Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung Krankengymnastin. Anwendbarkeit der Grundsätze zur korrigierenden Rückgruppierung bei Verweigerung des Bewährungsaufstiegs. schwierige Aufgaben einer Krankengymnastin im tariflichen Sinne. Tätigkeitsbeispiele. Arbeitsvorgang. Eingruppierung öffentlicher Dienst

 

Orientierungssatz

  • Die Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislast bei der sog. korrigierenden Rückgruppierung sind auf den Fall der Verweigerung des Bewährungsaufstiegs grundsätzlich übertragbar. Das gilt aber nur insoweit, wie sich aus der Mitteilung des Arbeitgebers über die Eingruppierung zwingend eine tarifliche Voraussetzung für den Bewährungsaufstieg ergibt.
  • Die krankengymnastische Behandlung von Patienten, die eine “schwierige Aufgabe” im tariflichen Sinne bzw. der darin aufgeführten Tätigkeitsbeispiele ist, stellt einen eigenen Arbeitsvorgang dar.
  • Die Tätigkeitsbeispiele für “schwierige Aufgaben”, die auf Nachbehandlungen abstellen (nach Lungen- oder Herzoperationen, nach dem Einsatz von Endoprothesen, nach Herzinfarkt oder nach Verbrennungen), setzen eine zeitliche Nähe der Nachbehandlung zur Operation bzw. Erkrankung voraus.
  • Die Tätigkeitsbeispiele “in der Psychatrie” und “in der Geriatrie” erfassen die Behandlung von Patienten in psychiatrischen oder geriatrischen Einrichtungen; das schließt nicht aus, dass auch die Behandlung von Patienten mit psychiatrischen und geriatrischen Erkrankungen außerhalb solcher Einrichtungen “schwierige Aufgaben” sein können.
 

Normenkette

BAT/AOK § 22; BAT/AOK Anlage 1a zum BAT/AOK Vergütungsordnung A V VergGr. 5 Fallgr. 7, VergGr. 6 Fallgr. 4 und 5, VergGr. 7 Fallgr. 2

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 16.07.2002; Aktenzeichen 13 Sa 21/00)

ArbG Pforzheim (Urteil vom 27.01.2000; Aktenzeichen 3 Ca 178/99)

 

Tenor

  • Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Kammern Mannheim – vom 16. Juli 2002 – 13 Sa 21/00 – wird zurückgewiesen.
  • Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die zutreffende tarifliche Vergütung der Klägerin.

Die 1949 geborene Klägerin ist seit dem 1. Mai 1993 als Krankengymnastin bei der Beklagten in der Klinik “S…”, Fachklinik für Rehabilitation, in B… beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom 20. Januar 1993 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag und den diesen ergänzenden und ändernden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung (BAT/AOK). Nach § 4 des Arbeitsvertrages richtet sich die Vergütung nach VergGr. 6 BAT/AOK.

Mit Schreiben vom 24. November 1998 berief sich die Klägerin darauf, dass sie auf Grund Bewährungsaufstiegs in VergGr. 7 BAT/AOK eingruppiert sei. Dieses Begehren verfolgt sie mit der im Mai 1999 erhobenen Klage weiter. Sie hat die Ansicht vertreten, dass sie bereits seit Mai 1996 im Wege des Bewährungsaufstiegs in VergGr. 7 (Fallgr. 2) BAT/AOK eingruppiert sei. Nach dem Arbeitsvertrag sei sie in VergGr. 6 (Fallgr. 4) BAT/AOK eingruppiert, weil sie überwiegend schwierige Aufgaben im Sinne der VergGr. 5 Fallgr. 7 zu erfüllen habe. Ihre Tätigkeit bestehe aus zwei Arbeitsvorgängen, zum einen den schwierigen Aufgaben im Sinne der VergGr. 5 Fallgr. 7 und zum anderen den regulären physiotherapeutischen Maßnahmen. Seit Mai 1993 übe sie überwiegend Tätigkeiten im Sinne des Tatbestandsmerkmals “schwierige Aufgaben” aus. Die Klägerin hat ihre Auffassung anhand der einzelnen krankengymnastischen Behandlungen am 25. Mai 1993 erläutert. Sie hat für den Zeitraum von Mai 1993 bis April 1996 eine Statistik über die Anzahl der Behandlungen und der darin enthaltenen Behandlungen im Sinne von schwierigen Aufgaben erstellt. Schwierige Aufgaben sieht sie zum einen in Anschlussheilbehandlungen, dh. in krankengymnastischen Behandlungen nach Lungenoder Herzoperationen, nach Herzinfarkten, mit spastisch Gelähmten und nach dem Einsatz von Endoprothesen. In psychiatrischen Fällen liege die Schwierigkeit der Aufgabe darin, dass die Patienten schwer zu motivieren und mehr passive Behandlungstechniken auszuüben seien. In der Geriatrie seien nicht das Alter entscheidend, sondern degenerative Gelenkerkrankungen mit daraus resultierenden Funktionseinschränkungen; durch Demenz, Orientierungslosigkeit und zerebrale Ausfälle sowie Schwerhörigkeit seien die Patienten weniger belastbar.

