Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung: Mitarbeiterin in neurologischem REHA-Zentrum
Orientierungssatz
Hinweise des Senats:
"Fortsetzung der Rechtsprechung des Senats zu den Tatbestandsmerkmalen der Ausübung entsprechender Tätigkeiten aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrung"
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des
Landesarbeitsgerichts Bremen vom 25. August 1998 - 1 Sa 261/96
- wird
zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung der Klägerin nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (im folgenden: AVR).
Die am 14. März 1948 geborene Klägerin ist Kinderkrankenschwester. Sie trat am 1. Februar 1989 in die Dienste des Beklagten, eines eingetragenen Vereins, der ua. Träger des Neurologischen Rehabilitationszentrums F. (nachfolgend: NRZ) ist. Das Arbeitsverhältnis der Parteien richtet sich nach dem schriftlichen Dienstvertrag vom 9. Januar 1989. Nach dessen § 1 wurde die Klägerin als Kinderkrankenschwester für das NRZ eingestellt. In § 2 des Vertrages ist bestimmt, daß für das Dienstverhältnis die AVR in der jeweils gültigen Fassung gelten. Bei ihrer Einstellung wurde die Klägerin in VergGr. V c AVR "eingestuft" (§ 3 des Vertrages).
Das NRZ ist durch Vertrag des Beklagten mit dem AOK-Landesverband Bremen und dem Landesverband der Betriebskrankenkassen im Lande Bremen vom 18. März 1987 "als Spezialeinrichtung i.S. des § 184 a RVO" anerkannt worden. Es steht unter ärztlicher Leitung und dient in erster Linie der medizinischen Rehabilitation von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 2 bis 25 Jahren. Krankheitsbilder, bei denen die Aufnahme indiziert ist, sind Zustände nach
- Blutungen im Schädelinnenraum
- zerebralen Gefäßerkrankungen/Gefäßverschlüssen
- Infektionen im Bereich des zentralen Nervensystems (Meningitis, Enzephalitis, Hirnabszess)
- Tumorerkrankungen/-operationen im Bereich des zentralen Nervensystems
- Verletzungen des übrigen Nervensystems mit neurologischen Ausfällen (zB traumatische Plexusparesen)
- sonstigen peripheren - neurogenen Schädigungen (zB Polyneuritis, Polyradicumlomyelitis)
- hypoxischen Hirnschädigungen
bzw. bei folgenden Symptomen
- motorischen Funktionsstörungen (spastischen und schlaffen Lähmungen, Ataxien, Störungen der unwillkürlichen Bewegungen)
- Sprach-, Sprech- und Stimmstörungen (Dysphasie, Dysarthrie, Dysphonie)
- neuropsychologischen Funktionsstörungen (zB Merkfähigkeits-, Konzentrations-, Antriebsstörungen, Störungen der visuomotorischen Koordination)
- begleitenden psychoreaktiven Störungen
- zerebralen Krampfanfällen (Epilepsie)
Die Patienten werden nur für die Dauer der ärztlichen Behandlung aufgenommen. Das Ziel der Behandlung nach einem ärztlichen Heilplan im NRZ ist darauf gerichtet, die durch verschiedene Ursachen sekundär erlittenen Schädigungen des Gehirns und die daraus erwachsenen funktionellen Beeinträchtigungen durch gezielte ärztlich geleistete Maßnahmen zu beheben bzw. wesentlich zu verbessern. Erst dann, wenn diese Maßnahmen erfolglos bleiben, wird daran gedacht, die Erkrankten, falls eine Rückkehr in die Familie nicht möglich ist, in eine Behindertengruppe eines Heims außerhalb des NRZ zu integrieren. Demzufolge werden Personen, bei denen von vornherein eine negative Zukunftsprognose hinsichtlich der Beseitigung oder Besserung der erlittenen Schädigungen vorliegt, im NRZ nicht behandelt. Das NRZ strebt im Interesse der bestmöglichen Rehabilitation und Reintegration in Familie und Gesellschaft, Schule, Ausbildung und Beruf eine Frührehabilitation an, dh. eine möglichst nahtlose Verlegung am Ende der Akutphase aus der behandelnden Klinik in das NRZ. Erst nach der Behandlung im NRZ werden die Rehabilitanden zum Teil in Einrichtungen wie zB Berufsbildungswerken und Sonderschulen aufgenommen.
