Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Änderungskündigung. Auflösungsantrag des Arbeitnehmers
Leitsatz (redaktionell)
Unternehmerentscheidung betr. Urlaubs- und Krankheitsvertretung; nicht vollständig ausgefüllte Ausgleichsquittung
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 1, 2 S. 1, §§ 9-10; ZPO § 554 Abs. 3, §§ 556, 561
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 26. September 1996 – 8 Sa 162/96 – im Kostenausspruch aufgehoben.
2. Im übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.
3. Die Anschlußrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 1/8 und die Beklagte zu 7/8.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die am 18. Oktober 1956 geborene, ledige Klägerin war seit dem 1. August 1971 bei der Beklagten, die regelmäßig ca. 10 Arbeitnehmer beschäftigte, im Bereich Einkauf/Verkauf/Rechnungs- und Auftragswesen (allg. Verwaltung) als vollzeitbeschäftigte Sachbearbeiterin tätig, zuletzt zu einem monatlichen Bruttogehalt in Höhe von 3.750,– DM. Neben ihr war im Bereich der allgemeinen Verwaltung eine weitere Sachbearbeiterin, Frau D., als Vollzeitkraft beschäftigt. Im Bereich „Buchhaltung” beschäftigte die Beklagte Frau F. und die Ehefrau des Geschäftsführers, Frau K., als Halbtagskräfte. Unter Hinweis auf einen behaupteten rückläufigen Arbeitsanfall trat die Beklagte im Herbst 1995 an die Klägerin und Frau D. mit dem Anliegen heran, künftig nur noch halbtags tätig zu sein. Weder die Klägerin noch Frau D. waren hiermit einverstanden. Frau D. schied hierauf zum 30. September 1995 aus, ohne daß für sie eine Ersatzkraft eingestellt wurde.
Nach einer ärztlichen Bescheinigung war die Klägerin in der Zeit vom 18. September bis 4. Oktober 1995 arbeitsunfähig krank, trotzdem erschien sie am 18. September 1995 im Betrieb und arbeitete entsprechend einer an diesem Tag mit dem Leiter des Bereichs Einkauf/Verkauf, Herrn S., getroffenen Vereinbarung bis zum 22. September 1995 jeweils vormittags für mehrere Stunden im Betrieb. Mit einem am 25. September 1995 bei der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) eingegangenen Schreiben beantragte die Beklagte die Untersuchung der Klägerin durch den medizinischen Dienst mit der Begründung, es bestehe der dringende Verdacht, daß die Klägerin nicht krank sei, da sie in der letzten Woche mehrmals in der Firma gewesen sei und keinen kranken Eindruck gemacht habe. Nach einer Untersuchung der Klägerin am 26. September 1995 bescheinigte der Medizinische Dienst der Klägerin eine Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich zum 27. September 1995.
Mit Schreiben vom 28. September 1995 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß ihre Arbeitszeit aus wirtschaftlichen Gründen ab dem 1. April 1996 auf halbe Tage gekürzt werde. Nachdem die Klägerin dieses Schreiben zunächst als Kündigung angegriffen hat, haben die Parteien zweitinstanzlich klargestellt, daß dem Schreiben keine Kündigungswirkung beikommt.
Mit weiterem Schreiben vom 20. Oktober 1995 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30. April 1996 und bot der Klägerin zugleich die Fortführung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. Mai 1996 mit einer Arbeitszeit von 20 Stunden/Woche an. Die Klägerin lehnte das Änderungsangebot ab und hat sich mit der vorliegenden Klage (Klageerweiterung vom 26. Oktober 1995) gegen die Kündigung gewandt.
Nachdem die Klägerin am 15. November 1995 im Betrieb einen Weinkrampf erlitten hatte, bescheinigte der behandelnde Arzt ihr ab dem 15. November 1995 erneut eine bestehende Arbeitsunfähigkeit. Daraufhin beantragte die Beklagte am 16. November 1995 bei der DAK die Untersuchung der Klägerin durch den medizinischen Dienst mit der Begründung, es bestehe der dringende Verdacht, die Klägerin sei nicht krank. Diesen Verdacht wiederholte sie in einem weiteren Schreiben mit Datum vom 24. November 1995. Mit Schreiben vom 29. November 1995 wandte sich die Beklagte an den behandelnden Arzt der Klägerin, schilderte den Kündigungssachverhalt und zog die Berechtigung der Krankschreibung in Zweifel.
Mit Schriftsatz vom 27. November 1995 ließ die Klägerin durch ihren damaligen Prozeßbevollmächtigten vortragen, „es mag sein, daß Frau K. aus steuerrechtlichen Gründen schon seit etwa 10 Jahren bei der Beklagten als Mitarbeiterin geführt wird, tatsächlich tätig ist sie jedoch erst seit vier bis fünf Jahren”.
