Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Freundschaftspionierleiters
Leitsatz (amtlich)
- Angestellte als Lehrkräfte, die eine Ausbildung als Freundschaftspionierleiter abgeschlossen haben, erfüllen nicht die Voraussetzungen für eine Einstufung in Besoldungsgruppe A 10 der 2. BesÜV, da sie keine abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen besitzen (Bestätigung der Rechtsprechung des Vierten Senats im Urteil vom 26. April 1995 – 4 AZR 905/93 – AP Nr. 6 zu § 11 BAT-O, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt).
- Ergibt sich bei Anwendung der beamtenrechtlichen Vorschriften der 2. BesÜV kein der Ausbildung der Lehrkraft entsprechendes Amt, scheidet ein tariflicher Vergütungsanspruch aus. Dies gilt auch für eine um eine Vergütungsgruppe niedrigere Vergütung, denn Nr. 1 Abs. 3 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT-O ist nicht entsprechend anzuwenden. In diesen Fällen ist die Vergütung arbeitsvertraglich auf der Grundlage der Lehrerrichtlinien zu regeln. Diese sahen in den bis zum 30. Juni 1995 geltenden Fassungen für Freundschaftspionierleiter eine Vergütung nach den VergGrn. Vb BAT-O oder IVb BAT-O nicht vor.
Normenkette
Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991, Anlage 1, Besoldungsgruppe A 10; Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BAT-O § 2 Nr. 3; Sonderregelung für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 1 I BAT-O) Nr. 3a; Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1a zum BAT-O erfaßten Angestellten, Abschn. E, VergGr. Vb, VergGr. IVb, in den Fassungen vom 24. Juni 1991 bis 30. Juni 1995
Verfahrensgang
LAG Berlin (Urteil vom 30.08.1994; Aktenzeichen 11 Sa 78/94) |
ArbG Berlin (Urteil vom 10.01.1994; Aktenzeichen 93 Ca 20098/93) |
Tenor
- Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 30. August 1994 – 11 Sa 48/94 – und – 11 Sa 78/94 – wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten der Revision.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin schloß im Jahre 1978 ein Fachschulstudium am Institut für Lehrerbildung “Clara-Zetkin” ab. Sie erhielt damit die Befähigung zur Arbeit als Freundschaftspionierleiter sowie die Lehrbefähigung für die Fächer Deutsch/Wahlfach Musikerziehung der unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule und war berechtigt, die Berufsbezeichnung “Freundschaftspionierleiter” zu führen. Anschließend war sie als Freundschaftspionierleiterin tätig.
Nach einem einjährigen Zusatzstudium an der Humboldt-Universität Berlin erwarb die Klägerin im Jahre 1985 die Lehrbefähigung zur Erteilung des Fachunterrichts in Staatsbürgerkunde der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule der DDR und war berechtigt, die Berufsbezeichnung “Diplomlehrer für Staatsbürgerkunde” zu führen.
In der Zeit vom 1. August 1985 bis zum Jahre 1987 war die Klägerin als stellvertretende Direktorin der … Oberschule beim Rat des Stadtbezirks Mitte beschäftigt. Danach erteilte sie als Klassenleiterin in den 3. und 4. Klassen Unterricht in Deutsch, Mathematik und Musik. Seit dem 1. August 1989 war sie erneut als stellvertretende Direktorin tätig. Im Schuljahr 1990/1991 unterrichtete sie ausschließlich im Fach Mathematik.
Auf das Arbeitsverhältnis findet seit dem 1. Juli 1991 aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 Anwendung.
Mit Wirkung zum 30. September 1991 wurde das Arbeitsverhältnis vom beklagten Land gekündigt. Diese Kündigung wurde durch Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 26. Februar 1992 für rechtsunwirksam erklärt. Die Klägerin, die als Lehrerin in den Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule im beklagten Land beschäftigt ist, erhält eine Vergütung nach VergGr. Vc BAT-O.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, ihr stehe seit dem 1. Juli 1991 ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVb BAT-O zu. Sie erfülle die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 10 der Anlage 1 zur 2. VO über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991, die nach § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O i.V.m. § 11 Satz 2 BAT für ihre Eingruppierung in die VergGr. IVb BAT-O maßgebend seien. Sie sei Lehrerin mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule.