Die Klägerin ist tätig im Wohnbereich A des NRZ und gehört dem Pflege- und Betreuungsdienst an. Sie wird vom Beklagten nach der VergGr. Kr 5 a AVR vergütet. Die Klägerin erhebt Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. V b AVR ab 1. Januar 1992. Sie hat vorgetragen, sie habe folgende Aufgaben wahrzunehmen:
- Grund- und Behandlungspflege
- Betreuung bei Tag und Nacht, Betreuung in der Freizeit
- Förderung des Lebens in der Gemeinschaft mit anderen Kindern und Jugendlichen
- spezielle therapeutische Aufgaben.
Ihre Tätigkeit lasse sich im wesentlichen in fünf Arbeitsvorgänge aufgliedern:
- Pflegerisch-medizinisches Handeln
- lebenspraktischer Bereich
- sozial-emotionaler Bereich
- Regeneration und Ruhepausen innerhalb des Therapietages
- Elternarbeit.
Die von ihr erledigten Tätigkeiten entsprächen in erster Linie nicht ihrer Qualifikation als Kinderkrankenschwester, sondern vielmehr der Tätigkeit einer Erzieherin oder Heilerziehungspflegerin in einer Behinderteneinrichtung. Dies ergebe sich aus den von ihr vorgelegten Arbeitsaufzeichnungen. Sie übe die gleichen Tätigkeiten aus wie die bei dem Beklagten beschäftigten Erzieher und Heilpädagogen bzw. Heilerziehungspfleger. Demzufolge sei sie in den Einzelgruppenplan (EGP) 71 A "Krankenschwestern/Krankenpfleger, Kinderkrankenschwestern/Kinderkrankenpfleger" fehlerhaft eingruppiert. Die Berufsgruppeneinteilung K trage den Titel "Pflegedienst". Da sie weniger als ein Viertel ihrer Gesamtarbeitszeit Grund- und Behandlungspflege erbringe, könne sie dort nicht eingruppiert werden. Soweit sie pflegerisch tätig werde, erbringe sie Leistungen, die auch von dem pflegerisch nicht geschulten Personal erbracht werden könnten. Richtigerweise sei sie in den EGP 25 "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Behindertenhilfe" einzugruppieren. Die Eingruppierung nach den AVR folge der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit, auf die Art der Einrichtung komme es nicht an. Davon abgesehen sei das NRZ unter Berücksichtigung von § 107 SGB V als Einrichtung der Behindertenhilfe zu qualifizieren. Die dort behandelten Patienten seien fast ausnahmslos von Behinderung bedroht. Für den Fall der Nichtanwendbarkeit des EGP 25 sei sie in den EGP 01 "Allgemeine Eingruppierungsmerkmale" einzuordnen. Dort würde sie die Fallgr. 15 zur VergGr. V b AVR erfüllen.
