Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz wegen Fürsorgepflichtverletzung
Normenkette
BAT §§ 22-23; BGB §§ 276, 615
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Urteil vom 23.03.1994; Aktenzeichen 18 Sa 1399/93) |
ArbG Solingen (Urteil vom 14.07.1993; Aktenzeichen 2 Ca 1038/93) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 23. März 1994 – 18 Sa 1399/93 – aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung der Vergütungsdifferenz zwischen der VergGr. III BAT und II BAT für die Zeit vom 6. August 1991 bis 31. März 1993.
Der Kläger ist Diplom-Ingenieur. Er war aufgrund Arbeitsvertrages vom 26. Januar 1981 als technischer Angestellter vom 1. März 1981 bis zum 31. März 1993 bei der Beklagten beschäftigt. Der Arbeitsvertrag sah die Eingruppierung in die VergGr. III BAT und die Geltung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 und der diesen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträge vor. Seit dem 1. März 1981 wurde der Kläger auf einer Stelle im Bauaufsichtsamt, die mit VergGr. III BAT bewertet war, eingesetzt. Am 10. Mai 1991 schrieb die Beklagte intern die Stelle eines technischen Sachbearbeiters im Bauförderungsamt, bewertet mit der VergGr. III BAT, aus. Auf diese Stelle bewarb sich der Kläger mit Schreiben vom 21. Mai 1991.
Durch Änderungstarifvertrag zum BAT für Angestellte in technischen Berufen vom 24. April 1991 wurde die Anlage 1 a mit Wirkung vom 1. Januar 1991 geändert. Von der Änderung des Tarifvertrages erhielt die Beklagte am 4. Juni 1991 aufgrund einer Mitteilung des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein-Westfalen Kenntnis. Danach hatte sie 250 Planstellen für technische Angestellte neu zu bewerten.
Am 18. Juni 1991 führte die Beklagte mit dem Kläger ein Bewerbungsgespräch über die neue Stelle. Dabei wurde dem Kläger mitgeteilt, daß es einen neuen Tarifvertrag gebe, der auch einen Bewährungsaufstieg vorsehe. Der Kläger entgegnete, er wolle sich nicht auf eine schlechter bewertete Stelle bewerben. Der weitere Inhalt des Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger erhielt die Stelle im Bauförderungsamt und wurde dort ab 6. August 1991 eingesetzt.
Am 16. Dezember 1991 beschloß der Rat der Beklagten die Neubewertung der Stellen nach dem Änderungstarifvertrag vom 24. April 1991. Die ehemalige Stelle des Klägers im Bauaufsichtsamt wurde nach VergGr. III BAT mit Bewährungsaufstieg nach zehn Jahren in die VergGr. II BAT bewertet. Die vom Kläger im Bauförderungsamt übernommene Stelle wurde nach VergGr. IV a/III BAT bewertet. Für die Zeit vom 1. März 1991 bis 5. August 1991 zahlte die Beklagte an den Kläger die Differenz zwischen der VergGr. II BAT und III BAT. Ab dem 6. August 1991 erhielt der Kläger unverändert Vergütung nach VergGr. III BAT.
Mit Schreiben vom 6. Februar 1992 forderte der Kläger eine Überprüfung der Neubewertung seiner Stelle im Bauförderungsamt. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 11. August 1992 eine höhere Bewertung der Stelle im Bauförderungsamt ab. Mit Schreiben vom 15. Januar 1993 beanspruchte der Kläger rückwirkend ab dem 1. März 1991 eine Vergütung nach der VergGr. II BAT. Ferner focht er die Umsetzung wegen Irrtums an.
Mit der am 26. März 1993 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage verlangt der Kläger von der Beklagten Zahlung der Differenz zwischen VergGr. III und II BAT für die Zeit vom 6. August 1991 bis zum 31. März 1993 in rechnerisch unstreitiger Höhe von 7.889,25 DM brutto.
