Entscheidungsstichwort (Thema)
Stufenfindung bei Höhergruppierung infolge Tarifänderung
Leitsatz (amtlich)
Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum BAT-O/VKA vom 12. November 1991 wurde die Anrechnung der sogenannten Vordienstzeiten aus einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst vor dem 1. Juli 1991 eingeführt. Das wirkte sich u.a. bei der Höhe der Bezahlung – Lebensaltersstufe, Bewährungs- oder Tätigkeitsaufstieg – aus. Die Einreihung in die Vergütungsstufen der jeweiligen Vergütungsgruppe richtet sich nach § 27 BAT-O/VKA in Verb. mit der Übergangsvorschrift zu § 27 Abs. 3 Unterabs. 1 BAT-O/VKA. Gehen Lebensaltersstufenfindung mit einer Höhergruppierung infolge Bewährungsaufstiegs einher, sind zunächst die Lebensaltersstufe der bisherigen Vergütungsgruppe zu ermitteln und erst anschließend die Lebensaltersstufe der Vergütungsgruppe, in die der Angestellte im Wege der Bewährung aufgestiegen ist. Hieran ändert nichts die Regelung in § 2 Ziffer 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 2, nach der wegen der Dienstzeiten der Angestellte so zu stellen ist, als ob Abschnitt VI (Eingruppierung) und die Vergütungsordnung BAT-O bereits vor dem 1. Juli 1991 gegolten hätten.
Normenkette
BAT-O/VKA § 27 Abschn. A
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 9. Dezember 1994 – 3 Sa 629/94 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf den Differenzbetrag zwischen den Bezügen nach der Vergütungsgruppe V c Stufe 8 und der Vergütungsgruppe V c Stufe 9 BAT-O/VKA für die Zeit vom 1. Dezember 1991 bis zum 30. Juni 1993 hat. Dabei geht es um die für die Höhe der Vergütung der Klägerin maßgebliche Vergütungsstufe.
Die am 28. Juli 1938 geborene Klägerin ist seit 1. September 1955 als Kindergärtnerin im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätig. Mit „Arbeitsvertrag/Übernahmevertrag” vom 5. Juni 1991 übernahm die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin ab 1. September 1991 vom Landkreis P.
§ 3 dieses Vertrages lautet:
„Die Beschäftigungszeiten beim bisherigen Arbeitgeber vom 01.09.1955 bis 31.08.1991 werden als Beschäftigungszeiten und Dienstzeiten anerkannt.”
Die Klägerin ist Mitglied der Gewerkschaft ÖTV, die Beklagte ist Mitglied des kommunalen Arbeitgeberverbandes Sachsen.
Mit Ablauf des 31. August 1995 schied die Klägerin aufgrund, ordentlicher betriebsbedingter Kündigung aus den Diensten des Beklagten aus.
Die Beklagte berechnete den Beginn des Bewährungsaufstiegs aus der Vergütungsgruppe VI b BAT-O/VKA mit dem 28. Juli 1956, stellte sodann den vollzogenen Bewährungsaufstieg nach Vergütungsgruppe V c BAT-O/VKA zum 1. Dezember 1991 fest und wies der Klägerin eine Vergütung ab 1. Dezember 1991 nach Vergütungsgruppe V c Stufe 8 und ab 1. Juli 1993 aus Stufe 9 BAT-O/VKA zu („Neuberechnung der Beschäftigungszeit nach § 19 BAT-O” vom 23. September 1992).
Dementsprechend wurde die Klägerin vergütet.
U.a. mit Schreiben vom 12. Mai 1993 forderte die Klägerin erfolglos Vergütung aus der nächsthöheren Stufe.
Mit am 21. September 1993 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage macht die Klägerin Ansprüche auf Zahlung der Differenz zwischen den Bezügen der Vergütungsgruppe V c Stufe 8 und der Vergütungsgruppe V c Stufe 9 BAT-O/VKA für die Zeit vom 1. Dezember 1991 bis 30. Juni 1993 geltend.