Die Klägerin hat beantragt festzustellen, daß der Beklagte
verpflichtet ist, der Klägerin seit dem 1. Januar 1992 Vergütung nach VergGr. V b der Arbeitsvertragsrichtlinien zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat vorgetragen, die Vergütung der Klägerin richte sich nicht nach den Tätigkeitsmerkmalen des EGP 25. Denn die Klägerin sei keine Mitarbeiterin in der Behindertenhilfe. "Einrichtungen für Behinderte" im Sinne des EGP 25 seien solche, die Behinderte - abgesehen von den Ausnahmen für den Sozial- und Erziehungsdienst (EGP 21) und Kindertagesstätten (EGP 22) - auf Dauer aufnähmen, nicht aber Einrichtungen, welche Behinderte nur zur stationären Behandlung für den dafür erforderlichen Zeitraum aufnähmen. Das NRZ sei danach keine Einrichtung der Behindertenhilfe, seine Mitarbeiter dementsprechend nicht in der Behindertenhilfe beschäftigt. Das NRZ sei eine Rehabilitationseinrichtung mit Versorgungsvertrag gem. § 111 in Verb. mit § 107 Abs. 2 Ziff. 1 b und 2 SGB V, also ein Spezialkrankenhaus. Hieraus leite sich die Aufgabenstellung des NRZ ab. Die Aufgabenstellung einer einzelnen Mitarbeiterin könne nicht außerhalb dieses Auftrages liegen. Voraussetzung für alle Tätigkeiten einer im NRZ tätigen Krankenschwester/Kinderkrankenschwester sei die Kenntnis der zu behandelnden Krankheitsbilder mit ihren im Verlauf sich ändernden Symptomen und das Verständnis für deren Auswirkungen. In allen Tätigkeiten habe die fachspezifische Beobachtung, auf der die Dokumentation des Verlaufes beruhe, einzufließen. Die Klägerin sei im NRZ mit Aufgaben betraut, die typisch für eine Kinderkrankenschwester seien. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liege nicht auf erzieherischem Gebiet. Die Tätigkeiten einer Krankenschwester/Kinderkrankenschwester im NRZ sei deshalb eine überwiegend pflegerische, weil alles, was sie tue, auf fachlicher Grundlage aus fachspezifischer Sicht geschehe und geschehen müsse. Somit sei die Eingruppierung der Klägerin als Kinderkrankenschwester zutreffend in den EGP 71 A vorgenommen worden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Mit Recht haben die Vorinstanzen die als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage abgewiesen.
I. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. V b AVR.
1. Auf das Arbeitsverhältnis finden die AVR kraft vertraglicher Vereinbarung der Parteien Anwendung. Damit hat der Beklagte an die Klägerin die nach den AVR zutreffende Vergütung zu zahlen. Die Angabe einer unzutreffenden Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag schließt diesen Anspruch nicht aus (ständige Rechtsprechung des Senats, zB 6. August 1997 - 4 AZR 195/96 - AP AVR Diakonisches Werk § 12 Nr. 7 mwN).
2. Für die Eingruppierung der Klägerin sind die folgenden Fassungen der AVR von Bedeutung:
a) AVR in der vom 1. April 1991 bis 31. März 1994 geltenden Fassung (AVR aF) "§ 12 Eingruppierung
(1) Der Mitarbeiter ist nach den in den Anlagen 1 a - 1 c festgelegten Tätigkeitsmerkmalen in der Gruppe eingruppiert, die der von ihm überwiegend auszuübenden Tätigkeit entspricht. Die Eingruppierung ist im Dienstvertrag anzugeben.
(2) Die Eingruppierung erfolgt nach der Berufsgruppeneinteilung A (Anlage 1 a), nach der Berufsgruppeneinteilung K (Anlage 1 b) und nach der Berufsgruppeneinteilung H (Anlage 1 c).
Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person des Mitarbeiters bestimmt, muß auch diese Anforderung erfüllt sein.
..."
b) AVR in der für die Zeit ab dem 1. April 1994 geltenden Fassung (AVR nF) "§ 12
(1) Die Eingruppierung des Mitarbeiters richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Berufsgruppeneinteilungen A, K und H in den Anlagen 1 a, 1 b und 1 c. Der Mitarbeiter erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in der er eingruppiert ist. Die Vergütungsgruppe des Mitarbeiters ist im Dienstvertrag anzugeben.
(2) Der Mitarbeiter ist in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.
Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmales oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung i.d.R. erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden (zB vielseitige Fachkenntnisse), sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen.
..."
