Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Restaurators von Steinskulpturen

 

Leitsatz (redaktionell)

Eingruppierung nach dem Tätigkeitsmerkmal der Protokollerklärung Nr. 2 zur VergGr. III BAT (Angestellte mit Restaurierungs-, Präparierungs- oder Konservierungsarbeiten):

„Restaurieren von Steinskulpturen mit wesentlich gestörter struktureller Festigkeit”

 

Normenkette

BAT 1975 §§ 22-23

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 12.09.1990; Aktenzeichen 2 Sa 312/90)

ArbG Bonn (Urteil vom 14.12.1989; Aktenzeichen 3/5 Ca 2014/87)

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 12. September 1990 – 2 Sa 312/90 – wird auf Kosten des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß dem Kläger Zinsen nur aus den Nettodifferenzbeträgen zustehen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger, der zwölf Semester Bildhauerei studiert hat, ist seit 1970 bei dem beklagten Landschaftsverband als Restaurator beschäftigt. Er ist in der Abteilung IV, Werkstatt II des …

Amtes für Denkmalpflege in B. tätig, die mit der Restaurierung von Wandmalereien, Steinskulpturen und Werksteinarbeiten befaßt ist. Das Aufgabengebiet des Klägers liegt im Bereich der Restaurierung von Steinskulpturen. Der überwiegende Teil seiner Tätigkeit besteht hierbei in der Begutachtung und Betreuung von Restaurierungsprojekten, die von Drittunternehmen durchgeführt werden. Im übrigen führt er auch Restaurierungsprojekte in allen Arbeitsschritten eigenhändig durch.

Die Parteien haben die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrags in der für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (BAT/VKA) auf das Arbeitsverhältnis vereinbart. Seit 1. Januar 1975 bezieht der Kläger Vergütung nach VergGr. IV a BAT.

Mit Schreiben vom 17. November 1980 hat der Kläger gegenüber dem Beklagten Ansprüche auf Vergütung nach VergGr. III BAT geltend gemacht. Er hat vorgetragen, seine Tätigkeit hebe sich durch das Maß der Verantwortung erheblich aus der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 1 heraus. Dies ergebe sich bereits daraus, daß er Tätigkeiten ausführe, die in der Protokollnotiz Nr. 1 zur VergGr. III BAT genannt seien. Er sei nahezu ausschließlich mit dem Restaurieren von Steinskulpturen mit wesentlich gestörter struktureller Festigkeit und/oder dem außergewöhnlich schwierigen Freilegen originaler Fassungen von Skulpturen befaßt. In dem von ihm ausgewählten Zeitraum vom 1. Januar 1980 bis 31. Dezember 1982 habe er zu 23,9 v.H. seiner Gesamtarbeitszeit sämtliche Arbeitsschritte der Restaurierung selbst durchgeführt. Während 23,5 v.H. seiner Arbeitszeit habe er Proberestaurierungen und Probefreilegungen für Drittprojekte vorgenommen, bei denen die eigentliche Restaurierung sodann durch private Unternehmen unter seiner Aufsicht durchgeführt worden sei. Während 34,8 v.H. seiner Arbeitszeit habe er bei Drittprojekten als Gutachter fungiert und dabei insbesondere den Katalog der durchzuführenden Maßnahmen erarbeitet und diese dann auch betreut sowie beaufsichtigt. Darüber hinaus habe er auch bloße gutachterliche Stellungnahmen ohne Beaufsichtigung der Restaurierungsarbeiten abgegeben sowie reine Betreuungs- und Beaufsichtigungsaufgaben übernommen. In allen Fällen, in denen er eingesetzt worden sei, sei es um die Restaurierung von Steinskulpturen mit wesentlich gestörter Festigkeit gegangen. Auch in den Fällen, in denen er nicht sämtliche Arbeitsschritte der Restaurierung erledigt habe, sondern nur gutachterlich oder betreuend tätig geworden sei, seien die in der Protokollnotiz Nr. 1 zur VergGr. III BAT genannten Tätigkeitsbeispiele erfüllt. Das nach VergGr. III BAT erforderliche außergewöhnliche Maß der Verantwortung ergebe sich für ihn im übrigen insbesondere aus der Bedeutung der zu erhaltenden Kulturdenkmäler und der sich daraus ergebenden finanziellen Auswirkungen seiner Tätigkeit. Da er zumindest das gedankliche Konzept für die jeweilige Restaurierung entwickle und der Einsatz falscher Maßnahmen weitreichende Folgen haben könne, treffe ihn eine besonders hohe Verantwortung.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger in der Zeit ab 1. Juni 1980 eine Vergütung nach VergGr. III BAT zu zahlen und die Differenzbeträge zwischen den VergGr. III und IV a BAT mit jeweils 4 % seit Fälligkeit zu verzinsen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat vorgetragen, der Kläger habe die Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. III BAT durch seine Tätigkeit nicht schlüssig dargelegt. Es fehle bereits am Vortrag, aufgrund welcher Tatsachen die jeweiligen Heraushebungsmerkmale der aufeinander aufbauenden VergGrn. V b bis III BAT erfüllt seien. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die in VergGr. III BAT geforderte besonders weitreichende hohe Verantwortung. Die Voraussetzungen der VergGr. III BAT und der Protokollnotiz Nr. 1 seien nur dann erfüllt, wenn der Angestellte die Restaurierungsarbeiten – nach notwendig vorhergehender Begutachtung des Objekts – selbst vollständig ausführe. Der Kläger habe auch nicht dargelegt, bei welchem Grad des Steinverfalls von einer wesentlich gestörten strukturellen Festigkeit auszugehen sei und welches konkrete Ausmaß die Zerstörung der jeweiligen Objekte besessen hätte. Deshalb sei nicht ersichtlich, daß der Kläger im erforderlichen zeitlichen Ausmaß mit der Restaurierung von Steinskulpturen mit wesentlich gestörter struktureller Festigkeit befaßt gewesen sei. Eine zeitliche Zuordnung der vom Kläger benannten Objekte sei darüber hinaus nur bei Vorlage von täglichen Arbeitsaufzeichnungen möglich.

