Entscheidungsstichwort (Thema)
Tariflohn bei Arbeitszeitverkürzung. Effektivklausel
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 16.9.1987 4 AZR 265/87.
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 28.01.1987; Aktenzeichen 9 (5) Sa 732/86) |
ArbG Mainz (Entscheidung vom 22.05.1986; Aktenzeichen 3 Ca 517/86) |
Tatbestand
Der Kläger, der der Gewerkschaft Holz und Kunststoff angehört, ist bei der Beklagten, die Mitglied des Verbandes der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie in Rheinland-Pfalz e.V. ist, seit dem 3. Januar 1971 als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt.
Bis zum 31. März 1985 erhielt der Kläger einen Bruttostundenlohn von 14,76 DM. Dieser setzte sich zusammen aus dem Tariflohn von 12,01 DM und aus einer freiwilligen übertariflichen Zulage von 2,75 DM.
Als Ausgleich für die im "Manteltarifvertrag für die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie in Rheinland-Pfalz" - MRP - vom 29. Oktober 1984, in Kraft getreten am 1. November 1984, vereinbarte Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 38,5 Stunden ab dem 1. April 1985 erhöhten sich ab diesem Zeitpunkt die Tariflöhne um 3,9 %. Die Beklagte zahlte dem Kläger nunmehr einen Bruttostundenlohn von 15,21 DM, bestehend aus dem Tariflohn von 12,46 DM sowie der übertariflichen Zulage in unveränderter Höhe von 2,75 DM.
Mit seiner am 18. März 1986 erhobenen Klage begehrt der Kläger für die im Monat November und Dezember 1985 unstreitig geleisteten Arbeitsstunden 0,13 DM brutto mehr Lohn je Arbeitsstunde, insgesamt einen Betrag in rechnerisch unstreitiger Höhe von 46,13 DM brutto.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nach dem eindeutigen Wortlaut der Ziff. 55 Abs. 5 MRP und der Abs. 2 und 3 der Protokollnotizen zum MRP, die Bestandteil des Tarifvertrages seien, erfolge die Verkürzung der Wochenarbeitszeit "bei vollem Lohnausgleich". Somit dürfe sich sein Effektivlohn infolge der Arbeitszeitverkürzung nicht verringern. Demzufolge sei nicht nur sein Tariflohn um 3,9 % zu erhöhen, sondern auch die ihm gezahlte übertarifliche Zulage. Sein Stundenlohn betrage daher nicht 15,21 DM, sondern 15,34 DM. Die von den Tarifvertragsparteien vereinbarte Sicherung der Effektivlöhne sei auch rechtlich zulässig. Es handele sich nämlich um eine Verdienstsicherungsklausel. Zudem hätten nur die Arbeiter infolge der Arbeitszeitverkürzung Einkommensverluste hinzunehmen. Den Angestellten zahle nämlich die Beklagte trotz gleicher Arbeitszeitverkürzung nach wie vor das gleiche Gehalt. Hierin liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger
46,13 DM nebst 4 % Zinsen aus 26,18 DM seit
dem 1. Dezember 1985 und aus 19,95 DM seit
dem 1. Januar 1986 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Protokollnotizen zum MRP begründeten den Anspruch des Klägers nicht, da sie lediglich Auslegungsregeln enthielten. Sie seien weder als Teil des Tarifvertrages noch als selbständiger Tarifvertrag anzusehen. Der vereinbarte "Lohnausgleich" beziehe sich nur auf die Tariflöhne. Selbst wenn die Tarifvertragsparteien die Erhöhung des Effektivlohnes zum Ausgleich für die Arbeitszeitverkürzung in den Protokollnotizen vereinbart hätten, sei diese Vereinbarung als begrenzte Effektivklausel nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unwirksam. Daß die Arbeitszeitverkürzung bei Arbeitern zu einer Minderung des Effektivlohnes führe, nicht aber bei Angestellten, beruhe ausschließlich auf der unterschiedlichen Entgeltfindung und sei daher sachlich gerechtfertigt. Schließlich hätte die vom Kläger verlangte Erhöhung bereits im April 1985 vorgenommen werden müssen. Da seit diesem Zeitpunkt mehr als drei Monate vergangen seien, ohne daß der Kläger seinen Anspruch geltend gemacht habe, sei er nunmehr wegen Nichteinhaltung der tariflichen Ausschlußfrist verfallen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der Hauptforderung stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Der Revision war stattzugeben. Entgegen den Entscheidungen der Vorinstanzen war die Klage abzuweisen. Dem Kläger steht der eingeklagte Betrag aus der Tariflohnerhöhung vom 1. April 1985 nicht zu, da er keinen Anspruch darauf hat, daß auch der übertarifliche Lohnteil um 3,9 % erhöht wird.