3. Die Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1 a zu § 12 AVR (Berufsgruppeneinteilung A), auf die die Klägerin den Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. V b AVR ab 1. Januar 1992 stützt, lauten:
EGP 25
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Behindertenhilfe
(B/L) und (K)
...
Vergütungsgruppe VII
...
6. Heilerziehungshelferinnen und Heilerziehungshelfer mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrung entsprechende Tätigkeiten ausüben (Anm. 1, 3)
Vergütungsgruppe VIb
7. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie zu 6. nach vierjähriger Bewährung (Anm. 1, 3)
Vergütungsgruppe Vc
8. Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger, Erzieherinnen und Erzieher, Krankenschwestern und Krankenpfleger mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrung entsprechende Tätigkeiten ausüben (Anm. 1, 13)
...
Vergütungsgruppe Vb
10. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie zu 8. und 9. nach vierjähriger Bewährung in der jeweiligen Fallgruppe (Anm. 1, 4).
...
Die in den vorzitierten Tätigkeitsmerkmalen genannten Anmerkungen 1, 3 und 4 sind für den Streitfall nicht von Bedeutung. Anmerkung 13 lautet:
Anmerkungen zu EGP 25
...
(13) Sonstige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfüllen zB das Tätigkeitsmerkmal der Erfahrung nach fünfjähriger Tätigkeit in Fallgruppe 6 und 7 und das Tätigkeitsmerkmal der gleichwertigen Fähigkeiten durch eine vom jeweiligen gliedkirchlichen Diakonischen Werk anerkannte, durch einen Fähigkeitsnachweis beendete Weiterbildung.
...
EGP 01
Allgemeine Eingruppierungsmerkmale (B/L)
...
Vergütungsgruppe Vb
...
15. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die gründliche, umfassende, in der Regel durch eine Fachprüfung nachgewiesene Fachkenntnisse und überwiegend selbständige Leistungen erfordern.
...
4. Die Entscheidung über den Anspruch der Klägerin erfordert weder die Feststellung, welche Tätigkeiten die Klägerin im Sinne des § 12 AVR aF bis zum 31. März 1994 überwiegend auszuüben hatte, noch für die Zeit ab 1. April 1994 nach § 12 AVR nF die Feststellung von Arbeitsvorgängen in dem in den von ihr herangezogenen Tätigkeitsmerkmalen zeitlich geforderten Umfang. Denn die Tätigkeit der Klägerin erfüllt unabhängig vom Zuschnitt ihrer Tätigkeit und deren Arbeitsvorgängen nicht die Tätigkeitsmerkmale des EGP 25, auf die sie ihren Anspruch stützt; der EGP 01 ist für ihre Eingruppierung nicht einschlägig.
5. Zur Bestimmung der zutreffenden Eingruppierung nach den AVR sind zunächst die maßgebende Berufsgruppeneinteilung A (Anlage 1 a), K (Anlage 1 b) oder H (Anlage 1 c) festzustellen, dann der zutreffende Einzelgruppenplan innerhalb der maßgeblichen Berufsgruppeneinteilung und schließlich die maßgebende Vergütungsgruppe und Fallgruppe innerhalb des zutreffenden Einzelgruppenplans zu bestimmen.
6. Es spricht zwar viel für die sorgfältig begründete Auffassung des Landesarbeitsgerichts, daß die Klägerin nicht in einer "Einrichtung der Behindertenhilfe" bzw. nicht "in der Behindertenhilfe" tätig ist. Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung. Selbst wenn das Gegenteil zugunsten der Klägerin unterstellt wird, sind die Anforderungen der VergGr. V b Fallgr. 10 AVR des dann für ihre Eingruppierung maßgeblichen EGP 25 nicht erfüllt.
