Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusatzvergütung für die Bedienung einer Heizungsanlage
Normenkette
BGB §§ 133, 157; BAT § 4 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 21. Januar 1997 – 12 Sa 109/96 – wird zurückgewiesen.
2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Zusatzvergütung für die Bedienung einer Heizungsanlage.
Der Kläger ist seit 1957 bei dem beklagten Land beschäftigt, seit dem 1. Dezember 1967 als Schulhausmeister an der H.-K.-Oberschule im Bezirk T. Dem liegt der Arbeitsvertrag vom 14. November 1967 zugrunde, wonach für das Arbeitsverhältnis u.a. der BAT maßgebend ist. Nebenabreden sind nach dem Arbeitsvertrag „nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden”.
In das Gebäude der K.-Oberschule wurde eine Ölfeuerungsanlage installiert. Die Anlage wird ganzjährig betrieben. In der Zeit vom 1. Mai bis zum 30. September eines Jahres sind nur die Warmwasserzubereitung und die Lüftungsanlage der Heizung zu überwachen. Mit Schreiben vom 29. Januar 1980 betraute das Bezirksamt T. des beklagten Landes den Kläger mit der Bedienung der Anlage:
„Sie werden hiermit gemäß § 6 der Dienstanweisung für Schulhausmeister vom 2. März 1973 (DBl. III/1973 Nr. 12) mit der Bedienung der Ölfeuerungsanlage der H.-K.-Oberschule betraut. Sie erhalten ab 1.2.1980 ganzjährig den zusätzlichen Zeitaufwand von 13 Stunden monatlich vergütet und zwar pro Stunde in Höhe des auf die Arbeitsstunde entfallenden Teils des Monatstabellenlohns der Lohngruppe III – Stufe 4 –.”
Mit Schreiben vom 23. Mai 1980 übersandte das Bezirksamt T. des beklagten Landes dem Kläger die Kopie eines behördeninternen Schreibens vom 14. Mai 1980, aus dem hervorgeht, daß ihm für die Zeit vom 1. Mai bis zum 30. September eines Jahres lediglich ein zusätzlicher Zeitaufwand von 5 Stunden monatlich zusteht. In diesem Schreiben heißt es:
„Auf unsere schriftliche Antrage vom März 1980 hat der Senator für Bau- und Wohnungswesen VI d Energie 1 mit Schreiben vom 28.4.1980 mitgeteilt, daß ein zusätzlicher Zeitaufwand von 13 Stunden monatlich nicht ganzjährig zu vergüten ist. Diese Stellungnahme wurde nach verangegangener Rücksprache mit Sen Inn II B 5 abgegeben.
Im übrigen wurde bestätigt, daß für Zeiten außerhalb der Heizperiode, also vor dem 1. Mai und nach dem 30. September eines Jahres, während der die Anlage nur für die Warmwasserbereitung betrieben wird, gemäß Ziffer 4 des Schreibens SenBauWohn VI d A 3 vom 30.8.1974 eine Entschädigung auf der Grundlage eines zusätzlichen Zeitaufwandes von nur 5 Stunden monatlich zu vergüten ist. Zu beachten ist jedoch Ziffer 5 – Anspruchszeitraum – des Schreibens SenBauWohn vom 30.8.1974, wonach für Zeiten außerhalb der Heizperiode für jeden Tag, an dem die Ölfeuerungsanlage für Heizungszwecke in Betrieb war, 1/30 des Monatsbetrages zu zahlen ist. Mindestens wäre jedoch für den Betrieb der Ölfeuerungsanlage zum Zwecke der Warmwasserbereitung ein zusätzlicher Zeitaufwand von 5 Stunden monatlich zu vergüten.
Wir bitten um Kenntnisnahme und weitere Veranlassung.”
