Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachversicherung in Zusatzversorgungseinrichtungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Scheidet ein Arbeitnehmer mit einer unverfallbaren Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen aus den Diensten einer Versicherungsanstalt des öffentlichen Rechts aus, so ist er bei einer Zusatzversorgungseinrichtung des öffentlichen Dienstes nachzuversichern, wenn der Arbeitgeber Beteiligter einer solchen Zusatzversorgungseinrichtung (zB Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder - VBL) sein kann.
2. An einer Zusatzversorgungseinrichtung des öffentlichen Dienstes können ua die juristischen Personen öffentlichen Rechts beteiligt sein, die das für Gebietskörperschaften geltende Tarifrecht oder ein Tarifrecht wesentlich gleichen Inhalts in bezug auf die betriebliche Altersversorgung anwenden.
3. Bei der Nachversicherung sind angerechnete Zeiten vor Beginn des Arbeitsverhältnisses nicht zu berücksichtigen.
4. Die Aufrechterhaltung einer Versorgungsanwartschaft nach versicherungsrechtlichen Grundsätzen (§ 18 Abs 6 BetrAVG) statt nach dem Quotierungsverfahren (§ 2 BetrAVG) ist nicht verfassungswidrig.
Normenkette
ZPO §§ 256, 253; VBLSa § 29; ZVASiG § 2; GG Art. 3 Abs. 1; VBLSa § 19 Abs. 3; BetrAVG § 18 Abs. 6, 1 Nr. 4
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 08.10.1985; Aktenzeichen 3 Sa 1882/84) |
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 23.10.1984; Aktenzeichen 1 Ca 3288/84) |
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Höhe des Versorgungsanspruchs des Klägers bei Eintritt eines Versorgungsfalles. Der Kläger verlangt, daß dieser Anspruch nach § 2 Abs. 1 BetrAVG berechnet wird. Die Beklagten haben den Kläger statt dessen nach § 18 Abs. 6 BetrAVG nachversichert.
Der im Jahre 1933 geborene Kläger war vom 1. März 1968 bis 30. Juni 1980 bei den Beklagten als Arbeitnehmer tätig. Diese sind Versicherungsanstalten des öffentlichen Rechts. In seinem ersten Arbeitsvertrag war dem Kläger eine betriebliche Altersversorgung nach dem betrieblichen Versorgungswerk vom 1. Januar 1964 zugesagt worden. Im Jahre 1975 wurde der Kläger zum Direktor ernannt. Darauf schlossen die Parteien unter Aufhebung aller vorhergegangenen Verträge einen neuen Arbeitsvertrag. Dem Kläger wurde nunmehr eine Altersversorgung nach den jeweils für einen Bundesbeamten der Besoldungsgruppe B 3 geltenden beamtenrechtlichen Grundsätzen zugesagt. Der Beginn der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit wurde auf den 1. Juni 1954 festgesetzt. Der Kläger blieb in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert.
Nach dem Ausscheiden des Klägers versicherten die Beklagten den Kläger für die Zeit vom 1. März 1968 bis zum 30. Juni 1968 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) nach. Der Kläger hält dies nicht für richtig. Er hat die Auffassung vertreten, bei Eintritt eines Versorgungsfalles habe er gegen die Beklagten einen Anspruch nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 BetrAVG. Er hat beantragt,
1. festzustellen, daß die Beklagten zu 1)
und 2) gesamtschuldnerisch verpflichtet
sind, zugunsten des Klägers eine unver-
fallbare und gemäß § 2 BetrAVG zeitantei-
lig zu berechnende Versorgungsanwartschaft
nach Maßgabe der Zusage in § 6 Abs. 3 und
4 des Dienstvertrages i.d.F. vom 01.10.75
aufrechtzuerhalten,
2. hilfsweise
die Beklagten als Gesamtschuldner zu ver-
urteilen, die Nachversicherung bei der VBL
so durchzuführen, daß die Nachversicherung
auch für die Zeit vom 01.06.54 bis zum 29.