Der Kläger hat geltend gemacht, kraft Tarifautomatik sei er zum 1. März 1991 in die VergGr. II BAT eingestuft gewesen. Die Umsetzung habe an dieser Eingruppierung nichts ändern können. Eine wirksame Abänderung des Arbeitsvertrages sei nicht erfolgt. Die Parteien hätten keine Vereinbarung über eine Abänderung der Vergütung getroffen. Die Umsetzung sei unwirksam, weil er keine förmliche Umsetzungsverfügung erhalten habe. Selbst bei Vorliegen eines Umsetzungsvertrags würde die Abänderung rückwirkend entfallen. Die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats werde bestritten. Er habe sich über seine tarifliche Eingruppierung geirrt. Da ihm die rückwirkend erfolgte Änderung nicht bekannt gewesen sei, habe er davon ausgehen müssen, daß er bei Abschluß des Umsetzungsvertrages in VergGr. III BAT eingruppiert gewesen sei. Kraft Rückwirkung des Änderungstarifvertrages sei er aber in VergGr. II BAT eingruppiert gewesen. Damit liege ein Inhaltsirrtum vor. Mit der Neubewertung der Stelle sei auch die Geschäftsgrundlage des Umsetzungsvertrages entfallen. Beide Parteien seien im Zeitpunkt der Umsetzung des Klägers davon ausgegangen, daß der Kläger in die VergGr. III BAT eingruppiert gewesen sei. Die tarifliche Eingruppierung sei wesentlicher Inhalt des „Umsetzungsvertrages” gewesen. Bei einem Wegfall der Geschäftsgrundlage sei der „Umsetzungsvertrag” kraft Gesetzes an die veränderten Verhältnisse anzupassen. Daraus ergebe sich zwingend eine Anpassung der Gehaltsansprüche des Klägers an die VergGr. II BAT.
Die Beklagte habe im Bewerbungsverfahren ihre Fürsorgepflicht verletzt und sich in Höhe der dem Kläger entgangenen Vergütung schadensersatzpflichtig gemacht. Sie habe den Kläger pflichtwidrig nicht auf die unklare zukünftige Stellenausweisung aufgrund der tariflichen Neuregelung hingewiesen. Der Beklagten sei in der Person des Baudezernenten Dr. K. auch bekannt gewesen, daß sich aufgrund der Neubewertung die Stelle im Bauförderungsamt verschlechtern würde. Dies habe der Baudezernent Dr. K. dem Mitarbeiter M. bestätigt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.889,25 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 5. März 1993 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, die Stelle im Bauförderungsamt sei nach VergGr. IV a Fallgr. 1/III Fallgr. 1 c BAT nach achtjähriger Bewährung zu bewerten. Da der Kläger die Bewährungszeit erfüllt habe, sei er nach der VergGr. III BAT bezahlt worden. Eine Anfechtung der Umsetzung wegen Irrtums komme nicht in Betracht, weil der Kläger die Anfechtung nicht unverzüglich erklärt habe. Der Personalrat habe der Umsetzung auch zugestimmt. Geschäftsgrundlage sei lediglich gewesen, daß der Kläger auf der neuen Stelle Vergütung aus VergGr. III BAT erhalten sollte.
Der Personalrat sei ordnungsgemäß beteiligt worden. Das Schreiben an den Personalrat vom 18. Juni 1991 habe alle erforderlichen Informationen enthalten.
Der Kläger habe keinen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Fürsorgepflicht. Im Bewerbungsgespräch seien die Bewertungsunsicherheiten angesprochen worden. Es sei auf Zusagen jeglicher Art verzichtet worden. Zum Zeitpunkt des Vorstellungsgesprächs habe keine Klarheit darüber bestanden, welche Techniker am Bewährungsaufstieg teilnehmen würden. Die Ergebnisse hätten erst im November vorgelegen und seien danach vom Rat beschlossen worden. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei davon auszugehen, daß die Bewertung der bisherigen Stelle des Klägers in der Bauaufsicht unzutreffend gewesen sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung (§ 565 ZPO).
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand. Es kann noch nicht abschließend beurteilt werden, ob dem Kläger der erhobene Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Fürsorgepflichtverletzung zusteht. Das Landesarbeitsgericht wird die dazu notwendigen Tatsachenfeststellungen nachzuholen haben.