Sei ihre Ausbildung nicht in vollem Umfange als gleichwertig mit den Anforderungen der Besoldungsgruppe A 10 anzusehen, sei sie allenfalls um eine Vergütungsgruppe niedriger und damit in VergGr. Vb BAT-O eingruppiert. Dies folge aus dem in der Vorbemerkung Nr. 1 Abs. 3 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken, wonach Angestellte, die die geforderte Vorbildung oder Ausbildung nicht besitzen, bei Erfüllung der sonstigen Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals in der nächstniedrigeren Vergütungsgruppe eingruppiert sind. Da sie ab 1. August 1993 im Hinblick auf ihre achtjährige Lehrtätigkeit die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 11, die der VergGr. IVa BAT-O entspreche, erfüllt habe, ergebe sich auch bei einer “abgesenkten” Vergütung von diesem Zeitpunkt an ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVb BAT-O.
Sollten sich die geltend gemachten Vergütungsansprüche nicht aus den tariflichen Bestimmungen ergeben, sei das beklagte Land verpflichtet, ihr arbeitsvertraglich eine entsprechende Vergütung anzubieten.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ihr für die Zeit ab 1. Juli 1991 Vergütung nach VergGr. IVb BAT-O zu zahlen,
hilfsweise,
das beklagte Land zu verurteilen, ihr mit Wirkung ab 1. Juli 1991 arbeitsvertraglich Vergütung nach VergGr. IVb BAT-O anzubieten,
weiter hilfsweise,
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ihr ab 1. Juli 1991 Vergütung nach VergGr. Vb BAT-O zu zahlen,
weiter hilfsweise,
das beklagte Land zu verurteilen, ihr mit Wirkung ab 1. Juli 1991 arbeitsvertraglich Vergütung nach VergGr. Vb BAT-O anzubieten.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es vertritt die Auffassung, der Klägerin stehe ein über eine Vergütung nach VergGr. Vc BAT hinausgehender Vergütungsanspruch nicht zu.
Die Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 10 nach der 2. BesÜV, da sie aufgrund ihrer Ausbildung zum Freundschaftspionierleiter keine Lehrerin für untere Klassen i.S. dieser Besoldungsgruppe sei. Ihr Abschluß als Diplomlehrer für Staatsbürgerkunde könne für ihre Einstufung nicht herangezogen werden, da ein solches Fach in der Berliner Stundentafel nicht enthalten sei.
Sei eine Eingruppierung unter Anwendung der 2. BesÜV nicht möglich, seien nach den tariflichen Bestimmungen zur Eingruppierung unter entsprechender arbeitsvertraglicher Vereinbarung die Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL-Richtlinien) zur Eingruppierung der nicht von der Anlage 1a zum BAT-O erfaßten Angestellten vom 21. Juni 1991, gültig ab 1. Juli 1991, heranzuziehen. Danach komme nur ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. Vc BAT-O in Betracht.
Das Arbeitsgericht hat der Klage auf Feststellung der Verpflichtung des beklagten Landes zur Zahlung einer Vergütung nach VergGr. Vb BAT für die Zeit vom 1. Juli 1991 bis 31. Juli 1993 und auf Zahlung einer Vergütung nach VergGr. IVb BAT-O für die Zeit ab 1. August 1993 stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Anschlußberufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung des beklagten Landes die Klage in vollem Umfange abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Der Klägerin steht ein über eine Vergütung nach VergGr. Vc BAT-O hinausgehender Vergütungsanspruch nicht zu.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe weder ein Vergütungsanspruch nach VergGr. IVb BAT-O noch ein Vergütungsanspruch nach VergGr. Vb BAT-O zu.
Für die Eingruppierung seien nach § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O i.V.m. § 11 Satz 2 BAT die Vorschriften der 2. BesÜV maßgebend. Die Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 10, die der VergGr. IVb entspreche. Die Klägerin sei nicht Lehrerin mit einer abgeschlossenen pädagogischen Fachschulausbildung. Eine solche erfordere eine Lehrbefähigung in zwei Hauptfächern und einem Wahlfach. Über diese verfüge die Klägerin, die als Freundschaftspionierleiter ausgebildet sei, nicht. Auf gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen komme es für die Eingruppierung nicht an.