02.68 erfolgt und ihr ein versichertes Ge-
halt in Höhe von jeweils für einen Bundes-
beamten der Besoldungsgruppe B 3 geltenden
Bestimmungen zugrunde gelegt wird,
3. hilfsweise
festzustellen, daß die Beklagten zu 1) und
2) gesamtschuldnerisch verpflichtet sind,
zugunsten des Klägers eine unverfallbare Ver-
sorgungsanwartschaft aufrechtzuerhalten in
Höhe der Differenz zwischen den von der VBL
zu erwartenden Leistungen aus der Nachversi-
cherung und denjenigen Leistungen, die sich
ergäben, wenn die Nachversicherung auch die
Dienstzeit vom 01.06.54 bis 29.02.68 umfassen
und durchgehend ein versichertes Gehalt der
jeweils für einen Bundesbeamten der Besol-
dungsgruppe B 3 geltenden Bestimmungen zu-
grunde gelegt würde.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben die Auffassung vertreten, sie seien verpflichtet gewesen, den Kläger nach Beendigung nachzuversichern. Auf die größere Zahl ihrer Arbeitnehmer müßten sie zur Besitzstandswahrung die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes anwenden, so daß sie Beteiligte der VBL sein könnten. Gegen die Nachversicherung seien verfassungsrechtliche Bedenken nicht zu erheben.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich dessen Revision, mit der er seine Klageanträge weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagten waren nur verpflichtet, den Kläger bei seinem Ausscheiden aus ihren Diensten für die Zeit vom 1. März 1968 bis zum 30. Juni 1980 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) nachzuversichern. Das haben die Beklagten getan. Weitergehende Ansprüche stehen dem Kläger nicht zu.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß die Klageanträge, mit denen der Kläger weitergehende Rechte verfolgt, zulässig sind. Nach § 256 Abs. 1 ZP0 kann auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses geklagt werden, wenn ein rechtliches Interesse daran besteht, daß das Rechtsverhältnis alsbald durch richterliche Entscheidung festgestellt wird.
Mit dem Hauptantrag will der Kläger die Feststellung erreichen, daß ihm bei Eintritt eines Versorgungsfalles eine aufrechterhaltene, entsprechend seiner tatsächlichen Dienstzeit gekürzte Versorgungsanwartschaft zusteht (§ 2 Abs. 1 BetrAVG). An der Feststellung eines solchen Rechtsverhältnisses hat der Kläger ein rechtliches Interesse, weil er danach seine weitere Versorgung planen muß.
Gegen den ersten Hilfsantrag bestehen keine Bedenken. Mit diesem Antrag will der Kläger festgestellt haben, daß die Vordienstzeiten mitversichert werden und bei der Nachversicherung auf die Bezüge eines Beamten nach Besoldungsgruppe B 3 abgestellt wird.
Mit dem ebenfalls unbedenklichen zweiten Hilfsantrag begehrt der Kläger die Feststellung, daß die Beklagten verpflichtet sind, eine Ausfallhaftung in Höhe des Unterschiedes zwischen der tatsächlich vorgenommenen Nachversicherung und der Aufrechterhaltung einer Versorgungsanwartschaft aus der Besoldungsgruppe B 3 zu übernehmen.
II. Dem Landesarbeitsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß dem Kläger die beanspruchten Rechte nicht zustehen. Die Beklagten brauchen die Versorgungsanwartschaft des Klägers nicht in dem vorgesehenen Umfang aufrecht zu erhalten. Sie waren nur verpflichtet, den Kläger bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses nachzuversichern. Diese Nachversicherung ersetzt die Erhaltung der Versorgungsanwartschaft (§ 18 Abs. 1 und 6 BetrAVG). Die Nachversicherung wurde entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen durchgeführt.
