Entscheidungsstichwort (Thema)

Tätigkeit an Wochenfeiertag. keine besondere Schicht

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Tätigkeit an einem Wochenfeiertag, an dem sonst dienstplanmäßige Arbeit zu leisten gewesen wäre, stellt keine besondere Schicht gemäß § 6 Abs 8 des Tarifvertrags für die Arbeiter der Deutschen Bundespost vom 1.10.1974 dar.

 

Normenkette

TVG § 1

 

Verfahrensgang

LAG Bremen (Entscheidung vom 10.07.1984; Aktenzeichen 4 Sa 22/84)

ArbG Bremen (Entscheidung vom 15.11.1983; Aktenzeichen 3 Ca 3250/83)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger gegen die Beklagte gemäß § 6 Abs. 8 Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TVArb) einen Anspruch auf Bezahlung von zwei weiteren Arbeitsstunden über die tatsächliche Arbeitszeit hinaus für seine Tätigkeit am Karfreitag 1982 hat.

Der Kläger ist beim Fernmeldeamt B als Arbeiter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der TVArb Anwendung.

Der TVArb enthält u.a. folgende Regelungen:

"§ 5

Arbeitszeit

(1) Die regelmäßige Arbeitszeit ausschließlich der

Pausen beträgt für die vollbeschäftigten Arbeiter

40 Stunden im wöchentlichen Durchschnitt

(Wochenarbeitszeit). Im übrigen regelt sich

ihre Arbeitszeit nach den für die Beamten der

Deutschen Bundespost jeweils geltenden Vorschriften,

soweit dieser Tarifvertrag nichts anderes

bestimmt.

...

§ 6

Überzeitarbeit

(1) Arbeitsstunden, die auf Anordnung, Anforderung

oder mit Billigung des Dienstvorgesetzten bzw.

des von ihm hierfür Beauftragten über die tägliche

dienstplanmäßige Arbeitszeit hinaus geleistet

werden, sind Überstunden. ...

...

(7) Bei Arbeit an Wochenfeiertagen ergibt sich

bei Arbeitern, die nicht in Wechselschichten

beschäftigt werden, Überzeitarbeit nur in dem

Umfange, in dem die dienstplanmäßige Arbeitszeit,

die für den Werktag, auf den der Wochenfeiertag

fällt, vorgesehen war, überschritten

wird. ...

(8) Bei Arbeitsleistungen in besonderer Schicht,

die sich nicht unmittelbar an die dienstplanmäßige

Arbeitszeit anschließt oder nicht unmittelbar

vor Beginn der dienstplanmäßigen

Arbeitszeit endet, sind der tatsächlichen Arbeitszeit

zwei Arbeitsstunden hinzuzurechnen;

mindestens sind jedoch drei Arbeitsstunden anzuerkennen.

...

§ 7

Sonntags- und Feiertagsarbeit

...

(2) Für Sonntagsarbeit erhält der Arbeiter einen

Zuschlag in Höhe von 30 v.H. (Sonntagszuschlag),

der aus dem Stundenlohn der Dienstzeitstufe 4

der für den Arbeiter maßgebenden Lohngruppe berechnet

wird.

Für dienstplanmäßige Arbeitsstunden am Ostersonntag

und Pfingstsonntag sowie an Wochenfeiertagen,

die auf einen Sonntag fallen, beträgt der

Zuschlag 35 v.H., für nicht dienstplanmäßige Arbeitsstunden

135 v.H.

...

(4) Für Arbeit an Wochenfeiertagen erhält der Arbeiter

einen Zuschlag (Feiertagszuschlag) in Höhe

von

a) ohne Freizeitausgleich 135 v.H.,

b) bei Freizeitausgleich 35 v.H.

des Stundenlohnes der Dienstzeitstufe 4 der für

den Arbeiter maßgebenden Lohngruppe.

Beim Zusammentreffen des Feiertagszuschlags mit

dem Zuschlag für Arbeit an Vorfesttagen, dem Zuschlag

für Sonntagsarbeit oder dem Zuschlag nach

Anlage 4 Abschnitt I Buchst. b) wird nur der jeweils

höchste Zuschlag gezahlt.

..."