I. Ein Anspruch des Klägers auf Vergütung nach VergGr. II BAT ergibt sich nicht aus der tariflichen Eingruppierung (§§ 22, 23 BAT).
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Vorschriften des BAT kraft einzelvertraglicher Vereinbarung Anwendung.
Der Angestellte im öffentlichen Dienst wird nach der Vergütungsgruppe bezahlt, in die er eingruppiert ist (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 2 BAT). Die Eingruppierung richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung der Anlage 1 a oder 1 b zum BAT (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 BAT). Der Angestellte ist in die Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.
Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen (vgl. § 22 Abs. 2 BAT). Der Arbeitnehmer hat diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen, aus denen der rechtliche Schluß möglich ist, daß er die tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluß der darin vorgesehenen Qualifizierungen erfüllt (BAG Urteil vom 24. September 1980 – 4 AZR 727/78 – AP Nr. 36 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Ein Angestellter ist kraft Tarifautomatik allein dadurch in eine bestimmte Vergütungsgruppe eingruppiert, daß seine auszuübende Tätigkeit die Merkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllt. Die Eingruppierung durch den Arbeitgeber ist kein konstitutiver Rechtsakt, sondern hat nur deklaratorische Bedeutung (BAG Urteil vom 30. Mai 1990 – 4 AZR 74/90 – AP Nr. 31 zu § 75 BPersVG).
Bei Vereinbarung einer bestimmten Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag ist nicht davon auszugehen, daß die Parteien mit dieser Vereinbarung die Vergütung abschließend geregelt haben und die Anwendung der Vergütungsordnung des BAT im übrigen ausschließen wollten. Die einzelvertragliche Bezugnahme auf den BAT und die ihn ergänzenden und ändernden Bestimmungen soll nur widerspiegeln, was tarifrechtlich gilt. Wenn neben einer solchen Vereinbarung im Arbeitsvertrag die Vergütungsgruppe angeführt wird, nach der der Arbeitnehmer Vergütung erhalten soll, so bedeutet das im Zweifel nicht, daß die Parteien damit die tariflichen Vorschriften über die Eingruppierung des Arbeitnehmers ausschalten wollten. Mit der Bezeichnung der Vergütungsgruppe geben die Parteien lediglich zu erkennen, welche Eingruppierung sie im Einzelfall für zutreffend halten. Nur die Anwendbarkeit der tariflichen Eingruppierungsvorschrift sichert eine einheitliche Vergütung der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes. Dort soll für alle Arbeitnehmer nach dem Zweck der Arbeitsverträge grundsätzlich einheitliches Recht gelten (BAGE 27, 22 = AP Nr. 8 zu § 4 TVG Nachwirkung). Wenn die Parteien des Arbeitsvertrages hiervon abweichend ohne Rücksicht auf die tarifliche Eingruppierung einzelvertraglich eine übertarifliche Vergütung vereinbaren wollen, müssen sie dies deutlich zum Ausdruck bringen, indem sie z.B. im Arbeitsvertrag nach der Bezeichnung der Vergütungsgruppe, nach der der Arbeitnehmer vergütet werden soll, die Vorschriften des BAT nur „im übrigen” für anwendbar erklären. Wenn eine solche Sonderregelung nicht getroffen wurde, ist für die Eingruppierung des Arbeitnehmers die Vergütungsordnung des BAT maßgebend (vgl. BAG Urteil vom 1. September 1982 – 4 AZR 951/79 – AP Nr. 65 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Im öffentlichen Dienst besteht eine Vermutung, daß der öffentliche Arbeitgeber nur die tarifliche Vergütung zahlen will (Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 7. Aufl., § 67 II 1 c, S. 412).
2. Nach diesen Grundsätzen kann der Kläger für seine Tätigkeit im Bauförderungsamt keine Vergütung nach VergGr. II BAT verlangen.
Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Kläger habe nicht dargetan, daß die Hälfte seiner Gesamtarbeitszeit Tätigkeitsmerkmale der VergGr. III BAT erfülle und damit ein Bewährungsaufstieg nach zehn Jahren in die VergGr. II BAT erfolgt sei. Die Beklagte hat die Stelle im Bauförderungsamt aufgrund des Tarifvertrages für Angestellte in technischen Berufen vom 24. April 1991 mit der VergGr. IV a Fallgr. 1/III Fallgr. 1 c BAT nach achtjähriger Bewährung bewertet. Es wäre Sache des Klägers gewesen darzulegen, daß die von ihm verrichtete Arbeit tariflich höher zu bewerten ist. Hierzu fehlt aber jeglicher Sachvortrag. Daß der Kläger vom 1. März 1991 bis zum 5. August 1991 eine Vergütung nach VergGr. II BAT erhalten hat, führt nicht dazu, daß er ab 6. August 1991 dieselbe Vergütung erhalten kann, denn seine Tätigkeit hat sich geändert. Der Kläger ist nicht mehr im Bauaufsichtsamt, sondern im Bauförderungsamt tätig gewesen.
II. Der Anspruch des Klägers folgt auch nicht aus § 615 BGB. Die Beklagte befand sich nicht mit der Annahme nach VergGr. II BAT zu vergütender Tätigkeiten in Verzug. Zum einen hat der Kläger nicht dargelegt, daß seine frühere Stelle im Bauaufsichtsamt tatsächlich die Voraussetzungen der VergGr. II BAT erfüllte, wie zunächst die Beklagte annahm, heute aber aufgrund der hierzu ergangenen BAG-Rechtsprechung bestreitet. Zum anderen hat der Kläger unabhängig von der individualrechtlichen Wirksamkeit der zum 6. August 1991 erfolgten Umsetzung seine Arbeitsleistung nicht mehr für die alte Stelle im Bauaufsichtsamt angeboten, sondern tatsächlich auf der neuen Stelle im Bauförderungsamt erbracht. Sein Höhergruppierungsverlangen ersetzte nicht das bezogen auf die alte Stelle notwendige wörtliche Angebot (vgl. § 295 BGB).
III. Der Kläger hat keinen einzelvertraglichen Anspruch auf Zahlung der Vergütungsdifferenz wegen entsprechender Anpassung eines Umsetzungsvertrages nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Insofern fehlt es bereits an einem anzupassenden Rechtsgeschäft. Ein Umsetzungsvertrag ist nicht zustande gekommen. Die Beklagte hat dem Kläger die Tätigkeit im Bauförderungsamt kraft ihres Direktionsrechts übertragen.
1. Das Direktionsrecht oder Weisungsrecht ist das Recht des Arbeitgebers, die Einzelheiten der vom Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrages zu erbringenden Leistungen einseitig zu bestimmen, soweit dies im Vertrag nicht selbst geschehen ist. Bei der Ausübung dieses Rechts steht dem Arbeitgeber regelmäßig ein weiter Raum zur einseitigen Gestaltung der Arbeitsbedingungen zu (BAGE 33, 71, 75 = AP Nr. 26 zu § 611 BGB Direktionsrecht, zu III 1 der Gründe). Es ermöglicht dem Arbeitgeber, die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht im einzelnen nach Zeit, Art und Ort zu bestimmen (BAGE 47, 314, 321 = AP Nr. 6 zu § 2 KSchG 1969, zu II 3 b der Gründe; BAGE 47, 363, 375 = AP Nr. 27 zu § 611 BGB Direktionsrecht, zu B III 2 c bb der Gründe). Dabei darf der Arbeitgeber auch einen Wechsel in der Art der Beschäftigung des Arbeitnehmers herbeiführen (BAGE 33, 71, 75 = AP Nr. 26, a.a.O.; BAG Urteil vom 23. Juni 1993 – 5 AZR 337/92 – AP Nr. 42 zu § 611 BGB Direktionsrecht, zu I 3 der Gründe). Der Spielraum für die Ausübung des Direktionsrechts ist umso kleiner, je konkreter die Arbeitsaufgabe im Arbeitsvertrag umschrieben ist. Soweit die Tätigkeit des Arbeitnehmers nur allgemein bezeichnet ist, kann dem Arbeitnehmer jede Tätigkeit zugewiesen werden, die dem Berufsbild entspricht, nicht aber eine unterwertige Tätigkeit. Der Umfang des Direktionsrechts bestimmt sich nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages. Es kann einzelvertraglich oder auch durch tarifliche Regelung innerhalb bestimmter Grenzen erweitert werden, die sich etwa aus der Einhaltung unverzichtbarer gesetzlicher Bestimmungen wie der des Kündigungsschutzgesetzes ergeben (vgl. BAG Urteil vom 10. November 1992 – 1 AZR 185/92 – AP Nr. 6 zu § 72 LPVG NW, zu 1 a der Gründe).