Das Arbeitsgericht hat der Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision unter Beschränkung des Zinsanspruchs auf den Nettobetrag.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage mit Recht stattgegeben. Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger für die Zeit ab 1. Juni 1980 Vergütung nach VergGr. III BAT zu zahlen und die Nettodifferenzbeträge ab Rechtshängigkeit zu verzinsen. Denn der Kläger erfüllt das Merkmal der in der VergGr. III BAT in Bezug genommenen. Protokollerklärung Nr. 2 „Restaurieren von Steinskulpturen mit wesentlich gestörter struktureller Festigkeit”.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (BAT/VKA) Anwendung. Damit hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob zeitlich mindestens zur Hälfte der Gesamtarbeitszeit Arbeitsvorgänge anfallen, die die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals der vom Kläger für sich in Anspruch genommenen VergGr. III BAT erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Dabei ist nach der Senatsrechtsprechung unter einem Arbeitsvorgang eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen (BAGE 51, 59, 65 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Von diesem Rechtsbegriff geht auch das Landesarbeitsgericht aus. Das Landesarbeitsgericht teilt im Anschluß an das Arbeitsgericht die Tätigkeit des Klägers in folgende fünf Arbeitsvorgänge ein:

  1. Durchführung eigener Restaurierungsprojekte bis zur Fertigstellung des restaurierten Objektes
  2. Proberestaurierung und Probefreilegung für Drittprojekte mit dem Ziel einer Fremdvergabe von Restaurierungsarbeiten sowie deren Beaufsichtigung
  3. Begutachtung von Drittprojekten mit anschließender Betreuung und Beaufsichtigung der Arbeit der privaten Restauratoren
  4. Begutachtung von Drittprojekten ohne weitere Betreuungstätigkeit
  5. Reine Betreuungs- oder Beaufsichtigungstätigkeit ohne vorherige Begutachtung.