In einer Verfügung vom 25. Juni 1975 (323 -1 8450 - 0/1) an die Oberpostdirektionen führte der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen zu den Arbeitsleistungen in besonderer Schicht u.a. folgendes aus:

"Der Grundgedanke der Regelung bei besonderer

Schicht besteht darin, für die durch den Ausnahmefall

einer Unterbrechung der Ruhezeit

zwischen 2 Dienstschichten bzw. Dienstschichtabschnitten

verursachten zusätzlichen Unannehmlichkeiten

einen Ausgleich zu schaffen

dergestalt, daß ein arbeitszeitlicher Zuschlag

(Mindestgarantie) zu gewähren ist. ...

Bei den Arbeitsleistungen in besonderer Schicht

muß es sich um Überzeitarbeit handeln; insoweit

kommt die Zuschlagsregelung (Mindestgarantie)

nicht in Betracht für Arbeiten, die zum Arbeitsinhalt

des für die Arbeitskraft maßgebenden Dienstplans

gehören."

In einem Informationsdienst für Mitarbeiter nahm die Deutsche Postgewerkschaft zu den neuen Arbeitszeitbestimmungen in dem TVArb in der Fassung vom 1. Oktober 1974 u.a. wie folgt Stellung:

"Die neuen Regelungen lassen sich wie folgt

zusammenfassen:

...

2. Vorschriften über Überzeitarbeit ergänzt um Bestimmungen

über Überzeitarbeit in besonderer

Schicht, bei Dienstplanwechsel und in Sonderdienstplänen.

...

4. Abgeltung des Feiertagsdienstes neu geregelt,

höhere Feiertagszuschläge eingeführt.

...

Zu 2. ...

2.2. Gründe für die Änderung des § 6

...

2.2.5 Für Überstunden, die nach Herbeirufen aus der

Freizeit zu leisten sind, müssen Zeitansätze

für den Weg zur und von der Arbeitsstelle zurück

zusätzlich zu den tatsächlichen Arbeitsstunden

angesetzt werden. Eine Mindestgarantie ist anzustreben.

..."

Der Dienstplan für die Beschäftigungsstelle des Klägers, der nicht in Wechselschicht arbeitet, sieht die Fünftagewoche bei einer Arbeitsleistung von Montag bis Freitag vor. Er besteht auch für Kalenderwochen, in die gegebenenfalls ein gesetzlicher Feiertag fällt.

Am Karfreitag, dem 9. April 1982, an dem der Kläger aufgrund des Feiertages normalerweise keine Arbeit verrichten mußte, wurde er wegen eines Kabelfehlers gegen 6.00 Uhr zur Arbeit gerufen. Er war von 7.30 Uhr bis 19.45 Uhr tätig. Wenn der Freitag kein Wochenfeiertag gewesen wäre, hätte der Kläger dienstplanmäßig von 7.15 Uhr bis 14.45 Uhr arbeiten müssen. Für den Arbeitseinsatz am 9. April 1982 schrieb die Personalstelle des Fernmeldeamtes B dem Kläger zunächst den zusätzlichen Betrag von unstreitig 67,34 DM für zwei Stunden nach § 6 Abs. 8 TVArb gut, strich ihn jedoch später wieder aufgrund einer besonderen Aufforderung.

Der Kläger hat vorgetragen, ihm seien für seine Tätigkeit am Karfreitag über die Bezahlung der tatsächlich geleisteten Arbeit hinaus zwei zusätzliche Stunden zu bezahlen, da es sich um Arbeitsleistungen in besonderer Schicht im Sinne von § 6 Abs. 8 TVArb gehandelt habe. Gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Arbeitszeit der Bundesbeamten (AZVO), auf die § 5 Abs. 1 Satz 2 TVArb verweise, vermindere sich die durchschnittliche Wochenarbeitszeit für jeden gesetzlich anerkannten Wochenfeiertag um die darauf entfallende Arbeitszeit. Aufgrund dieser zwingenden Vorgabe verringere sich auch die dienstplanmäßige Arbeitszeit, ohne daß es einer besonderen Änderung bedürfe. Die Dienststelle habe die Arbeit am Karfreitag auch mit einem Zuschlag von 135 v.H. entlohnt. Unter Berücksichtigung der Regelung in § 7 Abs. 2 TVArb beweise dies, daß dienstplanmäßig keine Arbeitsstunden zu leisten gewesen seien. In der Vergangenheit seien die tarifvertraglichen Regelungen immer im Sinne des Klägers angewandt worden. Das Fernmeldeamt B habe das Vorliegen einer besonderen Schicht immer anerkannt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 67,34 DM