1. Der Hauptantrag des Klägers ist unbegründet. Dem Kläger steht keine Versorgungsanwartschaft nach § 2 Abs. 1 BetrAVG zu. Die Beklagten waren nur verpflichtet, den Kläger bei einer Zusatzversorgungseinrichtung nachzuversichern. Dies ergibt sich aus § 18 Abs. 1 Nr. 5 BetrAVG. Danach ist ein Arbeitnehmer, der bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses gegen seinen Arbeitgeber eine nach § 1 BetrAVG unverfallbare Versorgungsanwartschaft nach beamtenrechtlichen Grundsätzen besitzt und nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei ist, nachzuversichern, wenn der Arbeitgeber Beteiligter einer Zusatzversorgungseinrichtung sein kann. Diese Voraussetzungen liegen vor.
a) Der Kläger besaß bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft. Nach § 1 Abs. 1 BetrAVG wird eine Versorgungsanwartschaft unverfallbar, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt eines Versorgungsfalles endet und der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt mindestens das 35. Lebensjahr vollendet hat und entweder die Versorgungszusage für ihn mindestens zehn Jahre bestanden hat oder der Beginn der Betriebszugehörigkeit mindestens zwölf Jahre zurückliegt und die Versorgungszusage für ihn mindestens drei Jahre bestanden hat. Diese Voraussetzungen sind gegeben. Der Kläger war bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses im Jahre 1980 47 Jahre alt. Die ihm aus Anlaß seiner Ernennung zum Direktor im Jahre 1975 erteilte Versorgungszusage bestand mehr als drei Jahre. Die Betriebszugehörigkeit des Klägers betrug bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mehr als zwölf Jahre. Damit kann unentschieden bleiben, ob der Kläger auch die Voraussetzungen einer zehnjährigen Versorgungszusage erfüllte.
b) Dem Kläger war eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zugesagt. Eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen wird dann versprochen, wenn die Versorgung nach Art und Umfang einer beamtenrechtlichen Versorgung entspricht, ohne daß das Beamtenrecht die Rechtsgrundlage für die Versorgung bildet (Weinert in Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Rau/Weinert, BetrAVG, Bd. I, 2. Aufl., 1982, § 18 Rz 40). Dem Kläger ist im Arbeitsvertrag von 1975 eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung "gemäß den jeweiligen für einen Bundesbeamten der Gruppe B 3 geltenden Bestimmungen" zugesagt. Der Annahme einer beamtenähnlichen Versorgung steht nicht entgegen, daß auf sie Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung angerechnet werden. Auch die Beamtenversorgung kann teilweise wegen des Bezugs von Sozialversicherungsrenten ruhen (§ 55 BeamtVG).
c) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß der Kläger nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei war. Hiergegen sind Verfahrensrügen nicht erhoben, so daß der Senat an diese Feststellung gebunden ist (§ 561 Abs. 2 ZP0).
d) Entgegen der Auffassung des Klägers konnte die Beklagte auch Beteiligte einer Zusatzversorgungseinrichtung des öffentlichen Dienstes sein.
In § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 5 BetrAVG wird wegen des Begriffs der Zusatzversorgungseinrichtung des öffentlichen Dienstes auf § 2 des Gesetzes zur Sicherstellung der Leistungen der Zusatzversorgungsanstalten des öffentlichen Dienstes vom 21. Dezember 1971 (BGBl. I, 2077) verwiesen. Hiernach sind Zusatzversorgungseinrichtungen die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) sowie sonstige Zusatzversorgungsanstalten innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, die bereits am 20. Juni 1948 bestanden und der VBL gleichstanden, wenn sie einen Anspruch auf eine dynamische Gesamtversorgung gewähren, die nach einer gesamtversorgungsfähigen Zeit und einem gesamtversorgungsfähigen Entgelt bemessen wird, und außerdem die Berechnung derjenigen vergleichbar ist, die in der Satzung der VBL vorgesehen ist. Aus den Satzungen dieser Zusatzversorgungseinrichtungen muß sich demnach ergeben, wer an ihnen beteiligt sein kann.