Diese vom Landesarbeitsgericht nicht näher begründete Aufteilung ist im wesentlichen zutreffend. Soweit der Kläger eigene Restaurierungsprojekte durchführt (Ziff. 1), vollzieht sich seine Tätigkeit nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in zahlreichen Arbeitsschritten. Dazu gehören u.a. das Durchführen von Vorgesprächen zur Festlegung des Gesamtkonzepts, Quellen- und Literaturstudium, Materialbeschaffung, Bestimmung von Material, Alter und Beschaffenheit des jeweiligen Objekts (sogenannte Diagnose), Proberestaurierung, Entwicklung des konkreten Maßnahmekatalogs, Herrichtung des Arbeitsplatzes vor Ort, Zusammenstellung des Restauratorenteams, Durchführung der einzelnen Restaurationsmaßnahmen bzw. deren Leitung und Beaufsichtigung sowie schließlich – zumindest teilweise – das Erstellen eines Abschlußberichts. Die Abwicklung eines konkreten Restaurierungsvorhabens umfaßt also im wesentlichen die Objektbeschreibung und Diagnose, die Entwicklung konkreter Maßnahmen sowie deren Durchführung. Arbeitsergebnis aller genannten Arbeitsschritte ist die Restaurierung konkreter Objekte bis zu ihrer Fertigstellung. Diesem Arbeitsergebnis lassen sich alle genannten Einzelaufgaben zuordnen, wobei auch die Zusammenhangstätigkeiten (z.B. Schriftverkehr, Terminabsprachen) sowie die Verwaltungsübung feststehen. Die Durchführung eines Restaurierungsprojekts in allen Arbeitsschritten ist schließlich auch von den anderen Aufgaben des Klägers tatsächlich abgrenzbar und rechtlich selbständig bewertbar.

Von der vollständigen Durchführung einzelner Restaurierungsprojekte durch den Kläger grenzt das Landesarbeitsgericht zutreffend die Tätigkeitsbereiche ab, in denen der Kläger Restaurierungsprojekte nicht von Anfang an bis zur Fertigstellung selbst durchführt, sondern nur mit Teiltätigkeiten im Rahmen des gesamten Projekts befaßt ist. Zwar entsprechen die hierbei anfallenden Tätigkeiten des Klägers vollständig denjenigen, die auch bei der Durchführung eigener Restaurierungsprojekte anfallen. Insoweit dient die jeweilige Tätigkeit des Klägers jedoch anderen Arbeitsergebnissen. Soweit der Kläger gutachterlich für Drittprojekte tätig wird, insbesondere den Katalog der erforderlichen Maßnahmen erarbeitet, und die Durchführung der Arbeiten durch private Restauratoren anschließend betreut und beaufsichtigt (Ziff. 3), ist Arbeitsergebnis dieser Tätigkeit nicht die Durchführung eines Restaurierungsprojekts, sondern die Erstellung eines Restaurierungsvorschlags und die Überwachung seiner Ausführung. Auch bei dieser Arbeitseinheit stehen Verwaltungsübung und Zusammenhangstätigkeiten fest.

Gleiches gilt für die vom Kläger vorgenommenen Proberestaurierungen und Probefreilegungen für Drittprojekte mit dem Ziel einer Fremdvergabe von Restaurierungsarbeiten sowie deren Beaufsichtigung (Ziff. 2). Arbeitsergebnis ist hier die Proberestaurierung. Möglicherweise ist aber die Proberestaurierung nur eine Zusammenhangstätigkeit mit der Erstellung eines Gutachtens durch den Kläger und der anschließenden Überwachung der Restaurierungsarbeiten. Denn die Fremdvergabe von Restaurierungsarbeiten setzt notwendig voraus, daß dem Auftragnehmer mitgeteilt wird, welche Arbeiten durchzuführen sind. Dies ist ohne vorherige Begutachtung wohl kaum möglich. Die Proberestaurierung und Probefreilegung könnte insoweit nur als Vorbereitung oder Teil des Gutachtens angesehen werden. Dies legt es nahe, die Tätigkeiten des Klägers zu Ziff. 2 und 3 der Tätigkeitabeschreibung zu einem einzigen Arbeitsvorgang zusammenzufassen, der wie folgt beschrieben werden kann: Begutachtung von Drittobjekten einschließlich Proberestaurierung und Probefreilegung mit anschließender Betreuung und Beaufsichtigung der Restaurierungsarbeiten. Letztlich kommt es aber nicht darauf an, ob es sich bei Ziff. 2 und 3 um zwei oder einen Arbeitsvorgang handelt, da beide Tätigkeiten rechtlich gleichwertig sind.

