Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung von Motopäden. Abgrenzung von Lehr- und therapeutischer Tätigkeit; keine Anwendung der Vergütungserlasse für Lehrer
Leitsatz (amtlich)
- In den Anlagen zum BAT sind besondere Vergütungsgruppen für Motopäden an Behindertenschulen nicht vorgesehen.
- Für die Eingruppierung von Motopäden sind die Vergütungsmerkmale von Krankengymnasten entsprechend anzuwenden.
Normenkette
BAT 1975 §§ 22-23; BAT Anlage 1a Teil II D VergGr. Vb Fallgruppe 17 sowie Vc Fallgruppe 16 und VIb Fallgruppe 19
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Urteil vom 22.06.1990; Aktenzeichen 15 (4) Sa 625/89 E) |
ArbG Osnabrück (Urteil vom 10.03.1989; Aktenzeichen 3 Ca 2030/87 E) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 22. Juni 1990 – 15 (4) Sa 625/89 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin ab 1. Januar 1985 eine Vergütung nach VergGr. Vb BAT beanspruchen kann.
Die Klägerin besitzt als staatlich geprüfte Gymnastiklehrerin die Lehrbefähigung in Gymnastik für die Tätigkeit im freien Beruf. Außerdem hat sie an der Fachschule für Bewegungstherapie in Dortmund im Juni 1979 das Examen als Motopädin abgelegt.
Seit dem 1. August 1979 ist die Klägerin an der Sonderschule für Körperbehinderte des beklagten Landes in O… tätig und erhält eine Vergütung nach VergGr. Vc BAT. Nach dem Arbeitsvertrag vom 16. Mai 1979 wurde die Klägerin als Krankengymnastin mit einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden eingestellt und eine Vergütung nach VergGr. Vc BAT vereinbart. Außerdem haben die Parteien in diesem Vertrag die Geltung der Vorschriften des BAT, der zur Änderung und Ergänzung abgeschlossenen oder künftig abzuschließenden Tarifverträge und der Eingruppierungserlasse des Niedersächsischen Kultusministers in der jeweils geltenden Fassung vereinbart.
Alle übrigen bei Begründung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin an der Sonderschule tätigen Krankengymnasten, Sprachtherapeuten und Beschäftigungstherapeuten hatten Arbeitsverträge als Lehrkräfte und wurden nach VergGr. Vc BAT bzw. nach dreijähriger Bewährung nach VergGr. Vb BAT vergütet. Nach der Klägerin wurden im Jahre 1980 erneut zwei weitere Krankengymnastinnen als Lehrkräfte eingestellt.
Die Klägerin machte mit Schreiben vom 9. Juni 1982 und 14. Juni 1985 erfolglos ihre Höhergruppierung in VergGr. Vb BAT geltend. Mit Änderungsvertrag vom 11. Dezember 1985 vereinbarten die Parteien, daß die Klägerin ab 1. Januar 1986 als pädagogische Mitarbeiterin in therapeutischer Funktion mit 46 Wochenstunden weiterbeschäftigt werde, das Arbeitsverhältnis sich nach dem BAT und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen richte und die Klägerin in die VergGr. Vc Teil II D der Anlage 1a/1b zum BAT eingruppiert sei.
Mit Schreiben vom 22. Juli 1987 machte die Klägerin erneut einen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. Vb BAT geltend.
Nach einer von der Klägerin angefertigten Arbeitsplatzbeschreibung obliegen ihr folgende Aufgaben mit entsprechenden zeitlichen Anteilen an der Gesamtarbeitszeit:
Die Durchführung motopädischer Fördermaßnahmen (12 Stunden bzw. 30 % der Gesamtarbeitszeit)
- Die Therapie vollzieht sich vornehmlich in Kleingruppen (2 – 6 Schüler) und ist auf folgende Schwerpunkte ausgerichtet:
- Schulung der Sinne (Sensibilisierung im Bereich des Tastens, Hörens, Sehens)
Vermittlung von Körperbewußtsein und Körpergefühl
u.a.: Bewußtmachung von Körperteilen und deren Bewegungsmöglichkeiten, eigene Grenzen und Möglichkeiten im Bewegungsbereich erfahren und kennenlernen, Bewußtmachung von Spannung und Entspannung
- Erwerb elementarer Bewegungsfertigkeiten (laufen, springen, hüpfen, kriechen, klettern, rollen)
- Entwicklung und Schulung des Koordinations- und Gleichgewichtsvermögens (z.B. Balanceübungen, Reaktions- und Geschicklichkeitsaufgaben, Überwindung und Bewältigung von Hindernissen)
- Rhythmisch-musikalische Schulung (Harmonisierung von Bewegungen)
- Kräftigung von Muskulatur und Organen
- Abbau von Angst und Hemmungen
- Vermittlung von Erfolgserlebnissen
- Förderung und Einübung sozialen Verhaltens
Therapeutisches Schwimmen nach der Halliwick-Schwimm-Methode (5 Stunden bzw. 12,5 % der Gesamtarbeitszeit):
Spezielle Methode zur Erlernung des Schwimmens für körperbehinderte Kinder und Jugendliche
- Erteilung von Sportunterricht (7 Stunden bzw. 17,5 % der Gesamtarbeitszeit)
- Freizeitangebote und Betreuung der Schüler während der Mittagsfreizeit (2 Stunden bzw. 5 % der Gesamtarbeitszeit)
- Betreuung der Schüler beim Mittagessen (3 Stunden bzw. 7,5 % der Gesamtarbeitszeit)
- “Auffanggruppen” (2 Stunden bzw. 5 % der Gesamtarbeitszeit)