Nach § 19 der VBL-Satzung können Beteiligte der VBL sein die Bundesrepublik Deutschland und sonstige Gebietskörperschaften sowie sonstige juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, sofern sie das für die Gebietskörperschaften geltende Tarifrecht oder ein Tarifrecht wesentlich gleichen Inhalts anwenden. Die Beklagten sind juristische Personen des öffentlichen Rechts. Sie wenden ein Tarifrecht an, das demjenigen der juristischen Personen öffentlichen Rechts entspricht.
Um ein Tarifrecht wesentlich gleichen Inhalts wie das Tarifrecht der Gebietskörperschaften handelt es sich, wenn das maßgebende Tarifrecht Regelungen enthält, die dem Abschnitt 5 des Tarifvertrages über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe entsprechen (§ 19 Abs. 3 VBL-Satzung). Durch Abschnitt 5 des in Bezug genommenen Versorgungstarifvertrages vom 4. November 1966 mit späteren Änderungen wird im wesentlichen gewährleistet, daß der Arbeitnehmer seine Grundversorgung aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer entsprechenden Versicherung erhält und der Spitzenbedarf von einer Zusatzversorgungseinrichtung gedeckt wird. Die Regelung soll verhindern, daß die Solidargemeinschaft der öffentlichen Arbeitgeber durch unterschiedliche Versorgungssysteme und Versorgungszusagen gestört wird. Danach kann es nur darauf ankommen, ob die Beklagten im Hinblick auf ihre Zusatzversorgung auf ein dem öffentlichen Dienstrecht vergleichbares Tarifrecht abstellen.
Die Beklagten wenden ein vergleichbares Tarifrecht an. Die Beklagten haben am 8. September 1972 mit der zuständigen Gewerkschaft einen Haustarifvertrag abgeschlossen, nach dem für alle Arbeitnehmer die jeweils geltenden Tarifverträge für Angestellte, Arbeiter und Auszubildenden im Tarifbereich BAT/VKA Anwendung finden. Vom persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages ausgenommen waren nur Vorstandsmitglieder, Angestellte mit einem befristeten Arbeitsverhältnis und Angestellte im Außendienst. Zu diesem Personenkreis gehörte der Kläger nicht. Er war insbesondere nicht befristet eingestellt.
Allerdings haben die Beklagten in einem Überleitungstarifvertrag vom 8. Mai 1978 vereinbart, das Tarifrecht des privaten Versicherungsgewerbes für die neu begründeten Arbeitsverhältnisse anzuwenden. Aber auch hierdurch sind sie noch nicht aus dem öffentlichen Versorgungsrecht ausgeschieden. In Nr. 5 des Überleitungstarifvertrages heißt es, daß der nach dem Haustarifvertrag bestehende tarifvertragliche Anspruch auf Leistungen aus dem Versorgungswerk der Beklagten erhalten bleibt. Selbst wenn die in den Tarifverträgen des Versicherungsgewerbes geregelte Versorgung nicht derjenigen entspricht, die nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes zugesagt wird, schließt das die Beteiligungsfähigkeit der Beklagten an der VBL für solche Versorgungszusagen, die vor dem Jahre 1978 gegeben worden sind, nicht aus.
Auch der Umstand, daß der Kläger zum Direktor ernannt worden ist und eine Individualzusage erhalten hat, steht der Verpflichtung zur Nachversicherung nicht entgegen, weil § 18 Abs. 1 Nr. 5 BetrAVG allein auf die Beteiligungsfähigkeit des Arbeitgebers abstellt.
Damit steht fest, daß die Versorgungsanwartschaft des Klägers nicht nach § 2 BetrAVG aufrecht zu erhalten, sondern bei der VBL nachzuversichern war. Die Verpflichtung zur Nachversicherung (§ 18 Abs. 6 in Verb. mit § 18 Abs. 1 Nr. 5 BetrAVG) tritt an die Stelle der Verpflichtung, eine Anwartschaft nach § 2 Abs. 1 BetrAVG aufrecht zu erhalten.
