Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung – Diplomlehrerin für Staatsbürgerkunde
Leitsatz (amtlich)
1. Die Eingruppierung der Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis im Freistaat Sachsen richtet sich bei entsprechender arbeitsvertraglicher Bezugnahme seit dem 1. Juli 1995 nach den Richtlinien des Freistaates Sachsen zur Neuregelung der Eingruppierung der angestellten Lehrer vom 22. Juni 1995 und den Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) vom 22. Juni 1995 (Lehrerrichtlinien-O der TdL) in der jeweiligen Fassung (Bestätigung von BAG 25. November 1998 – 10 AZR 518/97 – AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 74).
2. Die vom Sächsischen Staatsministerium für Finanzen in seinem Amtsblatt vom 30. Mai 1996 veröffentlichte Fassung der Sächsischen Lehrerrichtlinien wurde rückwirkend zum 1. Juli 1995 in Kraft gesetzt. Die vom Sächsischen Staatsministerium für Kultus „vorab” zur Information der Lehrkräfte in seinem Amtsblatt vom 14. November 1995 veröffentlichte Fassung war für die Eingruppierung nicht maßgebend.
3. Eine Lehrbefähigung im Fach Staatsbürgerkunde ist nach der Vorbemerkung Nr. 5 der Sächsischen Lehrerrichtlinien für die Eingruppierung seit dem 1. Juli 1995 nicht zu berücksichtigen (Fortführung von BAG 7. August 1997 – 6 AZR 716/95 – AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 62).
Normenkette
ÄnderungsTV Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 § 2; Richtlinien des Freistaates Sachsen zur Neuregelung der Eingruppierung der angestellten Lehrer vom 22. Juni 1995 i.d.F. der am 20. März 1996 beschlossenen Änderungen VergGr. III; Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) vom 22. Juni 1995 (Lehrerrichtlinien-O der TdL) VergGr. IV a
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 8. Dezember 1998 – 5 Sa 1094/97 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen !
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin ist seit dem 1. August 1981 im Schuldienst beschäftigt. Sie absolvierte in den Jahren 1977 bis 1981 ein Direktstudium an der Pädagogischen Hochschule „Ernst Schneller” und erwarb damit die Lehrbefähigung zur Erteilung des Fachunterrichts in Staatsbürgerkunde der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen der DDR und die Berechtigung, die Berufsbezeichnung „Freundschaftspionierleiter und Diplomlehrer für Staatsbürgerkunde” führen. Aufgrund einer berufsbegleitenden Qualifizierung in der Zeit von März 1990 bis Juli 1992 erwarb sie die Berechtigung, Unterricht im Fach Englisch zu erteilen. Über sonstige Lehrbefähigungen, insbesondere in den Fächern Deutsch oder Mathematik, verfügt die Klägerin nicht.
Vom 1. August 1990 bis 11. Oktober 1994 erteilte die Klägerin Unterricht im Fach Englisch in den Klassen 5 bis 9 an der Oberschule für Körperbehinderte „W” in C. Seit dem 12. Oktober 1994 ist sie an der allgemeinbildenden Mittelschule „G” in L tätig und unterrichtet Englisch und Mathematik in den Klassen 5 bis 7.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit und arbeitsvertraglicher Vereinbarung der BAT-O Anwendung. Nach § 2 des Arbeitsvertrages vom 1. Juli 1991 gilt für die Eingruppierung der zutreffende Abschnitt der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) für die von der Anlage 1 a nicht erfaßten Angestellten, die unter den Geltungsbereich des BAT-O fallen, in der jeweiligen Fassung. Danach wurde die Klägerin in VergGr. IV a BAT-O eingruppiert.
