Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorübergehende Übertragung höherwertiger Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 BAT muss nach billigem Ermessen erfolgen. Sowohl die Tätigkeitsübertragung an sich als auch die fehlende Dauerhaftigkeit der Übertragung müssen der Billigkeit entsprechen.
Normenkette
BAT § 24; BGB § 315
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Urteil vom 26.10.2000; Aktenzeichen 11 (5) Sa 697/00) |
Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 26. Oktober 2000 – 11 (5) Sa 697/00 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten vorwiegend darüber, ob der Klägerin seit dem 1. Januar 2000 Vergütung nach VergGr. V b BAT zusteht. Dabei geht es darum, ob das beklagte Land der Klägerin eine höherwertige Tätigkeit nur vorübergehend zuweisen durfte oder ob sie ihr auf Dauer zusteht.
Die am 27. März 1959 geborene Klägerin steht seit dem 1. Oktober 1979 in den Diensten des beklagten Landes und ist im Versorgungsamt D tätig. Nach § 2 des Arbeitsvertrages vom 1. Oktober 1979 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen. Seit dem 26. April 1988 wurde die Klägerin nach VergGr. VI b BAT vergütet. Von Juni 1991 bis Mai 1993 nahm die Klägerin an einer Fortbildungsmaßnahme für Angestellte „mit befriedigendem Erfolg (8 Punkte)” teil. Die Fortbildungsmaßnahme war inhaltlich abgestellt auf einen künftigen Einsatz mit Tätigkeiten des mittleren Dienstes.
Auf Grund eines Gutachtens traf die Landesregierung 1993 die Entscheidung, die Organisation im Bereich der Versorgungsverwaltung umzustrukturieren und die Aufbauorganisation in den Versorgungsämtern grundsätzlich dreistufig (Amtsleitung, Abteilungen, Gruppen) zu gliedern. Eine Vorgabe der Neuorganisation war, die Gruppen zu den einzelnen Gesetzesbereichen zu Abteilungen zusammenzufassen und ua. die Abteilung 2 (Soziales Entschädigungsrecht) und die Abteilung 3 (Schwerbehindertengesetz) einzurichten. Ein Gesetzesbereich sollte eine Abteilung bilden, so dass die Bearbeitung der Gesetzesbereiche Soziales Entschädigungsrecht und Schwerbehindertengesetz getrennt wurden. Die Organisation der Gruppen innerhalb der Abteilungen sollte für die einzelnen Gesetzesbereiche separat geregelt werden. Im Assistenzbereich (Stellen bis VergGr. VI b BAT) wurden ein Einsparpotential von 854 Stellen festgestellt und die entsprechenden Stellen als künftig wegfallend im Nachtragshaushalt 1993 für die Jahre 1996 – 1999 deklariert. Mit Organisationserlassen erfolgte ab 1996 die Umsetzung der in Projektarbeit erarbeiteten konkreten Maßnahmen für den organisatorischen, personellen und fachlichen Bereich im Landesversorgungsamt und in den nachgegliederten elf Versorgungsämtern.
Die Klägerin wurde ab dem 12. September 1994 vorübergehend als Bearbeiterin in der Erziehungsgeldkasse unter Zahlung einer Zulage in Höhe der Differenz zu der VergGr. V c BAT nach § 24 Abs. 1 BAT eingesetzt, und zwar zunächst bis zum 31. Dezember 1994 und sodann auf Grund entsprechender Verlängerungen der vorübergehenden Übertragung bis zum 30. April 1995 und bis zum 31. Dezember 1995.
Mit Schreiben vom 12. Februar 1996 teilte das Versorgungsamt D der Klägerin mit:
„… mit der mit Wirkung vom 05.02.1996 durchgeführten Trennung der Gesetzesbereiche Schwerbehindertengesetz und Soziales Entschädigungsrecht übertrage ich Ihnen hiermit vertretungsweise die Tätigkeit eines Sachbearbeiters mittlerer Dienst in der SchwbG-Gruppe 4 des Versorgungsamtes D.
Wird dem Angestellten vertretungsweise eine andere Tätigkeit übertragen, die den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren als seiner Vergütungsgruppe entspricht, und hat die Vertretung länger als drei Monate gedauert, erhält er nach Ablauf dieser Frist eine persönliche Zulage für den letzten Kalendermonat der Frist und für jeden folgenden vollen Kalendermonat der weiteren Vertretung (§ 24 Abs. 2 Satz 1 BAT).