Die Klägerin hat der Sache nach zuletzt beantragt

festzustellen, dass die Klägerin ab dem 1. Mai 1996 nach VergGr. 7 BAT/AOK eingruppiert ist, und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 20.507,60 DM (zuzüglich der gesetzlichen Zinsen aus den monatlichen Nettodifferenzbeträgen) zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für die Eingruppierung der Klägerin in VergGr. 7 (Fallgr. 2) BAT/AOK nicht gegeben seien. Die Klägerin sei tarifrechtlich von Anfang an in VergGr. 5 (Fallgr. 8) BAT/AOK eingruppiert gewesen. Die von ihr der Beklagten betriebene Klinik sei im streitgegenständlichen Zeitraum ausschließlich für Prävention und Rehabilitation eingerichtet worden, wobei der präventive Charakter der Behandlungen im Vordergrund gestanden habe. Anschlussheilbehandlungs- und Abschlussrehabilitationsmaßnahmen seien in diesem Zeitraum nicht durchgeführt worden. Es habe zB keine Patienten gegeben, die unmittelbar nach dem Einsatz von Endoprothesen in ihrer Klinik behandelt worden seien. Die Klinik sei auch keine geriatrische Rehabilitationseinrichtung, ebenso wenig eine psychiatrische Rehabilitationseinrichtung. Die Klägerin habe auch keine Krankengymnastik nach Lungen oder Herzoperationen, nach Herzinfarkt, bei Querschnittslähmung oder in Kinderlähmungsfällen durchgeführt. Das gelte auch für Fälle von spastischer Lähmung oder Dysmelien. Die Beklagte hat ergänzend für den Zeitraum vom 3. Mai 1993 bis zum 30. April 1996 sämtliche Behandlungen der Klägerin aufgelistet und die krankengymnastische Tätigkeit danach gekennzeichnet, inwieweit die Beispielsfälle gem. VergGr. 5 Fallgr. 7 betroffen waren.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die weitergehende, dh. hinsichtlich des Zahlungsantrags erweiterte Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Eingruppierungsfeststellungsklage in der Sache weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.

I. Die Revision ist zulässig. Die Änderung der Klageanträge steht der Zulässigkeit nicht entgegen.

Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz den Feststellungsantrag hinsichtlich der Eingruppierung in “Vergütungsgruppe des BAT/AOK 7.2” sowie den Leistungsantrag hinsichtlich der Differenzbeträge – erweitert für den Zeitraum vom 1. Mai 1998 bis zum 31. Januar 2002 – einschließlich der Zinsen geltend gemacht. Mit der Revision beantragt die Klägerin nunmehr die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, “an die Klägerin ab dem 1. Mai 1996 Vergütung gem. VergGr. 7 des BAT/AOK zuzüglich der jeweiligen gesetzlichen Zinsen aus den monatlichen Netto-Differenzbeträgen seit jeweiliger Fälligkeit – ab Rechtshängigkeit – zu zahlen”. Darin liegt an sich eine – in der Revision grundsätzlich unzulässige – Klageänderung, weil an die Stelle einer Feststellungsklage nebst einer Leistungsklage eine geänderte Feststellungsklage getreten ist.