Sie hat die Auffassung vertreten, bereits am 1. Juli 1959 sei der Bewährungsaufstieg zu Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 7 BAT-O – hypothetisch – erfolgt. Der dreijährige Bewährungsaufstieg aus Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 5 nach Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 7 sei deshalb am 1. Juli 1962 vollzogen gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hätte eine Vergütung nach Vergütungsgruppe V c Stufe 1 erfolgen müssen. Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BAT-O/VKA hätte die Klägerin am 1. Juli 1980 die Endgrundvergütung der Vergütungsgruppe V c BAT-O/VKA erreicht. Ausdrücklicher Wille der Tarifvertragsparteien sei es gewesen, die Beschäftigten so zu behandeln, als wenn der BAT-O bereits vor dem 1. Juli 1991 gegolten hätte. Dementsprechend sei die Berechnung eines hypothetischen Bewährungsaufstiegs zwingend vorgeschrieben.
Hinsichtlich der Ausschlußfrist greife die Übergangsvorschrift zu § 22 BAT-O/VKA ein. Zu der Eingruppierung gehöre auch die jeweilige Stufe.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.286,64 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit 6. Oktober 1993 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Stufenermittlung gemäß der Übergangsvorschrift zu Abs. 3 Unterabs. 1 des § 27 BAT-O/VKA sei zutreffend durchgeführt worden. § 27 BAT-O/VKA komme keine rückwirkende Geltung zu. Die Höhergruppierung sei demzufolge erst zu dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, zu dem sie hätte wirksam werden können, nämlich am 1. Dezember 1991 mit der Anerkennung von Beschäftigungszeiten nach § 19 BAT-O/VKA. In der Übergangsvorschrift zu § 27 BAT-O/VKA komme das Anliegen der Tarifvertragsparteien klar zum Ausdruck, daß am 1. Dezember 1991 zunächst, die Stufe der Grundvergütung in der bisherigen Vergütungsgruppe neu zu ermitteln und erst anschließend die Höhergruppierung durchzuführen sei.
§ 70 BAT-O/VKA sei zu berücksichtigen. Die Altersstufe habe mit einer Eingruppierung nach § 22 BAT-O/VKA nichts zu tun. Eventuell vor dem 1. Dezember 1992 liegende Ansprüche seien gemäß § 70 BAT-O/VKA verfallen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das arbeitsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I. Die Leistungsklage ist zulässig. Der Streitgegenstand (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) ist hinreichend bestimmt. Die Klägerin verlangt für die Zeit von Dezember 1991 bis einschließlich Juni 1993 1.286,64 DM brutto als Differenz zwischen der Vergütung nach Vergütungsgruppe V c Stufe 8 und nach Vergütungsgruppe V c Stufe 9 BAT-O/VKA, wie sich aus der Klageschrift ergibt. Das reicht aus.
II. Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, daß die Klägerin keinen Anspruch auf Gehalt nach Stufe 9 der Vergütungsgruppe V c der Anlage 1 a BAT-O/VKA hat.
1. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft Verbands Zugehörigkeit der Parteien der Bundes-Angestelltentarifvertrag in der für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände der neuen Länder geltenden Fassung (BAT-O/VKA) mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG).
2. Streitig ist zwischen den Parteien die Vergütungsstufe, nach der sich die der Klägerin zustehende Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c der Anlage 1 a BAT-O/VKA richtet.
Für die Ermittlung der Vergütungsstufe ist § 27 Abschnitt A BAT-O/VKA maßgebend.
Dieser enthält u.a. folgende Bestimmungen:
„(1) Vom Beginn des Monats an, in dem ein Angestellter der Vergütungsgruppen X bis III das 21. Lebensjahr, der Vergütungsgruppen II bis I das 23. Lebensjahr vollendet, erhält er die Anfangsgrundvergütung (1. Stufe) seiner Vergütungsgruppe. Nach je zwei Jahren erhält der Angestellte bis zum Erreichen der Endgrundvergütung (letzte Stufe) die Grundvergütung der nächsthöheren Stufe seiner Vergütungsgruppe.