Nach Ablauf dieser Frist und entsprechender Bewährung in ihrer neuen Funktion erhalten Sie weitere Mitteilung über die Gewährung der persönlichen Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der Vergütungsgruppe V c BAT und Ihrer derzeitigen Vergütungsgruppe. Insbesondere wird Ihnen dann auch endgültig die von Ihnen zu vertretende Beschäftigte zugeordnet, während deren Abwesenheit längstens die Zulage gewährt werden kann.”
In einem weiteren Schreiben des Versorgungsamtes D an die Klägerin vom 6. Mai 1996 heißt es ua.:
„… nachdem Sie nunmehr die Vertretung in der SchwbG-Gruppe 4 länger als drei Monate ausgeübt und sich in ihrer neuen Funktion bewährt haben, gewähre ich Ihnen ab 01.05.1996 und für jeden folgenden vollen Kalendermonat der weiteren Vertretung eine persönliche Zulage gemäß § 24 Abs. 2 BAT in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der Vergütungsgruppe V c und der Vergütungsgruppe VI b BAT, weise jedoch vorsorglich darauf hin, dass die Zulage jederzeit widerrufen werden kann.
Die Gewährung Ihrer Zulage ist an die Freistellung der Regierungsinspektorin Frau T gebunden. Zu Ihrer Information und zum besseren Verständnis teile ich Ihnen jedoch mit, dass eine Aufhebung der Freistellung von Frau T nicht in jedem Fall dazu führt, dass Ihnen die Zulage nicht mehr gewährt werden kann. Für die Abteilung Schwerbehindertengesetz sind mir vom Landesversorgungsamt NRW 26 Dienstposten für die Sachbearbeiter bzw. Sachbearbeiterinnen des mittleren Dienstes zugewiesen worden. Soweit diese Höchstgrenze von Stammdienstposten einschließlich der Zulagenempfänger nicht überschritten wird, wäre zur Zeit im Versorgungsamt D auch im Falle der Aufhebung der Freistellung von Frau T die Möglichkeit gegeben, Ihnen vertretungsweise eine Zulage nach § 24 Abs. 2 BAT zu gewähren.
Über die Höhe der Ihnen ab 01.05.1996 zustehenden Vergütung erhalten Sie vom Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW weitere Nachricht.”
Unter dem 26. Mai 1998 schrieb das Versorgungsamt D an die Klägerin:
„… mit Schreiben vom 12.02.1996 wurde Ihnen vertretungsweise die Tätigkeit einer Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes in der SchwbG-Abteilung unter Gewährung einer persönlichen Zulage nach Vergütungsgruppe Vc BAT übertragen und war vorrangig an die Freistellung der Regierungsamtsinspektorin Frau T gebunden.
Mit sofortiger Wirkung wird diese Übertragung in eine vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit gem. § 24 Abs. 1 BAT umgewandelt. Die zu zahlende persönliche Zulage wird Ihnen für jeden vollen Kalendermonat der ausgeübten Tätigkeit gezahlt.
Ich weise jedoch vorsorglich darauf hin, dass die Zulage jederzeit widerrufen werden kann. In der Höhe der zu zahlenden Vergütung tritt bei Ihnen keine Änderung ein.”
Mit Schreiben vom 15. November 1999 teilte das Versorgungsamt D der Klägerin mit:
„… mit Schreiben vom 26.05.1998 wurde Ihnen die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit gem. § 24 Abs. 1 BAT in der SchwbG-Abteilung übertragen.
Mit Wirkung vom 15.11.1999 wird aufgrund Ihres vertretungsweisen Einsatzes als Prüferin in HuK III (Abteilung 2) die Übertragung in eine vertretungsweise übertragene Tätigkeit gem. § 24 Abs. 2 BAT umgewandelt.
Die Gewährung dieser Zulage bis zunächst 31.12.2000 ist an den Erziehungsurlaub der Verwaltungsfachangestellten S M gebunden.”