2. Der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft einzelvertraglicher Vereinbarung anwendbare Bundes-Angestelltentarifvertrag enthält keine das Direktionsrecht beschränkende Regelung, vielmehr bestimmt § 8 Abs. 2 Satz 1 BAT, daß der Angestellte verpflichtet ist, den dienstlichen Anordnungen nachzukommen. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst erstreckt sich auf alle Tätigkeiten, die die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, in die der Arbeitnehmer eingruppiert ist. Dem Arbeitnehmer können grundsätzlich auch neue Tätigkeiten zugewiesen werden, soweit sie den Merkmalen dieser Vergütungsgruppe entsprechen. Unerheblich ist dabei, ob aus der einschlägigen Fallgruppe dieser Vergütungsgruppe ein Bewährungsaufstieg in eine höhere Vergütungsgruppe möglich ist oder nicht (BAG Urteile vom 12. April 1973 – 2 AZR 291/72 – AP Nr. 24 zu § 611 BGB Direktionsrecht; vom 2. Dezember 1981 – 4 AZR 383/79 – BAGE 37, 145 = AP Nr. 6 zu § 75 BPersVG; vom 23. Oktober 1985 – 4 AZR 216/84 – AP Nr. 10 zu § 24 BAT; vom 9. Februar 1989 – 6 AZR 174/87 – BAGE 61, 77 = AP Nr. 4 zu § 2 BeschFG 1985; vom 10. November 1992 – 1 AZR 185/92 – AP Nr. 6 zu § 72 LPVG NW; vom 23. Juni 1993 – 5 AZR 337/92 – AP Nr. 42 zu § 611 BGB Direktionsrecht; vom 30. August 1995 – 1 AZR 47/95 – NZA 1996, 440; vgl. auch: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 7. Aufl., § 45 IV 1 S. 262; MünchArbR/Freitag § 181 Rz 48; KR-Rost, 4. Aufl., § 2 KSchG Rz 39).
3. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien keinen Änderungsvertrag geschlossen. Die Umsetzung ist vielmehr kraft Direktionsrechts erfolgt.
Der abweichenden Auslegung des Landesarbeitsgerichts kann nicht gefolgt werden. Die Auslegung von atypischen Verträgen und Willenserklärungen ist zwar Sache der Tatsachengerichte und in der Revision allein darauf zu überprüfen, ob bei der Auslegung dieser Verträge und Willenserklärungen die Rechtsvorschriften über die Auslegung richtig angewandt worden sind, ob dabei gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen und der Tatsachenstoff vollständig verwertet oder ob eine gebotene Auslegung unterlassen worden ist (Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 2. Aufl., § 73 Rz 16; GK-ArbGG/Ascheid, Stand Februar 1994, § 73 Rz 38, jeweils m.w.N.). Das Berufungsurteil hält diesem eingeschränkten Maßstab nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat mit seiner Annahme, der Arbeitsvertrag des Klägers habe eine Tätigkeit als technischer Angestellter „im Bauaufsichtsamt” vorgesehen, gegen Denkgesetze verstoßen, denn im Arbeitsvertrag vom 26. Januar 1981 wurde keine Tätigkeit als technischer Angestellter im Bauaufsichtsamt vereinbart. Vielmehr wurde der Kläger ohne jede Konkretisierung als technischer Angestellter unter Eingruppierung in die VergGr. III BAT eingestellt. Es handelte sich um den im öffentlichen Dienst üblichen Arbeitsvertrag, wonach der Angestellte nur für einen durch die Nennung der Vergütungsgruppe bezeichneten allgemein umschriebenen Aufgabenbereich eingestellt wird.