(2) Wird der Angestellte höhergruppiert, erhält er vom Beginn des Monats an, in dem die Höhergruppierung wirksam wird, in der Aufrückungsgruppe die Grundvergütung der Stufe, deren Satz mindestens um den Garantiebetrag höher ist als seine bisherige Grundvergütung, höchstens jedoch die Endgrundvergütung (letzte Stufe) der Aufrückungsgruppe, bei einer Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe II jedoch die Grundvergütung der nächstniedrigeren Stufe, mindestens aber die Anfangsgrundvergütung (1. Stufe). Garantiebetrag im Sinne des Satzes 1 ist der Unterschiedsbetrag zwischen den Anfangsgrundvergütungen (erste Stufen) der bisherigen Vergütungsgruppe und der Aufrückungsgruppe.
…
Fällt der Zeitpunkt einer Steigerung (Abs. 1 Satz 2) mit dem einer Höhergruppierung zusammen, ist zunächst die Steigerung in der bisherigen Vergütungsgruppe und danach die Höhergruppierung durchzuführen.
Nach der Höhergruppierung erhält der Angestellte erstmals vom Beginn des Monats an, in dem er ein mit ungerader Zahl bezeichnetes Lebensjahr vollendet, und weiterhin nach je zwei Jahren bis zum Erreichen der Endgrundvergütung (letzte Stufe) die Grundvergütung der nächsthöheren Stufe seiner Vergütungsgruppe.
(3) Der Angestellte, der bei der Einstellung das 21. bzw. das 23. Lebensjahr überschritten hat, erhält die Grundvergütung der nächstniedrigeren Stufe als der Stufe, die er zu erhalten hätte, wenn er seit Vollendung des 21. bzw. 23. Lebensjahres in der unmittelbar unter der Anstellungsgruppe liegenden Vergütungsgruppe beschäftigt und am Tage der Einstellung höhergruppiert worden wäre, mindestens jedoch die Anfangsgrundvergütung (1. Stufe) der Anstellungsgruppe. Bei Einstellung in die Vergütungsgruppe X erhält der Angestellte die Grundvergütung der Stufe, die er erreicht hätte, wenn er seit Vollendung des 21. Lebensjahres in dieser Vergütungsgruppe beschäftigt worden wäre.
…
(5) Bei der Festsetzung der Grundvergütung ist ohne Rücksicht darauf, an welchem Monatstage der Angestellte geboren ist, die Vollendung eines Lebensjahres mit Beginn des Monats anzunehmen, in den der Geburtstag fällt.”
Wer also bei der Einstellung das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, erhält bei Erreichen des 21. Lebensjahres eine nach Abs. 1 berechnete Stufe. Im übrigen vollzieht sich die Berechnung der Stufe nach Abs. 3. Danach ist zunächst die Stufe zu ermitteln, die der Angestellte erhalten hätte, wenn er seit Vollendung des 21. Lebensjahres in der unmittelbar unter der Anstellungsvergütungsgruppe liegenden Vergütungsgruppe beschäftigt und am Tage der Einstellung in die Anstellungsgruppe höhergruppiert worden wäre. Bei Höhergruppierung ist Abs. 2 maßgebend.
Für die neuen Bundesländer gilt eine „Übergangsvorschrift zu [§ 27] Abs. 3 Unterabs. 1” – enthalten im Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom 12. November 1991 (GMBl 1992 S. 90, 97, 99), gültig ab 1. Dezember 1991. Diese Vorschrift lautet:
„Sind für den Angestellten, der am 30. November 1991 schon und am 1. Dezember 1991 noch im Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber steht, Zeiten vor dem 1. Januar 1991 nach § 19 Abs. 1 und 2 und den Übergangsvorschriften hierzu als Beschäftigungszeit zu berücksichtigen, erhält der Angestellte die Grundvergütung der Stufe, die er zu erhalten hätte, wenn er seit Beginn der ununterbrochenen Beschäftigungszeit (ohne die nach Nr. 3 der Übergangsvorschrift zu § 19 berücksichtigten Zeiten), frühestens jedoch seit Vollendung des 21. bzw. 23. Lebensjahres in der für ihn am 1. Dezember 1991 maßgebenden Vergütungsgruppe beschäftigt worden wäre.