Unter dem 28. Dezember 1999 teilte das Versorgungsamt D der Klägerin mit, dass ihre vertretungsweise Beschäftigung zum 31. Juli 2000 als Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes auslaufen müsse und damit auch die Zulage über diesen Zeitpunkt hinaus nicht mehr gezahlt werden könne. Das beklagte Land hat das Begehren der Klägerin nach Eingruppierung in der VergGr. V c BAT mit Schreiben vom 23. November 1999 abgelehnt.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin vorrangig die Feststellung begehrt, dass das beklagte Land verpflichtet sei, an sie ab dem 1. Januar 2000 eine Vergütung nach VergGr. V b BAT zu zahlen. Die Übertragungen höherwertiger Tätigkeiten seien rechtsmissbräuchlich erfolgt, weil ein sachlicher Grund für die vorübergehenden bzw. vertretungsweisen Übertragungen nicht vorgelegen habe. Die Freistellung von Frau T habe die befristete Übertragung höherwertiger Tätigkeiten auf sie nicht rechtfertigen können, weil Frau T mit ihren – der Klägerin – Tätigkeiten in der Abteilung 3 (Schwerbehindertengesetz) gar nichts zu tun gehabt habe. Vor ihrer Freistellung sei Frau T vielmehr in der Abteilung 2 (SER Sozialentschädigungsrecht und HuK Heil- und Krankenbehandlung) tätig gewesen. Nach ihrer Freistellung sei Frau T als Personalsachbearbeiterin in die Verwaltung gewechselt. Auch die weiteren, lediglich befristeten Übertragungen höherwertiger Tätigkeiten seien nicht jeweils von einem Sachgrund gedeckt und damit rechtsmissbräuchlich gewesen. Da sie spätestens ab 1. Januar 1997 in der VergGr. V c BAT eingruppiert gewesen sei, sei die dreijährige Bewährungszeit abgelaufen, so dass sie seit dem 1. Januar 2000 in der VergGr. V b BAT eingruppiert sei.
Darüber hinaus hat die Klägerin die ordnungsgemäße Anhörung des Personalrats bestritten. Im Übrigen könne sich das beklagte Land nur auf solche Gründe stützen, die dem Personalrat als Gründe für die vorübergehende Übertragung mitgeteilt worden seien.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihr ab dem 1. Januar 2000 eine Vergütung nach VergGr. V b BAT zu zahlen und die Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag festzuschreiben,
hilfsweise, ihr eine Vergütung nach VergGr. V c BAT ab dem 1. Januar 1997 zu zahlen und dies im Arbeitsvertrag festzuschreiben.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die vorübergehenden bzw. vertretungsweisen Übertragungen seien jeweils aus einem sachlichen Grund erfolgt. Von Februar 1996 bis 25. Mai 1998 sei die Klägerin als Vertretung der Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes Frau T mit höherwertigen Aufgaben betraut worden, nachdem diese als Bezirksschwerbehindertenvertreterin für den Geschäftsbereich des Landesversorgungsamtes freigestellt gewesen sei. Der Klägerin seien die Aufgaben eines Bearbeiters in der Abteilung 3 (Schwerbehindertengesetz) „vertretungsweise” gem. § 24 Abs. 2 BAT übertragen worden. In der Zeit vom 26. Mai 1998 bis 14. November 1999 sei die Klägerin wegen eines vorübergehenden „Dienstpostenunterhanges” des mittleren Dienstes in der Abteilung 3 mit höherwertigen Tätigkeiten betraut worden. Maßgeblich hierfür sei gewesen, dass für die Abteilung 3 (Schwerbehindertengesetz) 15 Sachbearbeiter des gehobenen Dienstes einschließlich Gruppenleiter, 26 Sachbearbeiter des mittleren Dienstes und 17,5 Assistenz-/Hilfskräfte zur Bewältigung der anfallenden Arbeit vorgesehen gewesen seien, während nur 14 Sachbearbeiter des gehobenen Dienstes, 23,5 Sachbearbeiter des mittleren Dienstes, jedoch 18,5 Assistenzkräfte zur Verfügung gestanden hätten, so dass ein „Unterhang” von 2,5 Sachbearbeitern des mittleren Dienstes und einem Sachbearbeiter des gehobenen Dienstes bei einem „Überhang” von einer Assistenzkraft bestanden habe, die durch nach und nach „einmündende”, allerdings namentlich noch nicht feststehende Beamte des mittleren und gehobenen Dienstes aufzufüllen gewesen seien. Dementsprechend hätten der Klägerin vorübergehend die Aufgaben einer Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes übertragen werden können.
Der Personalrat sei jeweils beteiligt worden. Die Zustimmungserklärungen vom 7. Februar 1994, 7. Juni 1995 und 23. April 1996 lägen vor. Die Zustimmung für die weiteren Einsätze sei mündlich erfolgt, da der Einsatz in einer gemeinsamen Runde zwischen Personalvertretung und Personalseite des Versorgungsamtes abgestimmt worden sei. Diese Abstimmung sei von der Personalvertretung als entsprechende Beteiligung nach § 72 Abs. 1 Nr. 4 LPVG bewertet worden. Im übrigen könnte eine fehlende Mitbestimmung des Personalrats keine Änderung der Vertragsbeziehungen der Parteien mit der Folge bewirken, dass die Klägerin in die VergGr. V c BAT einzugruppieren sei.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht die Klage einschließlich des Hilfsantrags abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit seiner Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits.