Ausnahmsweise ist aber auch in der Revisionsinstanz der Übergang von der Leistungsklage zur Feststellungsklage verfahrensrechtlich möglich und zulässig, wenn zur Begründung des Feststellungsantrags der Vortrag neuer Tatsachen nicht mehr notwendig ist und sich außerdem schon aus dem bisherigen Streitstoff das Rechtsschutzinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO ergibt (Senat 3. September 1996 – 4 AZR 355/85 – BAGE 53, 8 = AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 125 mwN zur Rechtsprechung auch des BGH). Diese Voraussetzungen sind vorliegend hinsichtlich des Übergangs vom Zahlungsantrag zu dem entsprechenden Feststellungsantrag erfüllt. Für die Entscheidung über den nunmehr vorliegenden Feststellungsantrag bedarf es keines weiteren ergänzenden Tatsachenvortrags. Auch das Feststellungsinteresse gem. § 256 Abs. 1 ZPO ist nach dem bisherigen Streitstoff gegeben. Hinzu kommt, dass die Umstellung offensichtlich im Interesse der Vereinfachung und Übersichtlichkeit erfolgt ist, weil der letzte Leistungsantrag einschließlich der Zinsanträge in dem Urteil des Berufungsgerichts einen Umfang von mehreren Seiten eingenommen hat.

Dem steht nicht entgegen, dass vorliegend bereits in den Vorinstanzen ein Feststellungsantrag gestellt worden ist. Denn dieser betraf nur die Eingruppierung an sich und nicht die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin nach der entsprechenden Vergütungsgruppe zu vergüten. In der Sache handelt es sich bei der Klageänderung also um eine Umstellung des Leistungsantrags in einen Feststellungsantrag unter Einbeziehung des schon vorher gestellten Feststellungsantrags.

II. Die Revision ist nicht begründet. Der Klägerin steht ab dem 1. Mai 1998 die Vergütung nach VergGr. 7 BAT/AOK nicht zu. Das hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt.

1. Auf Grund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme ist auf das Arbeitsverhältnis der BAT/AOK anwendbar. Nach § 22 Abs. 2 BAT/AOK ist der Angestellte in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmal die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Das ist der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte bzw. in einem tariflich abweichend bestimmten Maß Arbeitsvorgänge anfallen, die den Anforderungen zumindest eines Tätigkeitsmerkmals der von der Klägerin für sich in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe erfüllen.

2. Für die Eingruppierung der Klägerin als Krankengymnastin sind die folgenden Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1a zu § 22 BAT/AOK Vergütungsordnung A V maßgebend:

“Vergütungsgruppe 4

8. Krankengymnasten während der ersten sechs Monate der Berufsausübung nach erlangter staatlicher Erlaubnis.

Vergütungsgruppe 5

7. Krankengymnasten mit entsprechender Tätigkeit, die in nicht unerheblichem Umfange schwierige Aufgaben erfüllen. (Schwierige Aufgaben sind z.B. Krankengymnastik nach Lungenoder Herzoperationen, nach Herzinfarkten, bei Querschnittslähmungen, in Kinderlähmungsfällen, mit spastisch Gelähmten, in Fällen von Dysmelien, nach Verbrennungen, in der Psychiatrie oder Geriatrie, nach Einsatz von Endoprothesen).

(Hierzu Protokollnotiz Nr. 3)

8. Krankengymnasten mit entsprechender Tätigkeit nach sechsmonatiger Berufsausübung nach erlangter staatlicher Erlaubnis.

Vergütungsgruppe 6

4. Krankengymnasten mit entsprechender Tätigkeit nach sechsmonatiger Berufsausübung nach erlangter staatlicher Erlaubnis, die überwiegend schwierige Aufgaben im Sinne der Vergütungsgruppe 5 Fallgruppe 7 erfüllen.

5. Krankengymnasten in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe 5 Fallgruppe 7 nach zweijähriger Bewährung in dieser Tätigkeit.

Vergütungsgruppe 7

1. Krankengymnasten mit entsprechender Tätigkeit, denen mindestens zwei Krankengymnasten oder Angestellte in der Tätigkeit von Krankengymnasten durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind.

2. Krankengymnasten in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe 6 Fallgruppe 4 nach dreijähriger Bewährung in einer dieser Tätigkeiten.