Auszugehen ist von den Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie in Rheinland-Pfalz (MRP) vom 29. Oktober 1984, in dessen Ziffer 55 Abs. 5 es heißt:
"Die Tariflöhne werden in Zusammenhang mit der Verkürzung der Arbeitszeit ab 1. April 1985 um 3,9 % angehoben."
Dazu gelten die Protokollnotizen, die über die Arbeitszeitverkürzung und Lohnregelung bestimmen:
"Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber
einig, daß durch die Verkürzung der Wochenarbeitszeit
auf 38,5 Stunden keine Seite zusätzliche
Vor- oder Nachteile erlangen soll.
Das bedeutet zum Beispiel bei Arbeitszeitregelungen
eine Verkürzung von 1,5 Stunden je
Arbeitswoche und bei der Berechnung von Durchschnittsverdiensten
eine prozentual entsprechende
Regelung.
Die Verkürzung der Arbeitszeit um 1,5 Stunden
pro Arbeitswoche erfolgt ohne Minderung des
Arbeitsentgelts auf der Basis der bisher
geltenden 40-Stunden-Woche."
Diese Protokollnotizen haben, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, Tarifcharakter. Sie sind als Anhang zum MRP in der Fassung vom 29. Oktober 1984 verfaßt, enthalten die ausdrückliche Formulierung, daß sich die Tarifvertragsparteien über diese Protokollierungen einig seien und sind als Teil des Tarifvertrages von den Tarifvertragsparteien unterschrieben.
Nach Ziffer 55 Abs. 5 MRP werden "die Tariflöhne ... in Zusammenhang mit der Verkürzung der Arbeitszeit ab 1. April 1985 um 3,9 % angehoben". Damit ist zunächst nur bestimmt, daß die Tariflöhne entsprechend zum Ausgleich für die Verkürzung der Arbeitszeit um 1,5 Stunden pro Woche um den entsprechenden Betrag von 3,9 % angehoben werden, der exakt den Ausgleich für die Verkürzung der Arbeitszeit pro Woche wiedergibt. Insoweit ist vom MRP ausdrücklich schon nach dem Wortlaut des Tarifvertrages nur der Tariflohn angesprochen. Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang, der für die Auslegung des Tarifvertrages maßgeblich ist (vgl. BAGE 46, 308 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung), ergibt sich aber, daß die Tarifvertragsparteien des MRP immer dann, wenn sie nicht den Tariflohn meinen, sondern den effektiven Lohn ansprechen, das auch so bezeichnen. So heißt es in Ziffer 39 MRP, daß die Zuschläge bei Zeitlohnarbeit von dem "tatsächlichen Stundenlohn" zu berechnen sind. In Ziffer 55 Abs. 6 wird für das verstetigte Monatsentgelt auf den "persönlichen tatsächlichen Stundenverdienst" abgestellt. Das Urlaubsentgelt bemißt sich gemäß Ziffer 88 MRP nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 abgerechneten Wochen bzw. 3 Monaten vor Beginn des Urlaubs erhalten hat. Wenn demgegenüber in Ziffer 55 Abs. 5 ausdrücklich nur von den Tariflöhnen gesprochen wird, haben damit die Tarifvertragsparteien die Lohnerhöhung nur für diesen Tariflohn vorgesehen und die Effektivlöhne lediglich als Berechnungsgrundlage für andere Vergütungen zugrunde gelegt, wie das nach der Rechtsprechung des Senats zulässig ist (vgl. BAGE 33, 83 = AP Nr. 9 zu § 4 TVG Effektivklausel).