Mit Schreiben vom 4. September 1992 teilte der Beklagte der Klägerin mit, daß die Eingruppierung fehlerhaft gewesen sei und ihr nur Vergütung nach VergGr. V c BAT-O zustehe. Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 14. September 1992 Widerspruch. Dieser wurde mit Schreiben des Oberschulamtes Chemnitz vom 21. September 1993 unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus vom 7. Mai 1992 (Az: I/5-0341.5/263) zurückgewiesen. In diesem Schreiben des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus wurde ua. festgestellt, daß die Lehrbefähigung im Fach Staatsbürgerkunde für die Eingruppierung nach den TdL-Richtlinien in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung keine Berücksichtigung mehr finde. Mit Schriftsatz vom 4. August 1994, dem Beklagten zugestellt am 6. September 1994, erhob die Klägerin Klage auf Zahlung von Vergütung nach VergGr. III BAT-O seit dem 1. April 1992.
Die 2. Besoldungsübergangsverordnung (2. BesÜV), auf die die Klägerin ihren Vergütungsanspruch zunächst gestützt hatte, trat zum 1. Juli 1995 außer Kraft. Da der Beklagte keine Lehrkräfte im Beamtenverhältnis beschäftigt, fehlt es an einer entsprechenden gesetzlichen Besoldungsregelung. Die Vergütung der angestellten Lehrkräfte wird unter Heranziehung von Richtlinien seit dem 1. Juli 1995 arbeitsvertraglich geregelt. Im Amtsblatt des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus (SMK) vom 14. November 1995 (Nr. 14, S 347 ff.) wurden unter der Bezeichnung „Information des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte des Freistaates Sachsen vom 20. Oktober 1995” Eingruppierungsregelungen für die angestellten Lehrkräfte mitgeteilt. Der Einführungssatz lautet wie folgt:
„Seit 1. Juli 1995 ist im Freistaat Sachsen die Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte durch die „Richtlinien zur Neuregelung der Eingruppierung der angestellten Lehrer” (Arbeitgeberrichtlinien) sowie die „Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) (Lehrer-Richtlinien-O der TdL) vom 22. Juni 1995” neu geregelt.
Einen Teil der „Richtlinien zur Neuregelung der Eingruppierung der angestellten Lehrer” hat die TdL von ihrer Zustimmung ausgenommen.
Zur Information aller Lehrkräfte des Freistaates Sachsen werden die Richtlinien vorab veröffentlicht.”
Soweit eine Zustimmung der Tarifgemeinschaft deutscher Länder noch nicht vorlag, wurde der Text nicht abgedruckt und stattdessen der Satz „zur vorgesehenen Regelung liegt eine Zustimmung noch nicht vor” eingefügt.
Im Amtsblatt Nr. 5 vom 30. Mai 1996, Seite 142 ff. veröffentlichte das Sächsische Staatsministerium der Finanzen (SMF) seine „Bekanntmachung … vom 26. März 1996 (Az.: 14-P 2106-15/150-18306) über die Richtlinien des Freistaates Sachsen zur Neuregelung der Eingruppierung der angestellten Lehrer vom 22. Juni 1995 in der Fassung der am 20. März 1996 beschlossenen Änderungen” sowie die „Bekanntmachung des SMF vom 27. März 1996 – 14-P 2106-15/150-18307 – über die Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) vom 22. Juni 1995 (Lehrer-Richtlinie-O der TdL)”. Diese Bekanntmachung enthält den Vermerk, daß sie vom Staatssekretär Dr. Carl des SMF unterzeichnet sei und weist aus, daß die Richtlinien am 1. Juli 1995 in Kraft treten.
Nach der Vorbemerkung Nr. 5 der Sächsischen Lehrerrichtlinien in der Fassung des SMF werden Lehrbefähigungen für Fächer, die nicht mehr ordentliches Unterrichtsfach sind, bei der Eingruppierung nicht berücksichtigt. Diese Vorbemerkung war in der Information des SMK nicht enthalten.