In § 6 der „Dienstanweisung für Schulhausmeister” vom 2. März 1973 heißt es u.a.:
„Heizung
In Schulgebäuden, in denen nach der Größe oder Art der Heizungsanlage die Beschäftigung eines Heizers nicht notwendig ist, hat der Schulhausmeister die Heizungsanlage zu bedienen. Der für diese Tätigkeit benötigte zusätzliche Zeitaufwand, der vom Senator für Bau- und Wohnungswesen ermittelt wird, ist unter Zugrundelegung einer Stundenvergütung in Höhe des auf die Arbeitsstunde entfallenden Teils des Monatstabellenlohns der Lohngruppe III – Stufe 4 – zu entschädigen. Die Entschädigung wird spätestens zum 15. des Monats gezahlt, der auf den Monat folgt, in dem die Heizungsanlagen bedient wurden. Der monatliche Zeitaufwand ist vom Schulhausmeister nach dein festgesetzten durchschnittlichen täglichen Zeitaufwand zusammenzustellen, vom Schulleiter als sachlich richtig abzuzeichnen und bis zum … einzureichen. …”
Der Kläger erhielt seit 1980 für die Bedienung der Ölfeuerungsanlage während der Heizperiode (1. Oktober bis 30. April) eine zusätzliche monatliche Vergütung für 13 Stunden und außerhalb der Heizperiode für 5 Stunden. Seit 1980 wurde die Heizungsanlage an der K.-Oberschule nicht verändert. Die Art der vom Kläger zu erledigenden Arbeiten änderte sich ebenfalls nicht nennenswert.
Mit Schreiben vom 23. Januar 1996 teilte das beklagte Land dem Kläger mit, daß die – im Dienstblatt des Senats von Berlin vom 22. Dezember 1995 veröffentlichte – Dienstanweisung für Hausmeister durch Verwaltungsvorschrift vom 6. November 1995 geändert worden sei und rückwirkend ab 1. Oktober 1995 der Anspruch auf eine zusätzliche Stundenvergütung für die Bedienung der Ölfeuerungsanlage entfalle. Gleichzeitig erklärte das beklagte Land die Aufrechnung mit einer für Oktober 1995 entstandenen Überzahlung in Höhe von 228,80 DM. Durch die genannte Verwaltungsvorschrift war § 6 der Dienstanweisung für Schulhausmeister gestrichen und die Verpflichtung zum Betreiben der Heizungsanlagen in § 4 der Dienstanweisung – Dienstpflichten des Schulhausmeisters – aufgenommen worden.
Der Kläger wendet sich gegen den Wegfall der Zusatzvergütung. Er hat vorgetragen: Das beklagte Land könne diese pauschalierte Zahlung nach 16jähriger Gewährung nicht mehr einseitig einstellen. Der Zeitaufwand für die Bedienung der Ölfeuerungsanlage habe sich seit 1980 nicht verringert. Diese erfordere einen erheblichen zusätzlichen Zeitaufwand, der über die übliche Dienstzeit hinaus gehe.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ihm über den 1. Oktober 1995 hinaus in der Zeit vom 1. Oktober bis 30. April monatlich 13 Stunden und in dem übrigen Zeitraum des Kalenderjahres monatlich 5 Stunden zusätzlichen Zeitaufwand zu vergüten.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat vorgetragen, aufgrund der Änderung der Verwaltungsvorschriften sei der Rechtsgrund für die Zahlung der Zusatzvergütung entfallen. § 6 der Dienstanweisung für Schulhausmeister gehe von einem zusätzlichen Zeitaufwand für die Bedienung der Heizungsanlage aus. Die damalige Einschätzung sei durch technische Fortentwicklung überholt. Der Kläger könne nur dann eine Zusatzvergütung beanspruchen, wenn es sich um Überstunden handele.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung war erfolglos. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger hat auch für die Zeit ab 1. Oktober 1995 einen vertraglichen Anspruch auf Zahlung der Zusatvergütung, solange er die 1980 installierte Heizungsanlage der K.-Oberschule im selben Umfang wie bisher zu bedienen hat.