I. Der Hauptantrag ist zulässig. Es handelt sich um einen im öffentlichen Dienst allgemein üblichen Eingruppierungsfeststellungsantrag, gegen den nach ständiger Rechtsprechung des Senats keine prozessrechtlichen Bedenken bestehen. Das gilt auch, soweit die Klägerin die gerichtliche Feststellung anstrebt, die begehrte Vergütungsgruppe „im Arbeitsvertrag festzuschreiben”, nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, dass damit nicht mehr begehrt werde, als was nach § 22 BAT ohnehin geboten sei.
II. Die Klage kann mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung nicht abgewiesen werden. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Der Senat konnte mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht abschließend entscheiden.
1. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) Anwendung. Danach setzt die Eingruppierung der Klägerin voraus, dass bei ihr zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die jeweils für sich die Anforderungen mindestens eines Tätigkeitsmerkmals der von ihr für sich in Anspruch genommenen VergGr. V c BAT erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT).
2. Die der Klägerin übertragene Sachbearbeitertätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen der VergGr. V c des Allgemeinen Teils der Anlage 1 a zum BAT. Diese Bewertung ist zwischen den Parteien nicht mehr umstritten. Sie war entsprechend den Grundsätzen zur Überprüfung einer Eingruppierung bei korrigierender Rückgruppierung (vgl. BAG 16. Februar 2000 – 4 AZR 62/99 – BAGE 93, 340 ff., 357) zugrunde zu legen.
3. Das Landesarbeitsgericht hat erkannt, der Klägerin stehe die Vergütung nach der VergGr. V b BAT seit dem 1. Januar 2000 bzw. – entsprechend dem Hilfsantrag – nach VergGr. V c BAT seit dem 1. Januar 1997 nicht zu. Es hat – zusammengefasst – angenommen, dass für sämtliche Zeiträume, in denen das beklagte Land der Klägerin seit Mai 1996 vorübergehend höherwertige Tätigkeit als Sachbearbeiterin im mittleren Dienst übertragen habe, jeweils ein sachlicher Grund vorgelegen habe. Das hält der Revision nicht stand.
a) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, das beklagte Land habe der Klägerin die Tätigkeit als Sachbearbeiterin ausdrücklich nicht auf Dauer, sondern jeweils nur vorübergehend bzw. zur Vertretung übertragen. Etwas anderes behauptet auch die Klägerin nicht.
b) Bei seiner rechtlichen Prüfung, ob es rechtens war, diese höherwertige Tätigkeit nur vorübergehend zu übertragen, ist das Landesarbeitsgericht von der bisherigen Rechtsprechung des Senats ausgegangen. Danach gelte eine vorübergehend übertragene Tätigkeit als auf Dauer übertragen, wenn die Gestaltungsmöglichkeit des § 24 BAT rechtsmissbräuchlich verwendet werde. Rechtsmissbrauch liege vor, wenn die vorübergehende Übertragung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sei (5. Juli 1967 – 4 AZR 162/66 – und 11. Oktober 1967 – 4 AZR 448/66 – AP TVG § 1 Tarifverträge: BAVAV Nrn. 10, 11; 25. Oktober 1967 – 4 AZR 12/67 – AP BAT § 24 Nr. 1; 5. September 1973 – 4 AZR 549/72 – AP BAT § 24 Nr. 2). Fehle es an einer sachlichen Rechtfertigung, sei der Angestellte vom Beginn der Übertragung der höherwertigen Tätigkeit an so zu behandeln, als sei ihm diese auf Dauer zugewiesen (10. Februar 1988 – 4 AZR 585/87 – AP BAT § 24 Nr. 15 mwN; 16. Januar 1991 – 4 AZR 301/90 – BAGE 67, 59; 26. März 1997 – 4 AZR 604/95 – ZTR 1997, 413). Es bestehe aber hinsichtlich der tatsächlichen Rechtfertigung ein verhältnismäßig großer Beurteilungsspielraum sowohl des Arbeitgebers als auch der Tatsacheninstanz (15. Februar 1984 – 4 AZR 595/82 – AP BAT § 24 Nr. 8).
c) An dieser Rechtsprechung hält der Senat nach nochmaliger Prüfung nicht mehr fest.