Nachdem der Vergütungsanspruch der Klägerin für die Zeit bis zum 30. Juni 1995 durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 7. August 1997(– 6 AZR 716/95 – AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 62) rechtskräftig mit der Begründung abgewiesen worden war, daß die Lehrbefähigung eines Diplomlehrers für Staatsbürgerkunde für die Einstufung in die Besoldungsgruppen der Anlage 1 zur 2. BesÜV und eine Eingruppierung nach den TdL-Richtlinien in den bis zum 30. Juli 1995 im Freistaat Sachsen geltenden Fassungen nicht maßgebend sei, verfolgt die Klägerin ihren Vergütungsanspruch für die Zeit ab 1. Juli 1995 auf der Grundlage der Sächsischen Lehrerrichtlinien in der Fassung der Information des SMK weiter.
Die Klägerin meint, die Sächsischen Lehrerrichtlinien in der Fassung der Information des SMK vom 20. Oktober 1995 seien als Gesamtzusage anzusehen. Da sie keine Einschränkung hinsichtlich der Berücksichtigung der Lehrbefähigung für das Fach Staatsbürgerkunde enthielten, stehe ihr als Diplomlehrerin, die an einer Mittelschule unterrichte, Vergütung nach VergGr. III BAT-O, hilfsweise nach VergGr. IV a BAT-O zu. Dieser Anspruch hätte durch die Veröffentlichung des SMF, die eine Berücksichtigung der Lehrbefähigung im Fach Staatsbürgerkunde nach der Vorbemerkung Nr. 5 nicht mehr zulassen, rückwirkend nicht mehr beseitigt werden können.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab 1. Juli 1995 Vergütung nach der VergGr. III, hilfsweise IV a BAT-O zuzüglich 4 % Zinsen ab 15. Juli 1995 auf die Nettodifferenzbeträge zu zahlen.
Der Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin erfülle auch ab dem 1. Juli 1995 nicht die Voraussetzungen der VergGr. III oder IV a BAT-O. Die Eingruppierung der Klägerin richte sich nach den vom SMF und nicht nach den vom SMK veröffentlichten Sächsischen Lehrerrichtlinien. Bei den „Richtlinien des SMK” handele es sich lediglich um eine Vorabveröffentlichung zur Information der Lehrkräfte ohne jegliche Bindungswirkung, so daß sich ein Anspruch hieraus nicht herleiten lasse. Für das Tarifrecht sei bei dem Beklagten gemäß der „Bekanntmachungen der Sächsischen Staatskanzlei der Neufassung der Bekanntmachung der Sächsischen Staatsregierung über die Abgrenzung der Geschäftsbereiche der Staatsministerien” vom 21. Dezember 1995 (Sächs. Amtsbl. Nr. 3 vom 18. Januar 1996, S 55 ff.) das SMF und nicht das SMK zuständig; insofern habe eine rechtsverbindliche Veröffentlichung der Lehrerrichtlinien auch nur durch das SMF erfolgen können. Dies werde auch durch die Bekanntgabe der Unterzeichnung durch Staatssekretär Dr. Carl und das Datum des Inkrafttretens zum 1. Juli 1995 deutlich.
Nach der Vorbemerkung Nr. 5 der demnach einschlägigen Sächsischen Lehrerrichtlinien in der Fassung vom 20. März 1996 seien Lehrbefähigungen für Fächer, die nicht mehr ordentliches Unterrichtsfach seien, bei der Eingruppierung nicht zu berücksichtigen. Demgemäß könne eine Eingruppierung der Klägerin in VergGr. III BAT-O nicht erfolgen, da diese zwar über eine abgeschlossene pädagogische Hochschulausbildung als Diplomlehrerin verfüge, sie verfüge allerdings darüber hinaus aber lediglich über eine Lehrbefähigung zur Erteilung des Fachunterrichts in Staatsbürgerkunde der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen der DDR. Staatsbürgerkunde sei jedoch im Freistaat Sachsen kein ordentliches Unterrichtsfach mehr, so daß dieses bei der Eingruppierung nicht mehr berücksichtigt werden könne.