Richtig ist allerdings, daß die Tarifvertragsparteien in den Protokollnotizen den neutralen Begriff des Arbeitsentgelts verwenden und bestimmen, daß die Verkürzung der Arbeitszeit pro Arbeitswoche ohne Minderung des Arbeitsentgelts auf der Basis der bisher geltenden 40-Stunden-Woche erfolgen soll. Daraus könnte man mit dem Landesarbeitsgericht entnehmen, daß entgegen der Regelung im MRP nicht nur die Tariflöhne entsprechend der Arbeitszeitverkürzung erhöht werden sollen, sondern auch der Gesamtverdienst aufgrund der bisher geltenden 40-Stunden-Woche aus Anlaß der Arbeitszeitverkürzung nicht vermindert werden sollte. Eine solche Regelung wäre jedoch als unzulässige Effektivklausel unwirksam. Der Kläger hat weder einen tarifrechtlichen noch einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf einen bestimmten Wochenlohn. Der Wochenlohn ist vielmehr das Produkt aus Stundenlohn und Arbeitszeit und daher in der Höhe abhängig von der tatsächlich geleisteten Arbeit. Die Einbuße des Klägers im Wochenlohn ist allein eine Folge der Verkürzung des Faktors Arbeitszeit. Die im Tarifvertrag vereinbarte Verkürzung der Wochenarbeitszeit bewirkt eine unmittelbare und zwingende rechtliche Umgestaltung des Arbeitsvertrages. Sollte unter Beibehaltung des Zeitlohnprinzips gleichwohl der vorher erzielte Wochenlohnverdienst gesichert werden, müßte sich zwangsläufig der Faktor der Entgeltberechnung verändern. Das ergibt sich im vorliegenden Falle besonders deutlich, weil für die Klageforderung der übertarifliche Lohn, wie er zwischen den Parteien vereinbart worden ist, um 3,9 % aufgestockt werden müßte. Eine solche Folge bedürfte aber eines besonderen Rechtsgrundes. Da der Arbeitsvertrag aufgrund der Vereinbarung einer Zulage von DM 2,75 ausscheidet, müßte tarifvertraglich nicht nur der Tariflohn, sondern auch der übertarifliche Lohnanteil um 3,9 % erhöht werden. Das kann aber der tariflichen Regelung nicht entnommen werden. Anderenfalls würde nicht nur eine begrenzte Effektivklausel mit der Wirkung der Erhaltung des übertariflichen Lohnanteils zum Zeitpunkt der Tariflohnerhöhung, sondern sogar eine Effektivgarantieklausel vorliegen, die gegenüber dem bisherigen vereinbarten einen höheren übertariflichen Lohnanteil vorschreibt. Der Arbeitgeber würde mit normativer Wirkung verpflichtet, die Tariflohnerhöhung zusätzlich zu dem bisher gezahlten effektiven Lohn zu zahlen und den übertariflichen Lohnanteil entsprechend zu erhöhen. Das wäre aber eine Effektivklausel, die nach der ständigen Rechtsprechung des Senats unzulässig ist (vgl. BAGE 20, 308 = AP Nr. 7 zu § 4 TVG Effektivklausel).