I. Das Landesarbeitsgericht hat dies wie folgt begründet: Auf der Basis der beiden an den Kläger gerichteten Schreiben vom 29. Januar und 23. Mai 1980 sei ein Vertrag über die Vergütung eines zusätzlichen Zeitaufwandes zustande gekommen. Zwar spreche alles dafür, daß dem Kläger als Schulhausmeister auch die Betreuung der Heizanlage im Wege des Direktionsrechts, also einseitig habe übertragen werden können. Dies schließe aber nicht aus, daß dem gesamten Vorgang (Bedienung der Heizanlage gegen Zahlung einer Vergütung für einen pauschalierten zusätzlichen Zeitaufwand) der Charakter einer vertraglichen Zusatzabrede zuzuschreiben sei. Es komme letztlich allein darauf an, ob dem Kläger die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung mit konstitutiver Wirkung zugesagt worden sei. Deshalb sei unerheblich, ob diese zusätzliche Vergütung an einen pauschalierten oder gar fingierten zusätzlichen Zeitaufwand anknüpfe. Der Kläger habe auf der Basis der beiden genannten Schreiben auf den Fortbestand dieser zusätzlichen Vergütung vertrauen dürfen. Sie seien als Willenserklärung des beklagten Landes anzusehen, die vom Kläger dadurch angenommen worden sei, daß er die Heizungsanlage betreue oder – wenn er dazu ohnehin verpflichtet gewesen sei – daß er der Zusage einer zusätzlichen Vergütung nicht widersprochen habe. Dieses Vertrauen habe sich durch mehr als 15jährige Praxis stets aufs neue aktualisiert und verfestigt.
Das beklagte Land könne nicht durch einseitig im Wege von Verwaltungsverordnungen erlassene Dienstanweisungen bzw. deren Änderung in vertragliche Rechte von Arbeitnehmern eingreifen. Eine automatische Veränderung der vertraglichen Rechte des Klägers komme dann in Betracht, wenn die zwischen den Parteien bestehende Vereinbarung dahin auszulegen sei, daß sie im Kern lediglich eine Bezugnahme auf die jeweilige Dienstanweisung für Hausmeister enthalte. Das sei jedoch nicht der Fall. Zwar enthalte das Schreiben des beklagten Landes vom 29. Januar 1980 einen ausdrücklichen Hinweis auf § 6 der Dienstanweisung für Schulhausmeister vom 2. März 1973. Jedoch lasse dieses Schreiben nicht erkennen, daß § 6 dieser Dienstanweisung nur „in ihrer jeweiligen Fassung” gelten solle. Eine solche einseitige Eingriffsbefugnis müsse jedenfalls beim Abschluß des Vertrages so deutlich artikuliert werden, daß der Arbeitnehmer mit solchen Eingriffen von vornherein rechnen müsse und sich deshalb ein Vertrauen in den Fortbestand der ihm zugesagten Leistungen gar nicht entwickeln könne. Angesichts dessen komme dem Hinweis auf § 6 der Dienstanweisung für Schulhausmeister im Schreiben vom 29. Januar 1980 lediglich deklatorische Wirkung zu.
Die einheitliche vertragliche Abrede stehe auch nicht unter dem Vorbehalt, daß das beklagte Land die zusätzliche Vergütung nicht mehr schulde, wenn es bei einer typisierenden Betrachtung zu dem Ergebnis komme, dem Schulhausmeister entstehe gar kein zusätzlicher Zeitaufwand mehr. Das Schreiben des beklagten Landes von 1980 enthalte keinen entsprechenden Vorbehalt.
Die getroffene Vereinbarung verstoße auch nicht gegen das Schriftformgebot in § 4 Abs. 2 BAT, da es sich nicht um eine „Nebenabrede” im Sinne dieser Tarifnorm handele. Denn es gehe in der Vereinbarung um die Regelung der Arbeitsleistung und der Vergütung und damit um die arbeitsvertraglichen Hauptpflichten.
II. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
1. Bei den vom Landesarbeitsgericht gewürdigten Absprachen der Parteien handelt es sich um die Auslegung von Erklärungen nichttypischer Art. Die Auslegung nichttypischer Willenserklärungen ist nach ständiger Rechtsprechung in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüfbar, ob sie gegen allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt läßt und ob sie rechtlich möglich ist. Diese Grundsätze gelten auch hinsichtlich der Frage, ob ein Verhalten oder eine Äußerung überhaupt als Willenserklärung gemeint war, und ob durch übereinstimmende Erklärung ein Vertrag zustande gekommen ist (BAGE 76, 155, 181 = AP Nr. 18 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe, zu B II der Gründe).
2. Derartige Fehler sind dem Landesarbeitsgericht nicht unterlaufen. Dessen Auslegung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Danach liegt in den beiden an den Kläger gerichteten Schreiben vom 29. Januar und 23. Mai 1980 das Vertragsangebot, daß der Kläger für die Betreuung der Heizanlage eine Zusatzvergütung erhalten sollte. Die Annahme des Vertrages brauchte nicht erklärt zu werden, da das beklagte Land auf die Erklärung verzichtet hatte (§ 151 BGB). Auf das Urteil der Neunten Kammer des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 2. Dezember 1996 (– 9 Sa 96/96 –) kann sich die Revision nicht stützen, da es dort an entsprechenden Erklärungen des beklagten Landes fehlte.