nebst 4 % Zinsen seit dem 22. September 1983

zu zahlen.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und vorgetragen, die Arbeitsleistung am Karfreitag sei nicht in besonderer Schicht im Sinne von § 6 Abs. 8 TVArb erfolgt. Mit der Arbeitsleistung am Karfreitag habe der Kläger lediglich sein Arbeitssoll von 40 Wochenstunden laut Dienstplan erfüllt. Er habe in "normaler" Schicht gearbeitet, wie es sein Dienstplan vorgesehen habe und damit keine Überzeitarbeit verrichtet. Nach § 6 Abs. 7 TVArb seien die Arbeitsleistungen des Klägers am Karfreitag keine Überstunden. Es habe sich um dienstplanmäßige Arbeitszeiten gehandelt, die mit den darüber hinaus geleisteten Überstunden eine zeitliche Einheit gebildet haben. Die Bezahlung des Zuschlags von 135 v.H. beruhe allein auf § 7 Abs. 4 TVArb, weil es sich um Feiertagsarbeit ohne Freizeitausgleich gehandelt habe. Der Erstellung eines Dienstplanes für den Karfreitag stehe nicht das Bremische Gesetz über die Sonn- und Feiertage entgegen, weil die Deutsche Bundespost von dem Gebot der Feiertagsarbeitsruhe ausgenommen sei. Im übrigen könne, auch wenn es zutreffen sollte, daß das Fernmeldeamt B "immer so verfahren habe", eine fehlerhafte Anwendung von Tarifregeln ihr nicht insgesamt zugerechnet werden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

Mit der zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger hat nach § 6 Abs. 8 TVArb keinen Anspruch auf Bezahlung von zwei weiteren Arbeitsstunden über die tatsächlich von ihm am Karfreitag des Jahres 1982 hinaus geleistete Arbeitszeit*

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, bei der geleisteten Tätigkeit des Klägers am Karfreitag 1982 habe es sich nicht um eine Arbeitsleistung "in besonderer Schicht" im Sinne von § 6 Abs. 8 TVArb gehandelt. Zwar könne vom Wortlaut her eine "besondere Schicht" sowohl eine im Schichtplan nicht vorgesehene Schicht als auch jede Schicht verstanden werden, für die eine Arbeitsleistung - aus welchem Grunde auch immer - nicht gefordert werde. Die Auslegung des Tarifvertrages unter Berücksichtigung systematischer Gesichtspunkte ergebe jedoch, daß die eigentlich für einen Wochenfeiertag vorgesehene dienstplanmäßige Arbeitszeit (= Schichtarbeitszeit) nicht als besondere Schicht im Sinne des § 6 Abs. 8 TVArb anzusehen sei. Die Arbeitsleistung in besonderer Schicht gemäß § 6 Abs. 8 TVArb stehe in dem Abschnitt des Tarifvertrages, der mit dem Wort "Überzeitarbeit" überschrieben sei. Für die Entlohnung der Arbeit an Wochenfeiertagen gebe es für Arbeitnehmer, die nicht in Wechselschichten beschäftigt werden, zudem eine spezielle Regelung in § 6 Abs. 7 TVArb, die als abschließend anzusehen sei. In jedem Abschnitt des § 6 TVArb seien ausgegrenzte, genau beschriebene Tatbestände gesondert geregelt. Es widerspräche daher der Systematik dieser Bestimmung anzunehmen, daß die Bezahlung eines Arbeitnehmers, der an einem Wochenfeiertag arbeite, in unterschiedlichen Absätzen niedergelegt sei. Der § 6 Abs. 7 TVArb setze nicht die Aussparung der Tage im Schichtplan voraus, an denen wegen eines Wochenfeiertages grundsätzlich Arbeitsruhe herrsche. Daraus folge, daß die eigentlich für einen Wochenfeiertag vorgesehene dienstplanmäßige Arbeitszeit nicht als besondere Schicht im Sinne des § 6 Abs. 8 TVArb anzusehen sei. Die Tarifvertragsparteien hätten sonst für den gleichen Tatbestand unterschiedliche Begriffe gewählt. Auch die teleologische Auslegung spreche für dieses Ergebnis. Die Arbeit an Wochenfeiertagen werde gem. § 7 Abs. 4 TVArb mit einem Zuschlag von 135 v.H. vergütet, mithin werde der Einsatz an Wochenfeiertagen im Vergleich zur "normalen" Sonntagsarbeit, die gemäß § 7 Abs. 2 TVArb nur mit einem Zuschlag von 30 v.H. bedacht werde, verhältnismäßig gut vergütet. Die Regelung in § 6 Abs. 8 TVArb solle bewirken, daß in den Fällen, in denen nur ein "normaler" Überzeitarbeitszuschlag gezahlt werde, durch Hinzurechnung der zwei Arbeitsstunden ein gewisser finanzieller Ausgleich geschaffen werde. Wartezeiten und Anfahrzeiten, die sonst nicht vergütet würden, sollten durch diese Regelung ausgeglichen werden. Bei dem erheblichen Zuschlag bei Arbeit an Wochenfeiertagen bedürfe es nach dem Sinn und Zweck der Regelung eines solchen Ausgleichs nicht. Auch die Verlautbarungen der Tarifvertragsparteien im Anschluß an den Abschluß des Tarifvertrages, die ausgeführt haben, daß es sich bei den Arbeitsleistungen in besonderer Schicht gemäß § 6 Abs. 8 TVArb um "Überzeitarbeit" handeln müsse, sprächen für dieses Auslegungsergebnis.

II. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis und weitgehend auch in der Begründung beizupflichten.

1. Gemäß § 6 Abs. 8 TVArb sind bei Arbeitsleistungen in besonderer Schicht, die sich nicht unmittelbar an die dienstplanmäßige Arbeitszeit anschließt oder nicht unmittelbar vor Beginn der dienstplanmäßigen Arbeitszeit endet, der tatsächlichen Arbeitszeit zwei Arbeitsstunden hinzuzurechnen. Diese Voraussetzungen hat der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit am Karfreitag des Jahres 1982 nicht erfüllt, da es sich insoweit nicht um Arbeitsleistungen in besonderer Schicht im Sinne von § 6 Abs. 8 TVArb gehandelt hat.

a) Bei der Auslegung normativer Teile von Tarifverträgen ist entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung zunächst von dem Wortlaut auszugehen. Dabei ist jedoch über den reinen Wortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit sie in der tariflichen Norm ihren Niederschlag gefunden haben. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, der häufig schon deswegen mitberücksichtigt werden muß, weil nur daraus und nicht aus der einzelnen Tarifnorm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und nur bei Mitberücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann (vgl. BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung; BAG Urteil vom 2. April 1987 - 6 AZR 585/82 - zur Veröffentlichung bestimmt). Verbleiben bei einer Auswertung des Tarifwortlautes und des tariflichen Gesamtzusammenhangs als den stets und in erster Linie heranzuziehenden Auslegungskriterien Zweifel, so kann zur Ermittlung des wirklichen Willens der Tarifvertragsparteien auf weitere Kriterien wie die Tarifgeschichte, die praktische Tarifübung und die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages zurückgegriffen werden. Eine Bindung an eine bestimmte Reihenfolge bei der Heranziehung dieser weiteren Auslegungsmittel gibt es nicht (vgl. BAGE 46, 308, 314 = AP, aa0, m.w.N.).

b) Vom Wortlaut des § 6 Abs. 8 TVArb her kann eine "besondere Schicht" jede Schicht sein, die keine "normale" Schicht ist, mithin auch eine Schicht an einem Wochenfeiertag, an dem normalerweise nicht gearbeitet wird. Die in § 6 Abs. 8 TVArb enthaltene Eingrenzung, wonach es eine Schicht sein muß, die sich nicht unmittelbar an die dienstplanmäßige Arbeitszeit anschließt oder die nicht unmittelbar vor Beginn der dienstplanmäßigen Arbeitszeit endet, läßt aber erkennen, daß eine besondere Schicht weder selbst dienstplanmäßige Arbeitszeit sein, noch mit dienstplanmäßiger Arbeitszeit eine zeitliche Einheit bilden darf*Ob damit auch eine Wochenfeiertagsschicht eine besondere Schicht ist, bleibt ohne Berücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs offen.

c) Der tarifliche Gesamtzusammenhang ergibt jedoch, daß eine Wochenfeiertagsschicht keine besondere Schicht im Sinne von § 6 Abs. 8 TVArb ist, es sei denn, sie beginnt und endet an dem Wochenfeiertag ohne zeitlichen Zusammenhang mit der dienstplanmäßigen Arbeitszeit, die für den Werktag, auf den der Wochenfeiertag fällt, vorgesehen war. Im Streitfall wäre dies aber nur bei einer Beendigung vor 7.15 Uhr oder einem Beginn nach 14.45 Uhr der Fall gewesen.