Die Klägerin erfülle damit auch nicht die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in VergGr. Vb BAT-O. Demgemäß ergebe sich eine Anspruchsgrundlage für die geltend gemachten Vergütungsansprüche auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer wegen der fehlenden Ausbildung “abgesenkten” Vergütung.
II. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis zuzustimmen. Die Klägerin hat weder einen tariflichen Anspruch auf eine Vergütung nach VergGr. IVb BAT-O noch einen solchen auf eine Vergütung nach VergGr. Vb BAT-O. Das beklagte Land war auch nicht verpflichtet, ihr arbeitsvertraglich entsprechende Vergütung anzubieten.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 Anwendung. Damit richtet sich die Eingruppierung der Klägerin nach folgenden Bestimmungen:
a) § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991
“…
3. Die Anlage 1a ist, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Angestellte anzuwenden, die
…
als Lehrkräfte, auch wenn sie nicht unter die SR 2 1 I fallen,
beschäftigt sind. Diese Angestellten sind – gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien – in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. …”
b) Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 1 I BAT-O)
“Nr. 1
Zu §§ 1 und 2 – Geltungsbereich –
Diese Sonderregelungen gelten für Angestellte als Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen und berufsbildenden Schulen (Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen).
…
Protokollnotiz:
Lehrkräfte im Sinne dieser Sonderregelungen sind Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt.
Nr. 3a
Zu §§ 22 bis 25 – Eingruppierung –
Die Lehrkräfte werden nach § 11 Satz 2 in die Vergütungsgruppen eingruppiert, die sich bei Anwendung der zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung ergeben.
Soweit in der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung Ämter für entsprechende Lehrkräfte nicht ausgebracht sind, ist die Vergütung unter Berücksichtigung der Ausbildung der Lehrkraft auf der Grundlage der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung arbeitsvertraglich zu regeln.
…”
c) Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991 (BGBl. I S. 1345)
Ҥ 7
Besoldungsordnungen
(1) Für Beamte an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie an Sonderschulen gilt ergänzend Anlage 1 dieser Verordnung. Nimmt ein Beamter die Funktion des Leiters einer Schule oder des ständigen Vertreters des Leiters einer Schule wahr, erhält er für die Dauer der Wahrnehmung eine Zulage. Die Zulage wird in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Grundgehalt für seine Besoldungsgruppe und dem Grundgehalt für die Besoldungsgruppe gewährt, der das höherwertige Amt zugeordnet ist. Die Zulage gehört unter den Voraussetzungen des § 46 Abs. 3 des Bundesbesoldungsgesetzes zu den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen.
…
Anlage 1
…
Besoldungsgruppe A 10
Lehrer
– als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule –
…
1) mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung.
2) Als Eingangsamt.
3) Soweit nicht in der Besoldungsgruppe A 11.
Besoldungsgruppe A 11
Lehrer
– als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule –
…
Lehrer
– als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule –
…
1) mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung.
2) In diese Besoldungsgruppe können nur Lehrer eingestuft werden, die nach Abschluß der Fachschulausbildung eine achtjährige Lehrtätigkeit oder eine dreijährige Dienstzeit seit Anstellung als Lehrer in der Besoldungsgruppe A 10 verbracht haben.
3) Als Eingangsamt.
4) In dieses Amt können nur Lehrer eingestuft werden, die das ergänzende Studium nach § 10 der Verordnung des Ministerrates der DDR vom 18. September 1990 (GBl I Nr. 63 S. 1584) oder einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung erfolgreich abgeschlossen haben.
5) Soweit nicht in der Besoldungsgruppe A 12.
…”
d) In den Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1a BAT-O erfaßten Angestellten (LehrerRL-O) vom 24. Juni 1991, gültig ab 1. Juli 1991, heißt es:
“E Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis:
Die Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis sind nach den nachstehenden Tätigkeitsmerkmalen einzugruppieren. Soweit in den Tätigkeitsmerkmalen auf Lehrbefähigungen abgestellt wird, entscheiden die Länder darüber, ob eine in der ehemaligen DDR erworbene Lehrbefähigung als solche im Sinne dieses Abschnitts anerkannt werden kann.
a) Allgemeinbildende Schulen
Vergütungsgruppe VIb
1. Angestellte ohne Ausbildung nach Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 1, jedoch mit anderweitiger Ausbildung, in der Tätigkeit von Lehrern in den Klassen 1 bis 4 einer allgemeinbildenden Schule.