a) Nach diesem Tätigkeitsmerkmal sind "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie zu 8 und 9 nach vierjähriger Bewährung in der jeweiligen Fallgruppe" der VergGr. V c AVR in VergGr. V b AVR eingruppiert. Die Klägerin beruft sich lediglich darauf, die Anforderungen der VergGr. V c Fallgr. 8 AVR zu erfüllen. Nach dieser sind Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger, Erzieherinnen und Erzieher, Krankenschwestern und Krankenpfleger mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrung entsprechende Tätigkeiten ausüben, in VergGr. V c AVR eingruppiert.
aa) Da die Klägerin nicht über die staatliche Anerkennung als Heilerziehungspflegerin verfügt, kommt für sie insoweit nur die zweite Alternative der VergGr. V c Fallgr. 8 AVR in Betracht. Danach müßte die Klägerin zunächst einmal subjektiv als sonstige Angestellte kraft gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrung über die gleiche fachliche Qualifikation verfügen wie eine Heilerziehungspflegerin mit staatlicher Abschlußprüfung. Dabei wird nicht ein Wissen und Können verlangt, wie es durch diese Ausbildung vermittelt wird, wohl aber eine ähnlich gründliche Beherrschung eines entsprechend umfangreichen Wissensgebietes, wobei freilich Fähigkeiten und Erfahrung auf einem eng begrenzten Teilgebiet der Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin nicht ausreichen (ständige Rechtsprechung des Senats zum sog. "sonstigen Angestellten" zB 29. Januar 1986 - 4 AZR 465/84 - BAGE 51, 59; 17. Januar 1996 - 4 AZR 602/94 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Arbeiterwohlfahrt Nr. 3 und 8. Oktober 1997 - 4 AZR 151/96 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 232 jeweils mwN). Außerdem muß die Mitarbeiterin noch "entsprechende Tätigkeiten" ausüben. Nur wenn diese beiden Erfordernisse kumulativ erfüllt sind, wird den Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals genügt (Senat 17. Januar 1996 - 4 AZR 602/94 - aaO mwN).
Bezüglich der subjektiven Voraussetzung der gleichwertigen fachlichen Qualifikation hat der Senat zwar anerkannt und hervorgehoben, daß es rechtlich möglich ist, aus der ausgeübten Tätigkeit eines Angestellten Rückschlüsse auf seine Fähigkeiten und Erfahrungen bzw. Erfahrung zu ziehen. Daraus können jedoch weder der Rechtssatz noch der allgemeine Erfahrungssatz hergeleitet werden, daß immer dann, wenn ein "sonstiger Angestellter" bzw. "sonstiger Mitarbeiter" "entsprechende Tätigkeiten" ausübt, dieser auch über eine gleichwertige fachliche Qualifikation wie der Mitarbeiter mit der in der ersten Alternative eines Tätigkeitsmerkmals geforderten Ausbildung verfügt. Vielmehr zeigt die Lebenserfahrung, daß "sonstige Angestellte", selbst wenn sie im Einzelfall "entsprechende Tätigkeiten" ausüben, gleichwohl - anders als ein Mitarbeiter mit der in der ersten Alternative vorausgesetzten Ausbildung - häufig an anderen Stellen deswegen nicht eingesetzt werden können, weil ihnen für andere Tätigkeiten Fähigkeiten und Erfahrungen bzw. Erfahrung fehlen (Senat 17. Januar 1996 - 4 AZR 602/94 - aaO mwN).
Die Klägerin hat sich darauf beschränkt zu behaupten, sie verrichte die gleichen Tätigkeiten wie die im Betreuungsdienst des NRZ tätigen Heilerziehungspfleger und Erzieher. Vortrag zum Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen der zweiten Alternative der Fallgr. 8 der VergGr. V c AVR hat die Klägerin, die die Darlegungs- und Beweislast für alle anspruchsbegründenden Tatsachen trägt (Senat 17. Januar 1996 - 4 AZR 602/94 - aaO mwN), insbesondere auch zu den Voraussetzungen der Anmerkung 13 zum EGP 25, versäumt. Ihrem Vortrag läßt sich nicht einmal entnehmen, ob sie für sich in Anspruch nimmt, die Tätigkeit einer Heilerziehungspflegerin oder diejenige einer Erzieherin auszuüben.