Nachdem die Klägerin nach Ende der Arbeitsunfähigkeit am 29. Februar 1996 im März 1996 ihre Arbeit im Betrieb der Beklagten wieder aufgenommen hatte, teilte die Beklagte ihr mit Schreiben vom 29. März 1996 mit, der 29. März 1996 sei ihr letzter Arbeitstag; die Kündigungsfrist sei abgelaufen; ihre Arbeitsunterlagen lägen am 3. April 1996 zur Abholung bereit. Die Klägerin erschien daraufhin am genannten Tag im Betrieb der Beklagten, wo ihr die Arbeitsbescheinigung zur Vorlage beim Arbeitsamt ausgehändigt wurde. Gleichzeitig wurde ihr von Frau F. ein mit „Empfangsbestätigung und Ausgleichsquittung” überschriebenes Formblatt mit Datum vom 29. März 1996 zur Unterschrift vorgelegt, das die Klägerin unterzeichnete. Das Formblatt hat folgenden Wortlaut:
„Ich bescheinige,
- alle Arbeitspapiere einschließlich Lohnabrechnung, Urlaubsbescheinigung, Arbeitsbescheinigung für das Arbeitsamt und – auf Wunsch – ein auf Führung und Leistung ausgedehntes Zeugnis ordnungsgemäß ausgefüllt und unterschrieben empfangen sowie
- meine restlichen Bezüge in Höhe von DM … erhalten zu haben.
- Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, daß das Vertragsverhältnis am … endet. Ich bestätige, daß keine Tatsachen vorliegen, aus denen ich im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis und seine Beendigung Ansprüche oder Rechte irgendwelcher Art aus Gesetz, Tarifverträgen oder dem Arbeitsvertrag, insbesondere auch auf Urlaub und Zeugnis, herleiten kann, so daß ich keinerlei weitere Forderungen mehr an die Firma habe, und weshalb ich auf das Recht verzichte, das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses geltend zu machen.”
Die Klägerin hat geltend gemacht, schon wegen der unvollständigen Ausfüllung des Formblattes komme diesem kein Erklärungsgehalt zu. Keinesfalls habe sie durch die Unterzeichnung auf ihr Recht verzichtet, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses aufgrund der bereits im Oktober 1995 erweiterten Klage geltend zu machen.
Desweiteren hat die Klägerin vorgetragen, es könne keine Rede davon sein, daß zur Erledigung der allgemeinen Büroarbeiten (Sachbearbeitung) anstelle von zwei Vollzeitkräften nur noch eine Mitarbeiterin erforderlich sei. Erst recht sei die Arbeitsmenge nicht um 75 % zurückgegangen. Vielmehr sei noch im Zeitpunkt des Ausscheidens von Frau D. Arbeit für zwei Vollzeitkräfte vorhanden gewesen. Zudem sei sie (die Klägerin) nicht nur in den Bereichen tätig gewesen, in denen angeblich ein Arbeitsrückgang zu verzeichnen gewesen sei. Sie habe auch die Lagereinteilung vorgenommen und in diesem Rahmen die Fahrer für die Lastkraftwagen eingeteilt. Diese Tätigkeit falle nach wie vor in gleichem Umfang an. Jedenfalls sei dem Anliegen der Beklagten, die Arbeitszeit der Sachbearbeiterinnen von 16 auf 8 Stunden pro Tag zu reduzieren, mit dem Ausscheiden von Frau D. ausreichend Rechnung getragen. Soweit die Beklagte ihre Entscheidung, den Arbeitsplatz der Sachbearbeiterinnen auf zwei Halbtagsstellen aufzuteilen, mit der Möglichkeit wechselseitiger Vertretung begründen wolle, rechtfertige dies nicht die ausgesprochene Änderungskündigung, da die Vertretung auch durch die Kräfte in der Buchhaltung erfolgen könne, wie dies – unstreitig – während ihrer Arbeitsunfähigkeit geschehen sei.
In Wahrheit handele es sich bei der ausgesprochenen Änderungskündigung nicht um eine betrieblich erforderliche Maßnahme, sondern um eine Reaktion der Beklagten auf eine vorausgehende Auseinandersetzung im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung seit dem 18. September 1995. Nachdem die Beklagte diesen Konflikt in die Belegschaft hineingetragen und mit Schreiben an den medizinischen Dienst der Krankenkasse und an den behandelnden Arzt persönlich die Berechtigung der Krankschreibung grundlos in Zweifel gezogen habe, sei ihr – der Klägerin – die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar.