Aufgrund dieser fehlerhaften Feststellung ist das Landesarbeitsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, die Beklagte habe eine auf den Abschluß eines Änderungsvertrages gerichtete Willenserklärung abgegeben. Beurteilt nach dem Empfängerhorizont war dies nicht der Fall. Ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes will nur dann einen Änderungsvertrag schließen, wenn er eine Änderung der Arbeitsbedingung nicht einseitig durch Ausübung des Direktionsrechts herbeiführen kann. Hierdurch wird die im öffentlichen Dienst erforderliche Flexibilität gewährleistet. Auch im Falle einer Stellenausschreibung ist regelmäßig anzunehmen, daß die Übertragung einer neuen Stelle nicht durch Vertrag, sondern kraft Direktionsrechts erfolgt (vgl. BAG Urteil vom 23. Juni 1993 – 5 AZR 337/92 – AP Nr. 42 zu § 611 BGB Direktionsrecht). Daß die Beklagte von ihrem Direktionsrecht Gebrauch machen wollte, war auch für den Kläger ohne weiteres ersichtlich. Die Stelle im Bauförderungsamt war nach VergGr. III BAT ausgeschrieben. Aufgrund seines Arbeitsvertrages hätten dem Kläger alle Tätigkeiten, die die Merkmale der VergGr. III BAT erfüllen, zugewiesen werden können. Aus seiner Sicht war klar, daß für die Beklagte keine Veranlassung zu einem Vertragsschluß bestand. Dementsprechend beanstandete er das Fehlen einer „Umsetzungsverfügung”. Wäre er von einem Vertragsschluß ausgegangen, hätte er einen schriflichen Änderungsvertrag gefordert.
IV. Ob dem Kläger ein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung in der geltend gemachten Höhe zusteht, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Hierzu bedarf es weiterer Sachaufklärung durch das Landesarbeitsgericht.
1. Dem Arbeitgeber können nach Treu und Glauben besondere Auskunfts- und Aufklärungspflichten als vertragliche Nebenpflichten obliegen. Inhalt und Umfang dieser Aufklärungs- und Informationspflichten sind unter Abwägung der beiderseitigen Interessen und Möglichkeiten nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB zu bestimmen (vgl. BAG Urteile vom 22. November 1963 – 1 AZR 17/63 – AP Nr. 6 zu § 611 BGB Öffentlicher Dienst; BAGE 47, 169, 173 ff. = AP Nr. 5 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen; vom 18. September 1984 – 3 AZR 118/82 – AP Nr. 6 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen; vom 13. Dezember 1988 – 3 AZR 322/87 – AP Nr. 23 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen; vom 10. März 1988 – 8 AZR 420/85 – AP Nr. 99 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht). Die Anforderungen an die Aufklärungspflichten des Arbeitgebers dürfen allerdings nicht überspannt werden. Jeder Vertragspartner hat für die Wahrnehmung eigener Vermögensinteressen grundsätzlich selbst zu sorgen. Eine Aufklärungspflicht des Arbeitgebers besteht nur bei einem besonderen, dem Arbeitgeber erkennbaren Aufklärungsbedarf des Arbeitnehmers. Dieser kann im Einzelfall anzunehmen sein, wenn der aufklärungsbedürftige Umstand in der Sphäre des Arbeitgebers liegt. Der Arbeitgeber braucht nicht ohne besondere Umstände von einem Informationsbedürfnis des Arbeitnehmers auszugehen (vgl. BAG Urteil vom 3. Juli 1990 – 3 AZR 382/89 – EzA § 611 BGB Aufhebungsvertrag Nr. 7). Zudem darf die Aufklärungs- und Informationsverpflichtung keine übermäßige Belastung für den Arbeitgeber begründen. Kann sich der Arbeitnehmer die Informationen auf zumutbare Weise anderweitig verschaffen, besteht keine Unterrichtungspflicht.
Ein Arbeitnehmer, der sich beruflich verändern will, muß sich selbst darüber informieren, ob die Veränderung für ihn von Vorteil ist. Wenn sich die Erwartungen des Arbeitnehmers nicht erfüllen, gehört dies zu seinem allgemeinen Lebensrisiko.