Protokollnotizen:

Nr. 3 Der Umfang der schwierigen Aufgaben bzw. der Tätigkeiten ist nicht mehr unerheblich, wenn er etwa ein Viertel der gesamten Tätigkeit ausmacht.”

3. Die Klägerin erfüllt ab dem 1. Mai 1996 nicht die Voraussetzungen der VergGr. 7 Fallgruppe 2 BAT/AOK.

a) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann sich die Klägerin vorliegend zur Begründung ihres Begehrens nicht mit Erfolg auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Darlegungslast bzw. der korrigierenden Rückgruppierung berufen.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss der Arbeitgeber bei einer korrigierenden Rückgruppierung im Streitfall darlegen, inwieweit ihm bei der ursprünglich vorgenommenen Eingruppierung ein Irrtum unterlaufen ist. Dazu muss der Arbeitgeber, wenn sich der Angestellte auf die ihm vom Arbeitgeber mitgeteilte Vergütungsgruppe beruft, die objektive Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Vergütungsgruppe darlegen und ggf. beweisen; diese Fehlerhaftigkeit ist bereits gegeben, wenn eine der tariflichen Voraussetzungen für die bisherige Eingruppierung fehlt (zB Senat 16. Februar 2000 – 4 AZR 62/99 – BAGE 93, 340 = AP NachwG § 2 Nr. 3 = EzA TVG § 4 Rückgruppierung Nr. 1). Diese Grundsätze zur Darlegungslast des Arbeitgebers gelten auch dann, wenn der Arbeitgeber den Bewährungsaufstieg mit dem Hinweis auf die Fehlerhaftigkeit der bisherigen Eingruppierung verweigert (Senat 17. Mai 2000 – 4 AZR 232/99 – AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 18 = EzA TVG § 4 Rückgruppierung Nr. 4). Die Übertragung der Grundsätze ist nur dann berechtigt, wenn sich aus der Mitteilung des Arbeitgebers das Tätigkeitsmerkmal ergibt, aus dem der Bewährungsaufstieg stattfindet (Senat 26. April 2000 – 4 AZR 157/99 – AP MTAng-LV § 22 Nr. 3).

bb) Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Die Mitteilung des Arbeitgebers beschränkt sich vorliegend auf die Angabe der Vergütungsgruppe 6 BAT/AOK, die für Krankengymnasten zwei Fallgruppen (Fallgruppe 4 und 5) enthält, von denen nur eine (Fallgruppe 4) den Bewährungsaufstieg nach der von der Klägerin begehrten Vergütungsgruppe 7 Fallgruppe 2 eröffnet. Deshalb musste die Klägerin zunächst darlegen, dass sich aus anderen Umständen zwingend ergibt, dass sich die Mitteilung auf diese den Bewährungsaufstieg eröffnende Fallgruppe bezieht. Dazu fehlt es jedoch an einem substantiierten Vortrag der Klägerin. Sie hat lediglich in anderem Zusammenhang vorgetragen, dass sie “bereits vor Mai 1993 nach Erlangung ihrer staatlichen Erlaubnis nach bereits sechsmonatiger Berufsausübung tätig” gewesen sei. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass die im Arbeitsvertrag ausgewiesene Vergütung nach VergGr. 6 BAT/AOK darauf beruht, dass jedenfalls nach der Vorstellung der Beklagten die Klägerin auf Grund vorangegangener Tätigkeit als Krankengymnastin die Voraussetzungen der VergGr. 6 Fallgruppe 5 BAT/AOK, das heißt die zweijährige Bewährung in der VergGr. 5 Fallgruppe 7, erfüllte. Da das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. 6 Fallgr. 5 auf die zweijährige Bewährung in der Tätigkeit eines Krankengymnasten abstellt, sind für die Bewährung auch Tätigkeitszeiten bei anderen Arbeitgebern zu berücksichtigen. Das hat das Landesarbeitsgericht verkannt, weil es allein darauf abgestellt hat, dass die Klägerin die zweijährige Bewährung jedenfalls nicht bei der Beklagten zurückgelegt hat.