Die Klägerin hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, beantragt,
- festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 20. Oktober 1995 nicht beendet worden ist;
- das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 30. April 1996 aufzulösen und an sie eine Abfindung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die aber mindestens 40.000,– DM betragen sollte.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, die Klägerin habe durch die Unterzeichnung der Ausgleichsquittung bestätigt, daß das Arbeitsverhältnis am 31. März 1996 sein Ende gefunden habe. Zur Rechtfertigung der Kündigung hat sie vorgetragen, zum Zeitpunkt der Kündigung sei sie davon ausgegangen, daß im Bereich der allgemeinen Verwaltung nur noch Arbeit für eine Vollzeitkraft vorhanden sei. Um auch in Urlaubs- und Krankheitsfällen eine kontinuierliche Besetzung der Stelle zu gewährleisten, habe sie sich entschlossen, beiden bislang als Vollzeitkräften tätigen Sachbearbeiterinnen eine Halbtagsbeschäftigung anzubieten. Die Gewährleistung einer Urlaubs- und Krankheitsvertretung habe es trotz Ausscheidens von Frau D. erfordert, gegenüber der Klägerin eine Änderungskündigung auszusprechen. Es sei beabsichtigt gewesen, eine weitere Halbtagskraft einzustellen. Zwar habe sich während der Zeit der Erkrankung der Klägerin vom 18. September bis 4. Oktober 1995 gezeigt, daß eine Krankheitsvertretung problemlos durch die Buchhaltungskräfte möglich sei. Dies sei jedoch auf die schlechte Konjunktur zurückzuführen. Bei einem Anziehen der Konjunktur sei mit einer vollen Auslastung der Buchhaltungskräfte zu rechnen. Damit entfalle die Möglichkeit, den Ausfall einer Vollzeitsachbearbeiterin durch die Buchhaltung abzudecken. Im übrigen habe sich gezeigt, daß bereits im Kündigungszeitpunkt der achtstündige Arbeitsbedarf im Bereich der allgemeinen Verwaltung nicht vorgelegen habe, sondern daß zur Bewältigung der anfallenden Arbeit die Beschäftigung einer einzigen Halbtagskraft ausreichend gewesen sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. Dezember 1995 abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 20. Oktober 1995 nicht beendet worden ist, das Arbeitsverhältnis auf Antrag der Klägerin zum 30. April 1996 aufgelöst und die Beklagte zur Zahlung einer Abfindung in Höhe von 22.500,– DM verurteilt. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klägerin begehrt mit ihrer Anschlußrevision die Erhöhung der von der Beklagten zu zahlenden Abfindung auf 40.000,– DM.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten führt zur Änderung der Kostenentscheidung. Im übrigen sind Revision und Anschlußrevision zwar zulässig, aber in der Sache unbegründet.
I. Sowohl die Revision der Beklagten als auch die Anschlußrevision der Klägerin sind zulässig.
1. Zu Unrecht rügt die Klägerin, die Revisionsbegründung der Beklagten genüge nicht den Anforderungen des § 554 Abs. 3 ZPO. Zwar benennt die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung nicht konkret unter Angabe der Paragraphenziffer und des Gesetzes die ihrer Ansicht nach durch das Berufungsurteil verletzte Rechtsnorm. Dies ist entgegen der Ansicht der Klägerin jedoch nicht erforderlich. Es genügt, wenn die Richtung des Revisionsangriffs erkennbar ist (vgl. BAG Urteil vom 29. Juni 1954 – 2 AZR 13/53 – BAGE 1, 36, 38 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Gratifikation, zu I der Gründe; BAG Urteil vom 16. Januar 1997 – 2 AZR 35/96 – AP Nr. 14 zu § 779 BGB, zu II 1 der Gründe; BGH Urteil vom 19. Oktober 1989 – I ZR 22/88 – NJW-RR 1990, 480, 481; Zöller/Gummer, ZPO, 20. Aufl., § 554 Rz 12). Das ist hier der Fall. Die Revisionsbegründung setzt sich hinreichend deutlich mit der vom Landesarbeitsgericht problematisierten Frage auseinander, ob es sich bei der Reduzierung der Arbeitszeit der Klägerin auf vier Stunden täglich um eine unternehmerische Organisationsentscheidung handelt und ob diese die Änderungskündigung dringend erforderlich macht. Damit rügt sie erkennbar eine Verletzung des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG.