Auch aus den von ihr im Betreuungsdienst des NRZ ausgeübten Tätigkeiten kann nicht auf die Erfüllung der subjektiven Anforderungen an den sonstigen Angestellten der Fallgr. 8 VergGr. V c AVR geschlossen werden. Denn ihre Tätigkeiten belegen nur Fähigkeiten und Erfahrung auf einem eng begrenzten Teilgebiet der Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin. Diese ist sozialpädagogisch und pflegerisch ausgebildet für alle Einrichtungen und Dienste der Behindertenhilfe für Menschen aller Altersstufen mit Behinderungen geistiger, körperlicher und/oder seelischer Art. Ihre Ausbildung qualifiziert die Heilerziehungspflegerin nicht nur für sozialpädagogische und pflegerische Tätigkeiten in Einrichtungen der Behindertenhilfe, insbesondere im Bereich des Wohnens und in Werkstätten für Behinderte, sondern auch in der Frühförderung, in integrativen Kindergärten, als Unterrichtshilfen an Sonderschulen sowie im Tagesstättenbereich, in ambulanten Diensten und psychiatrischen Einrichtungen sowie in Wohneinrichtungen der Jugendhilfe (Blätter zur Berufskunde Heilerziehungspfleger/Heilerziehungspflegerin, Heilerzieher/Heilerzieherin 2-IV A 14 3. Aufl., zu 1.1, 1.2.2). Gemessen daran belegen die Tätigkeiten der Klägerin im Betreuungsdienst des NRZ nur Fähigkeiten und Erfahrung auf einem eng begrenzten Teilgebiet des Berufs der Heilerziehungspflegerin, nämlich die Fähigkeiten und Erfahrung, die benötigt werden, in Teamarbeit einen ganz bestimmten Personenkreis, nämlich junge Menschen im Alter von 2 - 25 Jahren, mit ganz spezifischen Schädigungen, vorwiegend des Hirns und des Nervensystems, in einem Zeitraum von regelmäßig acht Wochen nach der Akutphase während ihrer ärztlichen Behandlung zu betreuen.
bb) Auch über die staatliche Anerkennung als Erzieherin verfügt die Klägerin nicht. Hinsichtlich des Vorliegens der subjektiven Voraussetzungen der zweiten Alternative fehlt insoweit wiederum die Darlegung der Klägerin, aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrung ähnlich qualifiziert zu sein wie eine Erzieherin mit der in der ersten Alternative geforderten Ausbildung. Deren berufliche Qualifikation und Aufgabenfelder hat der Senat in seiner Entscheidung vom 17. Januar 1996 (- 4 AZR 602/94 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Arbeiterwohlfahrt Nr. 3, zu II 1.4.2.3 der Gründe) ausführlich dargestellt. Auf diese Ausführungen nimmt der Senat Bezug. Gemessen daran erlauben die von der Klägerin im NRZ ausgeübten Tätigkeiten nicht den Rückschluß auf ihre breite Einsetzbarkeit als Erzieherin auf den Arbeitsfeldern dieses Berufs, sondern belegen wiederum nur Fähigkeiten und Erfahrung auf einem eng begrenzten Teilgebiet desselben.