- Erfüllung von Aufgaben und Tätigkeiten als Sportobfrau (1 Stunde bzw. 2,5 % der Gesamtarbeitszeit) u.a. Organisation von Sport-, Spiel- und Schwimmfesten, Verwaltung der Gerätesammlung
Planungen, Vor- und Nachbereitungen, Absprachen und Besprechungen außerhalb des Unterrichts (8 Stunden bzw. 20 % der Gesamtarbeitszeit)
Übernahme von diagnostischen Aufgaben und Durchführung motorischer Tests (KTK, LOS), Beteiligung an diagnostischen Abklärungen, Auswertung ärztlicher Befunde, Informationsaustausch und Absprache mit Therapeuten und Sonderpädagogen zwecks gezielter Unterrichts- und Therapieplanung, Erstellen von individuell abgestimmten Förderprogrammen, Erstellen von Beobachtungs-, Verlaufs-, Entwicklungs- und Abschlußberichten, Vor- und Nachbereitung des Sportunterrichts, Mitwirkung bei der Erstellung von Zeugnissen, Mitwirkung bei der Elternarbeit, Teilnahme an Konferenzen, Dienstbesprechungen, Gruppengesprächen, Mitwirkung bei Schulveranstaltungen (Feiern, besondere Vorhaben)
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, in Anwendung des Runderlasses des Niedersächsischen Kultusministers über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis nach dem BAT beschäftigten Lehrkräfte an öffentlichen Schulen vom 11. April 1986 stehe ihr als Lehrkraft für Sport nach dreijähriger Bewährung eine Vergütung nach VergGr. Vb BAT zu. Aufgrund ihrer Ausbildung als Gymnastiklehrerin und Motopädin verfüge sie über die im Erlaß geforderte Ausbildung und sei berechtigt, neben reinem Gymnastikunterricht auch in den Sportfächern Boden-, Geräteturnen, Leichtathletik, Schwimmen und Sportspiele zu unterrichten. Die von ihr ausgeübten Tätigkeiten seien zum weit überwiegenden Teil solche einer Lehrkraft. Für Vorbereitung und Durchführung des Sportunterrichts sei sie eigenverantwortlich zuständig. Zu berücksichtigen sei auch, daß gerade der Sportunterricht für Behinderte in erheblichem Umfang motopädische Kenntnisse und Fähigkeiten erfordere und deshalb mit Sportunterricht für Gesunde nicht vergleichbar sei. Eine Trennung zwischen Lehrtätigkeit und pädagogischer Betreuung sei insoweit nicht durchführbar. Die Tätigkeit als Motopädin könne im übrigen sowohl von der Ausbildung als auch von ihren Anforderungen her nicht mit der Tätigkeit von Krankengymnasten, Beschäftigungstherapeuten oder Sprachtherapeuten verglichen werden.
Selbst bei Unanwendbarkeit der Eingruppierungserlasse für Lehrkräfte ergebe sich der geltend gemachte Anspruch auf Vergütung nach VergGr. Vb BAT im Hinblick auf die entsprechende Vergütung der übrigen therapeutischen Mitarbeiter aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Die Klägerin hat zuletzt noch beantragt,
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 1. Januar 1985 als Lehrkraft für Sport Vergütung nach der VergGr. Vb BAT nebst 4 % Zinsen auf den Nettodifferenzbetrag zwischen der VergGr. Vb und Vc BAT seit dem 29. Dezember 1987 zu zahlen.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die Klägerin sei nicht als Lehrkraft, sondern zum überwiegenden Teil ihrer Tätigkeit als pädagogische Mitarbeiterin in therapeutischer Funktion tätig. Sie erteile keinen Unterricht in didaktischer Eigenverantwortlichkeit, sondern werde vergleichbar mit Krankengymnasten, Beschäftigungstherapeuten und Erziehern nur zur Unterstützung und unter Kontrolle der verantwortlichen Lehrkräfte tätig. Damit habe ihre Tätigkeit entsprechend dem Berufsbild des Motopäden therapeutischen Charakter. Einer Vergütung als Lehrkraft stehe außerdem entgegen, daß die Klägerin lediglich über eine Lehrbefähigung für Gymnastik verfüge, während ein Sportlehrer alle Sportarten unterrichten könne.
Aus der Anstellung der übrigen Krankengymnasten und Beschäftigungstherapeuten als Lehrkräfte könne die Klägerin keine Ansprüche herleiten. Diese seien irrtümlich als Lehrkräfte angesehen worden. Da sie aber als pädagogische Mitarbeiter einzustufen seien, werde versucht, die entsprechenden Arbeitsverträge durch Änderungskündigungen anzupassen.
Das Arbeitsgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Behauptung der Klägerin, sie sei überwiegend als Lehrkraft für Sport tätig, der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision ist unbegründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. Vb BAT.
1. Die Klägerin erstrebt die Zuordnung zur VergGr. Vb BAT mit einer Eingruppierungsfeststellungsklage. Feststellungsklagen dieser Art sind in Eingruppierungsprozessen des öffentlichen Dienstes allgemein üblich und begegnen keinen prozeßrechtlichen Bedenken (BAGE 37, 155 = AP Nr. 52 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.).
2. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft vertraglicher Vereinbarung sowohl im Arbeitsvertrag vom 16. Mai 1979 als auch im Änderungsvertrag vom 11. Dezember 1985 der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) sowie die diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge Anwendung.
3. Das Landesarbeitsgericht hat für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 1985 einen Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach VergGr. Vb BAT abgelehnt, weil sich ein solcher weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ergebe.
Dem folgt der Senat im Ergebnis, wenn auch teilweise mit anderer Begründung.
a) Nach dem Arbeitsvertrag vom 16. Mai 1979 wurde die Klägerin als Krankengymnastin beschäftigt. Neben der Geltung des BAT haben die Parteien auch die Anwendbarkeit der Eingruppierungserlasse des Niedersächsischen Kultusministers in der jeweils geltenden Fassung vereinbart. Dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch steht zunächst nicht entgegen, daß die Parteien in § 4 des Arbeitsvertrages eine Vergütung nach VergGr. Vc BAT vereinbart haben. Nach ständiger Senatsrechtsprechung kommt nämlich einer solchen Vereinbarung im Hinblick auf die ebenfalls vereinbarte Geltung des BAT in der jeweils geltenden Fassung nur deklaratorische Bedeutung zu. Sie ist dahingehend auszulegen, daß der Arbeitnehmer die Vergütung beanspruchen kann, deren Voraussetzungen er erfüllt (BAG Urteil vom 25. November 1987 – 4 AZR 386/87 – AP Nr. 23 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer m. w. N.).
b) Nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a gilt die Vergütungsordnung nicht für als Lehrkräfte beschäftigte Angestellte, soweit nicht ein besonderes Tätigkeitsmerkmal im Arbeitsvertrag vereinbart ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats werden hiervon alle Lehrkräfte erfaßt, die im Rahmen eines Schulbetriebes oder einer vergleichbaren Einrichtung tätig sind (Senatsurteil vom 18. Mai 1988 – 4 AZR 765/87 – BAGE 58, 283 = AP Nr. 24 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer, m.w.N.). Dabei sind Lehrkräfte nach der Protokollnotiz zu Nr. 1 der Sonderregelungen 2l I zum BAT solche Angestellte, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten der Tätigkeit das Gepräge gibt. Die Klägerin übt ihre Tätigkeit im Rahmen eines Schulbetriebes aus. Denn die Sonderschule ist eine allgemeinbildende Schule i. S. der Nr. 1 der Sonderregelung 2l I zum BAT (BAG Urteile vom 15. November 1985 – 7 AZR 334/83 – AP Nr. 14 zu § 17 BAT und vom 18. September 1986 – 6 AZR 446/83 – AP Nr. 9 zu § 15 BAT; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand Oktober 1990, Erl. 1 zu Nr. 1 der SR 2l I). Es kommt deshalb darauf an, ob die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten der Tätigkeit der Klägerin das Gepräge gibt. Dies ist nach der ständigen Senatsrechtsprechung zumindest dann der Fall, wenn mehr als die Hälfte der Arbeitszeit aus unmittelbarer Unterrichtstätigkeit besteht (BAGE 45, 233 = AP Nr. 11 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer) bzw. wenn die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten für die Tätigkeit maßgebend ist (BAGE 38, 221 = AP Nr. 64 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und BAG Urteil vom 18. Mai 1983 – 4 AZR 539/80 – AP Nr. 74 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend von einer überwiegend therapeutischen Tätigkeit der Klägerin ausgegangen.
4. Bei der Beurteilung der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit ist von der Arbeitsplatzbeschreibung auszugehen, die die Klägerin selbst vorgelegt hat und die vom beklagten Land zu keiner Zeit bestritten worden ist.
Dabei steht dem Landesarbeitsgericht bei der Interpretation der unbestimmten Rechtsbegriffe “Kenntnisse und Fertigkeiten” und “Gepräge” ein Beurteilungsspielraum zu, der vom Revisionsgericht nur beschränkt daraufhin überprüft werden kann, ob das Landesarbeitsgericht vom zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen ist, ob es diesen bei der Subsumtion beibehalten hat, ob ihm dabei Verstöße gegen die Denkgesetze oder allgemeinen Erfahrungssätze unterlaufen sind und ob alle erheblichen Tatumstände Berücksichtigung gefunden haben (BAG Urteil vom 18. September 1986 – 6 AZR 446/83 – AP, aaO = RiA 1987, 181, m.w.N.).
a) Unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Überprüfungsmaßstabs ist die im angefochtenen Urteil vorgenommene Subsumtion im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht ist von dem tariflich definierten Begriff der Lehrkraft ausgegangen und hat untersucht, ob mehr als die Hälfte der Arbeitszeit der Klägerin durch die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten geprägt ist. Es hat dies zutreffend schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin unter Zugrundelegung ihrer Arbeitsplatzbeschreibung verneint. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß die in Ziff. 1 der Arbeitsplatzbeschreibung zusammengefaßten Tätigkeiten nicht die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten zum Ziel haben, sondern therapeutischen Charakter haben. Die Klägerin selbst bezeichnet diese motopädischen Fördermaßnahmen als Therapie, die sie selbst von der Erteilung von Sportunterricht abgrenzt. Allerdings trägt sie insoweit vor, Sportunterricht für Körperbehinderte müsse in erheblichem Umfang motopädisch ausgerichtet sein und schließt daraus, jede motopädische Förderung sei bereits als Sportunterricht und damit als Tätigkeit einer Lehrkraft anzusehen. Dem kann nicht gefolgt werden.