aa) Die zur Befristung von Arbeitsverträgen zunächst von der Rechtsprechung aufgestellten (grundlegend: BAG 12. Oktober 1960 – GS 1/59 – BAGE 10, 65) und – mit Modifikationen – in das Gesetz übernommenen Grundsätze (vgl. zur Entwicklung: Dörner in ArbR BGB 2. Aufl. § 620 Rn. 9 bis 27 mwN) können aus rechtlichen Erwägungen nicht zur Kontrolle der rechtlichen Zulässigkeit der vorübergehenden oder vertretungsweisen (zusammenfassend: interimistischen) Übertragung einer (tariflich) höherwertigen Tätigkeit herangezogen werden. Bei der Befristung eines Arbeitsvertrages geht es stets darum, dass gesetzlicher Kündigungsschutz umgangen werden kann. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bedarf in Folge seiner Befristung keiner Kündigung; dieser Umstand hindert das Eingreifen jeglichen gesetzlichen Kündigungsschutzes. Der gesetzliche Kündigungsschutz wächst dem Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis auf (unbestimmte) Dauer ohne weiteres zu. Der Bestand des Arbeitsvertrages selbst wird hierdurch gestützt. Ähnlich verhält es sich bei der Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen; auch insoweit kann der gesetzliche Schutz gegen Änderungskündigungen umgangen werden (vgl. Dörner in ArbR BGB 2. Aufl. § 620 Rn. 45 f.).
bb) Um Fragen des Schutzes des Bestandes oder des Inhalts des Arbeitsvertrages oder des Arbeitsverhältnisses durch den gesetzlichen Schutz gegenüber Beendigungskündigungen oder auch nur gegenüber Änderungskündigungen geht es indessen nicht, wenn dem Arbeitnehmer im Rahmen des Direktionsrechts interimistisch eine höherwertige Tätigkeit übertragen wird. Denn der Inhalt und der Bestand des Arbeitsvertrages werden durch Maßnahmen, die sich im Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts halten, gerade nicht berührt. Vielmehr ist die Rechtmäßigkeit der vorübergehenden oder vertretungsweisen Übertragung einer anders bewerteten Tätigkeit an den Regeln zu messen, die der Arbeitgeber bei der Ausübung seines arbeitsvertraglichen Leistungsbestimmungsrechts (Direktionsrechts) entsprechend § 315 Abs. 1 BGB grundsätzlich einzuhalten hat. Die Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber hat billigem Ermessen zu entsprechen (BAG 17. Dezember 1997 – 5 AZR 332/96 – BAGE 87, 311).
cc) Im Fall der interimistischen Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit kommt es im ersten Schritt darauf an, ob es billigem Ermessen entspricht, dem Arbeitnehmer die anders bewertete Tätigkeit überhaupt, wenn auch nur vorübergehend, zu übertragen. In einem zweiten Schritt ist, wenn die Übertragung von Anfang an oder auch erst nach einer bestimmten Zeit mit einer höheren Vergütung oder einer interimistischen Zulage verbunden ist, zu prüfen, ob es billigem Ermessen entspricht, diese Tätigkeit nur vorübergehend zu übertragen. Dabei ist unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls abzuwägen, ob das Interesse des Arbeitgebers daran, die Tätigkeit nur vorübergehend zu übertragen, oder das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung der höherwertigen Tätigkeit und – falls damit verbunden – auch der besseren Bezahlung überwiegt. Insgesamt ist damit eine „doppelte” Billigkeitsprüfung geboten. Die Billigkeitskontrolle bezieht sich bei vorübergehenden Übertragungen höherwertiger Tätigkeit auf zahlreiche Angestellte in einer Verwaltung sowohl auf das Gesamtkonzept als auch auf die einzelnen personenbezogenen Übertragungsverfügungen. Die Umstände für die einzelnen vorübergehenden Übertragungen höherwertiger Tätigkeit vor dem Hintergrund des Gesamtkonzepts müssen deutlich werden. Handelt es sich um eine Übertragung höherwertiger Tätigkeit außerhalb eines bestehenden zu vollziehenden und ausgeführten Gesamtkonzepts, so muss das deutlich werden.
dd) Entspricht die vorübergehende Übertragung der Tätigkeit nicht billigem Ermessen, so erfolgt die Bestimmung der „Leistung” entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch eine richterliche Entscheidung. Sie kann bei der interimistischen Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit – je nachdem, worin die Unbilligkeit liegt – darin bestehen, dass die Übertragung der Tätigkeit nicht als nur vorübergehend, sondern als auf Dauer vorgenommen erklärt wird oder die zeitliche Dauer anders bestimmt wird. Eine solche Bestimmung kann im Eingruppierungsrechtsstreit inzident vorgenommen werden. Die Beweislast dafür, dass die Ausübung des Direktionsrechts billigem Ermessen entspricht, trägt derjenige, der das Leistungsbestimmungsrecht ausübt (BAG 16. September 1998 – 5 AZR 183/97 – AP BAT-O § 24 Nr. 2 = EzA BGB § 315 Nr. 39; 17. Dezember 1997 – 5 AZR 332/96 – BAGE 87, 311).