Soweit der Kläger schließlich reine Begutachtung von Drittobjekten ohne anschließende Betreuungstätigkeit (Ziff. 4) und in geringem Umfang reine Betreuung- oder Beaufsichtigungstätigkeiten ohne vorherige Begutachtung des Projekts (Ziff. 5) vorgenommen hat, sind auch diese Tätigkeitsbereiche von den Vorinstanzen zutreffend als jeweils eigenständige Arbeitsvorgänge gewartet worden. Diese Tätigkeiten dienen ebenfalls tatsächlich trennbaren und rechtlich selbständig bewertbaren Arbeitsergebnissen, nämlich der bloßen Erstellung eines Restaurierungsvorschlags (Begutachtung) oder der reinen Betreuung und Kontrolle von Restaurierungsmaßnahmen, die von anderer Seite veranlaßt worden sind.

Für die Eingruppierung des Klägers sind die Tätigkeitsmerkmale für Angestellte mit Restaurierungs-, Präparierungs- oder Konservierungsarbeiten der Anlage 1 a zum BAT/VKA heranzuziehen.

Danach kommen für die Eingruppierung des Klägers folgende Tätigkeitsmerkmale in Betracht:

VergGr. III

Angestellte mit Restaurierungs-, Präparierungs- oder Konservierungsarbeiten, die sich durch das Maß ihrer Verantwortung aus der VergGr. IV a Fallgruppe 1 dieses Tarifvertrages erheblich herausheben.

(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1 und 2).

VergGr. IV a

1. Angestellte mit Restaurierungs-, Präparierungs- oder Konservierungsarbeiten mit langjähriger Erfahrung in Tätigkeiten mindestens der VergGr. V b Fallgruppe 1 dieses Tarifvertrages, die sich durch besondere Leistungen aus der VergGr. IV b Fallgruppe 1 dieses Tarifvertrages herausheben.

(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1).

VergGr. IV b

1. Angestellte, die sich dadurch aus der VergGr. V b Fallgruppe 1 dieses Tarifvertrages herausheben, daß ihre Tätigkeit besondere Fachkenntnisse erfordert.

(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1 und 3).

VergGr. V b

1. Angestellte, die besonders schwierige Restaurierungs-, Präparierungs- oder Konservierungsarbeiten selbständig ausführen.

(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1 und 4).

Protokollerklärung Nr. 2

Der Angestellte hebt sich durch das Maß seiner Verantwortung erheblich aus der VergGr. IV a Fallgruppe 1 z.B. durch folgende Tätigkeiten heraus:

Restaurieren von Steinskulpturen mit wesentlich gestörter Festigkeit; außergewöhnlich schwieriges Freilegen originaler Fassungen von Skulpturen;