Die Annahme einer Effektivklausel wird entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagten die rechtliche Möglichkeit verbleibt, künftige Tariflohnerhöhungen anzurechnen. Eine Effektivklausel liegt nämlich auch dann vor, wenn sich die unmittelbare und zwingende Wirkung der Tarifklausel in der einmaligen Erhöhung des Tariflohnes erschöpft, fortan also der neben dem neuen Tariflohn zu zahlende Lohnbestandteil seinen Rechtsgrund allein in der arbeitsvertraglichen Lohnabrede haben soll und demgemäß wieder der freien Parteidisposition unterliegt (sog. begrenzte Effektivklausel, vgl. BAGE 20, 308 = AP Nr. 7 zu § 4 TVG Effektivklausel).
Zu Unrecht beruft sich der Kläger hierzu auf die Entscheidung des Senats vom 23. Juni 1965 (- 4 AZR 103/64 - AP Nr. 1 zu § 611 BGB Wochenlohn). Im damaligen Fall war zwischen den Parteien arbeitsvertraglich ausdrücklich ein Wochenlohn vereinbart worden. Dieser Wochenlohn wurde für die in dem Zeitabschnitt einer Woche geleistete Arbeit geschuldet, ohne daß es darauf ankam, wieviele Stunden die wöchentliche Arbeitszeit jeweils betrug. In einem solchen Falle gilt nichts anderes als für das Monatsgehalt von Angestellten, das ebenfalls für einen bestimmten Zeitabschnitt ohne Rücksicht auf die darin geleisteten Stunden gezahlt wird. Demgegenüber ist im vorliegenden Falle nach wie vor der jeweilige Stundenlohn für die Lohnfindung maßgeblich. Nur für Arbeiter im Stundenlohn mußte deshalb der Tariflohn ab 1. April 1985 um 3,9 % zum Ausgleich der Arbeitszeitverkürzung erhöht werden. Eine Wochen- oder Monatslohnvereinbarung liegt aber im vorliegenden Fall trotz der Möglichkeit des verstetigten Lohnes nach dem Tarifvertrag nicht vor. Vielmehr wird der Lohn nicht nach dem Zeitabschnitt einer Woche oder eines Monats, sondern allein nach dem Stundenlohn bemessen.
Liegt damit für die Stundenlohnberechnung eine arbeitsvertragliche Regelung über die Zahlung einer übertariflichen Zulage von 2,75 DM neben dem Tariflohn vor, können die Tarifvertragsparteien diesen Teil des Lohnes als Effektivlohn nicht aufstocken. Eine solche Regelung würde eine Effektivklausel darstellen, die nach ständiger Rechtsprechung des Senats unwirksam ist (BAGE 20, 308 = AP Nr. 7 zu § 4 TVG Effektivklausel, bestätigt durch die Entscheidungen BAGE 23, 399 = AP Nr. 8 zu § 4 TVG Effektivklausel, BAGE 33, 83 = AP Nr. 9 zu § 4 TVG Effektivklausel, BAGE 38, 118 = AP Nr. 47 zu § 242 BGB Gleichbehandlung) und von den Tarifvertragsparteien in dieser Form auch nicht gewollt sein kann. Der Senat sieht auch keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Die Effektivklausel stellt einen unzulässigen Eingriff in die vertraglichen Beziehungen der Arbeitsvertragsparteien dar, wie hier daraus ersichtlich wird, daß die Erhöhung des übertariflichen Stundenlohnanteils verlangt wird. Eine Verdienstsicherung läßt sich damit auf der Basis einer Stundenlohnvereinbarung nicht erreichen, zumal durch Vereinbarung eines Wochen- oder Monatslohnes die Möglichkeit besteht, solche Verdienstminderungen bei einer Arbeitszeitverkürzung zu verhindern. Solange die Tarifvertragsparteien an der Unterscheidung zwischen Stundenlöhnern und Lohnvereinbarungen nach Zeitabschnitten festhalten, sind die daraus sich ergebenden teilweisen Verdienstminderungen unvermeidlich und nicht durch Eingriffe in die den Tarifvertragsparteien verschlossene Einzelvereinbarung zu vermeiden. Besonders deutlich wird das in tariflichen Anrechnungsklauseln (BAG Urteil vom 26. April 1961 - 4 AZR 501/69 -, AP Nr. 5 zu § 4 TVG Effektivklausel), mit denen die Tarifvertragsparteien das Aufsaugen eines übertariflichen Lohnteiles ohne Rücksicht darauf vorschreiben, wie er einzelvertraglich und damit u. U. auch tariffest vereinbart ist. Das käme unzulässigen Höchstlöhnen gleich und verstieße gegen das gesetzlich zwingende Günstigkeitsprinzip (§ 4 Abs. 3 TVG). Dasselbe muß aber auch für den umgekehrten Fall der Erhaltung oder gar wie hier der Aufstockung übertariflicher Lohnteile gelten. Im übertariflichen Raum sind die Arbeitsvertragsparteien aufgrund des Günstigkeitsprinzips frei. Die Tarifvertragsparteien können nur generelle Mindestarbeitsbedingungen setzen und ggf. den Tariflohn entsprechend weiter anheben.