Ferner scheide auch eine Eingruppierung der Klägerin in VergGr. IV a BAT-O gemäß Abschn. B II Nr. 11 der Lehrerrichtlinien-O der TdL aus, da die Klägerin die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Lehrbefähigung für Deutsch oder Mathematik nicht erfülle.
Das Landesarbeitsgericht hat die Klage nach anderweiter Verhandlung und Entscheidung nach Zurückverweisung durch das Bundesarbeitsgericht für die Zeit ab 1. Juli 1995 abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Der Klägerin steht der begehrte Vergütungsanspruch nicht zu.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Für die Vergütung der Klägerin ab dem 1. Juli 1995 seien durch die Verweisung des § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O auf die Eingruppierung „nach näherer Maßgabe von Richtlinien” die Sächsischen Lehrerrichtlinien in der Fassung anzuwenden, wie sie das Sächsische Staatsministerium der Finanzen veröffentlicht habe. Grundsätzlich habe sich der Beklagte zwar durch eine Gesamtzusage gegenüber den betroffenen Lehrern, also auch der Klägerin binden können; eine solche Gesamtzusage sei jedoch mit der vom SMK veröffentlichten Information nicht erteilt worden. Zwar spreche die Formulierung „seit 1. Juli 1995 ist … die Eingruppierung … neu geregelt” dafür, daß der Beklagte eine Regelung habe veröffentlichen wollen, die schon in Kraft getreten sei. Jedoch folge der mangelnde Rechtsbindungswille des SMK des Beklagten daraus, daß die Richtlinien „zur Information” der Lehrkräfte „vorab” veröffentlicht und gerade nicht zum Vollzug bekannt gemacht worden seien. Es fehle die Unterschrift und der Hinweis, ab wann sie in Kraft treten sollten. Zuständig für die offizielle Bekanntmachung sei nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften über die Abgrenzung der Geschäftsbereiche für Tarifangelegenheiten das SMF. Dessen Veröffentlichung sei die einzig maßgebende. Auch die nach dem 30. Juni 1995 bestehende Rechtsunsicherheit rechtfertige keine andere Beurteilung. Erst durch die Veröffentlichung des SMF sei die Rechtsunsicherheit verläßlich beseitigt worden.
Einen Anspruch auf VergGr. III BAT-O habe die Klägerin nicht, da ihre Lehrbefähigung zur Erteilung des Fachunterrichts an einer allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule der DDR in Staatsbürgerkunde nach der Vorbemerkung Nr. 5 der Sächsischen Lehrerrichtlinien bei der Eingruppierung von Lehrern nicht zu berücksichtigen sei, weil das Fach nicht mehr ordentliches Unterrichtsfach sei. Mangels weiterer Lehrbefähigung scheide ein Anspruch nach VergGr. III BAT-O aus. Die Klägerin sei auch nicht gemäß VergGr. IV a BAT-O zu vergüten. Gemäß Abschn. B II Nr. 11 der Lehrerrichtlinien-Ost der TdL sei eine Lehrbefähigung für Deutsch oder Mathematik erforderlich, über die die Klägerin nicht verfüge.
II. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts folgt der Senat im Ergebnis.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit sowie einzelvertraglicher Vereinbarung der BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweiligen Fassung Anwendung. Für die Eingruppierung von Lehrkräften gelten folgende Bestimmungen:
„§ 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991
…
3. Die Anlage 1 a ist, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Angestellte anzuwenden, die
…
als Lehrkräfte, auch wenn sie nicht unter die SR 2 l I fallen,
beschäftigt sind. Diese Angestellten sind – gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien – in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. …”
„Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 l I BAT-O)
Nr. 1
Zu §§ 1 und 2 – Geltungsbereich –
Diese Sonderregelungen gelten für Angestellte als Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen und berufsbildenden Schulen (Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen).