Bei Arbeitern, die - wie der Kläger - nicht in Wechselschichten beschäftigt werden, fällt nach § 6 Abs. 7 TVArb bei Arbeit an Wochenfeiertagen Überzeitarbeit nur soweit an, als die dienstplanmäßige vorgesehene Arbeitszeit für den Werktag, auf den der Wochenfeiertag fällt, überschritten wird. Die Regelung in § 6 Abs. 7 TVArb bedeutet somit für Arbeiter, die nicht in Wechselschichten beschäftigt werden, daß Arbeitszeit an Wochenfeiertagen keine Überzeitarbeit ist, solange sie innerhalb der eigentlich für diesen Tag vorgesehenen dienstplanmäßigen Arbeitszeit liegt. Dies korrespondiert mit der Regelung in § 6 Abs. 1 TVArb, nach der die Arbeitsstunden, die über die tägliche dienstplanmäßige Arbeitszeit hinausgehen, Überstunden sind. Die Tarifvertragsparteien wollten damit für die unter § 6 Abs. 7 TVArb fallenden Arbeiter auch die an Wochenfeiertagen geleistete Arbeit im Rahmen der durch den Dienstplan eigentlich vorgegebenen Arbeitszeit als dienstplanmäßige Arbeitszeit behandelt wissen. Die Behandlung der Arbeitszeit an einem Wochenfeiertag während der eigentlich vorgesehenen Schichtzeit als dienstplanmäßige Arbeitszeit hat zur Folge, daß sie dann vom Wortlaut des § 6 Abs. 8 TVArb her keine besondere Schicht sein kann.

Dem steht nicht § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Arbeitszeit der Bundesbeamten (AZVO) entgegen, nach dem die durchschnittliche Wochenarbeitszeit sich für jeden gesetzlich anerkannten Wochenfeiertag um die darauf entfallende Arbeitszeit vermindert. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 TVArb regelt sich die Arbeitszeit der Arbeiter zwar nach den für die Beamten der Deutschen Bundespost jeweils geltenden Vorschriften. Dies gilt jedoch nur, soweit der Tarifvertrag nichts anderes bestimmt. Eine solche abweichende Bestimmung - bezogen auf die Behandlung der Arbeitszeit an Wochenfeiertagen - ist aber § 6 Abs. 7 TVArb.

d) Dieses Ergebnis wird von einem weiteren systematischen Gesichtspunkt gestützt. § 6 TVArb regelt in seiner Gesamtheit die Überzeitarbeit. Davon sind auch die Tarifvertragsparteien ausgegangen. Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat in seiner Verfügung vom 25. Juni 1975 ausgeführt, daß es sich bei den Arbeitsleistungen in besonderer Schicht um Überzeitarbeit handeln muß. Ebenso hat die Deutsche Postgewerkschaft in ihrem Informationsdienst zum Tarifvertrag Nr. 334, der mit Wirkung ab 1. Oktober 1974 die veränderten Arbeitszeitbestimmungen gebracht hat, die besondere Schicht im Zusammenhang mit Überzeitarbeit genannt, so u.a. in der Überschrift zu Ziff. 2 "Vorschriften über Überzeitarbeit ergänzt um Bestimmungen über Überzeitarbeit in besonderer Schicht", und in den Gründen für die Änderung ausgeführt, daß "für Überstunden, die nach Herbeirufen aus der Freizeit zu leisten sind, ... Zeitansätze für den Weg zur und von der Arbeitsstelle zurück zusätzlich zu den tatsächlichen Arbeitsstunden angesetzt werden" müssen. Dieser in den Äußerungen der Tarifvertragsparteien erkennbare Wille hat in der tariflichen Norm durch die Einordnung der Regelung über die besondere Schicht in den § 6 TVArb, der die Überzeitarbeit regelt, seinen Niederschlag gefunden.

Überzeitarbeit ist aber die eigentlich vorgesehene Arbeitszeit an einem Wochenfeiertag gemäß § 6 Abs. 7 TVArb nicht und kann mithin auch keine besondere Schicht im Sinne von § 6 Abs. 8 TVArb sein.

e) Auch Sinn und Zweck der Tarifnormen gebieten entgegen der Auffassung der Revision keine andere Auslegung.