Falls der Angestellte ab 1. Dezember 1991 höhergruppiert oder herabgruppiert wird, ist Satz 1 vor der Höhergruppierung bzw. Herabgruppierung durchzuführen.”
Diese Übergangsvorschrift sieht also vor, daß Beschäftigungszeiten vor dem 1. Januar 1991 sich auf die Stufen der Grundvergütung auswirken können. Trifft sie mit einer Höhergruppierung zusammen, ist zunächst die zutreffende Stufe der Grundvergütung zu ermitteln, die der Angestellte bislang bezogen hat.
a) Die Beklagte hat für die Klägerin den Bewährungsaufstieg nach dem mit Änderung des Änderungstarifvertrages Nr. 1 durch den Änderungstarifvertrag Nr. 1, mit dem sich die Tarifvertragsparteien auf die Anrechnung der sogenannten Vordienstzeiten aus einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst vor dem 1. Juli 1991 geeinigt hatten, was sich nicht nur auf die Lebensaltersstufe, sondern u.a. auch auf die Bewährungsaufstiege auswirkte, von der Vergütungsgruppe VI b BAT-O/VKA per 1. Dezember 1991 in die Vergütungsgruppe V c BAT-O/VKA als vollzogen angesehen. Bis zum 30. November 1991 erhielt die Klägerin Vergütung nach Vergütungsgruppe VI b BAT-O/VKA. Sie war in Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 5 der Vergütungsgruppen für den Sozial- und Erziehungsdienst eingruppiert. Mit dem 2. Änderungstarifvertrag zum BAT-O wurde durch die Anrechnung von Vordienstzeiten für diese Fallgruppe der Sache nach ein vorzeitiger Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 7 eingeführt. Die Klägerin hatte sich bis zum 1. Dezember 1991 in ihrer Tätigkeit als Kindergärtnerin, die die Berechtigung erworben hatte, die Berufsbezeichnung „staatlich anerkannte Erzieherin” zu führen, und als solche in der Kindertagesstätte „N.” der beklagten Stadt zuletzt tätig war, fiktiv in der Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 5 mindestens drei Jahre bewährt. Darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit.
Diese Zeiten sind als Bewährungszeiten im Sinne der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 7 der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst anzurechnen. Das ergibt sich aus § 2 Ziffer 1 des 2. Änderungstarifvertrages zum BAT-O/VKA.
Diese Bestimmung lautet:
„Sofern in Tätigkeitsmerkmalen Bewährungszeiten, Tätigkeitszeiten, Zeiten einer Berufsausübung usw. gefordert werden, werden diejenigen nach § 19 Abs. 1 und 2 BAT-O und den Übergangsvorschriften hierzu als Beschäftigungszeit anerkannten Zeiten berücksichtigt, die zu berücksichtigen gewesen wären, wenn Abschnitt VI und die Vergütungsordnung des BAT-O bereits vor dem 1. Juli 1991 gegolten hätten. Soweit Tätigkeitsmerkmale die Anrechnung außerhalb des Geltungsbereichs BAT-O zurückgelegter Zeiten zulassen, werden solche Zeiten berücksichtigt, wenn sie nach Satz 1 zu berücksichtigen wären, wenn sie im Geltungsbereich des BAT-O zurückgelegt worden wären.”
Danach hat die Klägerin am 1. Dezember 1991 die dreijährige Bewährungszeit erfüllt. Auch darin stimmen die Parteien überein.