2. …
Vergütungsgruppe Vc
1. Angestellte mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung als Erzieher, Kindergärtnerin, Hortnerin, Kinderdiakon oder mit erfolgreich abgeschlossener entsprechender Ausbildung in der Tätigkeit von Lehrern in den Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule.
2. …
3. …
Vergütungsgruppe Vb
1. Angestellte … in der Tätigkeit von Lehrern an Sonderschulen
2. Angestellte … als pädagogische Unterrichtshilfen an Sonderschulen
Vergütungsgruppe IVb
1. …
2. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen, die Unterricht in den Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule erteilen
3. …
4. …
in der Tätigkeit von Lehrern an Sonderschulen
Vergütungsgruppe IVa
1. …
2. …
3. …
4. …
5. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen und erfolgreich abgeschlossenem ergänzendem Studium , die Unterricht in den Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule erteilen
6. …
1) In diese Vergütungsgruppe können nur Lehrer eingruppiert werden, die das ergänzende Studium nach § 10 der Verordnung des Ministerrats der DDR vom 18. September 1990 (GBl I Nr. 1584) oder einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung erfolgreich abgeschlossen haben.
…
3) Hierunter fallen auch Lehrer, die bei entsprechender organisatorischer Zusammenfassung der Klassen 1 bis 6 in diesen Klassen Unterricht erteilen.
2. Die Klägerin ist Lehrkraft i.S.d. tariflichen Bestimmungen, da sie an einer allgemeinbildenden Schule des beklagten Landes Kenntnisse und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes vermittelt. Deshalb ist für ihre Eingruppierung nach § 2 Nr. 3 Satz 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 die Anlage 1a zum BAT-O nicht anzuwenden.
Die Eingruppierung erfolgt gem. § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 vielmehr in die Vergütungsgruppe, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingruppiert wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Dabei verweisen die Tarifvertragsparteien in Nr. 3a Unterabs. 1 SR 2 1 I BAT-O auf die Vorschriften der 2. BesÜV.
a) Diese tarifliche Verweisung auf die beamtenrechtlichen Vorschriften ist zulässig. Die Tarifvertragsparteien tragen damit dem Umstand Rechnung, daß Angestellte und Beamte als Lehrer oft nebeneinander an derselben Schule und unter weitgehend gleichen äußeren Arbeitsbedingungen tätig sind. Dies rechtfertigt, Lehrkräften, die nach ihrer fachlichen Qualifikation und den Tätigkeitsmerkmalen als gleichwertig anzusehen sind, annähernd die gleiche Vergütung unabhängig davon zu gewähren, ob sie Beamte oder Angestellte sind. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Vierten Senats (BAG Urteil vom 24. November 1993 – 4 AZR 16/93 – AP Nr. 1 zu § 2 BAT-O; Urteil vom 13. Juni 1996 – 6 AZR 360/95 – nicht veröffentlicht).
b) Nach den aufgrund der tariflichen Verweisung anzuwendenden Vorschriften der 2. BesÜV kommt ein Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach VergGr. IVb BAT-O ab 1. Juli 1991 nicht in Betracht.
Der Vergütung nach VergGr. IVb BAT-O entspricht nach § 11 Satz 2 BAT-O eine Besoldung nach Besoldungsgruppe A 10. In diese Besoldungsgruppe können als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule nur Lehrer eingruppiert werden, die über eine abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung verfügen.
Diese hat die Klägerin nicht, da sie ihr Fachschulstudium am Institut für Lehrerbildung “Clara-Zetkin” als Freundschaftspionierleiter abgeschlossen hat. Die Klägerin ist deshalb nicht als “Lehrer” i.S.d. Vorschriften der 2. BesÜV anzusehen.