cc) Schließlich ist die Klägerin auch nicht als Krankenschwester mit staatlicher Prüfung und entsprechender Tätigkeit im Sinne der VergGr. V c Fallgr. 8 AVR eingruppiert. Denn zum einen verfügt die Klägerin nicht über die Ausbildung zur Krankenschwester, sondern über diejenige zur Kinderkrankenschwester. Diese erfüllt nicht das Tatbestandsmerkmal "Krankenschwester" in VergGr. V c Fallgr. 8 AVR, wie der Vergleich mit den Regelungen der EGP 71 A und EGP 71 B zeigt. Denn in der Fußnote zur Überschrift des EGP 71 A "Krankenschwestern/Krankenpfleger, Kinderkrankenschwestern/Kinderkrankenpfleger" ist bestimmt, daß die Bezeichnungen Krankenschwestern/Krankenpfleger auch Kinderkrankenschwestern/Kinderkrankenpfleger umfassen. Die gleiche Bestimmung findet sich auch in der Vorbemerkung zum EGP 71 B. Für die Bezeichnung "Krankenschwester" in VergGr. V c Fallgr. 8 AVR fehlt eine Bestimmung dieses Inhalts. Eine Kinderkrankenschwester erfüllt daher nicht diese Anforderung. Dies sieht auch die Klägerin so, wie die Verhandlung vor dem Senat gezeigt hat. Zudem übt die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag nicht die Tätigkeit einer Krankenschwester aus, erfüllt also nicht das Merkmal der Ausübung von diesem Beruf "entsprechenden Tätigkeiten". So hat sie zB mit Schriftsatz vom 3. Januar 1996 behauptet: "Die Klägerin ist Kinderkrankenschwester. Die Klägerin übt jedoch keine einer (Kinder-) Krankenschwester entsprechende Tätigkeit aus."
b) Folglich hat sich die Klägerin nicht vier Jahre in VergGr. V c Fallgr. 8 AVR bewährt, wie dies der Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V b AVR nach Fallgr. 10 erfordert.
7. Die Klägerin ist auch nicht nach der Fallgr. 15 der Allgemeinen Eingruppierungsmerkmale (EGP 01) in VergGr. V b AVR eingruppiert.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung zum BAT haben die allgemeinen tariflichen Tätigkeitsmerkmale des Teils I der Anlage 1 a zum BAT zwar auch eine Auffangfunktion und können deshalb bei Fehlen spezieller Tätigkeitsmerkmale für die zu bewertende Tätigkeit auch für solche Aufgaben herangezogen werden, die nicht zu den eigentlichen behördlichen bzw. zu den herkömmlichen Verwaltungsaufgaben im engeren Sinne zählen. Diese Möglichkeit besteht allerdings nur dann, wenn die betreffende Tätigkeit trotz ihrer Spezialität noch einen unmittelbaren Bezug zu den eigentlichen allgemeinen Verwaltungsaufgaben hat (Senat 4. August 1993 - 4 AZR 515/92 - BAGE 74, 47 mwN). Für die insoweit gleichartig gestaltete Vergütungsordnung der AVR gilt nichts anderes. Daher kann der EGP 01 für die Eingruppierung der Klägerin nicht herangezogen werden, denn ihre Tätigkeit im Betreuungsdienst des NRZ läßt keinen Bezug zum allgemeinen Verwaltungsdienst erkennen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats für Tätigkeiten des Sozial- und Erziehungsdienstes, als den die Klägerin ihre Arbeit versteht (zB Senat 8. September 1999 - 4 AZR 688/98 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Daran hält der Senat fest.
b) Davon abgesehen verharrt der Vortrag der Klägerin zum Vorliegen der Anforderungen der Fallgr. 15 der VergGr. V b AVR im allgemeinen. So führt sie etwa zu der Anforderungskombination der "überwiegend selbständigen Leistungen" lediglich aus, sie sei fast ausschließlich aufgrund eigener Initiative tätig, das therapeutische Einwirken auf kranke und behinderte Menschen erfordere mehr als nur leichte geistige Anstrengung. Damit trägt sie keine Tatsachen vor, sondern Wertungen, für die diese rechtfertigende Tatsachengrundlagen möglicherweise nicht vorhanden sind, deren Vorliegen bei diesem Vorbringen jedenfalls nicht überprüfbar ist.
8. Auf eine Vergütung nach einer höheren Kr-Vergütungsgruppe als diejenige der VergGr. Kr 5 a, die sie erhält, erhebt die Klägerin keinen Anspruch.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Schliemann
Friedrich Bott v. Dassel
Wolf
Fundstellen