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beklagte bei Vollziehung der Anrechnung der sogenannten Vordienstzeiten sowohl die Auswirkungen der Anrechnung der Vordienstzeiten auf die Lebensaltersstufe als auch auf den Bewährungsaufstieg beachtet und die Vergütungsstufe zutreffend nach § 27 Abschn. A BAT-O/VKA in Verb. mit der Übergangsvorschrift zu § 27 Abs. 3 Unterabsatz 1 BAT-O/VKA ermittelt.
Die Beklagte hat ab 1. Dezember 1991 mit dem Wirksamwerden der Anrechnung von sogenannten Vordienstzeiten zutreffend die Grundvergütung der Klägerin mit der Vergütung aus Vergütungsgruppe VI b Vergütungsstufe 10 ermittelt. Dabei war innerhalb der für die Klägerin gegebenen ununterbrochenen Beschäftigungszeit ab 28. Juli 1956 vom Beginn des Monats auszugehen, in dem die Klägerin das 21. Lebensjahr vollendet hatte, also vom 1. Juli 1959, da die Klägerin am 28. Juli 1938 geboren ist. Die Klägerin hatte also – den Bewährungsaufstieg außer Betracht gelassen – ab 1. Dezember 1991 Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe VI b Vergütungsstufe 10 BAT-O/VKA. Im Anschluß an die Ermittlung der Grundvergütung war im Hinblick auf den per 1. Dezember 1991 der Sache nach durch Anrechnung von Vordienstzeiten vorgezogenen Bewährungsaufstieg zu prüfen, ob die Klägerin per 1. Dezember 1991 die dreijährige Bewährungszeit hinter sich gebracht hatte. Das war, wie ausgeführt, der Fall. Die Grundvergütung aus Vergütungsgruppe VI b Vergütungsstufe 10 (1.549,65 DM) war um den sich aus der Differenz der Vergütung aus der Vergütungsgruppe VI b Stufe 1 (1.139,45 DM) zu der Vergütung aus der Vergütungsgruppe V c Stufe 1 (1.234,52 DM) ergebenden Garantiebetrag (95,07 DM) zu erhöhen. Die nach der Summe von 1.644,72 DM nächsthöher liegende Vergütungsstufe der Vergütungsgruppe V c (Aufrückungsgruppe) entspricht der von der Beklagten ermittelten und gezahlten Vergütungsstufe 8 (1.686,43 DM [Stufe 7: 1.623,42 DM]).
Seit 1. Juli 1993 erhält die Klägerin Vergütung nach Vergütungsgruppe V c „Dienstaltersstufe 9”, da sie zu diesem Termin die nächste Vergütungsstufe erreicht hat.
c) Die Klägerin kann einen weitergehenden Vergütungsanspruch nicht mit Erfolg aus einer von ihr für richtig gehaltenen „hypothetischen Höhergruppierung” im Wege des Bewährungsaufstiegs per 1. Juli 1962 mit anschließender Anwendung der Altersstufenregelung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BAT-O/VKA ableiten, die die hypothetische Erreichung der Endgrundvergütung der Stufe 9 der Vergütungsgruppe V c bereits per 1. Juli 1980 zum Ergebnis hätte mit der Folge der Vergütung nach der Endstufe jedenfalls ab 1. Dezember 1991.