2. Auch der erste Hilfsantrag des Klägers ist unbegründet. Der Kläger ist nur für die Dauer seiner Beschäftigung bei der Beklagten und nur nach Maßgabe seines versicherungspflichtigen Einkommens nachzuversichern.
a) Nach § 18 Abs. 6 Satz 2 BetrAVG umfaßt die Nachversicherung den Zeitraum zwischen dem Erwerb der Versorgungsanwartschaft nach beamtenrechtlichen Grundsätzen und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Kläger hat die Versorgungsanwartschaft frühestens mit der Begründung seines Arbeitsverhältnisses erworben. Dagegen scheiden Vordienstzeiten aus der Nachversicherung aus. Wird einem Arbeitnehmer die Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen versprochen, so hat die Feststellung des ruhegehaltsfähigen Dienstalters regelmäßig nur Bedeutung für die Wartezeit und die Steigerungssätze nach Dienstaltersstufen (BAG Urteil vom 23. April 1985 - 3 AZR 234/82 - AP Nr. 7 zu § 1 BetrAVG Vordienstzeit). Ein Beamter verliert seine beamtenrechtlichen Versorgungsansprüche, wenn er vor Eintritt eines Versorgungsfalles aus dem Dienst scheidet. Seine Versorgungsanwartschaft wird nicht unverfallbar. Wird einem Arbeitnehmer eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zugesagt und das Dienstalter auf einen Zeitpunkt vor Begründung des Arbeitsverhältnisses festgesetzt, kann der Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen, daß die Vordienstzeit bei der Unverfallbarkeit berücksichtigt wird und in der Berechnung des Anwartschaftswertes ihren Niederschlag findet. Der Kläger kann mithin nicht die Berücksichtigung der vor Begründung des Arbeitsverhältnisses liegenden Zeiten verlangen.
b) Nach § 18 Abs. 6 Satz 3 BetrAVG sind bei der Nachversicherung Beiträge und Umlagen in der Höhe zu entrichten, wie sie bei Vorliegen der Versicherungspflicht bei der zuständigen Versorgungseinrichtung für diesen Zeitraum zu entrichten gewesen wären. Diese Umlagen sind gezahlt worden. Darüber hinaus kann der Kläger keine Nachversicherung für den gesamten Zeitraum in Höhe seines letzten Gehaltes (B 3) verlangen.
3. Für den Anspruch, den der Kläger mit seinem zweiten Hilfsantrag geltend macht, gibt es keine Rechtsgrundlage. Ist ein Arbeitgeber verpflichtet, einen Arbeitnehmer bei einer Zusatzversorgungseinrichtung des öffentlichen Dienstes nachzuversichern, weil der Arbeitnehmer eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft besitzt und vor Eintritt des Versorgungsfalles ausscheidet, so trifft ihn nach dem Betriebsrentenrecht keine Ausgleichspflicht für etwaige Versorgungseinbußen. Hat sich der Arbeitgeber vertraglich verpflichtet, bei der Rentenberechnung nach Eintritt eines Versorgungsfalles Vordienstzeiten zu berücksichtigen, so kann hieraus im allgemeinen nicht abgeleitet werden, daß die Vordienstzeiten auch bei der Ermittlung einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft berücksichtigt werden (BAG Urteil vom 23. April 1985 - 3 AZR 234/82 - AP Nr. 7 zu § 1 BetrAVG Vordienstzeit). Weitergehende Rechte sind aus dem Versorgungsvertrag des Klägers nicht abzuleiten. Er erschöpft sich in einer Verweisung auf das Beamtenrecht. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagten eine weitergehende Ausfallhaftung übernehmen wollten als sie sich aus dem Gesetz ergibt.
III. Die gesetzliche Regelung über die Nachversicherung von Angestellten des öffentlichen Dienstes im Falle der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses vor Eintritt des Versorgungsfalles (§ 18 Abs. 6 in Verb. mit § 18 Abs. 1 BetrAVG) ist nicht verfassungswidrig. Diese Regelung verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), obwohl die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft unterschiedlich behandelt werden.