Es mag zutreffen, daß Sportunterricht für Körperbehinderte in weitaus größerem Maße motopädischen und therapeutischen Einflüssen unterliegen muß als Sportunterricht für Gesunde. Dies ergibt sich bereits unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgelegten Rahmenrichtlinien Sport für Lernbehinderte; es muß bei der Unterrichtung von Körperbehinderten deshalb erst recht gelten. Es erscheint durchaus einsichtig, daß die Klägerin mit einer Ausbildung als Gymnastiklehrerin und einer motopädischen Zusatzausbildung für den Sportunterricht bei Körperbehinderten besonders geeignet ist. Dennoch kann aus dieser motopädischen Ausrichtung des Sportunterrichts nicht zwingend der Schluß gezogen werden, jede motopädische Förderung sei gleichzeitig bereits Sportunterricht. Während beim Sportunterricht, auch soweit er motopädisch ausgerichtet ist, nach wie vor die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Vordergrund steht, ist Zweck der motopädischen Therapie in erster Linie die gezielte bewegungstherapeutische Behandlung der Kinder in Einzel- oder Kleingruppen. Dies ergibt sich auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin enannten Schwerpunkte der von ihr durchzuführenden motopädischen ördermaßnahmen. Diese sind eindeutig dem therapeutischen Bereich und nicht dem unterrichtlichen Bereich zuzuordnen. Die genannten Maßnahmen haben ausnahmslos die Behandlung und Förderung des Bewegungsapparates zum Ziel, nicht aber die Vermittlung sportlicher Kenntnisse und Fertigkeiten.
Die von der Revision insoweit auf eine Verletzung der §§ 286 Abs. 1 und 144 ZPO gestützte Prozeßrüge, das Landesarbeitsgericht sei vom Ergebnis des vom Arbeitsgericht eingeholten Gutachtens abgewichen, ist unbegründet. Nach § 286 Abs. 1 ZPO gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung, nach dem das Gericht nach freier Überzeugungsbildung unter Berücksichtigung des gesamten Prozeßstoffes zu entscheiden hat. Um eine entsprechende Überprüfung durch das Revisionsgericht zu ermöglichen, bedarf es nach § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO im Urteil der Angabe der Gründe, die für die Bildung der richterlichen Überzeugung maßgebend waren. Das Gericht kann deshalb nach hinlänglicher Auseinandersetzung mit einem Gutachten und bei entsprechender Begründung im Urteil durchaus vom Ergebnis eines Gutachtens abweichen (Thomas/Putzo, ZPO, 16. Aufl., § 286 Anm. 2b, m.w.N.). Insoweit ist das angefochtene Urteil des Landesarbeitsgerichts nicht zu beanstanden.
Das Gutachten schließt allein daraus, daß Sportunterricht für Körperbehinderte immer motopädisch ausgerichtet sein muß, die von der Klägerin in Ziff. 1 ihrer Arbeitsplatzbeschreibung zusammengefaßten motopädischen Fördermaßnahmen seien Sportunterricht und damit Lehrtätigkeit. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Urteil jedoch ausführlich begründet, daß dieser Schluß keineswegs zwingend ist. Im übrigen äußert das Gutachten lediglich eine Rechtsauffassung, an die das Landesarbeitsgericht nicht gebunden war. Die Frage, ob eine Tätigkeit eine Lehrtätigkeit im tariflichen Sinne darstellt, ist eine vom Gericht zu beurteilende Rechtsfrage.
Entgegen der Auffassung der Revision war das Landesarbeitsgericht auch nicht verpflichtet, die Gutachterin zur Erläuterung ihres Gutachtens anzuhören. Diese Entscheidung liegt im Ermessen des Gerichts. Es muß einen Sachverständigen nur dann zur Erläuterung seines Gutachtens laden, wenn ihm das Gutachten unklar oder unvollständig erscheint (Thomas/Putzo, ZPO, 16. Aufl., § 411 Anm. 3; BGH Urteil vom 5. Juni 1981 – V ZR 11/80 – NJW 1981, 2578), nicht aber, wenn es dem Gutachten aus sachlichen Gründen nicht zu folgen vermag, wie es vorliegend der Fall war. Eine entsprechende Verpflichtung des Gerichts kann sich zwar auch dann ergeben, wenn dies von einer Partei zwecks Ausübung ihres Fragerechts beantragt wird (Zöller/Stephan, ZPO, 16. Aufl., § 411 Rz 5a, m.w.N.). Ein solcher Antrag der Klägerin lag aber entgegen der Auffassung der Revision nicht in ihrem Schriftsatz vom 20. Juni 1989. Die entsprechende Äußerung ist nicht als Antrag zur Anhörung zwecks Ausübung des Fragerechts zu verstehen, sondern lediglich als Anregung an das Gericht, sein Ermessen entsprechend auszuüben. Dies ergibt sich bereits daraus, daß die Klägerin eine Anhörung nur für den Fall evtl. Zweifel des Gerichts angeregt hat, nicht aber in jedem Fall selbst Fragen an die Sachverständige stellen wollte.