2. Die Tarifrechtsänderung war ein besonderer Umstand, aus dem sich für die Beklagte eine besondere Auskunfts- und Aufklärungspflicht ergab. Die Tarifrechtsänderung hatte Auswirkungen auf die Bewertung der Stellen technischer Angestellter. Es wurde erstmals ein Bewährungsaufstieg eingeführt und eine breit angelegte Neubewertung der Stellen war zu erwarten. Deshalb oblag es der Beklagten, den Kläger darauf hinzuweisen, daß sich aufgrund der tariflichen Neuregelung etwas an der bisherigen Stellenbewertung ändern könnte. Vorliegend war ein entsprechender Hinweis auf Unsicherheiten in der Stellenbewertung insbesondere deshalb geboten, weil der Kläger ausdrücklich geltend gemacht hatte, er wolle sich nicht verschlechtern. Der unstreitig gegebene Hinweis auf die Existenz des Änderungstarifvertrages genügte nicht zur Erfüllung der Aufklärungspflicht. Der Kläger hatte keine Kenntnis vom Inhalt des Tarifvertrages und den auf der Stelle im Bauförderungsamt anfallenden Arbeitsvorgängen. Er war auf Informationen der Beklagten angewiesen. Für die Beklagte war es auch ohne weiteres möglich, den Kläger auf etwaige Unsicherheiten in der Stellenbewertung hinzuweisen.
Es ist insofern von einer abgestuften Aufklärungspflicht auszugehen, je nachdem, ob die Beklagte von der tariflichen Abwertung informiert war oder nicht. Bei Unkenntnis oblag es ihr, den Kläger auf Unsicherheiten bei der Stellenbewertung hinzuweisen. Bei Kenntnis von der geringeren Bewertung war sie verpflichtet, den Kläger davon zu unterrichten.
3. Hinsichtlich der behaupteten Pflichtverletzung ist der Kläger beweispflichtig. Soweit der Kläger rügt, das Landesarbeitsgericht habe den Zeugen R. nicht vernommen, hat der Kläger mit der Verfahrensrüge Erfolg. Bei der Rüge einer unterlassenen Beweiserhebung muß bestimmt angegeben werden, wo das entsprechende Beweisangebot gemacht worden ist, über welches Thema Beweis hätte erhoben werden müssen und welches Ergebnis diese Beweisaufnahme hätte zeitigen müssen (BAG Urteil vom 29. Juli 1992 – 4 AZR 502/91 – AP Nr. 32 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel, m.w.N.). Diesen formellen Voraussetzungen wird die Verfahrensrüge gerecht. Sie ist daher zulässig. Die Verfahrensrüge ist auch begründet. Würde der Zeuge R. bestätigen, daß der Kläger im Bewerbungsgespräch nicht auf Unsicherheiten hinsichtlich der Stellenbewertung hingewiesen wurde, würde eine Verletzung der Aufklärungspflicht vorliegen. Dem Kläger würde dann gegenüber der Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung zustehen.
Eine Verletzung der Aufklärungspflicht der Beklagten würde auch vorliegen, wenn Dr. K. vor der Umsetzung Kenntnis von der Herabgruppierung der Stelle erhalten hatte. Der Kläger hat unter Beweisantritt behauptet, dem Baudezernenten Dr. K. sei bekannt gewesen, daß die Stelle im Bauförderungsamt herabgruppiert werden sollte. Eine etwaige Kenntnis des Baudezernenten müßte sich die Beklagte zurechnen lassen. War der Beklagten zur Zeit der Umsetzung bekannt, daß die Stelle im Bauförderungsamt nach VergGr. IV a/III BAT zu bewerten war, bestand für sie die Pflicht, den Kläger zu informieren.
4. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist wegen der unterlassenen Zeugenvernehmung aufzuheben. Der Rechtsstreit ist an das Landesarbeitsgericht zur näheren Sachaufklärung zurückzuverweisen.
Unterschriften
Ascheid, Dr. Wittek, Müller-Glöge, Schömburg, Hennecke
Fundstellen