1. Der Gesetzgeber ist bei der Regelung von Lebenstatbeständen an den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden (Art. 1 Abs. 3 GG). Er hat bei steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend unterschiedlich zu behandeln (BVerfGE 3, 58, 135; 4, 144, 155). Doch wird der Gleichheitssatz vom Gesetzgeber nur dann verletzt, wenn er es versäumt, solche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, daß sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen. Im übrigen hat der Gesetzgeber weitgehende Gestaltungsfreiheit. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz ist ausgeschlossen, wenn sachliche Gründe für eine Differenzierung bestanden (BVerfGE 17, 319, 330; 60, 329, 346).
2. Für die unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft gibt es sachliche Gründe.
a) In der Privatwirtschaft bestanden und bestehen eine Vielzahl von Versorgungsmodellen und Versorgungssystemen. Durch § 1 BetrAVG hat der Gesetzgeber verhindert, daß die Versorgungsanwartschaften nach Ablauf bestimmter Fristen erlöschen. Durch die zeitanteilige Berechnung der Anwartschaften in § 2 BetrAVG (Quotierungsverfahren) wird gewährleistet, daß der Versorgungsträger nicht durch die Ausgestaltung der Leistungskurve das Prinzip der Unverfallbarkeit der Versorgungsanwartschaften unterläuft; der Arbeitnehmer soll bei vorzeitigem Ausscheiden den Anteil der Versorgungsanwartschaft behalten, der der erbrachten Betriebstreue entspricht.
Demgegenüber kommt eine Nachversicherung für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst nur dann in Betracht, wenn die Ansprüche auf Zusagen oder einem Tarifvertrag beruhen, die im wesentlichen dem für Gebietskörperschaften geltenden Tarifrecht entsprechen. Solche Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung haben deshalb einen im wesentlichen gleichen Inhalt: Die Grundversorgung erhält der Arbeitnehmer aus der gesetzlichen Rentenversicherung, den Spitzenbedarf von einer Zusatzversorgungseinrichtung. Diese Zusatzversorgung beruht auf einer Zusatzversicherung. Beiträge (Umlagen) werden nach Maßgabe des versicherungspflichtigen Entgelts für die Dauer der Beschäftigung gezahlt. Daher ist es sachlich gerechtfertigt, auch für die Aufrechterhaltung der Versorgungsanwartschaft nach Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis eine versicherungsförmige Lösung vorzuschreiben und die Nachversicherung für alle Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einheitlich auszugestalten. Außerdem durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, daß die Arbeitnehmer, die bei einem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, in der großen Mehrzahl im öffentlichen Dienst verbleiben und ihr Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes fortsetzen. Diesen Arbeitnehmern bleibt der Wert einer versicherungsförmig erdienten Versorgungsanwartschaft erhalten. Sie können im neuen Arbeitsverhältnis die bisher erreichte Anwartschaft fortsetzen und ausbauen.
b) Die unterschiedliche Behandlung der beiden Arbeitnehmergruppen ist auch nicht deshalb verfassungswidrig, weil für Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft bei versicherungsförmiger Altersversorgung (Direktversicherung und Pensionskasse) Ergänzungsansprüche möglich sind, wenn die sich aus dem Versicherungsvertrag ergebenden Ansprüche hinter dem nach dem Quotierungsverfahren berechneten Anspruch zurückbleiben (§ 2 Abs. 2 Satz 1 und § 2 Abs. 3 Satz 1 BetrAVG), während für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes solche Ergänzungsansprüche nicht vorgesehen sind. Das Fehlen eines Ergänzungsanspruchs wird ausgeglichen durch die Regelung in § 18 Abs. 2 BetrAVG. Nach dieser Bestimmung erhält der ausgeschiedene Arbeitnehmer für jedes volle Jahr der Pflichtversicherung bei einer Zusatzversorgungseinrichtung 0,4 v.H. seines Arbeitsentgelts als monatliche Zusatzrente. Diese Rente wird berechnet nach Dauer der Betriebszugehörigkeit und nach der Höhe des Arbeitsentgelts, das für die Leistungsbemessung maßgebend wäre, wenn im Zeitpunkt des Ausscheidens der Versicherungsfall im Sinne der Satzung der Zusatzversorgungseinrichtung eingetreten wäre. Die Dynamisierung des Faktors "Arbeitsentgelt" muß bei der Gesamtbewertung der unterschiedlichen Regelungen berücksichtigt werden.