ee) Diese Grundsätze gelten insbesondere im Rahmen der vorübergehenden (§ 24 Abs. 1 BAT/BAT-O) oder vertretungsweisen (§ 24 Abs. 2 BAT/BAT-O) Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit. Die §§ 22, 23 und 24 BAT regeln nach ihren Wortlauten die Vergütungsfolgen für auszuübende Tätigkeiten. § 22 BAT regelt die Eingruppierung/Vergütung bei dauerhaft auszuübender Tätigkeit; § 23 BAT regelt die Eingruppierung/Vergütung bei dauerhafter Änderung der Tätigkeit ohne tätigkeitszuweisende Maßnahme des Arbeitgebers; § 24 BAT regelt die Vergütung bei vorübergehend übertragener – höherwertiger – Tätigkeit. § 22 BAT ist die Regel. §§ 23, 24 BAT sind Vorschriften für von der Regel abweichende Fälle.
In § 24 Abs. 1 BAT haben die Tarifvertragsparteien geregelt, in welchen Fällen und in welchem Umfang Ansprüche auf Seiten des Angestellten entstehen, wenn ihm der Arbeitgeber vorübergehend eine andere Tätigkeit überträgt, die einem oder mehreren Tätigkeitsmerkmalen einer höheren als seiner Vergütungsgruppe entspricht. § 24 Abs. 2 bestimmt entsprechendes für den Fall der vertretungsweisen Übertragung.
Die TO.A bzw. ATO sahen eine Zulagengewährung für die vorübergehende oder vertretungsweise höherwertige Tätigkeit nicht vor. Sie wurden durch den BAT abgelöst. Eine Bestimmung wie die des § 24 BAT wurde erstmals mit dem BAT vom 23. Februar 1961 eingeführt und gilt seit dem Inkrafttreten des BAT ab dem 1. April 1961. Der Senat hatte zuvor entschieden, dass der Arbeitnehmer gleichwohl verpflichtet ist, nach Treu und Glauben zumutbare Vertretungen ohne Anspruch auf eine höhere Vergütung zu übernehmen (19. Februar 1959 – 4 AZR 358/56 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 41). Das wurde als unangemessen angesehen, insbesondere bei längeren Krankheits- und Urlaubsvertretungen. Diese Benachteiligung wurde durch § 24 BAT ausgeglichen. Da sich § 24 BAT nach Ansicht der Tarifvertragsparteien grundsätzlich bewährt hatte, wurde diese Bestimmung seit 1961 nur hinsichtlich der Höhe der Zulage (Abs. 3) geändert.
§ 24 BAT setzt für die vorübergehende und vertretungsweise Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit die Möglichkeit einer solchen Maßnahme in Ausübung des Direktionsrechts voraus und gestaltet diese Maßnahme insoweit, als er für die Merkmale „vorübergehend” (Abs. 1) bzw. „vertretungsweise” (Abs. 2) einerseits so gut wie keine Zeitgrenzen errichtet, andererseits jedoch die Zahlung von Zulagen (in Höhe des Unterschiedsbetrages der Vergütungsgruppen – vgl. § 24 Abs. 3 BAT) anordnet.
ff) Wird demselben Angestellten dieselbe oder eine gleichermaßen höherwertige Tätigkeit mehrmals nacheinander vorübergehend oder vertretungsweise übertragen, so unterliegt jeder dieser Übertragungsakte der gerichtlichen Billigkeitskontrolle entsprechend § 315 BGB. Der Angestellte ist nicht gehalten, einen Vorbehalt hinsichtlich jeder einzelnen vorübergehenden Übertragung höherwertiger Tätigkeit zu erklären. Das folgt schon daraus, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, an der er festhält, bei der Anwendung des § 24 BAT eine zeitliche Grenze für die vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit nicht besteht (z.B. 25. Oktober 1967 – 4 AZR 12/67 – AP BAT § 24 Nr. 1; 8. Juni 1983 – 4 AZR 608/80 – BAGE 43, 65; 15. Februar 1984 – 4 AZR 595/92 – AP BAT § 24 Nr. 8 mwN). Ist bei auch nur einer dieser mehreren interimistischen Übertragungen billiges Ermessen hinsichtlich dessen, dass die Übertragung nicht auf Dauer erfolgte, nicht gewahrt, so kann dies zur Folge haben, dass diese Übertragung kraft richterlicher Entscheidung entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB als auf Dauer erfolgt anzusehen ist. Ob die zeitlich nachfolgenden interimistischen Übertragungen derselben oder einer gleichermaßen höherwertigen Tätigkeit ihrerseits billigem Ermessen genügen, ist rechtlich unerheblich, wenn die vorherige Übertragung als auf Dauer erfolgt anzusehen ist.