Die Tätigkeitsmerkmale der VergGrn. V b bis III BAT bauen jeweils aufeinander auf, so daß das Landesarbeitsgericht nach der Senatsrechtsprechung grundsätzlich zunächst hätte prüfen müssen, ob die Tätigkeit des Klägers dem Tätigkeitsmerkmal der Ausgangsvergütungsgruppe V b entspricht. Danach sind erst die qualifizierenden Merkmale der jeweils höheren Vergütungsgruppe zu prüfen, wobei eine pauschale rechtliche Überprüfung genügt, wenn die Parteien übereinstimmend von der Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale der unteren Vergütungsgruppen ausgehen (vgl. BAG Urteile vom 6. Juni 1984 – 4 AZR 218/82 – AP Nr. 90 zu §§ 22, 23 BAT 1975, und vom 11. September 1985 – 4 AZR 141/84 – AP Nr. 106 zu §§ 22, 23 BAT 1975, jeweils mit weiteren Nachweisen), Dies hat das Landesarbeitsgericht unterlassen, was jedoch entgegen der Auffassung der Revision im vorliegenden Fall unschädlich ist, soweit es um die Merkmale der Protokollerklärung Nr. 2 (von den Parteien fälschlich als „Protokollnotiz Nr. 1” zitiert) geht. Denn die Tarifvertragsparteien haben in der Protokollerklärung Nr. 2 konkrete Beispiele angeführt, in denen sich der Angestellte durch das Maß seiner Verantwortung erheblich aus der VergGr. IV a Fallgruppe 1 heraushebt und damit Beispiele für das allgemein gefaßte Tätigkeitsmerkmal der VergGr. III BAT benannt. Das Landesarbeitsgericht ist deshalb in Übereinstimmung mit der ständigen Senatsrechtsprechung zutreffend von dem Grundsatz ausgegangen, daß die allgemeinen, abstrakten Tätigkeitsmerkmale einer Vergütungsgruppe regelmäßig schon dann als erfüllt anzusehen sind, wenn der Arbeitnehmer eine den Beispielen entsprechende Tätigkeit ausübt. Durch derartige Tätigkeitsbeispiele legen die Tarifvertragsparteien nämlich grundsätzlich verbindlich fest, daß die in dem Beispiel genannte Tätigkeit dem allgemein gefaßten Tätigkeitsmerkmal der betreffenden Vergütungsgruppe entspricht (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Urteile vom 14. Mai 1986 – 4 AZR 134/85 – AP Nr. 119 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 4. Mai 1988 – 4 AZR 728/87 – AP Nr. 143 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 14. Februar 1990 – 4 AZR 571/89 –, nicht veröffentlicht). Wenn die Tätigkeit also eines der Beispiele – hier: der Protokollerklärung Nr. 2 – erfüllt, brauchen die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale nicht mehr herangezogen zu werden. Insoweit kommt es deshalb auch nicht auf deren Abgrenzung zu den Tätigkeitsmerkmalen der unteren Vergütungsgruppen und die jeweiligen Heraushebungsmerkmale an.

Die Auffassung der Revision, durch das im vorliegenden Fall maßgebende Tätigkeitsbeispiel der Protokollerklärung Nr. 2 „Restaurieren von Steinskulpturen mit wesentlich gestörter struktureller Festigkeit” werde nur das besondere Maß der Verantwortung beschrieben, ohne daß damit die Merkmale der Ausgangsfallgruppen erfüllt sein müßten, teilt der Senat nicht. Die Protokollerklärung Nr. 2 beginnt mit den Worten: „Der Angestellte hebt sich durch das Maß seiner Verantwortung erheblich aus der VergGr. IV a Fallgruppe 1 z.B. durch folgende Tätigkeiten heraus: …”. Diese Protokollerklärung Nr. 2 ist nur der VergGr. III BAT zugeordnet.

Damit haben die Tarifvertragsparteien deutlich zu erkennen gegeben, daß mit den Tätigkeitsbeispielen der Protokollerklärung Nr. 2 das gesamte Tätigkeitsmerkmal der VergGr. III BAT erfüllt ist. Wenn sich ein Angestellter „durch das Maß seiner Verantwortung erheblich aus der VergGr. IV a Fallgruppe 1” heraushebt, ist damit zugleich gesagt, daß er die Merkmale der VergGr. IV a Fallgruppe 1 erfüllt. Das soll nach dem Willen der Tarifvertragsparteien mit den Tätigkeitsbeispielen der Protokollerklärung Nr. 2 gesagt werden. Dann bedarf es aber nicht mehr einer Überprüfung der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale.