2. Auch die Revision der Klägerin ist als unselbständige Anschlußrevision gemäß § 556 ZPO statthaft und zulässig.
II. In der Sache selbst hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Klägerin habe ihr Recht, gegen die Kündigung vom 20. Oktober 1995 vorzugehen, nicht durch die Unterzeichnung der Ausgleichsquittung verloren. Da das Formular an den dafür vorgesehenen Stellen nicht ausgefüllt worden sei, liege eine rechtsgeschäftlich bindende Erklärung nur hinsichtlich der Teile des Formulars vor, welche nicht vervollständigt werden mußten, d.h. nur hinsichtlich der Bescheinigung des Erhalts der Arbeitspapiere.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die Kündigung der Beklagten vom 20. Oktober 1995 nicht aufgelöst worden. Zwar habe sich der Arbeitskräftebedarf im Verwaltungsbereich von 16 Stunden täglich auf 8 Stunden reduziert. Für eine Reduzierung der Arbeitszeit der Klägerin auf vier Stunden täglich bestehe jedoch kein dringendes betriebliches Erfordernis. Eine entsprechende Reduzierung der Arbeitsmenge habe die Beklagte nicht nachvollziehbar dargelegt. Sie könne die Reduzierung der Arbeitszeit der Klägerin auch nicht auf eine unternehmerische Organisationsentscheidung stützen. Gegenstand der von der Beklagten getroffenen Organisationsentscheidung sei nicht eine einzelarbeitsplatzbezogene, von den übrigen betrieblichen Gegebenheiten unabhängig ausgestaltete Vertretungsregelung. Der Inhalt der unternehmerischen Entscheidung der Beklagten beschränke sich vielmehr darauf, im Abwesenheitsfall die im Büro anfallende Arbeit nicht unerledigt zu lassen, sondern eine Vertretung sicherzustellen. Die Urlaubs- und Krankheitsvertretung im Büro sei jedoch auch ohne den Ausspruch der Änderungskündigung gewährleistet gewesen, so daß die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zeitpunkt der Kündigung zur Umsetzung der betriebsorganisatorischen Vorgaben nicht „dringend” erforderlich gewesen sei. Die Beklagte habe keine konkreten Umstände dafür vorgetragen, warum sie bei Ausspruch der Kündigung habe davon ausgehen dürfen, im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung werde eine weitere Vertretung der Klägerin durch die Buchhaltungskräfte nicht mehr möglich sein.
Auf Antrag der Klägerin sei das Arbeitsverhältnis aufzulösen, da ihr eine Fortsetzung desselben unzumutbar geworden sei, nachdem sich die Beklagte, ohne hierzu berechtigt zu sein, im Zuge des Kündigungsschutzprozesses an den behandelnden Arzt der Klägerin gewandt und Zweifel an der Berechtigung der Krankschreibung geäußert habe. Hierin liege ein grober Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin.
III. Dem folgt der Senat sowohl im Ergebnis als auch in den wesentlichen Teilen der Begründung.
1. Die Klägerin hat durch die Unterzeichnung der Ausgleichsquittung nicht auf ihr Recht verzichtet, den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses geltend zu machen.
a) Die in der Ausgleichsquittung enthaltenen Erklärungen der Klägerin sind in der Revisionsinstanz in vollem Umfange nachprüfbar. Die Parteien haben für die Ausgleichsquittung ein vorgedrucktes Formular verwandt, das nicht nur für das Arbeitsverhältnis der Klägerin gelten sollte, sondern das weit verbreitet und daher als „typischer Vertrag” anzusehen ist. Als solcher unterliegt er aber der unbeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (BAG Urteil vom 3. Mai 1979 – 2 AZR 679/77 – BAGE 32, 6, 9 = AP Nr. 6 zu § 4 KSchG 1969, zu II 1 der Gründe, m.w.N.).
b) Aus der Ausgleichsquittung ergibt sich nicht, daß die Klägerin von der Weiterverfolgung ihrer Klageerweiterung absehen, daß sie diese etwa zurücknehmen und damit auf den Kündigungsschutz verzichten wollte. Ein derartiger Verzicht muß aus Gründen der Rechtsklarheit in der Urkunde selbst unmißverständlich zum Ausdruck kommen (BAG, aaO, zu II 2 b der Gründe). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, geht aus der Tatsache, daß das Formular an den dafür vorgesehenen Stellen nicht ausgefüllt worden ist, hervor, daß die Klägerin insoweit keine Erklärung abgeben wollte. Ohne die Einfügung eines Beendigungstermins unter Ziff. 2 kann von einer Einigung über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht ausgegangen werden. Fehlt aber eine Einigung über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, so kann nicht ohne weiteres angenommen werden, daß die Klägerin gleichwohl die in Satz 2 der Ziff. 2 enthaltene Verzichtserklärung abgeben wollte, zumal die Klägerin mit der Einlegung der Berufung gegen das arbeitsgerichtliche Urteil deutlich zu erkennen gegeben hatte, daß sie nicht bereit war, ohne finanziellen Ausgleich das Arbeitsverhältnis zu beenden. Unter diesen Umständen hätte es weiterer Anhaltspunkte dafür bedurft, daß die Klägerin über die Bescheinigung des Empfangs ihrer Arbeitspapiere hinaus weitere Erklärungen abgeben wollte. Solche Anhaltspunkte hat die Beklagte nicht vorgetragen.
2. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 20. Oktober 1995 nicht aufgelöst worden. Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam (§ 1 Abs. 1 KSchG). Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.
a) Die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Frage der sozialen Rechtfertigung ist im Revisionsverfahren nur beschränkt nachprüfbar. Bei der Frage der sozialen Rechtfertigung handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs. Diese kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das angefochtene Urteil den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es bei der gebotenen Interessenabwägung, bei der dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zusteht, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt hat und ob die Entscheidung in sich widerspruchsfrei ist (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. z.B. BAG Urteil vom 30. Oktober 1987 – 7 AZR 659/86 – RzK I 7 a Nr. 8; BAG Urteil vom 7. März 1996 – 2 AZR 180/95 – AP Nr. 76 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 1 der Gründe). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die angefochtene Entscheidung stand.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen, ob dringende betriebliche Erfordernisse gemäß § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen und ob sich der Arbeitgeber bei einem an sich anerkennenswerten Anlaß darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muß (vgl. z.B. BAG Urteil vom 18. Oktober 1984 – 2 AZR 543/83 – BAGE 47, 80, 88 = AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu B I der Gründe; BAG Urteil vom 18. Januar 1990 – 2 AZR 183/89 – BAGE 64, 24, 28 = AP Nr. 27 zu § 2 KSchG 1969, zu I 1 b der Gründe; BAG Urteil vom 19. Mai 1993 – 2 AZR 584/92 – BAGE 73, 151, 157 = AP Nr. 31 zu § 2 KSchG 1969, zu II 1 der Gründe).
Eine Änderungskündigung wird durch betriebliche Erfordernisse bedingt, wenn eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu unveränderten Bedingungen aufgrund innerbetrieblicher Umstände (Unternehmerentscheidungen wie Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einstellung der Produktion) oder außerbetrieblicher Gründe (z.B. Auftragsmangel, Umsatzrückgang) nicht mehr möglich ist (vgl. BAG Urteil vom 7. März 1996 – 2 AZR 180/95 – aaO). Eine unternehmerische Entscheidung ist selbst nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung und ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BAG Urteil vom 7. Dezember 1978 – 2 AZR 155/77 – BAGE 31, 157, 162 = AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 1 b der Gründe). „Dringend” ist die beabsichtigte Änderung der Arbeitsbedingungen nur dann, wenn sie in Anbetracht der betrieblichen Situation unvermeidbar ist. Für den Arbeitgeber darf nicht die Möglichkeit bestehen, durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet der betrieblichen Lage Rechnung zu tragen (vgl. BAG Urteil vom 20. Februar 1988 – 2 AZR 212/85 – AP Nr. 11 zu § 1 KSchG 1969, zu B II 1 der Gründe, m.w.N.).
b) Nach diesen Grundsätzen erweist sich die ausgesprochene Kündigung als sozial nicht gerechtfertigt.
aa) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, daß die Reduzierung der Arbeitszeit der Klägerin auf vier Stunden täglich nicht durch Arbeitsmangel gerechtfertigt ist. Nach ihrem eigenen Vorbringen ging die Beklagte im Zeitpunkt der Kündigung davon aus, daß im Bereich der allgemeinen Verwaltung Arbeit für eine Vollzeitkraft vorhanden sei und daß dies auch über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus der Fall sein werde. Daß sich diese Prognose in der Folgezeit möglicherweise als falsch herausgestellt hat, ist für die Wirksamkeit der Kündigung ohne Bedeutung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der sozialen Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung ist grundsätzlich der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung. Künftige Entwicklungen können nur berücksichtigt werden, wenn sie im Kündigungszeitpunkt bereits greifbare Formen angenommen haben, d.h. wenn aufgrund einer vernünftigen, betriebswirtschaftlichen Betrachtung davon auszugehen ist, daß mit Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers ganz oder teilweise entbehrlich sein wird (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BAG Urteil vom 10. Januar 1994 – 2 AZR 489/93 – AP Nr. 8 zu § 1 KSchG 1969 Konzern, zu B III 2 a der Gründe, m.w.N.). Wie bereits ausgeführt, ging die Beklagte im Kündigungszeitpunkt jedoch gerade nicht von einer weiteren Reduzierung der Arbeitsmenge zum Ablauf der Kündigungsfrist aus.
bb) Einer unveränderten Weiterbeschäftigung der Klägerin steht entgegen der Ansicht der Revision auch nicht eine aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung geänderte Arbeitsorganisation entgegen.
Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß die Beklagte eine unternehmerische Entscheidung dahingehend getroffen hat, daß im Abwesenheitsfall die im Büro anfallende Arbeit nicht unerledigt bleiben soll, sondern durch eine Vertretung erledigt wird. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte kein Konzept für eine Arbeitsplatzbesetzung entwickelt, welches losgelöst von anderweitigen Vertretungsmöglichkeiten eine abteilungsinterne Vertretung vorschreibt. An diese Feststellungen ist der Senat gemäß § 561 ZPO gebunden, da sie von der Beklagten nicht mit einer zulässigen Revisionsrüge angegriffen worden sind. Soweit die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung vorträgt, ihre unternehmerische Entscheidung bestehe darin, die Aufgaben in jeder Abteilung durch je zwei Mitarbeiter erledigen zu lassen, die sich gegenseitig vertreten, handelt es sich um in der Revisionsinstanz nicht mehr zu verwertenden neuen Sachvortrag und die Beklagte setzt lediglich ihre Sichtweise an die Stelle der Bewertung des Landesarbeitsgerichts, ohne einen konkreten Rechtsverstoß aufzuzeigen.
Beschränkt sich somit die von der Beklagten getroffene unternehmerische Entscheidung darauf, eine Urlaubs- und Krankheitsvertretung für den Bereich der allgemeinen Verwaltung zu gewährleisten, ist es nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht die von der Beklagten beabsichtigte Änderung der Arbeitsbedingungen der Klägerin nicht als „dringend” angesehen hat.
Die Beklagte konnte die Vertretung für den Bereich der allgemeinen Verwaltung auch durch eine andere Maßnahme als die Änderungskündigung sicherstellen. Eine Vertretung der Klägerin durch die Buchhaltungskräfte Frau F. und Frau K. hatte sich bereits vor Ausspruch der Kündigung als möglich und ausreichend erwiesen. Wie die Beklagte selbst vorgetragen hat, waren die anfallenden Verwaltungsarbeiten während der Krankheitszeit der Klägerin vom 18. September bis 4. Oktober 1995 durch die Buchhaltungskräfte leichterdings zu erledigen. Zudem verweist das Landesarbeitsgericht zu Recht auf die von der Beklagten vorgelegte Aufstellung über den zeitlichen Einsatz der beschäftigten Arbeitnehmer, aus der sich ergibt, daß die mit einer Arbeitszeit von fünf Stunden täglich eingeplanten Buchhaltungskräfte schon seit Anfang 1995 nur mit zwei bis drei Stunden täglich ausgelastet waren. Soweit die Beklagte nunmehr geltend macht, die Arbeitskräfte aus der Buchhaltung seien für die Tätigkeiten in der allgemeinen Verwaltung „minderbefähigt”, handelt es sich wiederum um revisionsrechtlich unbeachtlichen neuen Sachvortrag.
Das Bestehen einer Vertretungsmöglichkeit zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung hinderte die Beklagte nicht daran, mit der Kündigung geänderten Umständen nach Ablauf der Kündigungsfrist Rechnung zu tragen. Auch dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Wie bereits oben ausgeführt, können auch künftige Entwicklungen zur Rechtfertigung einer Kündigung herangezogen werden. Das Kündigungsschutzgesetz hindert den Unternehmer nicht, vorausschauend zu planen und frühzeitig auf künftige Entwicklungen zu reagieren. Das grundgesetzlich geschützte Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers gebietet es jedoch, einen angemessenen Ausgleich zwischen der unternehmerischen Freiheit und dem Schutz des Arbeitsverhältnisses herzustellen. Dies erfordert, daß eine in der Zukunft liegende Änderung der Umstände eine Kündigung nur dann rechtfertigen kann, wenn bei einer vernünftigen, betriebswirtschaftlichen Betrachtung im Kündigungszeitpunkt davon auszugehen ist, daß die Änderung der Umstände mit Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist eingetreten sein wird. Die tatsächlichen Grundlagen für die getroffene Prognoseentscheidung muß der Arbeitgeber dem Gericht nachvollziehbar darlegen. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist es dann Aufgabe des Gerichts, zu prüfen, ob im Zeitpunkt der Kündigung tatsächlich objektive Anhaltspunkte vorgelegen haben, die die Prognose des Arbeitgebers rechtfertigten.
Die Beklagte hat keine konkreten Tatsachen vorgetragen, die im Kündigungszeitpunkt die Prognose rechtfertigten, ab dem 1. Mai 1996 werde eine Vertretung der Klägerin durch die Buchhaltungskräfte aufgrund einer Zunahme des Arbeitsanfalls nicht mehr möglich sein. Sie hat in ihren Schriftsätzen in den Vorinstanzen vielmehr die bloße Hoffnung ausgedrückt, das Konjunkturtief werde mit Beginn des Jahres 1996 enden. Konkrete Anhaltspunkte dafür, warum sie berechtigterweise die Hoffnung – die sich nicht erfüllt hat – hegen durfte, hat sie nicht vorgetragen. Wenn sie nunmehr in ihrer Revisionsbegründung den Jahresbericht der Volksbank 1995 zitiert, ergibt sich daraus vielmehr, daß bei vernünftiger Betrachtung aufgrund der Einschränkung der steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten ab 1996 eine Belebung der Baukonjunktur eher unwahrscheinlich war.