c) Die gesetzlichen Bestimmungen über die Nachversicherung verletzen den Gleichheitssatz ferner nicht dadurch, daß sie nicht zwischen Arbeitnehmern mit Einkommen unterhalb oder oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Sozialversicherung unterscheiden. Tatsächlich wird der Kläger im Falle der Nachversicherung so behandelt, wie er behandelt werden müßte, wenn von Anfang an für ihn eine Zusatzversorgung bei einer Zusatzversorgungseinrichtung begründet worden wäre. Für die in der Zusatzversorgung versicherten Arbeitnehmer werden Umlagen nach dem zusatzversorgungspflichtigen Entgelt gezahlt (vgl. § 8 Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe - VersorgungsTV - vom 4. November 1966 mit späteren Änderungen; § 29 VBL-Satzung). Nur in der gesetzlichen Rentenversicherung hat die Beitragsbemessungsgrenze eine Bedeutung. Ihre sachliche Berechtigung kann aus Gründen des Verfassungsrechts nicht bezweifelt werden.
d) Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, der Gesetzgeber hätte bei der Anordnung der Nachversicherung zwischen tariflichen und außertariflichen Angestellten unterscheiden müssen. Eine solche Unterscheidung ist sachlich nicht geboten. Die Nachversicherung soll einen zusätzlichen Versorgungsbedarf decken. Dieser entsteht bei tariflichen oder außertariflichen Angestellten in gleicher Weise; hierfür ist unerheblich, ob ein Arbeitnehmer vom persönlichen Geltungsbereich eines Tarifvertrags erfaßt wird oder nicht. Dieses Kriterium ist ungeeignet, um den Versorgungsbedarf eines Arbeitnehmers zu ermitteln.
e) Auf die Benachteiligung seines Arbeitgebers als Versicherungsunternehmen in der Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gegenüber privaten Versicherungsunternehmen kann sich der Kläger nicht berufen. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob Versicherungsunternehmen des öffentlichen Rechts gegenüber privaten Versicherungsunternehmen dadurch benachteiligt sind, daß sie ihren Angestellten nur eine Versorgung versprechen können, wie sie im öffentlichen Dienst üblich ist. Diese Verletzung des Gleichheitssatzes könnten allenfalls die betroffenen Versicherungsunternehmen selbst geltend machen.
f) Der Senat ist in seiner bisherigen Rechtsprechung von der Verfassungsmäßigkeit des § 18 BetrAVG ausgegangen (BAGE 37, 198, 204 = AP Nr. 3 zu § 18 BetrAVG; BAGE 49, 11, 18 = AP Nr. 12 zu § 18 BetrAVG, zu III der Gründe). Er hält die Bestimmung weiterhin - entgegen der Auffassung des Klägers - für verfassungsgemäß.
Dr. Heither Schaub Griebeling
Dr. Schwarze Grimm
Fundstellen
Haufe-Index 438350 |
BAGE 58, 58-69 (LT1-4) |
BAGE, 58 |
DB 1988, 2463-2464 (LT1-4) |
JR 1989, 88 |
NZA 1989, 213-215 (LT1-4) |
RdA 1989, 66 |
AP § 18 BetrAVG (LT1-4), Nr 17 |
AR-Blattei, Betriebliche Altersversorgung V Entsch 10 (LT1-4) |
AR-Blattei, ES 460.5 Nr 10 (LT1-4) |
EzA § 18 BetrAVG, Nr 9 (LT1-4) |
EzBAT § 9 Versorgungs-TV, Nr 1 (LT1-4) |