Entgegen der Auffassung der Revision folgt aus der Erwähnung von § 6 der Dienstanweisung für Schulhausmeister in dem Schreiben vom 29. Januar 1980 nicht, daß damit nur auf die bestehende Rechtslage hingewiesen werden sollte. Das ergibt sich schon daraus, daß das Schreiben vom 29. Januar 1980 mit § 6 der Dienstanweisung für Schulhausmeister nicht in allen Punkten übereinstimmt. In der Dienstanweisung ist davon die Rede, daß der monatliche Zeitaufwand vom Schulhausmeister nach dem festgesetzten durchschnittlichen täglichen Zeitaufwand zusammenzustellen und vom Schulleiter als sachlich richtig abzuzeichnen ist. Demgegenüber sollte der Kläger nach den Schreiben vom 29. Januar 1980 und vom 23. Mai 1980 unabhängig davon während der Heizperiode pauschal 13 Stunden und außerhalb derselben pauschal 5 Stunden monatlich vergütet erhalten.
Die Schreiben des beklagten Landes sind auch nicht dahin auszulegen, daß eine Zusatzvergütung nur insoweit und nur solange geschuldet wird, als die Dienstanweisung für Schulhausmeister und etwaige Schreiben des Senators für Bau- und Wohnungswesen dies vorsehen. Eine solche Bestimmung würde im vorliegenden Falle dieselbe Wirkung haben wie ein Widerrufsvorbehalt, der ebenfalls nicht vereinbart wurde. Da es sich dabei um eine den Arbeitnehmer besonders belastende Bestimmung handelt, muß diese klar und unmißverständlich vereinbart werden. Daran fehlt es hier.
3. Die Vereinbarung der Parteien ist auch nicht wegen Nichteinhaltung der tariflichen und einzelvertraglichen Schriftform unwirksam. Nach § 4 Abs. 2 BAT sind Nebenabreden nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 7. Mai 1986 – 4 AZR 556/83 – BAGE 52, 33 = AP Nr. 12 zu § 4 BAT) sind formlos gültig Vereinbarungen über den Kern des Arbeitsverhältnisses, d.h. die beiderseitigen Hauptrechte und Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag nach § 611 BGB, also insbesondere Fragen der Arbeitsleistung und des Arbeitsentgelts. Demgegenüber gilt für Gegenstände, die nicht dazu gehören, die Formvorschrift des § 4 Abs. 2 BAT. Die vertragliche Schriftformklausel besagt nichts anderes.
Um eine solche Vereinbarung handelt es sich entgegen der Auffassung der Neunten Kammer des Landesarbeitsgerichts (Urteil vom 2. Dezember 1996 – 9 Sa 96/96 –) nicht. Denn es geht um eine Vergütung für zusätzlichen Zeitaufwand. Daß dieser Aufwand nicht exakt für jeden Einzelfall, sondern generalisierend ermittelt wurde, ändert daran nichts. Die Revision meint, bei der dem Kläger gewährten Zusatzleistung handele es sich dann um eine „außertarifliche” Zulage, wenn im Falle des Klägers die Voraussetzungen für die Gewährung einer Entschädigung gem. § 6 der Dienstanweisung gar nicht vorgelegen hätten, weil er schon damals keinen zusätzlichen Zeitaufwand für die Bedienung der Heizungsanlage gehabt hätte. Das hat indessen das beklagte Land nicht dargetan. Es ist vielmehr bei der Streichung des § 6 der Dienstanweisung für Schulhausmeister davon ausgegangen, daß für die Bedienung von Heizungsanlagen allgemein kein zusätzlicher Zeitaufwand erforderlich sei. Das reicht aber gegenüber der dem Kläger persönlich erteilten Zusage und angesichts des Umstandes, daß sich dessen Arbeitsbedingungen nicht wesentlich geändert haben, nicht aus.
Unterschriften
Schliemann, Reinecke, Wißmann, Kähler, Kessel
Fundstellen
Haufe-Index 1251961 |
ZTR 1998, 269 |