…
Protokollnotiz
Lehrkräfte im Sinne dieser Sonderregelungen sind Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt.
Nr. 3 a
Zu §§ 22 bis 25 – Eingruppierung –
Die Lehrkräfte werden nach § 11 Satz 2 in die Vergütungsgruppen eingruppiert, die sich bei Anwendung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung ergeben.
Soweit in der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung Ämter für entsprechende Lehrkräfte nicht ausgebracht sind, ist die Vergütung unter Berücksichtigung der Ausbildung der Lehrkraft auf der Grundlage der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung arbeitsvertraglich zu regeln.
…”
Die Klägerin ist Lehrkraft im Sinne dieser tariflichen Bestimmungen, da sie in der Zeit bis zum 11. Oktober 1994 an einer Sonderschule und seit dem 12. Oktober 1994 an einer allgemeinbildenden Schule des Beklagten Kenntnisse und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes vermittelt. Deshalb ist für ihre Eingruppierung nach § 2 Nr. 3 Satz 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 die Anl. 1 a zum BAT-O nicht anzuwenden.
2. Die nach § 2 Nr. 3 Satz 2 Änderungs-TV Nr. 1 iVm. Nr. 3 a Unterabs. 1 SR 2 l I BAT-O für die Eingruppierung von Lehrern maßgebende Anlage 1 zur 2. BesÜV galt gemäß Art. 3 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Lehrerbesoldung vom 23. August 1994(BGBl. I S 2186) nur „bis zur entsprechenden Ergänzung des Landesrechts weiter, längstens jedoch bis zum 1. Juli 1995”.
Eine landesrechtliche Regelung der Lehrerbesoldung ist beim Beklagten nicht erfolgt. Die 2. BesÜV galt daher lediglich bis zum 1. Juli 1995. Da beim Beklagten keine beamtenrechtlichen Regelungen über die Einstufung von Lehrkräften bestehen, geht die Verweisung in Nr. 3 a SR 2 l I und § 2 Nr. 3 Änderungs-TV Nr. 1 ins Leere. Demnach sind ab diesem Zeitpunkt Lehrer entsprechend der tariflichen Regelung in § 2 Nr. 3 Satz 2 Änderungs-TV Nr. 1 nach näherer Maßgabe von Richtlinien einzugruppieren(BAG 7. August 1997 – 6 AZR 716/95 – AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 62).
3. Die Anwendung dieser Richtlinien kommt aber nur in Betracht, wenn sie von den Arbeitsvertragsparteien zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses gemacht worden sind(BAG 28. September 1994 -4 AZR 717/93 – AP BAT-O § 11 Nr. 2). Im Arbeitsvertrag vom 1. Juli 1991 haben die Parteien vereinbart, daß für die Eingruppierung der zutreffende Abschnitt der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) für die von der Anl. 1 a nicht erfaßten Angestellten gilt, die unter den Geltungsbereich des BAT-O fallen, in der jeweiligen Fassung.
Diese Lehrerrichtlinien-Ost der TdL wendet der Beklagte seit dem 1. Juli 1995 an. Zu diesem Zeitpunkt hat der Beklagte auch die Richtlinien des Freistaates Sachsen zur Neuregelung der Eingruppierung der angestellten Lehrer in Kraft gesetzt.