Es ist zwar zutreffend, daß die in § 6 Abs. 8 TVArb getroffene Zuschlagsregelung und die Mindestgarantie erkennbar die Erschwernisse ausgleichen sollen, die dem Betroffenen zusätzlich erwachsen, wenn er getrennt von seiner dienstplanmäßigen Arbeitszeit Überzeitarbeit erbringt. Diese "zusätzlichen" Erschwernisse treten auch bei einer Feiertagsarbeit auf, wenn der Arbeitnehmer "normalerweise" nicht gearbeitet hätte. Insofern käme es durchaus in Betracht, auch für Arbeit an Wochenfeiertagen generell den besonderen Zuschlag zu gewähren, um diese Erschwernisse auszugleichen. Die Regelung in § 6 Abs. 8 TVArb zielt aber nur auf Überzeitarbeit oder Arbeit außerhalb der dienstplanmäßigen Arbeitszeit ab. In diesem Bereich haben die Tarifvertragsparteien eine spezielle Regelung für Wochenfeiertage getroffen, die die Arbeit an Wochenfeiertagen genauso wie die Arbeit an dem betreffenden Werktag im Hinblick auf die Wertung als Überzeitarbeit behandelt. Dieser Nachteil der Arbeit an Wochenfeiertagen erfährt jedoch dadurch einen Ausgleich, daß der Arbeitnehmer für die Arbeit an Wochenfeiertagen ohne Freizeitausgleich generell gemäß § 7 Abs. 4 TVArb Feiertagszuschlag von 135 v.H. erhält, einen Zuschlag, der deutlich über dem Sonntagszuschlag (30 v.H.) und dem Überstundenzuschlag (25 v.H.) liegt, und damit auch von seiner besonderen Höhe her geeignet ist, besondere Erschwernisse auszugleichen.

2. Die Revision rügt zu Unrecht, das Landesarbeitsgericht habe seiner Entscheidung zugrunde gelegt, daß die Beklagte in vergleichbaren Fällen bisher nie § 6 Abs. 8 TVArb angewandt habe. Die am Tarifwortlaut und dem tariflichen Gesamtzusammenhang als den in erster Linie heranzuziehenden Kriterien orientierte Auslegung von § 6 Abs. 8 TVArb führt nämlich unabhängig von der praktischen Handhabung zum Ergebnis des Landesarbeitsgerichts. Eine praktische Tarifübung, wie sie dem Vortrag des Klägers allenfalls entnommen werden kann, wäre nur dann zu berücksichtigen, wenn bei entsprechender Auswertung des Tarifwortlautes und des tariflichen Gesamtzusammenhangs noch Zweifel verblieben (vgl. BAGE 46, 308, 314 = AP, aa0). Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Hinzu kommt, daß der Kläger konkret nur die entsprechende Handhabung beim Fernmeldeamt B vorgetragen hat, was eher für eine betriebliche Übung als für eine Tarifübung sprechen kann.

3. Ein tarifvertraglicher Anspruch des Klägers folgt auch nicht aus dem in § 4 Abs. 1 des Bremischen Gesetzes über die Sonn- und Feiertage vom 12. November 1954 (BremGBl. S. 115) niedergelegten Verbot von bestimmten Arbeiten, da gemäß § 4 Abs. 2 des Bremischen Sonn- und Feiertagsgesetzes diese Regelung nicht für die Betriebe der Post gilt.

4. Soweit der Kläger am Karfreitag 1982 auch im Sinne von § 6 Abs. 7 TVArb Überzeitarbeit geleistet hat (und zwar nach 14.45 Uhr), hat er ebenfalls keinen Anspruch aus § 6 Abs. 8 TVArb, weil diese Überzeitarbeit im unmittelbaren Anschluß an die eigentlich vorgesehene dienstplanmäßige Arbeitszeit angefallen ist.

5. Auch aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung ergibt sich im vorliegenden Fall kein Anspruch des Klägers auf Bezahlung der zwei weiteren Stunden, selbst wenn der Vortrag des Klägers, beim Fernmeldeamt B sei in der Vergangenheit in vergleichbaren Fällen das Vorliegen einer besonderen Schicht immer anerkannt worden, als richtig unterstellt wird. Der Senat hat wiederholt entschieden, daß neben einer tarifvertraglichen Regelung eine betriebliche Übung grundsätzlich nicht entstehen kann (vgl. BAG Urteile vom 14. August 1986 - 6 AZR 427/85 - und vom 13. November 1986 - 6 AZR 567/83 - zur Veröffentlichung vorgesehen).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Dr. Röhsler Dr. Jobs Dörner

Fischer Oberhofer

 

Fundstellen

RdA 1988, 125

ZTR 1988, 263-265 (LT1)

AP § 6 TV Arb Bundespost (LT1), Nr 2

RiA 1988, 268-269 (LT1)

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