Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung: Restaurateurin im Museum. Eingruppierung einer Restaurateurin im Museum. Zuschnitt der Arbeitsvorgänge. alleinige Zuständigkeit für die Restaurierungsarbeiten. fehlende Vorhersehbarkeit der erforderlichen Fachkenntnisse und Leistungen. Eingruppierung öffentl. Dienst
Leitsatz (amtlich)
Die einzelnen Restaurierungsvorhaben einer Restaurateurin sind einzelne Arbeitsvorgänge; gleichartige und gleichwertige Restaurierungsvorhaben können zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden.
Orientierungssatz
- Die einzelnen Restaurierungsvorhaben einer Restaurateurin bilden einzelne Arbeitsvorgänge. Das Arbeitsergebnis ist die Restaurierung des betreffenden Objektes. Sie können nur insoweit zu einem einheitlichen Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden, wie sie gleichartig und gleichwertig sind.
- Die alleinige Zuständigkeit einer Restaurateurin für alle Restaurierungsarbeiten rechtfertigt es nicht, alle Restaurierungsvorhaben und die Restaurierungsvorhaben einer bestimmten Art (hier: Restaurierung von Glasobjekten einerseits oder von Keramikobjekten andererseits) zu einem Arbeitsvorgang zusammenzufassen.
- Das Fehlen der Vorhersehbarkeit der bei der Durchführung eines Restaurierungsvorhabens erforderlichen Fachkenntnisse und Leistungen führt nicht dazu, daß verschiedene Restaurierungsvorhaben einen einheitlichen Arbeitsvorgang bilden.
Normenkette
BAT 1975 § 22; Anl. 1a zum BAT/BL Teil II Abschn. K VergGr. IVa Fallgr. 1; Anl. 1a zum BAT/BL Teil II Abschn. K VergGr. IVb Fallgr. 1; Anl. 1a zum BAT/BL Teil II Abschn. K VergGr. Vb Fallgr. 1; Anl. 1a zum BAT/BL Teil II Abschn. K VergGr. Vc Fallgr. 1
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten sich um die zutreffende tarifliche Vergütung der Klägerin.
Die Klägerin steht seit dem 1. Mai 1981 in den Diensten der Beklagten zu 1, der Freien und Hansestadt Hamburg, bzw. der Beklagten zu 2, der Rechtsnachfolgerin der Beklagten zu 1. Sie ist im A… Museum als Restaurateurin beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag findet auf das Arbeitsverhältnis der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) nebst den diesen ändernden oder ergänzenden Tarifverträgen Anwendung.
Durch das Gesetz über die Errichtung von Museumsstiftungen der Freien und Hansestadt Hamburg (Hamburgisches Museumsstiftungsgesetz) wurde ua. die Beklagte zu 2, die rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts “A… Museum in Hamburg” – N… museum, errichtet. Gem. § 18 des Stiftungsgesetzes gingen mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 1999 die Arbeitsverhältnisse der in dem A… Museum tätigen Beschäftigten, so auch der Klägerin, kraft Gesetzes auf die Beklagte zu 2 über.