cc) Somit musste die Beklagte nicht darlegen, dass die Voraussetzungen der VergGr. 6 Fallgruppe 4 ab dem 1. Mai 1993 nicht vorgelegen haben. Es kommt deshalb nicht auf die Rügen der Revision an, das Landesarbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Beklagte diese vom Landesarbeitsgericht angenommene Darlegungslast erfüllt hat und dass das Landesarbeitsgericht auf Grund der Beweisaufnahme rechtsfehlerhaft davon ausgegangen sei, die Voraussetzungen der VergGr. 6 Fallgruppe 4 hätten ab 1. Mai 1993 nicht vorgelegen.

b) Weil der Klägerin die Grundsätze zur Darlegungslast bei der korrigierenden Rückgruppierung nicht zur Seite standen, musste sie die tatsächlichen Voraussetzungen für die von ihr ab dem 1. Mai 1998 begehrte Vergütung nach VergGr. 7 BAT/AOK darlegen, das heißt, dass sie die Voraussetzungen der VergGr. 6 Fallgruppe 4 erfüllt hat und sich drei Jahre in dieser Tätigkeit bewährt hat. Das hat das Landesarbeitsgericht, von seinem Lösungsansatz her konsequent, nicht geprüft. Es bedarf insoweit aber keiner Zurückverweisung, weil das Revisionsgericht die Prüfung selbst vornehmen kann.

aa) Bei der tariflichen Bewertung der von der Klägerin auszuübenden Tätigkeit ist davon auszugehen, dass die krankengymnastische Behandlung von Patienten, bei der es sich um eine schwierige Aufgabe im tariflichen Sinne handelt, ebenso einen eigenen Arbeitsvorgang darstellt wie die “normale” krankengymnastische Behandlung von Patienten. Davon ist auch das Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit der Auffassung der Parteien ausgegangen.

Dabei ist von dem in der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT/AOK definierten und von der Senatsrechtsprechung konkretisierten Begriff des Arbeitsvorganges auszugehen, nämlich der unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer vernünftigen, sinnvollen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbaren und tariflich selbständig bewertbaren Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (29. Januar 1986 – 4 AZR 465/84 – BAGE 51, 59, 65 = AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 115 mwN). Bei der Prüfung, welche Arbeitsvorgänge in einer Tätigkeit anfallen, kommt es entscheidend auf die jeweiligen Arbeitsergebnisse an (24. August 1983 – 4 AZR 302/83 – BAGE 43, 250 = AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 79). Dabei ist es rechtlich möglich, dass die Gesamttätigkeit des Angestellten im tariflichen Sinne nur einen Arbeitsvorgang bildet, wenn der Aufgabenkreis nicht weiter aufteilbar und nur einer einheitlichen rechtlichen Bewertung zugänglich ist (30. Januar 1985 – 4 AZR 184/83 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 101). Tatsächlich trennbare Tätigkeiten von unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit dürfen nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden (20. Oktober 1993 – 4 AZR 45/93 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 172, zu III 2a der Gründe).

In Anwendung dieser Grundsätze ist diejenige krankengymnastische Behandlung von Patienten, die eine schwierige Aufgabe im Sinne der tariflichen Regelung bzw. der darin aufgeführten Tätigkeitsbeispiele darstellt, ein eigener Arbeitsvorgang. Die krankengymnastische Behandlung im Sinne von schwierigen Aufgaben und die “normale” krankengymnastische Behandlung haben eine unterschiedliche tarifliche Wertigkeit und führen zu eigenständigen Arbeitsergebnissen. Die schwierige krankengymnastische Behandlung ist auch tatsächlich von der anderen “normalen” krankengymnastischen Behandlung trennbar, weil es nach den tariflich aufgeführten Tätigkeitsbeispielen auf Umstände ankommt, die in der Regel vor Beginn der krankengymnastischen Behandlung feststehen und erkennbar sind, zB wenn es um die Behandlung nach Lungen oder Herzoperationen, nach Herzinfarkten, nach Verbrennungen oder nach Einsatz von Endoprothesen bzw. um bestimmte Erkrankungen (Querschnittslähmung, Kinderlähmung, spastische Lähmung und Dysmelien) geht. Die Klägerin hat selbst ausgeführt, dass den Dienstplänen die Diagnose der zu behandelnden Patienten zu entnehmen gewesen sei. Für die Bewertung der schwierigen krankengymnastischen Behandlung als eigenen Arbeitsvorgang spricht auch, dass die von den Tarifvertragsparteien aufgeführten Tätigkeitsbeispiele auf die Behandlungen von Patienten mit bestimmten Diagnosen abstellen und die Eingruppierung in VergGr. 5 (Fallgr. 7) oder VergGr. 6 (Fallgr. 4) davon abhängt, in welchem zeitlichen Umfang solche schwierigen Aufgaben erfüllt werden.