b) Ebenso ist das unter Ziff. 2 der Arbeitsplatzbeschreibung beschriebene “therapeutische Schwimmen” in erster Linie bewegungstherapeutische Behandlung und nicht Lehrtätigkeit. Zwar handelt es sich bei dieser Tätigkeit um eine besondere, auf Körperbehinderte abgestellte Methode, Schwimmen zu lernen, so daß insoweitauch Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden. Jedoch steht dabei der therapeutische Charakter deutlich im Vordergrund. Die Klägerin selbst bezeichnet den Unterricht als “therapeutisches Schwimmen”. Auch nach dem Gutachten ist Ziel dieser Maßnahmen in erster Linie die reaktive Gleichgewichtserhaltung, die kontrollierte Bewegungshemmung sowie die Bewegungsbahnung. Diese Methode wird deshalb nicht durch die nur mittelbar erfolgende Vermittlung von Fertigkeiten und Kenntnissen geprägt, sondern durch die therapeutische Behandlung des behinderungsbedingten Bewegungsdefizits. Allein daraus, daß für diese Methode eine besondere Qualifikation nachgewiesen werden muß, kann entgegen dem Gutachten aber noch nicht geschlossen werden, daß diese Tätigkeit eine Lehrtätigkeit darstellt.
c) Dagegen kann bei der unter Ziff. 3 der Arbeitsplatzbeschreibung erfaßten “Erteilung von Sportunterricht”, worunter die Klägerin offensichtlich das Erteilen von Sportunterricht im üblichen Sinne versteht, die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Vordergrund stehen. Ob dieser Tätigkeitsbereich als Lehrtätigkeit im tariflichen Sinne anzusehen ist, hängt aber außerdem davon ab, ob die Klägerin insoweit eigenverantwortlich tätig wird. Wird sie dagegen lediglich zur Unterstützung und unter Kontrolle der verantwortlichen Lehrkräfte tätig, wie das beklagte Land behauptet, liegen bloße Hilfstätigkeiten vor, die der Annahme einer Lehrtätigkeit entgegenstehen (vgl. BAG Urteil vom 15. Oktober 1987 – 6 AZR 531/85 – nicht veröffentlicht). Diese streitige Frage kann jedoch letztlich offen bleiben, da die Klägerin selbst bei Unterstellung einer insoweit eigenverantwortlichen Tätigkeit lediglich zu einem Anteil von 17,5 % ihrer Gesamtarbeitszeit als Lehrkraft tätig ist.
d) Die in der Arbeitsplatzbeschreibung unter den Nr. 4 bis 7 erfaßten Tätigkeiten sind reine Betreuungs- und Beaufsichtigungsaufgaben, die sich weder dem therapeutischen noch dem unterrichtlichen Bereich eindeutig zuordnen lassen. Die unter Ziff. 8 der Arbeitsplatzbeschreibung erfaßten Vor- und Nachbereitungstätigkeiten lassen sich schließlich allenfalls anteilig den jeweiligen Bereichen zuordnen. Die dort zusammengefaßten einzelnen Aufgaben haben im übrigen ebenfalls zum weit überwiegenden Teil deutlich therapeutischen Charakter bzw. stehen im Zusammenhang mit therapeutischen Aufgaben. Dies gilt beispielsweise für die Übernahme diagnostischer Aufgaben, die Durchführung motorischer Tests, die Auswertung ärztlicher Befunde und das Erstellen von individuell abgestimmten Förderprogrammen.
e) Damit ist die Klägerin allenfalls zu einem nicht überwiegenden Teil ihrer Gesamtarbeitszeit (Ziff. 3 – 7 der Arbeitsplatzbeschreibung) mit Aufgaben einer Lehrkraft befaßt.
Im übrigen entspricht die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit insgesamt völlig dem von ihr selbst geschilderten Berufsbild des Motopäden und nicht denen einer Sportlehrkraft. Allein aufgrund der Tatsache, daß die Tätigkeit an einer Sonderschule ausgeübt wird, kann sie deshalb nicht als Tätigkeit einer Lehrkraft angesehen werden. Dies hätte ansonsten zur Folge, daß sämtliche an Sonderschulen tätige Therapeuten automatisch als Lehrkräfte einzugruppieren wären.
f) Da die Klägerin somit nicht als Lehrkraft anzusehen ist, können die Eingruppierungserlasse für Lehrkräfte keine Anwendung finden. Die entsprechende Bezugnahme im Arbeitsvertrag vom 16. Mai 1979 ist damit gegenstandslos. Vielmehr gilt aufgrund der Bezugnahme im Arbeitsvertrag für die Vergütung der Klägerin die Vergütungsordnung des BAT.