Die Klägerin wurde zunächst vergütet nach VergGr. Vc BAT. Mit Schreiben vom 13. September 1994 machte die Klägerin Vergütung nach VergGr. IVa BAT geltend. Dieses Begehren verfolgt die Klägerin mit ihrer am 2. Dezember 1997 erhobenen Klage weiter. Am 7. Januar 1998 teilte das beklagte Land der Klägerin mit, sie sei rückwirkend ab dem 1. März 1994 in der VergGr. IVb BAT eingruppiert. Dieser Bewertung lag die Stellenbeschreibung mit Stand vom 1. November 1997 zugrunde, die nach einer Überarbeitung durch die Beklagte zu 1 die folgende Fassung hatte:
Aufgaben/Tätigkeiten |
Anteil der Arbeitszeit in v.H. |
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Restaurierungen von Keramik, Stein, Kunststein, Gips und Kompositmaterialien |
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1. |
Feststellen der Ursachen von Verfallserscheinungen, Restaurieren, Rekonstruieren und Übertragen auf neue Wandträger hochgradig empfindlicher Objekte mit starkem Zerstörungsgrad, mit wesentlich gestörter struktureller Festigkeit. |
28 % |
Entwickeln und Erproben neuartiger Restaurierungs- und Konservierungsverfahren bei vorgegebener Aufgabenstellung. |
2. |
Rekonstruktion nur fragmentarisch erhaltener figürlicher oder plastisch verzierter Keramik. |
5 % |
3. |
Rekonstruktion nur fragmentarisch erhaltener Keramik, Stein oder steinähnlichen Materialien, mechanisches oder chemisches Reinigen, Sortieren, Festigen, Zusammensetzen und Ergänzen von in Scherben sehr brüchiger oder inkurstierter Keramik oder von Keramik mit schlecht haftender Bemalung. |
10 % |
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Glasrestaurierungen |
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4. |
Rekonstruktion nur fragmentarisch erhaltener Gläser schwer zu ermittelnder Form. Behandlung sehr komplizierter Glasabblätterungen; Entwickeln und Erproben neuartiger Restaurierungs- und Konservierungsverfahren bei vorgegebener Aufgabenstellung. |
17 % |
5. |
Rekonstruktion und Konservierung von hochgradig empfindlichen Gläsern und Hinterglasgemälden. Behandlung sehr empfindlicher Glasabblätterungen, Sichern und Restaurieren bei starkem Zerstörungsgrad. Selbständige Entwicklung neuartiger Restaurierungs- und Konservierungsverfahren. |
10 % |
6. |
Restaurierung, Reinigung und Ergänzung von schlecht erhaltenen Gläsern, Behandlung von Glasabblätterungen. |
5 % |
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Sonstiges |
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7. |
Fachspezifische Beratung des Direktors und der Abteilungsleiter bei Ankäufen oder Untersuchungen in Zweifelsfällen, Prüfung von Zustand und Echtheit, Beratung bei Schadensfällen. |
5 % |
Gutacherliche Tätigkeit im Rahmen des Beratungsdienstes des A… Museums. |
8. |
Konservatorische Betreuung und Beratung bei Ausleihen und Sonderausstellungen, Erstellen von Zustandsprotokollen, adäquate Präsentation, Sicherungsmaßnahmen bei eventuellen Schäden, Aufbau der Objekte. |
10 % |
9. |
Fachliche Anleitung und Betreuung von Praktikanten/tinnen und Studenten/tinnen der Studiengänge Restaurierung, Führung mit Fachvorträgen und Werkstattkolloquien. |
5 % |
Die Klägerin verfolgt ihre Klage auf Vergütung nach der VergGr. IVa BAT ab dem 13. März 1994 weiter. Sie hat die og. Stellenbeschreibung als “Ausgangspunkt für das Verfahren” akzeptiert, vertritt jedoch die Ansicht, daß ihre Tätigkeit im wesentlichen aus zwei Arbeitsvorgängen bestehe, nämlich der Restaurierung von Keramik, Stein, Kunststein, Gips und Kompositmaterialien einerseits und der Glasrestaurierung andererseits. Den ersten Arbeitsvorgang mit einem Zeitanteil von 43 % bildeten die in den Ziffern 1 bis 3 der Stellenbeschreibung benannten Tätigkeiten, den zweiten Arbeitsvorgang mit einem Zeitanteil von ca. 32 % die dort in den Ziffern 4 bis 6 bezeichneten Tätigkeiten. Da sie keine regelmäßig wiederkehrenden Tätigkeiten verrichte, könne nicht jedes von ihr bearbeitete Objekt als eigener Arbeitsvorgang angesehen werden. Die beiden Arbeitsvorgänge “Keramikrestaurierung” und “Glasrestaurierung” erfüllten die tariflichen Merkmale der VergGr. IVa BAT. Auch das beklagte Land habe anerkannt, daß die Restaurierung der Hinterglasmalerei gem. Ziff. 5 der Stellenbeschreibung und die Restauration von Keramik gem. Ziff. 2 der Stellenbeschreibung das Heraushebungsmerkmal “besondere Leistungen” der VergGr. IVa BAT erfüllten. Diese höherwertigen Tätigkeiten seien jeweils Teil der beiden großen Arbeitsvorgänge “Keramikrestaurierung” und “Glasrestaurierung”, die insgesamt mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit ausmachten.