bb) Die Klägerin hat nicht schlüssig vorgetragen, dass sie die Voraussetzungen der VergGr. 6 Fallgruppe 4 ab dem 1. Mai 1993 erfüllt, so dass der Bewährungsaufstieg auf Grund dreijähriger Bewährung nach VergGr. 7 Fallgruppe 2 nicht in Betracht kommt.

(1) Die Klägerin hat erstinstanzlich zunächst lediglich für den Zeitraum vom 1. April 1999 bis zum 30. Juni 1999 aufgelistet, bei welchen Behandlungen einzelner benannter Patienten nach ihrer Auffassung eine schwierige Aufgabe im tariflichen Sinne vorgelegen hat, das heißt im April 1999 bei 181 von 286 Behandlungen, im Mai 1999 bei 130 von 229 Behandlungen und im Juni 1999 bei 166 von 258 Behandlungen. Sie hat außerdem für die Monate Februar 1996, Dezember 1996, März 1997, April und Mai 1998 sowie August und September 1998 tabellarische Aufstellungen über die Anzahl der schwierigen Behandlungen im Verhältnis zu den Behandlungen insgesamt gemacht, und zwar ohne Angaben zu den einzelnen Patienten.

Nachdem dieses Vorbringen vom Arbeitsgericht als unschlüssig bewertet worden ist, hat die Klägerin in der Berufungsinstanz für den Zeitraum von Mai 1993 bis einschließlich April 1996 eine tabellarische Übersicht über den in jedem Monat anfallenden Anteil der schwierigen Behandlungen erstellt. Lediglich für den 25. Mai 1993 hat sie für die an diesem Tag durchgeführten Behandlungen im Einzelnen dargelegt, warum im Hinblick auf die gestellten Diagnosen und die durchgeführte krankengymnastische Behandlung ihrer Auffassung nach in 10 von 15 Behandlungen schwierige Aufgaben im tariflichen Sinne vorlagen.

(2) Dieser Vortrag kann schon deshalb die von der Klägerin begehrte Eingruppierung in VergGr. 6 (Fallgruppe 4) BAT/AOK ab dem 1. Mai 1993 und auf Grund des Bewährungsaufstiegs in VergGr. 7 (Fallgruppe 2) BAT/AOK ab 1. Mai 1996 nicht begründen, weil die Klägerin von einem fehlerhaften Verständnis der “schwierigen Aufgaben” und der dazu gegebenen Tätigkeitsbeispiele ausgegangen ist.

(a) Die im Tätigkeitsmerkmal VergGr. 5 Fallgruppe 7 aufgeführten Tätigkeitsbeispiele für schwierige Aufgaben, auf die das Tätigkeitsmerkmal VergGr. 6 Fallgruppe 4 verweist, betreffen zum einen die Gruppe der Nachbehandlungen nach Lungen oder Herzoperationen, nach Herzinfarkt, nach Verbrennungen und nach dem Einsatz von Endoprothesen. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, es komme bei diesen Tätigkeitsbeispielen darauf an, dass sich aus der vorangegangenen Operation bzw. Erkrankung die besondere Schwierigkeit der Behandlung ergibt, was in der Regel nur bei einer direkten Anschlussbehandlung in zeitlicher Nähe zu der Operation oder Erkrankung vorliegt. Bei der weiteren Gruppe der Tätigkeitsbeispiele, die auf bestimmte Arten von Dauererkrankungen abstellen (Querschnittslähmung, Kinderlähmung, spastische Lähmung und Dysmelien), wird von den Tarifvertragsparteien offensichtlich unterstellt, dass bei Vorliegen dieser Erkrankungen die krankengymnastische Behandlung eine schwierige Aufgabe ist. Hinsichtlich der letzten Gruppe der Tätigkeitsbeispiele “in der Psychiatrie” und “in der Geriatrie” wird nicht auf konkrete psychiatrische oder geriatrische Erkrankungen abgestellt. Mit dem Landesarbeitsgericht ist daher davon auszugehen, dass damit die Behandlung von Patienten in psychiatrischen Einrichtungen gemeint ist. Auch insoweit wird von den Tarifvertragsparteien offensichtlich unterstellt, dass die krankengymnastische Behandlung von Patienten, die sich in einer psychiatrischen oder geriatrischen Einrichtung befinden, eine schwierige Aufgabe ist. Das schließt nicht aus, dass auch die Behandlung von Patienten mit psychiatrischen oder geriatrischen Erkrankungen außerhalb von psychiatrischen oder geriatrischen Einrichtungen schwierige Aufgaben im tariflichen Sinne sein können. Denn der Katalog der Tätigkeitsbeispiele ist, wie sich aus der einleitenden Formulierung “zB” ergibt, nicht abschließend. Dafür bedarf es aber der konkreten Darlegung, inwieweit die jeweilige psychiatrische bzw. geriatrische Erkrankung die krankengymnastische Behandlung besonders schwierig macht.