Freundschaftspionierleiter mit der Lehrbefähigung in einem Hauptfach und einem Wahlfach unterschieden sich nach ihrer Bezeichnung, den Einstellungsvoraussetzungen, den Ausbildungsinhalten und -zielen sowie ihren Aufgaben von den Lehrern für untere Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule in der ehemaligen DDR. Dies hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 26. April 1995 (– 4 AZR 905/93 – AP Nr. 6 zu § 11 BAT-O, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) unter Berücksichtigung des Ausbildungsziels, des Inhalts der Ausbildung in den Fächern Pädagogik, Erziehungstheorie, Psychologie und diagnostische Tätigkeit, insbesondere auch im Hinblick auf die Ausbildung für den Unterricht im Fach Mathematik und im Fach berufspraktische Ausbildung sowie den unterschiedlichen Voraussetzungen für die Bewerbung und Zulassung zum Studium im einzelnen ausgeführt. Dieser Beurteilung schließt sich der Senat an. Sie wird u.a. auch dadurch bestätigt, daß in der ehemaligen DDR auch nach der Berufsbezeichnung eindeutig zwischen “Lehrern für die unteren Klassen” einerseits und “Freundschaftspionierleitern” andererseits unterschieden wurde.
c) Ob die von der Klägerin als Freundschaftspionierleiter erworbene Qualifikation und ihre langjährige praktische Erfahrung in der Unterrichtserteilung im Fach Mathematik mit der in der Besoldungsgruppe A 10 geforderten Ausbildung gleichwertig ist, kann dahinstehen. Die beamtenrechtlichen Vorschriften sehen Ämter für Lehrer, die über die geforderte Ausbildung nicht verfügen, aber gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen besitzen, nicht vor.
d) Für die Einstufung in die Besoldungsgruppe A 10 ist die Lehrbefähigung der Klägerin als “Diplomlehrer für Staatsbürgerkunde” ohne Bedeutung, da dies keine Lehrbefähigung für ein Fach ist, das an den Berliner Schulen unterrichtet wird. Die Klägerin könnte aufgrund dieser Ausbildung, wäre sie Beamtin, deshalb nicht in Besoldungsgruppe A 10 eingestuft werden.
3. Der Klägerin steht ab 1. Juli 1991 auch kein tariflicher Anspruch auf Vergütung nach VergGr. Vb BAT-O zu.
Einer Vergütung nach VergGr. Vb BAT-O entspricht gem. § 11 Satz 2 BAT-O eine Besoldung nach Besoldungsgruppe A 9. Ämter für Lehrer in der Besoldungsgruppe A 9 sind in der 2. BesÜV jedoch nicht ausgebracht.
4. Ein tariflicher Anspruch auf Vergütung nach VergGr. Vb BAT-O für die Zeit vom 1. Juli 1991 bis 31. Juli 1993 und auf Vergütung nach VergGr. IVb BAT-O für die Zeit ab 1. August 1993 kommt auch nicht unter dem von der Klägerin herangezogenen Gesichtspunkt einer “abgesenkten” Vergütung in Betracht.
Die Klägerin meint, wenn aufgrund ihrer fehlenden Ausbildung im Fach Mathematik ein Amt i.S.d. 2. BesÜV nicht ausgebracht sei, sei in entsprechender Anwendung der Vorbemerkung Nr. 1 Abs. 3 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT eine Eingruppierung in die nächstniedrigere Vergütungsgruppe geboten. Da sie ab 1. Juli 1991 eine Tätigkeit der Besoldungsgruppe A 10 (VergGr. IVb) ausgeübt habe, die Voraussetzungen dieser Besoldungsgruppe jedoch nicht erfülle, weil sie keine Lehrbefähigung für das Fach Mathematik habe, sei somit ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. Vb BAT-O begründet. Ab 1. August 1993 habe sie eine achtjährige Lehrtätigkeit zurückgelegt und damit die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 11 erfüllt. Somit sei sie von diesem Zeitpunkt an um eine Vergütungsgruppe niedriger in die VergGr. IVb BAT-O einzugruppieren.
Dem kann nicht gefolgt werden. In den Fällen, in denen die beamtenrechtlichen Voraussetzungen für eine Einstufung in die in der 2. BesÜV ausgebrachten Ämter nur wegen einer fehlenden Ausbildung nicht vorliegen, besteht kein Anspruch auf Vergütung nach der nächstniedrigeren Vergütungsgruppe. Eine entsprechende Anwendung der Vorbemerkung Nr. 1 Abs. 3 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT-O kommt nicht in Betracht.