Die Tätigkeit des Klägers erfüllt mit Arbeitsvorgängen, die mehr als 50 v. H. seiner Arbeitszeit in Anspruch nehmen, das Tätigkeitsbeispiel der Protokollerklärung Nr. 2 „Restaurieren von Steinskulpturen mit wesentlich gestörter struktureller Festigkeit”. Hierbei sind sowohl der Arbeitsvorgang „eigene Restaurierungsprojekte” (Ziff. 1) als auch die Arbeitsvorgänge „Proberestaurierung” (Ziff. 2) und „Begutachtung mit anschließender Betreuung” (Ziff. 3) als „Restaurieren von Steinskulpturen” im Sinne der Protokollerklärung Nr. 2 anzusehen. Entgegen der Auffassung der Revision umfaßt der Begriff des „Restaurierens” nicht nur die eigene handwerkliche Leistung des Angestellten. Vielmehr gehört zum „Restaurieren von Steinskulpturen” auch die Begutachtung bzw. Proberestaurierung mit anschließender Betreuung und Beaufsichtigung der Restaurierungsarbeiten. Mit der Restaurierung sollen Steindenkmäler vor Beschädigung und Zerstörung geschützt und für Gegenwart und Nachwelt erhalten werden. Dies ist ohne vorherige gutachterliche Stellungnahme, welche Handwerksarbeiten durchzuführen sind, überhaupt nicht möglich. Die Betreuung und Beaufsichtigung der Arbeiten gehört ebenso notwendig zu einer erfolgreichen Restaurierungsarbeit. Werden handwerkliche Fehler gemacht, entstehen unter Umständen nicht wieder gutzumachende Schäden. Die Beaufsichtigung der handwerklichen Tätigkeiten erscheint bei einer Restaurierung sogar als qualifiziertere Tätigkeit als die handwerkliche Tätigkeit selbst. Denn mit der Beaufsichtigung ist die Verantwortung für die ordnungsgemäße handwerkliche Durchführung der Restaurierung verbunden, zumal der Kläger im vorliegenden Fall selbst die erforderlichen handwerklichen Fähigkeiten besitzt und deshalb entsprechende fachliche Anweisungen geben kann. Der Revision ist zwar zuzugeben, daß die bloße Begutachtung von Steinskulpturen nicht als „Restaurieren” angesehen werden kann. Wenn sich an die Begutachtung aber die Betreuung und Beaufsichtigung der handwerklichen Restaurierungsarbeiten anschließt, dient die Begutachtung der Vorbereitung der Restaurierungsarbeit und ist insoweit Zusammenhangstätigkeit mit dem Arbeitsvorgang „Restaurieren”.

Das „Restaurieren von Steinskulpturen” (Ziff. 1 bis 3 der Tätigkeitsbeschreibung des Klägers) nimmt 82 v.H. seiner Arbeitszeit in Anspruch (23,9 v.H. zu Ziff. 1, 23,5 v.H. zu Ziff. 2, 34,8 v.H. zu Ziff. 3). Der Kläger hat insoweit alle Restaurierungsprojekte auf gelistet, an denen er in dem von ihm ausgewählten repräsentativen Zeitraum vom 1. Januar 1980 bis 31. Dezember 1982 beteiligt war und hat angegeben, an welchen Tagen und mit welchem Zeitaufwand er mit den jeweiligen Projekten befaßt war. Darüber hinaus hat er die einzelnen Projekte den betreffenden Arbeitsvorgängen zugeordnet und auf dieser Grundlage die prozentualen Anteile an seiner Gesamtarbeitszeit errechnet. Diesem detaillierten Vortrag ist der Beklagte lediglich durch pauschales Bestreiten entgegengetreten, das die Vorinstanzen zutreffend als nicht hinreichend substantiiert angesehen haben.