Ergänzend hat die Klägerin vorgetragen, daß ein großer Teil ihrer Aufgaben Spezialkenntnisse und künstlerische Verantwortung im Sinne des Heraushebungsmerkmals “besondere Leistungen” der VergGr. IVa BAT erforderten, ua. die von ihr im einzelnen beschriebene Restaurierung der Bauernstuben, Neupräsentation der Fliesensammlung, Restaurierung von Fayenceöfen und Restaurierung oder Rekonstruktion von einzelnen Schadensfällen. Spezialkenntnisse im Sinne besonderer Leistungen der VergGr. IVa müsse sie auch bei der gutachterlichen Tätigkeit, der fachspezifischen Beratung des Direktors und der Abteilungsleiter bei Ankäufen und Untersuchungen in Zweifelsfällen auf Zustand und Echtheit und der konservatorischen Betreuung und Beratung bei Ausleihen aufwenden.
Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz nach der Erweiterung der Klage auf die Beklagte zu 2 beantragt
festzustellen, daß die Beklagte zu 1 vom 13. März 1994 bis zum 31. Dezember 1998 und die Beklagte zu 2 ab dem 13. März 1994 verpflichtet sind, ihr eine Vergütung nach der VergGr. IVa BAT zu zahlen und die Nettodifferenzbeträge zur bezahlten Vergütung mit 4 % zu verzinsen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben vorgetragen, daß die Klägerin ihr Begehren nicht auf die Tätigkeiten stützen könne, die – unstreitig – vor dem Beginn des Bewertungszeitraums (13. März 1994) durchgeführt worden seien, nämlich die Restaurierung der Bauernstube Hallig Hooge und des Schleswiger Fayenceofens. Die anderen von der Klägerin zur Begründung ihres Eingruppierungsbegehrens beschriebenen Tätigkeiten seien von der Stellenbeschreibung erfaßt worden. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei entsprechend der Aufteilung in der Stellenbeschreibung von neun Arbeitsvorgängen auszugehen. Von diesen erfüllten nur die Ziff. 2 der Stellenbeschreibung, die Rekonstruktion nur fragmentarisch erhaltener figürlicher oder plastisch verzierter Keramik, und die Ziff. 5 der Stellenbeschreibung, die Rekonstruktion und Konservierung von Hinterglasmalereien, das Heraushebungsmerkmal “besondere Leistungen” der VergGr. IVa BAT. Auf diese Arbeitsvorgänge entfielen insgesamt nur 15 % der Gesamtarbeitszeit der Klägerin. Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit könnten nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden. Im übrigen hätten die Tarifvertragsparteien mit den Protokollnotizen Nr. 2 bis 6 zu den einschlägigen Tätigkeitsmerkmalen deutlich gemacht, daß die den dort aufgeführten Beispielen zuzuordnenden Tätigkeiten nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden könnten. Dem stehe nicht entgegen, daß die Klägerin als einzige Restaurateurin des A… Museums für Keramik und Glas für alle diesbezügliche Objekte zuständig sei, und daß nicht von vornherein feststehe, welche Objekte von ihr zukünftig zu bearbeiten seien.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die inzwischen auch gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin die in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.
Unterschriften
Schliemann, Friedrich, Wolter, Fieberg, E. Wehner
Fundstellen
BAGE 2004, 122 |
BB 2003, 428 |
NZA 2003, 445 |
ZTR 2003, 234 |
AP, 0 |
PersR 2003, 329 |
Tarif aktuell 2003, 5 |