3. Schließlich ist es revisionsrechtlich auch nicht zu beanstanden, daß das Landesarbeitsgericht das Arbeitsverhältnis der Parteien auf Antrag der Klägerin gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 22.500,– DM aufgelöst hat.
a) Das Landesarbeitsgericht hat den von der Klägerin gestellten Auflösungsantrag insbesondere deshalb als begründet angesehen, weil der Klägerin eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar sei, „nachdem sich die Beklagte, ohne hierzu berechtigt zu sein, im Zuge des Kündigungschutzprozesses mit Schreiben vom 29. November 1995 an den behandelnden Arzt Dr. M. gewandt und in diesem Schreiben Zweifel an der Berechtigung der Krankschreibung geäußert hat”. Hiergegen hat die Revision keine Angriffe erhoben. Sie geht vielmehr selbst davon aus, daß eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien nicht mehr möglich ist. Rechtsfehler, die ohne ausdrückliche Rüge zu beachten wären, sind nicht ersichtlich.
b) Soweit sich sowohl die Beklagte als auch die Klägerin gegen die Höhe der vom Landesarbeitsgericht festgesetzten Abfindung wenden, greifen die erhobenen Rügen nicht durch. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht einen Betrag von 22.500,– DM als Abfindung festgesetzt hat.
Die Festsetzung der Abfindung durch das Berufungsgericht kann vom Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüft werden. Es handelt sich insoweit um eine Ermessensentscheidung. Innerhalb der Höchstgrenzen des § 10 KSchG haben die Tatsacheninstanzen eine angemessene Abfindung festzusetzen, wie sich aus § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG ergibt. Das Revisionsgericht kann lediglich prüfen, ob das angefochtene Urteil den Rechtsbegriff der „angemessenen Abfindung” selbst verkannt hat, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt hat, nicht durch sachfremde oder willkürliche Erwägungen beeinflußt und in sich widerspruchsfrei ist (vgl. BAG Urteil vom 26. August 1976 – 2 AZR 377/75 – AP Nr. 68 zu § 626 BGB, zu III 3 der Gründe; BAG Urteil vom 19. August 1982 – 2 AZR 230/80 – BAGE 40, 56, 65 f. = AP Nr. 9 zu § 9 KSchG 1969, zu III 2 der Gründe). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das angefochtene Urteil stand.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat die Abfindung auf einen Betrag von sechs Monatsverdiensten festgesetzt und sich damit innerhalb der Höchstgrenzen des § 10 Abs. 1 KSchG gehalten. Soweit die Beklagte rügt, die Abfindung sei zu hoch bemessen, setzt sie lediglich ihre Würdigung an die Stelle der Bewertung des Landesarbeitsgerichts. Rechtsfehler zeigt sie nicht auf. Das Landesarbeitsgericht hat insbesondere den von der Klägerin gegen die Beklagte gerichteten Vorwurf der Steuerhinterziehung ausdrücklich als abfindungsmindernden Umstand berücksichtigt. Wenn die Beklagte nun erstmals in der Revisionsinstanz vorträgt, daß sie keinen Gewinn erzielt und die Fixkosten in keinem Verhältnis zu den erzielten Umsätzen stehen, sind dies neue Tatsachen, die gemäß § 561 Abs. 1 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden können.
bb) Auch die Klägerin zeigt in ihrer Anschlußrevision keine Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts bei der Bemessung der Abfindung auf.
Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Vorbringen der Klägerin „es mag sein, daß Frau Klama aus steuerrechtlichen Gründen schon seit etwa 10 Jahren bei der Beklagten als Mitarbeiterin geführt wird, tatsächlich tätig ist sie jedoch erst seit etwa vier bis fünf Jahren” als Vorwurf der Steuerhinterziehung gewertet hat. Entgegen der Ansicht der Klägerin war die Äußerung auch nicht prozessual geboten. Für die Darlegung einer fehlerhaften Sozialauswahl hätte es ausgereicht darzulegen, daß Frau K tatsächlich erst vier bis fünf Jahre im Betrieb tätig war, und diesen Vortrag unter Beweis zu stellen, wie dies die Klägerin im Schriftsatz vom 13. Dezember 1995 auch getan hat. Grundsätzlich ist eine solche – wenn vielleicht auch unbedachte – Äußerung geeignet, energischen Widerspruch zu provozieren. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht im Rahmen seiner Überlegungen berücksichtigt.