Entgegen der Auffassung des Klägers liegt darin kein Verstoß gegen Gleichberechtigung oder Gleichbehandlung im Arbeitsrecht. Die tarifliche Regelung bezieht sich ohnehin nur auf die tariflichen Stundenlöhne und die Gehälter der Angestellten. An Art. 3 GG ist daher diese Regelung nicht zu messen. Vielmehr könnte bei den übertariflichen Lohnteilen nur ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Betracht kommen. Der dem Arbeitsvertragsrecht zugehörige Gleichbehandlungsgrundsatz verwehrt es dem Arbeitgeber, in seinem Betrieb einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemeinen Regelungen des Arbeitsverhältnisses auszunehmen und willkürlich schlechter zu stellen (vgl. BAG Urteile vom 17. Mai 1978 - 5 AZR 132/77 - AP Nr. 42 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; BAGE 35, 43 und BAG 38, 118 = AP Nr. 45, 47 zu § 242 BGB Gleichbehandlung m.w.N.). Ein solcher Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz liegt aber nicht vor, wenn bei Arbeitnehmern mit einem Monatslohn oder Monatsgehalt keine Minderung des Gehalts bei Arbeitszeitverkürzungen vorgenommen wird und nur bei Arbeitern mit Stundenlohnvereinbarung der bisherige übertarifliche Lohn beibehalten wird. Aus der Vereinbarung eines Wochen- oder Monatslohnes folgt nämlich, daß der vereinbarte Lohn für einen bestimmten Zeitabschnitt ohne Rücksicht darauf gezahlt wird, wieviel Arbeitszeit im Einzelfall tatsächlich geleistet wird. Beim Monatslohn wird dies besonders dadurch deutlich, daß die einzelnen Monate des Jahres unterschiedliche Zahlen von Tagen aufweisen und damit auch die Zahl der Arbeitstage und somit die Arbeitszeit trotz gleichen Gehaltes unterschiedlich sind. Dann wirkt sich die Arbeitszeitverkürzung unterschiedlich aus.
Anders ist aber die Rechtslage, wenn gemäß Arbeitsvertrag und hier auch nach dem Tarifvertrag die Bezahlung auf der Grundlage des Stundenlohnes erfolgt. Dann wird nur die jeweils geleistete Stundenzahl vergütet und somit von Woche zu Woche und Monat zu Monat eine unterschiedliche Lohnhöhe erzielt. Die Vereinbarung eines Lohnes für einen bestimmten Zeitabschnitt führt hingegen dazu, daß eine Arbeitszeitverkürzung die effektive Lohnhöhe trotz kürzerer Arbeitszeit unberührt läßt. Eine entsprechende Verkürzung des Wochen- oder Monatslohnes mag arbeitsvertraglich zulässig sein, wenn dieser Lohn nur auf der Basis der 40-Stundenwoche gewährt worden ist oder bei verkürzter Arbeitszeit die Grundlage der bisherigen Wochen- oder Monatslohnvereinbarung wegfällt. In keinem Falle aber kann der übertarifliche Lohnteil ohne weiteres sich vermindern, sondern es bedarf stets einer besonderen Berechnung und Erklärung der Herabsetzung. Während beim Stundenlohn der bisherige übertarifliche Lohnanteil des Klägers, wenn er - wie hier - zum jeweiligen Tariflohn gewährt wird, in voller Höhe erhalten bleibt, müßte er bei einem Monatslohn entsprechend gekürzt werden. Das wäre aber eine Veränderung der bisherigen Lohnvereinbarung.