5. Entgegen der Auffassung der Revision kann die Klägerin auch nicht Vergütung in Anwendung der Eingruppierungserlasse für Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis wegen Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verlangen. Nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ist es dem Arbeitgeber verwehrt, einzelne Arbeitnehmer oder einzelne Arbeitnehmergruppen von einer allgemein begünstigenden Regelung willkürlich, d. h. ohne Vorliegen sachlicher Gründe auszunehmen und schlechterzustellen (BAGE 39, 132, 135 = AP Nr. 51 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu 2 der Gründe; BAGE 35, 43 = AP Nr. 45 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Ein rechtserheblicher Verstoß gegen diesen Gleichbehandlungsgrundsatz liegt dann vor, wenn von einem Arbeitgeber gleichliegende Fälle aus unsachlichen oder sachfremden Gründen ungleich behandelt werden und deswegen eine willkürliche Ungleichbehandlung vorliegt (BAGE 39, 132 = AP, aaO; BAG Urteil vom 2. März 1988 – 4 AZR 600/87 – AP Nr. 9 zu § 1 TVG Tarifverträge: Banken, m.w.N.). Verstößt eine Vertragsbestimmung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, so ist sie nach § 134 BGB unwirksam und der übergangene Arbeitnehmer kann verlangen, nach Maßgabe der allgemeinen Regelung behandelt zu werden (BAGE 45, 76, 81 = AP Nr. 67 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu II 3b der Gründe; BAG Urteil vom 24. Januar 1990 – 4 AZR 525/89 – nicht veröffentlicht). Das Landesarbeitsgericht hat jedoch zutreffend ausgeführt, die Klägerin könne aus der vergütungsrechtlichen Behandlung von Gymnastiklehrerinnen an Grund- und Hauptschulen sowie der Eingruppierung einer Motopädin am Gymnasium des Blindenzentrums in Hannover keine Ansprüche herleiten, weil es insoweit bereits an der Vergleichbarkeit der dort ausgeübten Tätigkeiten mit der Tätigkeit an einer Sonderschule für Körperbehinderte fehle. Auch daraus, daß das beklagte Land an der Sonderschule für Körperbehinderte in O… alle übrigen Krankengymnasten, Beschäftigungstherapeuten und Sprachtherapeuten vergütungsrechtlich wie Lehrkräfte behandelt, ergibt sich keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Die Vergleichbarkeit dieser Fälle scheitert bereits daran, daß außer der Klägerin kein weiterer Motopäde an der Sonderschule tätig ist. Im übrigen hat die Klägerin nicht dargelegt, welche Tätigkeiten und in welchem Umfang ihre Kollegen im einzelnen ausüben, so daß auch insoweit ein Vergleich nicht möglich ist. Es ist durchaus denkbar, daß die entsprechenden Kollegen in größerem Umfang mit Lehrtätigkeiten befaßt sind als die Klägerin.
II.1. Da sich die Vergütung der Klägerin nach alledem nicht nach den Eingruppierungserlassen für Lehrkräfte, sondern nach der Vergütungsordnung zum BAT richtet, kommt es darauf an, ob zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals der von der Klägerin in Anspruch genommenen VergGr. Vb BAT erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabsatz 2 Satz 1 BAT). Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Danach ist unter einem Arbeitsvorgang eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen (vgl. BAGE 51, 59, 65 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975, zu 1 der Gründe, m.w.N.). Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit können dabei nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden (Senatsurteil vom 12. November 1986 – 4 AZR 718/85 – AP Nr. 129 zu §§ 22, 23 BAT 1975 m.w.N.).
2. Das Landesarbeitsgericht hat unter Zugrundelegung dieses Begriffes die unter Ziff. 1 bis 7 der Arbeitsplatzbeschreibung aufgeführten Tätigkeiten jeweils als einzelne Arbeitsvorgänge, die zu einem abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen, angesehen. Die in Ziff. 8 zusammengefaßten Tätigkeiten hat es als Zusammenhangstätigkeiten betrachtet, die es anteilmäßig den gebildeten therapeutischen und unterrichtlichen Arbeitsvorgängen zugerechnet hat. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. So fehlt es bereits an Ausführungen darüber, warum die in einem Arbeitsvorgang zusammengefaßten Tätigkeiten nach Ziff. 1 der Arbeitsplatzbeschreibung tatsächlich untrennbar sind und dem gleichen Arbeitsergebnis dienen. Zwar handelt es sich insoweit insgesamt um therapeutische Fördermaßnahmen. Doch läßt sich nicht erkennen, ob allen Tätigkeiten die gleiche Wertigkeit zukommt. Es fehlt auch an Ausführungen und Feststellungen darüber, in welchem Umfang die Klägerin selbständig tätig wird und in welchem Umfang sie mit anderen Therapeuten oder Lehrkräften zusammenarbeitet. Insoweit trägt die Klägerin selbst vor, sie werde teilweise allein, teilweise aber auch in Zusammenarbeit mit anderen tätig. Auch ist nicht ersichtlich, welche Tätigkeiten lediglich Zusammenhangstätigkeiten sind. Soweit das Landesarbeitsgericht die in Ziff. 8 der Arbeitsplatzbeschreibung aufgeführten Tätigkeiten als Zusammenhangstätigkeiten ansieht, spricht hierfür zwar gerade im Hinblick auf die dort genannten Vor- und Nachbereitungszeiten einiges. Ihre anteilige Zuordnung zu den therapeutischen und den unterrichtlichen Arbeitsvorgängen läßt sich jedoch nicht nachvollziehen und entspricht reinen Vermutungen. Es ist nämlich durchaus denkbar, daß z. B. auf den unterrichtlichen Teil höhere Vor- und Nachbereitungszeiten entfallen als auf die therapeutischen Aufgaben. Ferner steht auch der zeitliche Umfang der einzelnen Zusammenhangstätigkeiten nicht fest. Darüber hinaus finden sich in Ziff. 8 der Arbeitsplatzbeschreibung auch Tätigkeiten, die u. U. zu einem eigenen Arbeitsergebnis führen und deshalb nicht als Zusammenhangstätigkeiten angesehen werden können. Dies gilt beispielsweise für die Mitwirkung bei Schulveranstaltungen. Das Landesarbeitsgericht hat sich ohne nähere Begründung und ohne Stellungnahme zur Wertigkeit und Abgrenzbarkeit der einzelnen Tätigkeiten der Arbeitsplatzbeschreibung der Klägerin angeschlossen und die dort aufgeführten einzelnen Tätigkeiten jeweils als Arbeitsvorgänge bzw. Zusammenhangstätigkeiten angesehen.