(b) Die Klägerin hat der tariflichen Bewertung ihrer Tätigkeit ein anderes und damit fehlerhaftes Verständnis des Merkmals schwierige Aufgaben und der dazu gegebenen Tätigkeitsbeispiele zugrunde gelegt. Sie hat die Auffassung vertreten, dass eine Anschlussbehandlung im Sinne der ersten Gruppe der Tätigkeitsbeispiele gegeben ist, wenn eine der in dieser Gruppe genannten Operationen oder Erkrankungen vorliegt, unabhängig davon, wie lange sie zurückliegt. So hat die Klägerin bei den Behandlungen vom 25. März 1993 diese Tätigkeitsbeispiele als gegeben angesehen, obwohl, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend dargelegt hat, die einschlägigen Erkrankungen oder Operationen zum Teil länger zurücklagen, in einem Fall sogar sieben Jahre. Nur in einem der vier Fälle hat die Klägerin dargelegt, dass die Operation (Einsatz von Endoprothese) erst gut vier Wochen zurücklag, ein enger zeitlicher Zusammenhang somit als gegeben angesehen werden kann. In drei anderen Fällen hat sie das Tätigkeitsbeispiel “in der Geriatrie” und in drei weiteren Fällen das Tätigkeitsbeispiel “in der Psychiatrie” angenommen, obwohl sie nicht in einer geriatrischen oder psychiatrischen Einrichtung arbeitete. In diesen Fällen hat sie, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend dargelegt hat, auch nicht konkret dargelegt, auf Grund welcher psychiatrischen oder geriatrischen Erkrankungen die krankengymnastische Behandlung eine schwierige Aufgabe war.

(3) Somit kann der überwiegende Teil der 10 von insgesamt 15 Behandlungen am 25. März 1993, die die Klägerin als schwierige Aufgaben bewertet hat, nicht als solche angesehen werden, sondern wohl nur, wie vom Landesarbeitsgericht angenommen, eine dieser Behandlungen. Deshalb sind schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin die Voraussetzungen für die von ihr begehrte Eingruppierung nicht gegeben, selbst wenn man zu ihren Gunsten davon ausgeht, dass ihre Begründungen für die Bewertung der Behandlungen am 25. März 1993 exemplarisch sind für den gesamten Zeitraum vom 1. Mai 1993 bis zum 30. April 1996, zu dem die Klägerin nur tabellarische Angaben zu dem Anteil der Behandlungen im Sinne von schwierigen Aufgaben gemacht hat, und wenn man es als unschädlich ansieht, dass auch nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin in einigen Monaten der Anteil der nach ihrer Auffassung schwierigen Aufgaben weniger als 50 % betragen hat, das heißt in den Monaten November und Dezember 1993, März 1994, April 1995 und Januar 1996.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

 

Unterschriften

Bott, Friedrich, Wolter, Seifner, J. Ratayczak

 

Fundstellen

Haufe-Index 1166576

NZA 2005, 712

ZTR 2004, 467

AP, 0

RiA 2005, 169

NJOZ 2005, 2392

Tarif aktuell 2004, 9

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt TVöD Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge