Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch aus geändertem Sozialplan nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Normenkette
BetrVG §§ 112, 77
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 29. Oktober 1997 – 7 Sa 591/97 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers aus einem nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses geänderten Sozialplan.
Die Beklagte betrieb ein Steinkohlenbergwerk mit mehreren tausend Beschäftigten. Der Kläger war bei ihr als Bergmann beschäftigt. Am 12. Dezember 1991 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat vor dem Hintergrund der bis 1997 geplanten Stillegung des Bergwerks einen Sozialplan, der zum 1. Januar 1992 in Kraft trat. Dieser sieht eine Reihe von Einzelleistungen vor für Mitarbeiter, die im Zuge der etappenweisen Stillegung ihren bisherigen Arbeitsplatz verlieren. Hierzu gehört eine betriebliche Einkommensbeihilfe für Arbeitnehmer, die zu einem anderen Arbeitgeber in der Region außerhalb des Bergbaus wechseln. Für nach dem 30. April 1994 ausscheidende Arbeitnehmer richtete sich die Beihilfe nach einer Protokollnotiz vom 29. April 1994.
Der Kläger schied zum 8. März 1996 aus dem Beschäftigungsverhältnis aus und wechselte zu einem anderen Arbeitgeber in der Region, bei dem er schon seit dem 6. November 1995 aufgrund eines “Vertrages über die Abordnung zum Zweck der Einarbeitungsqualifizierung” eine sog. Schnupperphase absolviert hatte. Die Beklagte berechnete die ihm zustehende Einkommensbeihilfe zunächst auf 2.660,– DM. Sie legte dieser Berechnung den Verdienst der letzten 12 Monate vor Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zugrunde.
Am 15. April 1996 wurde der Sozialplan geändert. Die betriebliche Einkommensbeihilfe wird nunmehr nur noch für Arbeitnehmer gezahlt, die ein Übernahmeangebot der Ruhrkohle AG erhalten haben, dieses jedoch aus persönlichen Gründen nicht annehmen und einvernehmlich oder nach betriebsbedingter Kündigung aus dem Beschäftigungsverhältnis ausscheiden. Die Berechnung ist an sich unverändert geblieben. Die Beschäftigten können jedoch bis zu einem Zeitraum von drei Monaten nach dem Ausscheiden beantragen, daß die Beihilfe als Einmalzahlung gewährt wird; sie beträgt dann 12,5 % des letzten abgerechneten versicherungspflichtigen Monatseinkommens ohne Berücksichtigung von Mehrarbeit und Einmalbezügen – multipliziert mit 36. Diese Änderung trat gemäß Abschnitt III der Änderungsvereinbarung am 15. April 1996 in Kraft. Abschnitt II der Änderungsvereinbarung trifft bezüglich der Protokollnotiz vom 29. April 1994 folgende Regelung:
Die Protokollnotiz vom 29.4.94, sowie die Regelungsabsprachen vom 29.4.94 und 22.6.95 und die Erklärung vom 18.7.95 zu dieser Protokollnotiz finden auf Arbeitnehmer, die nach dem 15.4.96 ausscheiden, keine Anwendung mehr. Ausgenommen sind die Mitarbeiter, die vor dem 15.4.96 eine Qualifizierungsmaßnahme begonnen und kein Angebot der Ruhrkohle AG erhalten haben. Dieser Personenkreis hat – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen – Anspruch auf die Leistungen der Protokollnotiz vom 29.4.94.
Der Kläger hat mit seiner am 22. Juli 1996 erhobenen Klage zunächst nur geltend gemacht, die Beklagte habe die Einkommensbeihilfe auf der Grundlage der Regelung vom 29. April 1994 falsch berechnet. Sein Nettojahresverdienst habe im Kalenderjahr 1995 36.349,– DM betragen. Daraus ergebe sich unter Zugrundelegung des beim neuen Arbeitgeber erzielten Nettoverdienstes eine Jahresdifferenz von 2.007,19 DM, für drei Jahre also 6.021,57 DM. In Erweiterung der Klage hat der Kläger darüber hinaus geltend gemacht, er könne entsprechend dem geänderten Sozialplan eine Einmalzahlung beanspruchen, die sich für ihn auf 18.687,24 DM belaufe. Die Neufassung sei anwendbar auch für Mitarbeiter, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits ausgeschieden gewesen seien. Dem Betriebsrat stehe das Recht zu, auch rückwirkende Änderungen zugunsten der Arbeitnehmer zu vereinbaren. Dies sei hier geschehen. Der Sozialplan sei nach wie vor als Sozialplan vom 12. Dezember 1991 ausgewiesen. Es sei lediglich hinsichtlich der Protokollnotiz vom 29. April 1994 eine Übergangsregelung beschlossen worden, sonst sei alles beim alten geblieben.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 18.687,24 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Einkommensbeihilfe nach der geänderten Fassung des Sozialplans vom 15. April 1996 verneint. Da der Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeschieden gewesen sei, werde er von den Bestimmungen nicht mehr erfaßt. Eine Rückwirkung der Neuregelung sei nicht gewollt gewesen und nicht vereinbart worden. Anlaß der Neuregelung sei die sich gegenüber der ursprünglichen Planung verschlechternde wirtschaftliche Situation gewesen. Wegen zu hoher Haldenbestände habe sie im Frühjahr 1996 ein neues Konzept beschlossen, das u. a. eine Beschleunigung des Personalabbaus vorgesehen habe. In diesem Zusammenhang habe sich die Ruhrkohle AG am 15. April 1996 bereit erklärt, schon 1996 260 Mitarbeitern ein vorgezogenes Übernahmeangebot zu machen. Diese Bereitschaft sei aber mit der Forderung verbunden gewesen, den ausscheidenden Mitarbeitern einen finanziellen Anreiz zu geben, das Angebot möglichst nicht anzunehmen und sich einen Arbeitsplatz außerhalb des Bergbaus zu suchen. Die Ruhrkohle AG habe nämlich selbst Personalprobleme gehabt. Deshalb sei der Sozialplan dahin geändert worden, daß Mitarbeiter eine erhöhte Einmalzahlung als Einkommensbeihilfe erhalten könnten. Es sei aber allein um die künftige Beschleunigung des Personalabbaus gegangen. Das Ausscheiden des Klägers habe sich demgegenüber schon seit November 1995 abgezeichnet als dem Zeitpunkt, zu dem er die Einarbeitungsphase beim jetzigen Arbeitgeber begonnen habe.
Der Kläger werde gegenüber den später ausscheidenden Arbeitnehmern nicht ungerechtfertigt benachteiligt. Mit der Änderung habe einer neuen Situation Rechnung getragen werden sollen. Insoweit sei eine Differenzierung zulässig und sachlich gerechtfertigt gewesen.
Dem Kläger stehe auch auf der Grundlage der Protokollnotiz vom 29. April 1994 kein über die von ihr anerkannten 2.670,– DM hinausgehender Betrag zu. Zugrunde zu legen seien die letzten 12 Monate vor dem Ausscheiden, nicht hingegen das Entgelt des letzten abgeschlossenen Kalenderjahres. Die danach maßgeblichen Beträge seien eingesetzt worden, wobei sie auch für die Zeit der “Schnupperphase” nicht die in dieser Zeit tatsächlich gezahlten geringeren Beträge, sondern den bei voller Weiterarbeit maßgeblichen hypothetischen Lohn eingesetzt habe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage bis auf den von der Beklagten anerkannten Betrag von 2.670,– DM abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat die Revision in den Entscheidungsgründen zugelassen. Mit ihr begehrt der Kläger weiterhin in der Hauptsache eine Einmalzahlung gemäß der Fassung des Sozialplans vom 15. April 1996, hilfsweise auf der Grundlage der Vereinbarung vom 29. April 1994 eine Erhöhung des ihm von der Beklagten zugestandenen Betrages.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers war zurückzuweisen.
A. Die Revision ist kraft wirksamer Zulassung statthaft.
Das Landesarbeitsgericht hat die Zulassung allerdings nicht in den verkündeten Tenor aufgenommen, sondern nur in den Entscheidungsgründen mitgeteilt. Es hat dazu ausgeführt, die Kammer habe die Zulassung in der Beratung beschlossen, aber versehentlich nicht verkündet.
Nach Auffassung des Senats bedarf die Zulassung zu ihrer Wirksamkeit nicht der mündlichen Verkündung; eine Zulassung in den Entscheidungsgründen ist zwar unsachgemäß, aber dennoch wirksam (Senatsurteil vom 31. Oktober 1995 – 1 AZR 372/95 – AP Nr. 29 zu § 72 ArbGG 1979; dem hat sich jetzt der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts angeschlossen – s. Beschluß vom 19. Juni 1998 – 6 AZB 48/97 [A]). Demgegenüber hält der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts am Grundsatz der Verkündung als Wirksamkeitsvoraussetzung fest; die Zulassung sei aber ausnahmsweise auch dann wirksam, wenn sie vom Gericht beschlossen und nur versehentlich nicht verkündet worden und dies in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck gebracht worden sei (BAGE 78, 294 = AP Nr. 27 zu § 72 ArbGG 1979; ebenso der Siebte Senat, Urteil vom 26. April 1995 – 7 AZR 984/93 – AP Nr. 6 zu § 41 SGB VI). Da das Landesarbeitsgericht ein solches Versehen hier mitgeteilt hat, ist die Zulassung schon nach der engeren Auffassung des Vierten Senats wirksam. Die Divergenz bedarf daher auch im vorliegenden Fall keiner Auflösung in dem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren (s. jetzt aber Beschluß des Sechsten Senats vom 19. Juni 1998, aaO).
Die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind erfüllt.
B. Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung einer Einkommensbeihilfe nach Maßgabe des zum 15. April 1996 geänderten Sozialplans hat (I.). Ihm steht auch kein Anspruch auf Zahlung eines Betrages zu, der über die von der Beklagten anerkannten 2.670,– DM hinausginge (II.).
I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Einmalbetrages in Höhe von 18.687,24 DM – abzüglich des in Höhe von 2.670,– DM anerkannten Betrages – gemäß Teil II Abschn. IV 5 des Sozialplans in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 15. April 1996. Diese Regelung findet nur Anwendung auf Maßnahmen, die nach ihrem Inkrafttreten durchgeführt wurden.
1. Der Umstand allein, daß der Kläger bereits zum 8. März 1996 und damit vor der zum 15. April 1996 in Kraft getretenen Neuregelung aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, stünde dem allerdings nicht zwingend entgegen. Eine Betriebsvereinbarung gilt zwar regelmäßig nicht mehr für Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens schon aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden waren. Die Regelungskompetenz der Betriebspartner beschränkt sich grundsätzlich auf die aktive Belegschaft (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 13. Mai 1997 – 1 AZR 75/97 – AP Nr. 65 zu § 77 BetrVG 1972, unter I 2 der Gründe). Diese Schranke gilt aber nicht für Sozialplanregelungen. Hier bleibt die Zuständigkeit auch noch nach dem Ausscheiden bestehen, wenn dieses seine Ursache in der mitbestimmungspflichtigen Betriebsänderung hat. Insoweit hat der Betriebsrat ein fortdauerndes Mandat zur Regelung der entsprechenden Folgen (BAG Beschluß vom 10. August 1994 – 10 ABR 61/93 – BAGE 77, 313, 331 f. = AP Nr. 86 zu § 112 BetrVG 1972, unter B II 3c cc der Gründe). Dies gilt für die erstmalige Vereinbarung eines Sozialplans ebenso wie grundsätzlich auch für die Änderung bereits bestehender Sozialpläne. Die Kompetenz ist nicht davon abhängig, ob sich die Regelungen zugunsten oder zu Lasten des Arbeitnehmers auswirken.
2. Der Kläger wird aber von der Neuregelung nicht mehr erfaßt. Die erst nach seinem Ausscheiden in Kraft getretene Änderung erstreckt sich nach ihrem Wortlaut und nach ihrem erkennbaren Sinn und Zweck nur auf künftige Maßnahmen, bezieht hingegen nicht rückwirkend bereits ausgeschiedene Arbeitnehmer ein. Für diese bleibt es bei der zum Zeitpunkt des Ausscheidens geltenden Regelung – hier also der Einkommensbeihilfe nach Maßgabe der Protokollnotiz vom 29. April 1994.
a) Der zeitliche Geltungsbereich einer Betriebsvereinbarung wird grundsätzlich durch die Betriebspartner selbst festgelegt. Im Zweifelsfall gilt sie vom Tage ihres Abschlusses an (vgl. nur Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 19. Aufl., § 77 Rz 37). Hier haben die Betriebspartner gemäß Abschn. III der Änderungsvereinbarung vom 15. April 1996 ausdrücklich geregelt, daß die Vereinbarung zum 15. April 1996 in Kraft tritt. Die Änderung ist also nicht rückwirkend in Kraft gesetzt worden, was jedenfalls für Regelungen zugunsten der normunterworfenen Arbeitnehmer an sich zulässig gewesen wäre (vgl. nur Fitting/Kaiser/Heither/Engels, aaO, § 77 Rz 38; zur Rückwirkung belastender Betriebsvereinbarungen s. auch Senatsurteil vom 19. September 1995 – 1 AZR 208/95 – BAGE 81, 38 = AP Nr. 61 zu § 77 BetrVG 1972).
b) Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Umstand, daß es um die Abänderung einer schon seit dem 1. Januar 1992 in Kraft befindlichen (und zwischenzeitlich schon abgeänderten) Regelung ging. Auch eine solche Änderung gilt grundsätzlich nur für die Zukunft, führt also nicht dazu, daß rückwirkend zum Tage des erstmaligen Inkrafttretens der geänderten Norm alle nunmehr von ihr erfaßten Tatbestände entsprechend der Neuregelung zu beurteilen wären. Daß die Betriebspartner nur künftig ausscheidende Arbeitnehmer bei Erfüllung der entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen nach der Neuregelung erfassen wollten, macht auch die Übergangsregelung für die Protokollnotiz vom 29. April 1994 deutlich. Diese findet auf Arbeitnehmer, die nach dem 15. April 1996 ausscheiden, keine Anwendung mehr; für diese gilt nur noch die Neuregelung. Lediglich solche Mitarbeiter, die vor dem 15. April 1996 bereits eine Qualifizierungsmaßnahme begonnen hatten, aber erst nach dem 15. April ausscheiden, ohne ein Übernahmeangebot der Ruhrkohle AG erhalten zu haben (also nach der Neuregelung nicht anspruchsberechtigt wären), werden noch nach der alten Regelung behandelt. Dies verdeutlicht die Absicht, mit der Neuregelung nur solche Arbeitnehmer zu erfassen, die nach dem 15. April 1996 ausscheiden.
c) Das entspricht auch dem mit der Regelung verfolgten Zweck. Die Betriebsänderung, deren Folgen der Sozialplan ausgleichen sollte, betraf kein zeitlich punktuelles Ereignis. Die Stillegung des Bergwerks vollzog sich vielmehr stufenweise über einen Zeitraum von ca. sechs Jahren. Es liegt auf der Hand, daß während einer so langen Laufzeit hinsichtlich der noch nicht durchgeführten Teilmaßnahmen Änderungen des Sozialplans notwendig werden oder zumindest als angemessen in Erwägung gezogen werden können, wenn sich die ursprünglichen Plandaten und die für die Bemessung der Leistungen zugrunde gelegten Faktoren ändern. Dies kann vernünftigerweise nicht dazu führen, daß der bereits vollzogene Teil der Betriebsänderung gleichfalls auf der Grundlage der geänderten Regelung erneut abgewickelt werden muß. Typischerweise ist vielmehr davon auszugehen, daß es insoweit bei der für den Zeitpunkt des Vollzuges – hier also den Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis – maßgebenden Regelung bleibt, die unter Berücksichtigung der damaligen Daten als angemessen angesehen werden konnte.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Umstand, daß der Kläger noch über den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungsvereinbarung hinaus Leistungen zu beanspruchen hatte. Ihm steht zwar für die Dauer von insgesamt drei Jahren eine Einkommensbeihilfe zu, beginnend mit dem 9. März 1996. Der Neuregelung ist aber nicht zu entnehmen, daß vorher ausgeschiedene Arbeitnehmer jedenfalls für den Rest des Dreijahreszeitraums Leistungen entsprechend der Neuregelung erhalten sollten. Das hätte immerhin näher gelegen, wenn es schlicht um eine Erhöhung der Leistungen bei im übrigen unveränderter Leistungsstruktur ginge. Dies ist aber nicht der Fall. Die Neuregelung schafft vielmehr eine Strukturveränderung. Einerseits begründet sie Ansprüche auf eine Leistung, die bisher so nicht vorgesehen warnämlich die hier streitige Einmalzahlung, die sich allein nach dem letzten Arbeitsentgelt bei der Beklagten berechnet und nicht mehr nach der Differenz zum neuen Arbeitsentgelt. Andererseits beschränkt sie aber den Anwendungsbereich, da die Einkommensbeihilfe nur noch für Arbeitnehmer vorgesehen ist, die ein verbindliches Übernahmeangebot der Ruhrkohle AG erhalten und dieses nicht annehmen. Gerade deshalb war offensichtlich die Übergangsregelung zur Protokollnotiz vom 29. April 1994 erforderlich; sie sichert Arbeitnehmern, die zwar erst nach dem 15. April 1996 aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, aber bereits vorher eine Qualifizierungsmaßnahme begonnen haben, eine Einkommensbeihilfe “nach altem Recht” zu, wenn diese kein Angebot der Ruhrkohle AG erhalten haben (und damit nach “neuem Recht” nicht anspruchsberechtigt wären). Allein der Umstand, daß der Anspruch des Klägers sich zeitlich in den Geltungsbereich der neuen Regelung hinein erstreckt, besagt bei dieser Sachlage nicht, daß er von dieser erfaßt und ggf. umgestaltet würde.
d) Schließlich spricht auch der Anlaß der Änderung gegen die Annahme, daß die Betriebspartner die Neuregelung auf bereits ausgeschiedene Arbeitnehmer erstrecken wollten. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, Auslöser für die Änderung sei die sich im Frühjahr 1996 abzeichnende Notwendigkeit gewesen, den Personalabbau entgegen der ursprünglichen Planung zu beschleunigen. Sie hat dies u. a. mit den entsprechend hohen Haldenbeständen belegt. Die Ruhrkohle AG habe sich unter diesen Umständen bereit erklärt, bereits 1996 260 Arbeitnehmern ein verbindliches Übernahmeangebot zu machen, zugleich aber die Schaffung finanzieller Anreize verlangt, um die Arbeitnehmer zu veranlassen, ein solches Angebot möglichst nicht anzunehmen. Das Landesarbeitsgericht hat diese vom Kläger zunächst mit Nichtwissen bestrittenen Tatsachen als zutreffend zugrunde gelegt. Dies läßt sich seinen Ausführungen entnehmen, mit denen es die von der Beklagten geschilderte Situation als sachlichen Grund für eine Differenzierung anerkennt. Der Kläger hat diese tatsächlichen Feststellungen mit Verfahrensrügen nicht angegriffen, sondern nur eingewandt, daß die Motivation in der Betriebsvereinbarung selbst keinen Niederschlag gefunden habe.
Selbst wenn dieser Einwand zuträfe, schlösse das nicht aus, die Entstehungsgeschichte als ein Auslegungskriterium einzubeziehen. Tatsächlich hat aber der Anlaß der Neuregelung in dieser auch einen Niederschlag gefunden. Das zeigt die eingeführte Verknüpfung der Einkommensbeihilfe mit einem verbindlichen Übernahmeangebot der Ruhrkohle AG, welches der Arbeitnehmer abgelehnt haben muß. Das paßt zu dem von der Beklagten geschilderten Hintergrund, wonach zwar die Ruhrkohle AG zu vorzeitigen Übernahmeangeboten bereit war, andererseits aber den Arbeitnehmern ein zusätzlicher finanzieller Anreiz geboten werden sollte, solche Übernahmeangebote nicht zu nutzen.
3. Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes stützen.
a) Nach § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG haben Arbeitgeber und Betriebsrat darüber zu wachen, daß alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden. Dementsprechend haben die Betriebspartner bei Sozialplanregelungen auch den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Er verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen gegenüber anderen Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmergruppen in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern in einer bestimmten Ordnung. Eine Differenzierung ist dann sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt (ständige Rechtsprechung vgl. BAG Urteile vom 28. April 1993 – 10 AZR 222/92 –, vom 17. April 1996 – 10 AZR 606/95 – und vom 31. Juli 1996 – 10 AZR 45/96 – AP Nr. 67, 101 und 103 zu § 112 BetrVG 1972; zuletzt BAG Urteil vom 11. Februar 1998 – 10 AZR 22/97 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, unter II 1 der Gründe).
b) In der Einführung einer günstigeren Einmalzahlung nur für künftig ausscheidende Arbeitnehmer liegt keine unsachliche Benachteiligung bereits zuvor ausgeschiedener Arbeitnehmer – hier also des Klägers. Die Beklagte hat die wirtschaftlichen Gründe für die Änderung der Sozialplanregelung dargelegt, das Landesarbeitsgericht hat diese seiner Würdigung zugrunde gelegt. Es ist nicht unsachlich, einer gegenüber der ursprünglichen Planung eingetretenen Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse, die eine Beschleunigung des Personalabbaus notwendig macht, durch eine Änderung der Sozialplanleistungen Rechnung zu tragen und dies auf solche Arbeitnehmer zu beschränken, die noch nicht ausgeschieden sind, aber zu einem Ausscheiden – hier aus dem Bereich des Bergbaus überhaupt – verstärkt bewogen werden sollen. Die Betriebspartner reagieren damit nur in verständlicher und zulässiger Weise auf neu eingetretene Umstände, die in dieser Form beim früheren Ausscheiden noch nicht vorlagen. Für Arbeitnehmer, die bereits ausgeschieden sind, ginge der neu geschaffene Anreiz ins Leere.
Bedenken ergeben sich auch nicht aus dem Umstand, daß der Kläger am 8. März 1996 und damit relativ kurzfristig vor Inkrafttreten der Neuregelung ausgeschieden ist. Die Beklagte hat dies plausibel damit erklärt, daß erst im Frühjahr 1996 das Ausmaß der Situation deutlich wurde, die entsprechenden Beschlüsse gefaßt und die Zustimmung der Ruhrkohle AG eingeholt werden konnten. Außerdem war das Ausscheiden des Klägers schon mit der im November 1995 beginnenden Qualifizierungsmaßnahme eingeleitet worden, also faktisch bereits seit längerem zu erwarten. Bei Vorliegen sachlicher Gründe können die Betriebspartner auch Stichtagsregelungen treffen (vgl. zuletzt etwa BAG Urteil vom 6. August 1997 – 10 AZR 66/97 – AP Nr. 116 zu § 112 BetrVG 1972, unter II 1b der Gründe). Diese bedingen immer gewisse Härten für diejenigen, die den Stichtag nur knapp verfehlen.
II. Der Kläger kann auch auf der Grundlage der Protokollnotiz vom 29. April 1994 keine höhere als die von der Beklagten für drei Jahre mit 2.670,– DM anerkannte Einkommensbeihilfe verlangen. Sein (hilfsweise) geltend gemachter Anspruch auf Zahlung einer Einkommensbeihilfe in Höhe von insgesamt 6.021,57 DM ist nicht begründet.
Die Beklagte hat ihrer Berechnung das versicherungspflichtige Einkommen des Klägers im Jahr vor seinem Ausscheiden zugrunde gelegt. Dabei hat sie auch für den Zeitraum der Kurzarbeit, während dessen der Kläger die sog. Schnupperphase absolvierte, das Einkommen eingesetzt, das der Kläger ohne den Arbeitsausfall erzielt hätte. Dies ist vom Kläger zuletzt nicht mehr substantiiert bestritten worden. Das Landesarbeitsgericht ist von der Richtigkeit dieser Berechnung ausgegangen, an die darin liegende Tatsachenfeststellung ist der Senat mangels Verfahrensrügen gebunden.
Der Kläger meint demgegenüber zu Unrecht, es müsse das Einkommen des letzten Kalenderjahres vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt werden. Dies hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend verneint. Gemäß Nr. 2 der Protokollnotiz vom 29. April 1994 gelten hinsichtlich der Berechnung der betrieblichen Einkommensbeihilfe dieselben Grundsätze wie bei der Lohnbeihilfe, die von der öffentlichen Hand gewährt wird, mit der Ausnahme, daß Berechnungsgrundlage das gesamte versicherungspflichtige Einkommen des zugrunde zu legenden Beschäftigungsjahres ist – ohne Berücksichtigung von Mehrarbeit. Mit den Lohnbeihilfen der öffentlichen Hand sind nach den Vorbemerkungen zum Sozialplan die Beihilfen gemeint, die nach den Richtlinien des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung über die Gewährung von Beihilfen für Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus vorgesehen sind, soweit die Arbeitnehmer von Maßnahmen im Sinne des Art. 56 § 2 des Montanunionsvertrages betroffen werden. Diese Richtlinien stellen für die Bemessung der Beihilfe auf die Differenz zwischen dem neuen und dem früheren Nettomonatsentgelt ab. Damit knüpfen sie ersichtlich an das letzte Monatsentgelt an. Wenn die Betriebspartner auf diese Regelung verweisen mit der Maßgabe, daß abweichend hiervon als Bezugsgröße das gesamte versicherungspflichtige Einkommen des Beschäftigungsjahres dienen soll, spricht schon diese Anknüpfung dagegen, daß das letzte Kalenderjahr gemeint ist. In diesem Sinne spricht die Protokollnotiz ausdrücklich vom “Beschäftigungsjahr” und nicht vom “Kalenderjahr”.
Nur dieses Verständnis entspricht auch dem erkennbaren Ziel der Regelung. Zweck der Lohnbeihilfe ist es, dem in ein neues Arbeitsverhältnis außerhalb des Bergbaus wechselnden Arbeitnehmer für einen Zeitraum von maximal drei Jahren das bisherige Einkommen in einem gewissen Umfang zu sichern. Dies setzt vernünftigerweise eine Anknüpfung an das zuletzt erzielte Einkommen voraus – hier des letzten Jahres vor dem Ausscheiden. Das Einkommen des letzten Kalenderjahres ist als Bezugsgröße für eine solche Bestandsschutzfunktion viel weniger geeignet, da eine mehr oder weniger große Lücke zwischen dem Ende der Beschäftigung und dem Ende des (vorangegangenen) Kalenderjahres liegen wird. Das Ziel einer Sicherung des letzten Einkommens muß aber vorrangig an das Ende des alten Beschäftigungsverhältnisses anknüpfen. Wenn die Betriebspartner dies hätten anders regeln und auf das dem Ausscheiden vorangehende Kalenderjahr abstellen wollen, hätten sie dies deutlich zum Ausdruck bringen müssen.
Die Beklagte hat damit zutreffend das versicherungspflichtige Einkommen der Zeit vom 9. März 1995 bis 8. März 1996 zugrunde gelegt – unter Berücksichtigung des ungekürzten Arbeitsentgelts auch für die Zeit der Kurzarbeit, während derer der Kläger die “Schnupperphase” bei seinem jetzigen Arbeitgeber absolvierte. Die dementsprechend von der Beklagten anerkannten 2.670,– DM sind rechnerisch nicht mehr bestritten worden. Ein weitergehender Anspruch des Klägers besteht nicht.
Der Abweisung der weitergehenden Klage steht auch nicht entgegen, daß der Dreijahreszeitraum, für den die Lohnbeihilfe zu gewähren ist, noch nicht abgelaufen ist (Beginn: 9. März 1996 – Ende: 8. März 1999). Gemäß Nr. 2 der Protokollnotiz vom 29. April 1994 kann die Einkommensbeihilfe einvernehmlich auch als Einmalzahlung gewährt werden, wobei sich allerdings die Berechnungsgrundlage nicht ändert (also anders als bei der streitigen Einkommensbeihilfe nach Maßgabe der Änderungsvereinbarung vom 15. April 1996). Von einem solchen Einvernehmen ist vorliegend auszugehen. Der Kläger hat (hilfsweise) die dreijährige Differenz als Einkommensbeihilfe geltend gemacht. Die Beklagte hat dementsprechend einen drei jährigen Differenzbetrag – allerdings nach ihrer Berechnung geringer – anerkannt. Das rechtfertigt die Annahme einer Übereinkunft dahin, daß die Einkommensbeihilfe als Einmalbetrag (im Sinne der Protokollnotiz vom 29. April 1994) gezahlt werden soll.
Unterschriften
Dieterich, Wißmann, Rost, Brunner, Federlin
Fundstellen