Diese rein rechtlichen Unterschiede berechtigen deshalb zu einer ungleichen Behandlung von Stundenlöhnen auf der einen, Wochen- und Monatslöhnen (Gehältern) auf der anderen Seite. Das gleiche folgt aus den zahlreichen anderen Unterschieden, die zwischen Arbeitern und Angestellten nach dem Arbeits- und Sozialversicherungsrecht bestehen. Da die unterschiedliche Entlohnungsform zu unterschiedlichen Folgerungen bei Arbeitszeitverkürzungen und Tariflohnerhöhungen führt, ist auch eine andere Behandlung aufgrund der bisher getroffenen Vereinbarungen rechtlich zulässig. Dementsprechend versuchen auch die Tarifvertragsparteien, einheitliche Entlohnungsgrundsätze für Arbeiter und Angestellte zu schaffen. Insbesondere im Zuge der weiteren Arbeitszeitverkürzung 1987 ist in einzelnen Tarifbezirken der Metallindustrie erreicht worden, daß auch Arbeiter einen Monatslohn erhalten. In anderen Tarifbezirken ist es dagegen beim bisherigen Stundenlohn für Arbeiter geblieben. Bekannt sind auch die weiteren Bemühungen der Tarifvertragsparteien, einheitliche Manteltarifverträge für Arbeiter und Angestellte zu schließen. Eine solche einheitliche Regelung würde dazu führen, daß Arbeiter und Angestellte auch im Lohn gleichbehandelt werden und alle die gleiche Monatsvergütung erhalten. Dann wäre eine Ungleichbehandlung nicht mehr möglich. Solange das aber noch nicht geschehen ist, haben auch die Arbeitsgerichte der Tatsache Rechnung zu tragen, daß unterschiedlich für Arbeiter und Angestellte Stundenlöhne und Monatsgehälter gelten. Es kann nicht Sache der Gerichte für Arbeitssachen sein, durch Angleichung der Stundenlöhne an für einen bestimmten Zeitraum gezahlte Löhne und Gehälter den tariflichen Regelungen vorzugreifen. Nur soweit durch Vereinbarung der Tarifvertragsparteien erreicht wird, daß Arbeiter und Angestellte Wochen- oder Monatslöhne bzw. -gehälter erhalten, greift daher der Gleichbehandlungsgrundsatz ein. Er muß dann auch für die übertariflichen Lohnanteile gelten, so daß die Beibehaltung des Gesamtlohnes auch bei Arbeitszeitverkürzung bei Arbeitern wie bei Angestellten gleichmäßig zu gelten hätte. Solange aber, wie hier im vorliegenden Falle, die Stundenlohnvereinbarung besteht und mit dem Tarifvertrag in Einklang steht, kann diesen unterschiedlichen Voraussetzungen auch bei den Folgen einer Lohnerhöhung aufgrund Arbeitszeitverkürzung Rechnung getragen werden (vgl. BAG Urteil vom 3. Juni 1987 - 4 AZR 44/87 -, zur Veröffentlichung bestimmt).
Der Revision war deshalb mit der Kostenfolge des § 91 ZPO stattzugeben.
Dr. Neumann Dr. Etzel Dr. Freitag
Fieberg Pahle
Fundstellen