3. Der Senat hat zwar als Revisionsgericht in allen Eingruppierungsprozessen die rechtliche Möglichkeit, die Arbeitsvorgänge selbst zu bestimmen (Senatsurteile vom 12. November 1986 – 4 AZR 718/85 – AP, aaO, m.w.N.; vom 18. Mai 1983 – 4 AZR 539/80 – AP Nr. 74 zu §§ 22, 23 BAT 1975 m.w.N.). Diese Möglichkeit besteht jedoch vorliegend nicht, da es hierfür an entsprechenden Tatsachenfeststellungen und Anhaltspunkten zur Bestimmung der Arbeitsvorgänge der Klägerin fehlt. Gleichwohl bedarf es deswegen nicht der Zurückverweisung, da sich das angefochtene Urteil aus anderen Gründen als richtig erweist. Das Landesarbeitsgericht hat nämlich rechtsfehlerfrei angenommen, die gesamte therapeutische Tätigkeit der Klägerin entspreche nicht den Merkmalen der VergGr. Vb Fallgruppe 17 des Teils II D der Anlage 1a zum BAT. Damit kommt es auf den Zuschnitt der Arbeitsvorgänge nicht an.
Tätigkeitsmerkmale für Motopädie/Bewegungstherapie sind in den Anlagen 1a und 1b zum BAT nicht enthalten. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht auch die Anwendbarkeit der allgemeinen tariflichen Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst abgelehnt. Zwar haben diese allgemeinen tariflichen Tätigkeitsmerkmale nach dem Willen der Tarifvertragsparteien eine Auffangfunktion und können deshalb beim Fehlen spezieller Tätigkeitsmerkmale für die zu bewertende Tätigkeit auch für solche Aufgaben herangezogen werden, die nicht zu den eigentlichen behördlichen bzw. herkömmlichen Verwaltungsaufgaben im engeren Sinne zählen (Senatsurteil vom 14. August 1985 – 4 AZR 322/84 – AP Nr. 105 zu §§ 22, 23 BAT 1975 m.w.N.). Diese Möglichkeit besteht jedoch nur, wenn die betreffende Tätigkeit trotz ihrer Spezialität noch einen unmittelbaren Bezug zu den eigentlichen allgemeinen Verwaltungsaufgaben hat (vgl. Senatsurteil vom 14. August 1985, aaO). Aufgrund ihres therapeutischen Charakters sowie der schulbezogenen Ausrichtung der Tätigkeit der Klägerin hat diese aber keinerlei Bezug mehr zum allgemeinen Verwaltungsdienst, so daß die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale keine Anwendung finden können (vgl. für Erzieher: Senatsurteil vom 18. Mai 1983 – 4 AZR 539/80 – AP, aaO).
4.a) Zur Ausfüllung dieser Regelungslücke hat das Landesarbeitsgericht zutreffend die Tätigkeitsmerkmale für Krankengymnasten entsprechend herangezogen. Die Tätigkeit als Motopäde ist der Tätigkeit eines Krankengymnasten durchaus vergleichbar. In beiden Berufsbildern steht die therapeutische Behandlung des Bewegungsapparates durch sportliche bzw. gymnastische Übungen im Vordergrund. Ein typisches Arbeitsfeld sowohl des Krankengymnasten als auch des Motopäden ist die therapeutische Behandlung Körperbehinderter. Beide Berufsgruppen können auch gleichermaßen in Sonderschulen für Körperbehinderte eingesetzt werden (der Gruppenausschuß der VKA für Kranken- und Pflegeanstalten hat deshalb in seiner Sitzung vom 28. April 1989 seine Auffassung bestätigt, daß Motopäden/Mototherapeuten nach den Tätigkeitsmerkmalen für Krankengymnasten einzugruppieren seien – vgl. Böhm/Spiertz/Sponer/ Steinherr, BAT, Stand Dezember 1990, Anlage 1a Teil II, Abschnitt D, Rz 286). Es ist allerdings nicht zu verkennen, daß es angesichts der unterschiedlichen Ausbildung zweckmäßig wäre, wenn es für Motopäden ebenso wie für Logopäden etc. spezielle Tätigkeitsmerkmale gäbe. Solche Tätigkeitsmerkmale zu schaffen ist aber allein Aufgabe der Tarifvertragsparteien. Den Arbeitsgerichten ist dies wegen des damit verbundenen Eingriffs in die Tarifautonomie versagt.
b) Danach sind für die Eingruppierung der Klägerin folgende Tätigkeitsmerkmale des Teils II D der Anlage 1a zum BAT heranzuziehen:
VergGr. Vb Fallgruppe 17:
Krankengymnasten in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 16 oder 18 nach dreijähriger Bewährung in einer dieser Tätigkeiten.