4. Nach diesen Grundsätzen kann nicht entschieden werden, dass sämtliche Übertragungen vor dem 1. Januar 1997, dem nach dem Hauptantrag maßgeblichen Zeitpunkt für den Beginn der Bewährungszeit für den Aufstieg in die VergGr. V b BAT zum 1. Januar 2000, billigem Ermessen entsprochen haben.
a) Das gilt zunächst für die ersten Übertragungen in dem Zeitraum vom 12. September 1994 bis zum 31. Dezember 1995.
Das Landesarbeitsgericht hat sich mit diesen Übertragungen in den Entscheidungsgründen nicht befasst, obwohl die Berechtigung dieser vorübergehenden Übertragungen zwischen den Parteien strittig ist.
aa) Die Prüfung der Zulässigkeit dieser vorübergehenden Übertragungen ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Klägerin nach dem Ende dieser Übertragungen zum 31. Dezember 1995 vorübergehend bis zur erneuten vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit ab Februar 1996 offensichtlich entsprechend ihrer bisherigen Eingruppierung beschäftigt worden ist. Wie dargelegt, kann sich die/der Angestellte auf die Unzulässigkeit einer interimistischen Übertragung berufen, auch wenn danach weitere interimistische Übertragungen vorgenommen worden sind, die ggf. billigem Ermessen entsprechen. Daran ändert auch eine Unterbrechung zwischen den interimistischen Übertragungen nichts, jedenfalls dann nicht, wenn die Unterbrechung wie hier lediglich etwas mehr als ein Monat angedauert hat.
bb) Die Würdigung des Parteivorbringens nach der geänderten Rechtsprechung des Senats und die ggf. weitere Sachaufklärung ist Sache der Tatsacheninstanzen. Es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass diese vorübergehenden Übertragungen billigem Ermessen entsprechen. Ua. wird zu klären sein, wie die Zuordnung des behaupteten vorübergehenden Mehrbedarfs zu den verschiedenen vorübergehenden Übertragungen der höherwertigen Tätigkeit an die Klägerin vorgenommen worden ist. Hinzu kommt, dass der vorübergehende Mehrbedarf von 1,5 Mitarbeitern auch in Parallelfällen (– 4 AZR 20/01 – und – 4 AZR 135/01 –) zur Begründung der vorübergehenden Übertragung höherwertiger Beschäftigung in der Erziehungsgeldkasse herangezogen worden ist. Mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen kann der Senat nicht selbst entscheiden, ob das beklagte Land bei diesen Übertragungen billiges Ermessen gewährt hat.
b) Das Landesarbeitsgericht hat sich auch nicht mit der vorübergehenden Übertragung in dem Zeitraum vom 12. Februar bis zum 30. April 1996 befasst.
Insoweit kann der Senat in der Sache selbst entscheiden. Diese Übertragung entsprach billigem Ermessen. Wie sich bereits aus dem Übertragungsschreiben vom 12. Februar 1996 ergibt, diente diese Übertragung der Erprobung der Klägerin. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats rechtfertigt die Erprobung eines Angestellten die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit gem. § 24 Abs. 1 BAT (ua. 18. Juni 1997 – 4 AZR 728/95 – AP BAT-O § 24 Nr. 1). Die zulässige Erprobungsdauer kann nicht schematisch festgelegt werden, sondern muss die Anforderungen des höherwertigen Arbeitsplatzes und die gegebenen Kenntnisse und Leistungen des Angestellten angemessen berücksichtigen. Erprobungszeiten von mehr als sechs Monate bedürfen einer besonderen Begründung. Die probeweise Übertragung der höherwertigen Tätigkeit hat vorliegend weniger als drei Monate gedauert.
c) Auch die vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit in dem Zeitraum vom 1. Mai 1996 bis zum 25. Mai 1998 entsprach billigem Ermessen.
Das Landesarbeitsgericht hat insoweit in der Sache darauf abgestellt, dass die Klägerin in dem fraglichen Zeitraum die als Bezirksschwerbehindertenvertreterin freigestellte Frau T vertreten habe. Dieser Vertretungsbedarf sei nicht im Hinblick auf die damalige Haushalts- und Stellensituation vorgeschoben worden. Zwar habe das beklagte Land in dem Schreiben vom 6. Mai 1996 erklärt, zur Zeit wäre im Versorgungsamt D auch im Falle der Beendigung der Freistellung von Frau T die Möglichkeit gegeben, ihr vertretungsweise eine Zulage nach § 24 Abs. 2 BAT zu gewähren. Dabei handele es sich aber lediglich um einen Hinweis auf die zum Zeitpunkt der Erstellung des Schreibens gegebene Bedarfssituation. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
d) Ob die späteren Übertragungen entsprechend der Auffassung des Landesarbeitsgerichts zulässig waren, ist im Rahmen des vorrangig zu entscheidenden Hauptantrags der Klägerin über die Feststellung der Eingruppierung in der VergGr. V b BAT seit dem 1. Januar 2000 nicht zu prüfen, weil dies mit Rücksicht auf die Bewährungszeit rechtlich unerheblich ist.