Deren Anwendung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist im Arbeitsvertrag vom 1. Juli 1991 allerdings nicht vereinbart worden. Jedoch ist der Arbeitsvertrag in der Weise auszulegen, daß die Arbeitsvertragsparteien auch diese Arbeitgeberrichtlinien zum Inhalt ihres Arbeitsverhältnisses machen wollten(BAG 25. November 1998 – 10 AZR 518/97 – AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 74). Erkennbar wollten die Parteien durch die arbeitsvertragliche Inbezugnahme der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden TdL-Richtlinien vom 24. Juni 1991 die Vorgabe des § 2 Nr. 3 Änderungs-TV Nr. 1 umsetzen, daß Angestellte ggf. nach „näherer Maßgabe von Richtlinien” einzugruppieren sind. Dadurch, daß die Parteien zusätzlich vereinbart haben, daß die Richtlinien in der jeweiligen Fassung maßgebend sein sollen, haben sie desweiteren klargestellt, daß eine sog. dynamische Verweisung gewollt ist, dh. daß sich die Eingruppierung der Lehrkraft nach den jeweils geltenden TdL-Richtlinien richtet. Daraus ist zu folgern, daß dann, wenn neben den arbeitsvertraglich in Bezug genommenen TdL-Richtlinien für den Bereich des Beklagten weitere Eingruppierungsrichtlinien bestehen, welche die TdL-Richtlinien lediglich modifizieren oder ergänzen, auch diese Richtlinien Vertragsbestandteil werden sollten. Es ist anzunehmen, daß die Parteien, wenn die Sächsischen Arbeitgeberrichtlinien zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsabschlusses bereits bestanden hätten, deren Anwendbarkeit im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart hätten. Dafür spricht auch, daß beide Parteien im vorliegenden Rechtsstreit von der Anwendbarkeit der Sächsischen Arbeitgeberrichtlinien ausgehen.
4. Nach Maßgabe der arbeitsvertraglichen Vereinbarung sind damit auch die Sächsischen Lehrerrichtlinien in ihrer jeweils geltenden Fassung zum Inhalt des Arbeitsvertrages geworden. Insoweit ist es entgegen der Auffassung der Klägerin unerheblich, daß die tarifliche Verweisung auf die beamtenrechtlichen Vorschriften im Bereich des Beklagten ins Leere geht. Selbst wenn ein Vergütungsanspruch der Klägerin durch die vom SMK veröffentlichte Fassung der Richtlinien entstanden wäre, wäre dieser durch die spätere, zum 1. Juli 1995 rückwirkend in Kraft gesetzte Fassung des SMF wieder beseitigt worden.
5. Anhaltspunkte dafür, der Beklagte habe sich mit der Veröffentlichung durch das SMK im Sinne einer Gesamtzusage in der Weise binden wollen, daß eine spätere Änderung nur arbeitsvertraglich durch Änderungskündigung oder Aufhebungsvertrag hätte herbeigeführt werden können, bestehen nicht. Die Veröffentlichung durch das SMK weist eindeutig aus, daß sie „vorab” zur Information der Lehrer erfolgen sollte. Dadurch wurde schon die Vorläufigkeit der Regelung deutlich. Im übrigen widerspräche es der gängigen und allen Beteiligten bekannten Systematik im Bereich der Vergütung angestellter Lehrkräfte, Richtlinien statisch und nicht dynamisch als Grundlage für die Eingruppierung zu vereinbaren. Dies gilt vorliegend um so mehr, als die Lehrbefähigung für Staatsbürgerkunde bereits in der Zeit bis zum 30. Juni 1995 bei einer Eingruppierung nicht zu berücksichtigen war. Es hätte deshalb besonderer Anhaltspunkte bedurft, die den Schluß zugelassen hätten, der Beklagte habe dies mit der Auslassung der betreffenden Regelung in der Vorabveröffentlichung grundlegend und arbeitsvertraglich verbindlich anders regeln wollen.
Die Veröffentlichung des SMK vom November 1995 wurde ersetzt durch die Veröffentlichung im Amtsblatt des Sächsischen Staatsministeriums für Finanzen vom 30. Mai 1996, in der die Richtlinien in ihrer vollständigen Form in der Fassung der am 20. März 1996 beschlossenen Änderungen mitgeteilt wurden. Eine dynamische Verweisung soll sicherstellen, daß die verwiesene Rechtsnorm in ihrer jeweiligen aktuellen Fassung gelten soll. Dies rechtfertigt auch rückwirkende Änderungen. Die Richtlinien in der Fassung vom 20. März 1996 sehen ausdrücklich eine Wirkung ab dem 1. Juli 1995 vor.
6. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, daß sich eine rückwirkende Inkraftsetzung der Richtlinien zum 1. Juli 1995 aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes verbiete. Sie hat selbst keine persönliche Mitteilung erhalten, daß ihre Eingruppierung seit diesem Zeitpunkt entsprechend der Veröffentlichung des SMK erfolgen solle. Erst Recht hat sie keine konkrete Zusage erhalten. Ein Vertrauen auf eine anspruchsbegründende Wirkung der im November 1995 durch das SMK veröffentlichten Richtlinien konnte auch wegen der Vorläufigkeit der Information nicht entstehen. Außerdem blieb zumindest offen, ob nicht auch noch weitere Änderungen als in denjenigen Passagen erfolgen würden, denen die TdL bislang noch nicht zugestimmt hatte.
7. Die Klägerin erfüllt nicht die Voraussetzungen der VergGr. III BAT-O nach den im Amtsblatt des SMF veröffentlichten Sächsischen Lehrerrichtlinien in der Fassung vom 20. März 1996. Diese haben folgenden Wortlaut:
„Vorbemerkungen
1. …
…
5. Lehrbefähigungen für Fächer, die nicht mehr ordentliches Unterrichtsfach sind, werden bei der Eingruppierung nicht berücksichtigt.
…
A. Allgemeinbildende Schulen
…
II. Mittelschulen
Vergütungsgruppe III
Lehrer
- …
- mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung als Diplomlehrer mit einer Lehrbefähigung für ein Fach der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule (Klassen 5 bis 10) bzw. Fachlehrer mit Staatsexamen (vor 1970)
…”
Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen der VergGr. III BAT-O nicht. Zwar verfügt sie über eine abgeschlossene pädagogische Hochschulausbildung als Diplomlehrer und erteilt Unterricht in den Klassen 5 bis 10 an einer allgemeinbildenden Schule, der Mittelschule „G” in L. Sie besitzt jedoch nur die Lehrbefähigung zur Erteilung des Fachunterrichts in Staatsbürgerkunde der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule der DDR. Dieses Fach kann aufgrund der Vorbemerkung Nr. 5 bei ihrer Eingruppierung nicht mehr berücksichtigt werden, weil Staatsbürgerkunde im Freistaat Sachsen kein ordentliches Unterrichtsfach ist. Über eine weitere Lehrbefähigung verfügt die Klägerin nicht.
8. Der von der Klägerin hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O des Abschn. B II Nr. 11 der Lehrerrichtlinien-O der TdL ist ebenfalls nicht begründet. Diese Regelung lautet, soweit hier einschlägig, wie folgt:
„II. Lehrkräfte an Realschulen
…
11. Erzieherinnen und Freundschaftspionierleiter
- mit entsprechender staatlicher Prüfung oder staatlicher Anerkennung und Lehrbefähigung für Deutsch oder Mathematik und je ein Wahlfach sowie einer erfolgreich abgelegten Erweiterungsprüfung für die Sekundarstufe I in einem dritten Fach in der Tätigkeit von Lehrern IV b
- nach mindestens sechsjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe IV a
…”
Diese Voraussetzungen werden von der Klägerin nicht erfüllt. Sie verfügt unstreitig nicht über eine Lehrbefähigung für die Fächer Deutsch oder Mathematik.
III. Die Kosten der erfolglosen Revision hat die Klägerin zu tragen(§ 97 ZPO).
Unterschriften
Dr. Freitag, Dr. Jobs, Fischermeier, Köhnen, Kay, Ohl
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 15.03.2000 durch Backes, der Geschäftsstelle
Fundstellen
BAGE, 87 |
BB 2000, 1792 |
ZTR 2000, 512 |
AP, 0 |
NJ 2000, 558 |
PersR 2000, 345 |
RiA 2001, 69 |