Die Klägerin meint, es sei zu prüfen, in welcher Vergütungsstufe die Klägerin hypothetisch sei, hätte sie ab 1. Juli 1959, also ab dem Monat, in dem sie das 21. Lebensjahr erreicht gehabt habe, den Bewährungsaufstieg durchlaufen und wäre damals schon § 27 Abs. 2 BAT-O/VKA anwendbar gewesen. In den Tarifbestimmungen des § 27 BAT-O/VKA in Verb. mit der Übergangsvorschrift zu § 27 Abs. 3 Unterabs. 1 BAT-O/VKA und § 2 Ziff. 1 des Änderungstarifvertrages vom 12. November 1991 sei der eindeutige Wille der Tarifvertragsparteien zum Ausdruck gekommen, die unter den BAT-O fallenden Beschäftigten so zu behandeln, als habe der Tarifvertrag bereits vor dem 1. Juli 1991 gegolten. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts kollidiere insbesondere mit dem Regelungsgehalt des § 2 Nr. 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 2 zum BAT-O vom 12. November 1991. Dem stehe die Übergangsvorschrift zu § 27 Abs. 3 Unterabs. 1 BAT-O/VKA nicht entgegen, in der nur die Berechnung der zutreffenden Lebensaltersstufe bei tatsächlichen Höher- oder Herabgruppierungen ab dem 1. Dezember 1991 geregelt sei. Sie umfasse nicht die Bestimmung der zutreffenden Lebensaltersstufe bei einer hypothetischen Höhergruppierung, die bei der Klägerin zu erfolgen habe. Die hypothetische Höhergruppierung durch Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 7 wäre am 1. Juli 1962 vollzogen gewesen, so daß die Klägerin unter Anwendung der Altersstufenregelung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BAT-O/VKA am 1. Juli 1980 die Endgrundvergütung, das heiße, die Altersstufe 9 der Vergütungsgruppe V c, erreicht hätte.
Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß die Tarifvertragsparteien in der Übergangsregelung zu § 27 Abs. 3 Unterabs. 1 BAT-O/VKA die Anrechnung der Zeiten der Tätigkeit des Angestellten vor dem 1. Dezember 1991 für die Ermittlung der Vergütungsstufe bei seiner Höhergruppierung nicht vorsehen. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Klägerin beachte nicht, daß die Grundlage für die Berechnung der Stufen der Grundvergütung die Übergangsvorschrift zu § 27 Abs. 3 BAT-O/VKA sei. Danach sei zunächst die „am 1. Dezember 1991 maßgebende Vergütungsgruppe” zu ermitteln. Nur auf dieser Grundlage könne hypothetisch eine Beschäftigung in dieser Vergütungsgruppe seit Beginn der gemäß § 19 BAT-O zu berücksichtigenden Beschäftigungszeit angenommen werden und die Stufe gemäß § 27 Abs. 3 BAT-O/VKA anzurechnen sein. Erst danach sei mit Hilfe der Übergangsvorschrift gemäß § 2 Abs. 1 Ziffer 1 des 2. Änderungstarifvertrages zum BAT-O festzustellen, ob die Klägerin am Bewährungsaufstieg teilnehme. Die Heranziehung von Zeiten vor dem 1. Dezember 1991 oder vor dem 1. Juli 1991 als Bewährungszeiten könnten nämlich nur nach dieser Vorschrift, nicht etwa nach der Übergangsvorschrift zu § 27 Abs. 3 BAT-O/VKA erfolgen. Da die Klägerin nach der genannten Vorschrift des Änderungstarifvertrages Nr. 2 am Bewährungsaufstieg teilnehme, sei sie höhergruppiert. Für die Stufenberechnung habe nunmehr der Mechanismus des § 27 Abs. 2 BAT-O/VKA gegolten, den die Beklagte zugrunde gelegt habe.