5. Der Hauptantrag ist auch nicht aus einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt begründet.
a) Entgegen der auch in der Revision aufrechterhaltenen Auffassung der Klägerin kann die etwaige Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Personalrats gem. § 72 Abs. 1 Nr. 4 LPVG NW bei den vorübergehenden Übertragungen der höherwertigen Tätigkeit nicht dazu führen, von einer Übertragung der Tätigkeit auf Dauer auszugehen mit der Folge der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung der Vergütung nach der höheren Vergütungsgruppe. Diese Schlussfolgerung der Klägerin findet im Gesetz keine Stütze. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.
b) Nach § 72 Abs. 1 Nr. 4 LPVG NW hat der Personalrat mitzubestimmen „in Personalangelegenheiten bei Eingruppierung, Höhergruppierung, Rückgruppierung, Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit für die Dauer von mehr als drei Monaten, Bestimmung der Fallgruppe oder …, wesentlichen Änderungen des Arbeitsvertrages”. Die Mitbestimmungspflichtigkeit der Übertragung der höher- oder niederwertigen (zusammenfassend: anderswertigen) Tätigkeit ist durch das LPVG 1974 in das Gesetz eingeführt worden (Cecior/Dietz/Vallendar/Lechtermann/Klein Das Personalvertretungsrecht in Nordrhein-Westfalen Stand März 2002 § 72 Rn. 108). Unbeschadet der Frage, ob § 72 Abs. 1 Nr. 4 LPVG NW mit Rücksicht darauf, dass die entsprechende Bestimmung im Mitbestimmungsgesetz des Landes Schleswig-Holstein für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt worden ist, soweit daraus ein uneingeschränktes Mitbestimmungsrecht entnommen wird (BVerfG 24. Mai 1995 – 2 BvF 1/92 – BVerfGE 93, 37), nur als eingeschränktes, dh. der Durchsetzung mit Hilfe der Einigungsstelle nicht zugängliches Mitbestimmungsrecht verstanden werden kann, führt die unterbliebene oder fehlerhafte Beteiligung des Personalrats allenfalls dazu, dass die Übertragung insgesamt als personalratswidrig und deshalb – nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung – als unwirksam angesehen werden kann.
c) Eine solche Rechtsfolge setzt voraus, dass dem § 72 Abs. 1 Nr. 4 LPVG NW individualschützender Charakter zukommt. Ob dies der Fall ist, erscheint angesichts von Sinn und Zweck des § 72 Abs. 1 Nr. 4 LPVG NW als zumindest zweifelhaft. Sinn und Zweck der Regelung in § 72 Abs. 1 Nr. 4 LPVG NW liegen darin, durch den Personalrat sowohl die Interessen des betroffenen Arbeitnehmers als auch die der anderen Beschäftigten der Dienststelle zur Geltung zu bringen, um auch bei derartigen Maßnahmen eine Behandlung aller Angehörigen der Dienststelle nach Recht und Billigkeit zu gewährleisten (BVerwG 8. Oktober 1997 – 6 P 9.95 – BVerwGE 105, 247 = ZTR 1998, 137). Von daher kommt der Norm jedenfalls nicht der Sinn und Zweck zu, nur die Interessen des betroffenen Arbeitnehmers zu schützen.
d) Selbst wenn man aber zugunsten der Klägerin davon ausgeht, die Übertragung der anderswertigen Tätigkeiten über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten hätte der vorherigen Zustimmung des Personalrats bedurft und diese sei weder erteilt worden noch zu fingieren, erweist sich ihre Erwägung als unbehelflich. Denn wenn die Übertragung der anderwertigen Tätigkeit deswegen unwirksam wäre, so folgt daraus gerade nicht, dass ihr diese Tätigkeit auf Dauer wirksam übertragen ist. Vielmehr folgt daraus, dass die Übertragung der Tätigkeit unwirksam war und sie – ggf. sogar auf Betreiben des Personalrats – vom Arbeitgeber wieder zu beseitigen ist. Die letztlich auf die Rechtsprechung des Siebten Senats zur Unwirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrages beruhenden gegenteiligen Erwägungen der Klägerin finden im Gesetz keine Stütze.
III. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.
Unterschriften
Schliemann, Friedrich, Wolter, Sieger, Rzadkowski
Fundstellen