Ohne Erfolg rügt die Klägerin desweiteren, daß das Landesarbeitsgericht die Betriebsgröße der Beklagten abfindungsmindernd berücksichtigt hat. Richtig ist zwar, daß es Betriebe mit wenig Personaleinsatz gibt, die gleichwohl sehr hohe Umsätze und Gewinne erzielen. Dies ist jedoch eher die Ausnahme und hindert nicht die Annahme, daß bei Fehlen besonderer Anzeichen für eine überdurchschnittliche Leistungsfähigkeit davon auszugehen ist, daß für Kleinbetriebe eine Abfindungssumme in Höhe von über 40.000,– DM eine größere wirtschaftliche Belastung als für einen Großbetrieb bedeutet.
Nicht zu beanstanden ist ferner, daß das Landesarbeitsgericht den Grad der Sozialwidrigkeit der Kündigung in seine Überlegungen mit einbezogen hat. Dies entspricht der allgemeinen Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. BAG Urteil vom 15. Februar 1973 – 2 AZR 16/72 – BAGE 25, 43, 49 = AP Nr. 2 zu § 9 KSchG 1969, zu II 3 der Gründe; BAG Urteil vom 25. November 1982 – 2 AZR 21/81 – AP Nr. 10 zu § 9 KSchG 1969, zu B I 3 c der Gründe; KR-Spilger, 4. Aufl., § 10 KSchG Rz 56; Hueck/von Hoyningen-Huene, KSchG, 12. Aufl., § 10 Rz 13; Löwisch, KSchG, 7. Aufl., § 10 Rz 17, jeweils m.w.N.) und liegt darin begründet, daß der Abfindung u.a. auch eine Sanktionsfunktion zukommt, um ungerechtfertigten Kündigungen vorzubeugen. Wenn die Klägerin weiter rügt, das Maß der Sozialwidrigkeit der Kündigung rechtfertige es im vorliegenden Fall nicht, um ca. 50 % unter der höchstmöglichen Abfindung zu bleiben, übersieht sie zum einen, daß dieses Kriterium nur eines unter mehreren ist, die nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts eine Reduzierung der Abfindung rechtfertigen, und zum anderen setzt sie lediglich ihre Wertung an die Stelle der Wertung des Landesarbeitsgerichts.
Schließlich stellt es entgegen der Ansicht der Klägerin auch keinen Rechtsfehler dar, wenn das Landesarbeitsgericht die Sicherheit des Arbeitsplatzes als Bemessungskriterium berücksichtigt hat. Die Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG ist in erster Linie, ein Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes (vgl. BAGE 25, 43, 47 f. = AP, aaO, zu II 2 b der Gründe; KR-Spilger, 4. Aufl., § 10 KSchG Rz 11). Der Verlust des Arbeitsplatzes wiegt um so schwerer, je „sicherer” der Arbeitsplatz war, d.h. je weniger der Arbeitnehmer befürchten mußte, diesen in absehbarer Zeit zu verlieren. Liegen zum Zeitpunkt der Auflösungsentscheidung Anzeichen dafür vor, daß der Arbeitnehmer auch ohne eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses in naher Zukunft mit einem Verlust seines Arbeitsplatzes rechnen muß, gehört dies zu den Umständen des Einzelfalls, die das Gericht bei der Bemessung berücksichtigen muß. Wenn das Landesarbeitsgericht in seinem Urteil zu dem Ergebnis gelangt ist, der Arbeitsplatz der Klägerin sei für die Zukunft bedroht gewesen, ist dies eine Tatsachenfeststellung, an die der Senat mangels einer beachtlichen Revisionsrüge gemäß § 561 ZPO gebunden ist.
IV. Nicht gefolgt werden kann dem Landearbeitsgericht allerdings darin, daß es die gesamten Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt hat. Die Berufung der Klägerin hatte nicht in vollem Umfang Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat ihrem bezifferten Abfindungsantrag nur zum Teil entsprochen. Gibt das Gericht im Falle eines bezifferten Abfindungsantrags des Arbeitnehmers dem Antrag hinsichtlich der Höhe der Abfindung nicht in vollem Umfang statt, so ist der Arbeitnehmer gemäß § 92 Abs. 1 ZPO zur Zahlung anteiliger Kosten zu verurteilen, es sei denn, daß die Zuvielforderung verhältnismäßig geringfügig war (vgl. BAG Beschluß vom 26. Juni 1986 – 2 AZR 522/85 – AP Nr. 3 zu § 10 KSchG 1969; KR-Spilger, 4. Aufl., § 9 KSchG Rz 92, m.w.N.). Entsprechendes gilt gemäß § 97 Abs. 1 ZPO für die Rechtsmittelkosten.
Die Zuvielforderung der Klägerin war nicht nur geringfügig. Sie hat nahezu das Doppelte der Abfindung beantragt, die das Landesarbeitsgericht ihr zugesprochen hat. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Kostenbeteiligung der Klägerin in Höhe von 1/8 als angemessen.
Unterschriften
Bitter, Bröhl, Fischermeier, Hayser, Mauer
Fundstellen