärten Willen des Gesetzgebers. So heißt es in der Ausschußbegründung zu § 4 Abs. 4 Satz 1 EFZG (BT-Drucks. 12/5798 S 26):
„Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 3. März 1993 – 5 AZR 132/92 – entschieden, daß entgegen der bisherigen Auslegung § 2 Abs. 3 des Lohnfortzahlungsgesetzes dahin auszulegen sei, daß er eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung über die Höhe der Lohnfortzahlung durch Tarifvertrag nur hinsichtlich der Berechnungsmethode eröffne. Vom Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sei hingegen nicht gedeckt, Vergütungsbestandteile wie Prämien, Zuwendungen und andere Bezüge von der Berechnung generell auszunehmen.
Abweichend von dieser Rechtsprechung bestimmt die vorgeschlagene Änderung des Absatzes 4, daß durch Tarifvertrag nicht nur die Berechnungsmethode, sondern auch die der Berechnung zugrunde zu legende Zusammensetzung des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts abweichend von Absatz 1 festgelegt werden kann (z.B. hinsichtlich Überstunden- und Nachtarbeitsvergütung).”
Damit sind nicht nur gelegentlich anfallende, sondern auch regelmäßige Zuschläge gemeint. Für die von der Revision befürwortete Differenzierung bietet das Gesetz keinen Anhaltspunkt. Der Gesetzgeber hat die Einschränkung von besonderen Vergütungsbestandteilen offenbar als verhältnismäßig und nicht allzu einschneidend empfunden (BAG 26. September 2001 aaO, zu II 2 b der Gründe). Ob, aus welchem Anlaß und in welchem Umfang Zuschläge in Tarifverträgen geregelt werden, unterliegt ohnehin weitgehend der Beurteilung der Tarifvertragsparteien. Zuschläge werden regelmäßig wegen zusätzlicher Erschwernisse und wegen besonderer Belastungen, die mit bestimmten Arbeiten verbunden sind, gezahlt. Entfällt die zusätzliche Erschwernis oder die besondere Belastung für den Arbeitnehmer, weil die Arbeit wegen der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ausfällt, erscheint es gerechtfertigt, den zusätzlichen finanziellen Ausgleich ebenfalls entfallen zu lassen. Die Tarifvertragsparteien dürfen insoweit das Lebensstandardprinzip hintanstellen, zumal die tariflichen Zuschläge in aller Regel nicht den Lebensstandard des Arbeitnehmers prägen. So ist etwa der gesetzliche Ausgleich nach § 6 Abs. 5 ArbZG nur für „geleistete” Nachtarbeit vorgesehen. Dementsprechend gestattet auch das arbeitsrechtliche Schrifttum ganz überwiegend, daß bestimmte Entgeltbestandteile, insbesondere zusätzliche Leistungen, ohne Rücksicht darauf, ob sie im Arbeitsverhältnis regelmäßig anfallen, tariflich von der Entgeltfortzahlung ausgenommen werden (Schmitt EFZG 4. Aufl. § 4 Rn. 141 ff., 142; Geyer/Knorr/Krasney Entgeltfortzahlung-Krankengeld-Mutterschaftsgeld Stand August 2001 EFZG § 4 Rn. 58; Hold in Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge EFZG 5. Aufl. § 4 Rn. 109 ff., 110; Müller/Berenz EFZG 3. Aufl. § 4 Rn. 33; Worzalla/Süllwald EFZG 2. Aufl. § 4 Rn. 46; Gola EFZG 2. Aufl. § 4 Anm. 7.1.2; ErfK/Dörner 2. Aufl. EFZG § 4 Rn. 57; Brecht EFZG 2. Aufl. § 4 Rn. 26; Marienhagen/Künzl EFZG Stand Mai 2001 § 4 Rn. 43 b, 44; Diller NJW 1994, 1690, 1691; Schmitt RdA 1996, 5, 8 f.; Raab NZA 1997, 1144, 1149; Löwisch BB 1999, 102, 105 f.; aA Kunz/Wedde EFZG § 4 Rn. 76 unter Hinweis auf die Entscheidung des BAG vom 3. März 1993 – 5 AZR 132/92 – BAGE 72, 297, 302 ff. = AP LohnFG § 2 Nr. 25, die aber die Rechtslage vor Inkrafttreten des EFZG betrifft; Vossen Entgeltfortzahlung bei Krankheit und an Feiertagen Rn. 595 f.; derselbe Kasseler Handbuch 2. Aufl. 2.2. Rn. 396 f., der aber übersieht, daß auch Nachtarbeitszuschläge regelmäßig anfallen können; nicht ganz deutlich Helml EFZG § 4 Rn. 26 f.).
d) Wenn die Tarifvertragsparteien einzelne Entgeltbestandteile ausklammern dürfen, ist die Grundvergütung in vollem Umfang in die Entgeltfortzahlung einzubeziehen. Der Tarifvertrag muß aber nicht bei einer Mehrzahl tariflicher Zuschläge einzelne hiervon bei der Entgeltfortzahlung bestehen lassen. Das Gesetz erlaubt vielmehr, alle tariflichen Zuschläge aus der Entgeltfortzahlung auszunehmen. Auch dann liegt noch eine Bemessungsgrundlage vor, die dem Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 EFZG gerecht wird. Eine Einschränkung insoweit ergibt keinen Sinn. Zum einen unterliegen Art, Zahl, Grund und Höhe der Zuschläge der Beurteilung der Tarifvertragsparteien. Zum anderen fallen die Zuschläge im Arbeitsverhältnis gewöhnlich nicht in ihrer Gesamtheit kumulativ an (im Ergebnis ebenso etwa Hold aaO § 4 Rn. 110, unklar aber schon Rn. 113; ErfK/Dörner aaO EFZG § 4 Rn. 57; Marienhagen/Künzl aaO § 4 Rn. 43 b; Löwisch BB 1999, 102, 105; wohl auch Geyer/Knorr/Krasney aaO § 4 Rn. 58; aA Kunz/Wedde aaO § 4 Rn. 77). Deshalb läßt § 11 Ziff. 3 MTV die tariflichen Zuschläge in zulässiger Weise insgesamt unberücksichtigt.
3. § 11 Ziff. 3 MTV verstößt auch im übrigen nicht gegen höherrangiges Recht. Insbesondere liegt nicht indirekt ein unverhältnismäßiger Eingriff in den Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung (§ 3 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 EFZG) vor.
IV. Ob § 11 Ziff. 3 MTV im Arbeitsverhältnis der Parteien unmittelbar und zwingend (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) oder auf einzelvertraglicher Grundlage Anwendung findet, bedarf keiner Klärung. Bei einer einzelvertraglichen Geltung hätte die gegenüber dem Gesetz für den Kläger ungünstigere Regelung ebenfalls Bestand (§ 4 Abs. 4 Satz 2 EFZG).
V. Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Müller-Glöge, Mikosch, Linck, Mandrossa, Haas
Fundstellen
BB 2002, 1373 |
DB 2002, 1892 |
BuW 2002, 1053 |
EBE/BAG 2002, 98 |
ARST 2002, 186 |
ARST 2002, 210 |
FA 2002, 218 |
FA 2002, 358 |
JR 2002, 484 |
NZA 2002, 744 |
SAE 2003, 83 |
ZTR 2002, 385 |
AP, 0 |
EzA-SD 2002, 5 |
EzA |
AUR 2002, 238 |
RdW 2002, 501 |