Die Einreihung in die Vergütungsstufen der jeweiligen Vergütungsgruppe richtet sich auch bei mit der Anrechnung von Vordienstzeiten auf die bisherige Grundvergütung, was zu einer anderen, höheren Dienstaltersstufe führt, einhergehender gleichzeitiger Höhergruppierung wegen der Anrechnung von Vordienstzeiten, etwa, wie hier, im Wege des Bewährungsaufstiegs, nach § 27 BAT-O/VKA in Verb. mit der Übergangsregelung zu § 27 Abs. 3 Unterabs. 1 BAT-O/VKA. Hieran ändert auch § 2 Ziff. 1 des 2. Änderungstarifvertrages nichts, nach dem der Angestellte wegen der Tätigkeits- und/oder Bewährungszeiten so zu stellen ist, als ob der Tarifvertrag bereits vor dem 1. Juli 1991 gegolten hätte. Nach dem klaren Wortlaut des § 2 Ziff. 1 des 2. Änderungstarifvertrages ist die Berücksichtigung von vor dem 1. Juli 1991 zurückgelegten Zeiten einer Tätigkeit oder Bewährung lediglich für die Eingruppierung des Angestellten oder für seinen Anspruch auf eine Vergütungsgruppenzulage vorgesehen, nicht hingegen für die Stufenfindung. Dies hat der Senat wiederholt für § 27 Abschnitt A Abs. 2 Unterabs. 1 BAT/VKA und § 6 des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1 a BAT/VKA vom 24. April 1991 entschieden (Urteil des Senats vom 15. Juni 1994 – 4 AZR 821/93 – AP Nr. 4 zu § 27 BAT; Urteil des Senats vom 14. Dezember 1994 – 4 AZR 909/93 – n. v.; ebenso Urteil des Sechsten Senats vom 8. September 1994 – 6 AZR 272/94 – AP Nr. 6 zu § 27 BAT). An der dort vertretenen Auffassung ist auch für § 27 Abschnitt A BAT-O/VKA in Verb. mit der Übergangsvorschrift zu § 27 Abs. 3 Unterabs. 1 BAT-O/VKA und § 2 Ziffer 1 des 2. Änderungstarifvertrages festzuhalten. Insoweit gilt nichts anderes.
aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Wortlaut auszugehen. Dabei ist der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien ist, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat, über den reinen Wortlaut hinaus mit zu berücksichtigen. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG Urteil vom 23. September 1992 – 4 AZR 66/92 – AP Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel, zu I 2 a der Gründe, m.w.N.).
bb) Nach dem klaren Wortlaut des § 2 Ziff. 1 des 2. Änderungstarifvertrages zum BAT-O vom 12. November 1991 wird die vor dem 1. Juli 1991 zurückgelegte als Beschäftigungszeit anerkannte Zeit so berücksichtigt, wie sie zu berücksichtigen wäre, wenn der Abschnitt VI (Eingruppierung) und die Vergütungsordnung bereits vor dem 1. Juli 1991 gegolten hätten. Die Berücksichtigung solcher vor dem 1. Dezember bzw. vor dem 1. Juli 1991 liegender Zeiten als Bewährungszeiten ist somit lediglich für die Eingruppierung des Angestellten vorgesehen. Dabei handelt es sich um technische Fachausdrücke, die von denjenigen der Stufe oder Vergütungsstufe streng zu trennen sind. Diese technischen Fachausdrücke sind zum Teil Gegenstand sehr umfangreicher tariflicher Regelungen (vgl. z.B. §§ 23, 27 BAT-O). Angesichts dessen muß davon ausgegangen werden, daß die Tarifvertragsparteien mit der Vorschrift des § 2 Ziffer 1 des 2. Änderungstarifvertrages zum BAT-O nur hinsichtlich der Eingruppierung des Angestellten sowie seines Anspruchs auf Vergütungsgruppenzulage Tätigkeits-, Bewährungs- und Berufstätigkeitszeiten vor dem 1. Juli 1991 so berücksichtigen wollten, wie wenn der Tarifvertrag bereits seit Beginn des Arbeitsverhältnisses gegolten hätte, nicht jedoch hinsichtlich der – in dieser Regelung ungenannt gebliebenen – Stufenfindung nach § 27 BAT-O/VKA.
Das folgt eindeutig aus der Übergangsregelung zu § 27 Abschnitt A Abs. 3 Unterabs. 1: Grundlage für die Berechnung der Stufen der Grundvergütung ist diese Übergangsvorschrift. Danach ist zunächst die „am 1. Dezember 1991 maßgebende Vergütungsgruppe” zu ermitteln. Nur auf dieser Grundlage kann hypothetisch eine Beschäftigung in dieser Vergütungsgruppe seit Beginn der gemäß § 19 BAT-O/VKA zu berücksichtigenden Beschäftigungszeiten angenommen werden und ist daher die Stufe gemäß § 27 Abs. 3 BAT-O/VKA auszurechnen. Erst danach ist mit Hilfe des Satzes 2 der Übergangsvorschrift gemäß § 2 Ziff. 1 des 2. Änderungstarifvertrages zum BAT-O/VKA festzustellen, ob die Klägerin überhaupt am Bewährungsaufstieg teilnimmt.
cc) Für dieses Auslegungsergebnis spricht ganz eindeutig auch ein weiteres Argument: Die Festsetzung der Grundvergütung bei Höhergruppierung ist im BAT für den Bereich Bund/Länder (BL) einerseits und für den Bereich der VKA andererseits unterschiedlich geregelt: Während nach § 27 Abschnitt A Abs. 3 BAT/BL der Angestellte – von der Ausnahmeregelung des Satzes 2 des Absatzes 3 abgesehen – grundsätzlich die in der verlassenen Vergütungsgruppe maßgebende Lebensaltersstufe auch in der höheren Vergütungsgruppe behält, erhält der Angestellte nach § 27 Abschnitt A Abs. 2 Unterabsatz 1 BAT/VKA nicht grundsätzlich die Grundvergütung nach derjenigen Stufe, nach der sich seine Grundvergütung in der bisherigen Vergütungsgruppe bemessen hat. Bei der Geltung der Regelung des § 27 Abschnitt A Abs. 3 BAT/BL wäre der Klägerin daher ihre Vergütungsstufe erhalten geblieben. Wenn dies – bei der vorstehend dargestellten Unterschiedlichkeit der Stufenfindungsregelung – von den Tarifvertragsparteien wenigstens für den Geltungsbereich des BAT-O anders gewollt gewesen wäre, hätten die tariflichen Regelungen für diesen Bereich anders gestaltet werden müssen. Das ist jedoch nicht geschehen. Uttlinger/Breyer/Kiefer/Hoffmann/Pühler (Arbeits- und Tarifrecht der Angestellten in den neuen Bundesländern – BAT-O –, Stand September 1996, § 27 BAT-O Rz 9) weisen zutreffend darauf hin, daß im Gegensatz zu den Bund/TdL-Regelungen die Vergütung in der höheren Vergütungsgruppe so ermittelt wird, daß auf die Vergütung der zu verlassenden Vergütungsgruppe der Betrag der Differenz zwischen den jeweiligen ersten Stufen der Vergütungsgruppe hinzugerechnet wird und dann ermittelt wird, welcher der Beträge in der höheren Vergütungsgruppe diese Summe erreicht oder erstmals überschreitet.
dd) Damit entfällt auch das Argument der Klägerin, es sei Wille der Tarifvertragsparteien gewesen, die unter den BAT-O fallenden Beschäftigten so zu behandeln, als habe der Tarifvertrag bereits vor dem 1. Juli 1991 gegolten. Denn die hier einschlägigen tarifvertraglichen Bestimmungen entsprechen der auch sonst im Bereich der VKA anzutreffenden Regelung. Im Tariftext finden sich keine Anhaltspunkte für den Willen der Tarifvertragsparteien, bei Höhergruppierung aufgrund des 2. Änderungstarifvertrages die Stufenfindung für die Angestellten im Bereich VKA-Ost abweichend, etwa wie im Bund-Länder-Bereich zu regeln.
Die Klägerin hat sonach keinen Anspruch auf die geltend gemachte Differenz.
Auf die Frage der Ausschlußfrist des § 70 BAT kommt es sonach nicht mehr an.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schaub, Schneider, Friedrich, Peter Jansen, Dr. Sponer
Fundstellen
Haufe-Index 1087057 |
NZA 1998, 547 |