Es wäre Sache des Beklagten gewesen, die Angaben des Klägers substantiiert zu bestreiten, was ihm aufgrund der exakten Orts- und Datenangabe bei jedem einzelnen Projekt auch ohne Vorlage täglicher Arbeitsaufzeichnungen unschwer möglich gewesen wäre, zumal der Kläger nach seinem unbestritten gebliebenen Vortrag Restaurierungsberichte abgaben mußte. Dies gilt um so mehr unter Berücksichtigung des eigenen Vortrags des Beklagten, der Kläger sei nur an solchen Projekten beteiligt gewesen, die ihm vom Abteilungsleiter der Restaurierungswerkstatt übertragen worden seien, dem seinerseits die zu restaurierenden Projekte vom Gebietsreferenten der Abteilung praktische Denkmalpflege des … Amtes für Denkmalpflege benannt worden seien. Alle Arbeiten des Klägers seien deshalb in Abstimmung mit dem Abteilungsleiter, dem Werkstattleiter und dem Gebietsreferenten erfolgt, die auch im weiteren Verlauf regelmäßig über den Stand der Arbeiten informiert worden seien. Infolge dieser nach festen Regeln ablaufenden Organisation war es dem Beklagten daher durchaus möglich und zumutbar, zu den vom Kläger vorgetragenen Zeitanteilen seiner Tätigkeit detailliert Stellung zu nehmen, so daß er sich diesbezüglich nicht auf pauschales Bestreiten beschränken konnte, Darauf, ob der Beklagte die Angaben des Klägers auch anhand von Reisekostenabrechnungen hätte überprüfen können, was die Revision bestreitet, kommt es damit nicht mehr an. Da das Bestreiten des Beklagten unbeachtlich ist, konnte das Landesarbeitsgericht die vom Kläger vorgetragenen Zeitanteile als unstreitigen Sachvortrag seiner Entscheidung zugrunde legen. Die von der Revision erhobene Rüge, das Landesarbeitsgericht habe über die maßgeblichen Zeitanteile Beweis erheben müssen, ist daher unbegründet.

Die maßgebenden Arbeitsvorgänge, die mehr als 50 v.H. der Arbeitszeit des Klägers in Anspruch nehmen (Ziff. 1 bis 3 der Tätigkeitsbeschreibung), erfüllen das Tätigkeitsbeispiel der Protokollerklärung Nr. 2 „Restaurieren von Steinskulpturen mit wesentlich gestörter struktureller Festigkeit”. Die Tarifvertragsparteien haben nicht erläutert, was sie unter dem Begriff „mit wesentlich gestörter struktureller Festigkeit” verstehen. Daher ist von dem allgemeinen Sprachgebrauch auszugehen. Danach ist unter einer Störung eine „Beeinträchtigung des normalen Ablaufs oder Zustandes” zu verstehen (vgl. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Bd. VI, 1984, S. 82). Diese Störung ist dann wesentlich, wenn sie „bedeutsam” ist bzw. die betreffende Sache „(verstärkend) sehr, viel” beeinträchtigt ist (vgl. Brockhaus/Wahrig, a.a.O., S. 724). Demgegenüber versteht man unter dem gegensätzlichen Begriff „unwesentlich”: „unbedeutend, kaum merklich” (Brockhaus/Wahrig, a.a.O., S. 441). Aus diesen Begriffen ergibt sich deshalb für das erforderliche Ausmaß der Störung, daß diese nicht völlig untergeordnet sein darf, sondern einen gewissen Umfang erreichen muß. Nach dem Tarifwortlaut muß sich diese Beeinträchtigung auf die „strukturelle Festigkeit” der jeweiligen Steinskulptur beziehen, d.h. also auf die die Struktur betreffende Festigkeit. Unter Struktur versteht man nach allgemeinem Sprachgebrauch: „(räumlicher) Aufbau, Konstruktion, Anordnung. Zusammenhang verschiedener Teile eines Ganzen” (Brockhaus/Wahrig, a.a.O., S. 113). Der Begriff der Festigkeit kann in diesem Zusammenhang deshalb nur im Sinne von „stabil, haltbar, dauerhaft, widerstandsfähig” (Brockhaus/Wahrig, Bd. II, 1981, S. 721) verstanden werden. Unter Berücksichtigung dieses Sprachgebrauchs kann auch nicht bei jeder Beeinträchtigung der Oberfläche von einer wesentlichen Störung der strukturollen Festigkeit einer Steinskulptur gesprochen werden. Eine solche liegt vielmehr erst dann vor, wenn die Haltbarkeit und Dauerhaftigkeit des Aufbaues und Zusammenhangs einer Skulptur betroffen ist, wenn also der Stein so in seiner Substanz beeinträchtigt ist, daß ohne restauratorische Maßnahmen sein Verfall oder zumindest seine Zerstörung zu befürchten ist. Auch die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, daß an den jeweiligen Restaurierungsobjekten Steinzerfallserscheinungen vorhanden sein müssen, während reine Oberflächenschädigungen nicht ausreichen, um das Tätigkeitsbeispiel zu erfüllen.

Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht berücksichtigt. Es befaßt sich entgegen der Auffassung der Revision durchaus mit dem Begriff dar wesentlichen Störung der strukturellen Festigkeit und versucht, diesen Begriff anhand der Ausführungen des Sachverständigen sowie unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs zu definieren. Hierbei kommt es zu dem Ergebnis, daß der Begriff der wesentlichen Störung der strukturellen Festigkeit dann erfüllt ist, wenn die Steinsubstanz derart angegriffen ist, daß durch die Restaurierungsmaßnahmen Zerstörung und unwiederbringlicher Verlust verhindert werden müssen. Damit berücksichtigt das Landesarbeitsgericht die allgemeine Wortbedeutung des Begriffs.

Da es sich bei dem Begriff der „wesentlich gestörten strukturellen Festigkeit” im tariflichen Sinne um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, steht dem Landesarbeitsgericht bei der Subsumtion ein Beurteilungsspielraum zu, so daß die Überprüfung durch das Revisionsgericht darauf beschränkt ist, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt ist oder ob die Unterordnung des Sachverhalts unter den Rechtsbegriff Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder die Beurteilung wegen Außerachtlassung wesentlicher Umstände offensichtlich fehlerhaft ist (BAGE 32, 203, 206 f. = AP Nr. 1 zu § 72 a ArbGG 1979 Grundsatz, mit weiteren Nachweisen). Solche Rechts fehler sind dem Landesarbeitsgericht nicht unterlaufen. Es hat vielmehr in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens das Merkmal der „wesentlich gestörten strukturellen Festigkeit” für die Restaurierungsarbeiten des Klägers bejaht. Der Sachverständige hat sowohl in seinem schriftlichen Gutachten als auch in seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht ausgeführt, daß angesichts der heutigen Umweltbelastungen Außendenkmäler aus Stein durchgängig eine wesentlich gestörte strukturelle Festigkeit hätten. Dies treffe deshalb in allen Fällen, in denen der Kläger als Amtsrestaurator tätig werde, zu. Der Sachverständige hat zur Begründung dieser Auffassung Bezug genommen auf einzelne Restaurierungsobjekte, die der Kläger dokumentiert und mit Fotos illustriert hat. Der Sachverständige hat hierbei aus der Vielzahl der vom Kläger dokumentierten Projekte drei repräsentative Restaurierungsobjekte ausgewählt und diese in Augenschein genommen. Bei diesen Objekten hat der Sachverständige in einem Fall die Freilegung originaler Fassungen von Steinskulpturen festgestellt. In den beiden anderen Fällen hat er durch Umwelteinflüsse bedingte Zerfallserscheinungen, die bereits zu Substanzverlusten geführt hatten, bzw. Teilverluste, Schalen- und Rißbildungen sowie Rostsprengung, die eine Konsolidierung der originalen Steinsubstanz erforderlich machten, festgestellt. Bei den beiden letzteren Objekten handelt es sich also nicht um bloße Oberflächenschädigungen, sondern um Beeinträchtigungen der Steinsubstanz mit erheblichen Zerfallserscheinungen. Da an der Fachkunde und Objektivität des Sachverständigen keine Zweifel bestehen, ist es nicht zu beanstanden, daß das Landesarbeitsgericht dessen Ausführungen seiner Entscheidung zugrunde gelegt und daraus den Schluß gezogen hat, daß die vom Kläger restaurierten Objekte das Merkmal der „wesentlich gestörten strukturellen Festigkeit” erfüllten.

Die von der Revision zunächst erhobene Verfahrensrüge, für den Beklagten sei nicht erkennbar gewesen, daß der Sachverständige allein die von ihn in Augenschein genommenen Objekte zur Grundlage seiner Begutachtung erheben wollte, der Sachverständige habe sich nicht lediglich mit der Überprüfung eines kleinen Teils der Tätigkeit des Klägers zufrieden geben dürfen, hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich aufgegeben.

Der Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

 

Unterschriften

Schaub, Dr. Freitag, Dr. Etzel, Venzlaff, Marx

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1070644

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