VergGr. Vc Fallgruppe 16:
Krankengymnasten mit entsprechender Tätigkeit nach sechsmonatiger Berufsausübung nach erlangter staatlicher Erlaubnis, die überwiegend schwierige Aufgaben im Sinne der Vergütungsgruppe VIb Fallgruppe 19 erfüllen.
VergGr. VIb Fallgruppe 19:
Krankengymnasten mit entsprechender Tätigkeit, die in nicht unerheblichem Umfang schwierige Aufgaben erfüllen. (Schwierige Aufgaben sind z. B. Krankengymnastik nach Lungen- oder Herzoperationen, nach Herzinfarkten, bei Querschnittlähmungen, in Kinderlähmungsfällen, mit spastisch Gelähmten, in Fällen von Dysmelien, nach Verbrennungen, in der Psychiatrie oder Geriatrie, nach Einsatz von Endoprothesen).
VergGr. VIb Fallgruppe 20
Krankengymnasten mit entsprechender Tätigkeit nach sechsmonatiger Berufsausübung nach erlangter staatlicher Erlaubnis.
Diese Fallgruppen bauen unmittelbar aufeinander auf, so daß eine Vergütung der Klägerin nach VergGr. Vb BAT nur in Betracht kommt, wenn eine Tätigkeit vorliegt, die in nicht unerheblichem Umfang schwierige Aufgaben zum Gegenstand hat. Im Klammerzusatz zur VergGr. VIb Fallgruppe 19, auf die die VergGr. Vb Fallgruppe 17 über die VergGr. Vc Fallgruppe 16 aufbaut, sind beispielhaft einige schwierige Aufgaben aufgezählt, die jedoch nicht abschließend sind. Die Schwierigkeit anderer Aufgaben kann allerdings nur in Anlehnung an die in den Regelbeispielen zum Ausdruck kommenden Wertungen beurteilt werden. Allen Beispielen ist gemeinsam, daß sie auf die Schwere der zu therapierenden Fälle abstellen. Da beispielhaft auch Krankengymnastik bei Querschnittslähmungen, in Kinderlähmungsfällen sowie mit spastisch Gelähmten genannt wird, liegt der Schluß nahe, daß die von der Klägerin an einer Schule für Körperbehinderte ausgeübte Mototherapie ebenfalls als schwierige Tätigkeit im Tarifsinne angesehen werden kann.
Für eine abschließende Bewertung fehlt es jedoch an einem entsprechenden Vortrag der Klägerin hinsichtlich Art und Schwere der Behinderung der von ihr zu behandelnden Kinder. Für die Erfüllung tariflicher Tätigkeitsmerkmale unter Einschluß der dazu vorgesehenen Qualifizierungen ist die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig. Soweit die Klägerin diesbezüglich eine Verletzung der §§ 139 und 278 Abs. 3 ZPO wegen fehlenden Hinweises durch das Landesarbeitsgericht rügt, ist diese Verfahrensrüge unzulässig. Wird eine Verletzung des § 139 ZPO gerügt, muß im einzelnen vorgetragen werden, was der Revisionskläger auf einen entsprechenden Hinweis des Gerichts vorgetragen hätte (vgl. BAG Urteil vom 23. Februar 1962 – 1 AZR 49/61 – AP Nr. 8 zu § 322 ZPO). Die Revision trägt insoweit jedoch nur vor, sie hätte bei entsprechendem Hinweis des Landesarbeitsgerichts auf die Anwendbarkeit der für Krankengymnasten geltenden Tätigkeitsmerkmale vorgetragen, die jedenfalls teilweise von ihr ausgeübte Unterrichtung behinderter Schüler stelle eine zusätzliche und anspruchsvollere Tätigkeit und damit eine schwierige Aufgabe i. S. der Tarifnorm dar. Hierbei handelt es sich lediglich um eine rechtliche Würdigung des Begriffs der “schwierigen Aufgaben” und eine Subsumtion der bereits vorgetragenen Tatsachen unter diesen Begriff. Tatsachen, die auf Art und Schwere der von der Klägerin zu therapierenden Fälle hindeuten, hat die Revision dagegen nicht vorgetragen.
Die Erfüllung unterrichtlicher Aufgaben vermag darüber hinaus das Vorliegen schwieriger Aufgaben i. S. des Tarifvertrages nicht zu begründen. Hierfür ergeben sich aus den in der Fallgruppe 17 genannten Beispielen, die alle auf Art und Schwere der zu behandelnden Krankheit abstellen, keine Anhaltspunkte.
III. Aus den gleichen Gründen hat die Klägerin auch für den Klagezeitraum ab 1. Januar 1986 keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. Vb BAT. Unabhängig davon, daß in dem Änderungsvertrag vom 11. Dezember 1985 die Geltung der Eingruppierungserlasse für Lehrkräfte ohnehin nicht vereinbart wurde, scheidet deren Geltung schon deshalb aus, weil die Klägerin – wie dargelegt – keine Lehrkraft im tariflichen Sinne ist. Tarifliche Ansprüche bestehen aus den zuvor dargelegten Gründen ebenfalls nicht.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schaub, Dr. Etzel, Schneider, Wehner, Dr. Knapp
Fundstellen