Die Tarifvertragsparteien haben in § 2 Nr. 3 Satz 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 und in der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT-O ausdrücklich bestimmt, daß die Anlage 1a für Angestellte, die als Lehrkräfte beschäftigt sind, nicht anzuwenden ist. Die Eingruppierung soll vielmehr nach § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 und Nr. 3a Unterabs. 2 SR 2 1 I BAT-O nach den beamtenrechtlichen Vorschriften und gegebenenfalls nach der Maßgabe arbeitsvertraglich zu vereinbarender Richtlinien erfolgen.
Diese eindeutige tarifliche Regelung schließt es aus, in den Fällen, in denen sich eine Eingruppierung bei Anwendung der beamtenrechtlichen Vorschriften nicht ergibt, ergänzend einzelne Bestimmungen der Anlage 1a, wie Nr. 1 Abs. 3 der Vorbemerkung zu allen Vergütungsgruppen, für die Eingruppierung entsprechend anzuwenden (vgl. BAG Urteil vom 26. April 1995 – 4 AZR 145/94 – nicht veröffentlicht).
5. Der Klägerin steht auch kein arbeitsvertraglicher Anspruch auf eine höhere Vergütung als eine Vergütung nach VergGr. Vc BAT-O zu.
a) Nach § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 ist die Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte “gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien” vorzunehmen, während nach Nr. 3a Unterabs. 2 SR 2 1 I BAT-O die Vergütung unter Berücksichtigung der Ausbildung der Lehrkraft auf der Grundlage der 2. BesÜV arbeitsvertraglich zu regeln ist, soweit in der 2. BesÜV Ämter für entsprechende Lehrkräfte nicht ausgebracht sind.
Damit regeln beide tariflichen Bestimmungen im Ergebnis nichts Unterschiedliches. Für die Eingruppierung ist in erster Linie die 2. BesÜV maßgebend. Ist danach eine Eingruppierung nicht möglich, weil ein Amt i.S.d. 2. BesÜV für entsprechende Lehrkräfte nicht ausgebracht ist, bedarf es einer arbeitsvertraglichen Regelung, die unter Heranziehung der entsprechenden Richtlinien zu treffen ist (BAG Urteil vom 26. April 1995 – 4 AZR 97/95 – AP Nr. 7 zu § 11 BAT-O, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Ist die ergänzende Geltung der Richtlinien bereits arbeitsvertraglich vereinbart, so ergibt sich daraus ein entsprechender arbeitsvertraglicher Vergütungsanspruch. Liegt eine solche arbeitsvertragliche Vereinbarung, wie vorliegend, nicht vor, ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine den Richtlinien entsprechende Vergütungsvereinbarung anzubieten.
b) Eine Verpflichtung des beklagten Landes zum Angebot einer Vergütung nach VergGr. IVb BAT-O oder einer Vergütung nach VergGr. Vb BAT-O bestand weder zum 1. Juli 1991 noch zum 1. August 1993.
Eine Eingruppierung in VergGr. Vb BAT-O war in den LehrerRL-O in den jeweiligen Fassungen nur bei Tätigkeiten an Sonderschulen vorgesehen. An einer Sonderschule war die Klägerin aber nicht tätig.
Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVb BAT-O hatten nach den LehrerRL-O in den jeweiligen Fassungen nur Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen, die Unterricht in den Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule erteilen. Diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin nicht. Zwar erteilte sie entsprechenden Unterricht, ihr fehlt mit ihrer Ausbildung als Freundschaftspionierleiter jedoch eine abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen.
Eine Vergütung nach VergGr. IVb BAT-O ist in den LehrerRL-O für Angestellte, die über gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen verfügen, nicht vorgesehen (vgl. auch BAG Urteil vom 26. April 1995 – 4 AZR 299/94 – AP Nr. 4 zu § 11 BAT-O).
6. Ob das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin nach der Änderung der LehrerRL-O zum 1. Juli 1995, mit der u.a. der Ausbildung der Freundschaftspionierleiter Rechnung getragen wurde, eine Vergütung nach VergGr. Vb BAT-O anzubieten, ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Die Klägerin hat ihren Vergütungsanspruch auf die i.d.F.d. LehrerRL-O vom 23. Juni 1995 ergänzten Tätigkeitsmerkmale der VergGr. Vb BAT-O nicht gestützt.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Freitag, Dr. Armbrüster, R. Hinsch, S. de Hair
Fundstellen