Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung: Handwerksmeister in der Meßtechnik nach VergO-NDR 1990

 

Leitsatz (redaktionell)

Eingruppierung eines Meisters im Handwerk der Radio- und Fernmeldetechnik, der ein Studium an der Fachhochschule Hamburg Fachbereich Elektrotechnik nach bestandener Vorprüfung nicht beendet hat, in der überwiegenden Tätigkeit der Messung und Prüfung von Anlagen wie MAZ-Anlagen, Kamera-, Schalt- und Kontrollanlagen sowie Sendeabwicklungs- und -überwachungsanlagen und Tonanlagen sowie der Suche und Behebung von Fehlern an diesen Anlagen in der Abteilung Tonmeßtechnik/Hörfunk beim NDR nach der Vergütungsgruppe für „Erste Technikerinnen/Erste Techniker” oder für „Ingenieurinnen/Ingenieure mit Zeugnis als Diplom-Ingenieurinnen/Diplom-Ingenieure” der Vergütungsordnung des Norddeutschen Rundfunks in der ab 1. Juli 1990 geltenden Fassung.

 

Normenkette

Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beim Norddeutschen Rundfunk vom 18. November 1976 in der ab 7. Oktober 1991 geltenden Fassung, Ziff. 512.1; Vergütungsordnung für den Norddeutschen Rundfunk in der ab 1. Juli 1974 geltenden Fassung: Vergütungsgruppe 7 (Gehobene Techniker), Vergütungsgruppe 6 (Ingenieure mit Zeugnis als graduierter Ingenieur oder Technischer Angestellter in der Tätigkeit eines Ingenieurs); Vergütungsordnung für den Norddeutschen Rundfunk in der ab 1. Juli 1990 geltenden Fassung: Vergütungsgruppe 6 (Erste Technikerinnen/Erste Techniker), Vergütungsgruppe 5 (Ingenieurinnen/Ingenieure mit Zeugnis als Diplom-Ingenieurin/Diplom-Ingenieur)

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Urteil vom 19.06.1996; Aktenzeichen 4 Sa 12/96)

ArbG Hamburg (Urteil vom 30.05.1995; Aktenzeichen 5 Ca 319/94)

 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 19. Juni 1996 – 4 Sa 12/96 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen. Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Vergütung des Klägers, insbesondere darüber, ob der Kläger ab 1. August 1992 Anspruch auf Vergütung nach VergGr. 5 der Vergütungsordnung zum Manteltarifvertrag in der geltenden Fassung in Verbindung mit der Gehaltstabelle hat.

Der am 14. Juli 1944 geborene Kläger konnte ein von 1971 bis 1975 durchgeführtes Abendstudium im Fachbereich Elektrotechnik an der Fachhochschule Hamburg nach bestandener Vorprüfung aus gesundheitlichen Gründen nicht abschließen. Im Mai 1980 bestand der Kläger die Meisterprüfung im Handwerk der Radio- und Fernsehtechnik. Er bewarb sich bei dem Beklagten im Herbst 1980 auf eine von dem Beklagten ausgeschriebene Position eines Ingenieurs in der Abteilung Tonmeßtechnik/H.F. Mit Schreiben vom 2. September 1980 teilte der Beklagte dem Kläger mit, daß beabsichtigt sei, ihn ab 1. November 1980 zu beschäftigen. In dem Schreiben heißt es weiter:

„… wie Ihnen in dem persönlichen Gespräch … bereits erläutert wurde, ist für die zu besetzende Position eine längere Einarbeitungszeit erforderlich, während der die Einstellung zunächst als Gehobener Techniker vorgesehen ist. Nach erfolgreicher Einarbeitung – längstens nach Ablauf von zwei Jahren – ist Ihre Umgruppierung als Technischer Angestellter mit der Tätigkeit eines Ingenieurs vorgesehen …”

Mit Schreiben vom 25. September 1980 bestätigte der Beklagte dem Kläger die mit ihm getroffene Vereinbarung, nach der er mit Wirkung vom 1. November 1980 als Gehobener Techniker in der Tonmeßtechnik HE beschäftigt werde. Gleichzeitig übersandte der Beklagte dem Kläger den Arbeitsvertrag vom 25. September 1980, in dem es u.a. heißt:

„Der Arbeitnehmer ist im NDR seit dem 1. November 1980 angestellt und wird als Gehobener Techniker beschäftigt.”

§ 11 Abs. 3 des Arbeitsvertrages lautet:

„Im übrigen gelten die Bestimmungen des jeweils vom NDR angewandten Tarifvertrages und die beim NDR geltenden Ordnungen, Dienstanweisungen, Grundsätze und Richtlinien in ihrer jeweiligen Fassung.”

Mit Schreiben vom 15. Oktober 1981 teilte der Beklagte dem Kläger mit, daß er nach erfolgreich beendeter Einarbeitungszeit ab 1. November 1981 „in die VergGr. 6 Stufe 3 umgruppiert” werde. Seine Dienstbezeichnung laute von diesem Termin ab „Technischer Angestellter”. Dabei sind sich die Parteien darüber einig, daß die Bezeichnung korrekt „Technischer Angestellter mit der Tätigkeit eines Ingenieurs” lauten muß.

Der Kläger hat kein Zeugnis als Diplom-Ingenieur.

Der Manteltarifvertrag für die beim Norddeutschen Rundfunk beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der ab 7. Oktober 1991 geltenden Fassung (MTV-NDR) bestimmt u.a. in TZ 512.1:

„Die Grundvergütung richtet sich nach der Vergütungsordnung.

Für die Eingruppierung nach der Vergütungsordnung ist die überwiegend ausgeübte Tätigkeit, mindestens aber die im Arbeitsvertrag festgelegte Tätigkeit maßgebend.

…”

Die bei der Einstellung des Klägers maßgebende und ab 1. Juli 1974 gültige Vergütungsordnung zum Manteltarifvertrag (VergO-NDR 1974) mit späteren Änderungen, die die nachstehenden Vergütungsgruppen nicht betreffen, sah in der VergGr. 7 das für den Kläger einschlägige Richtbeispiel Nr. 4 für „Gehobene Techniker” vor:

„Techniker in der Meßtechnik, die mit größerem meßtechnischen Aufwand Geräte messen, Fehler suchen und beseitigen.”

In VergGr. 6 waren u.a. eingruppiert:

„Ingenieure

mit Zeugnis als graduierter Ingenieur

oder

Technische Angestellte

mit der Tätigkeit eines Ingenieurs.

Richtbeispiele:

3. Ingenieure in der Meßtechnik, die Anlagen wie Filmabtast-(FAT-), Kamera-, Schalt- und Kontrollanlagen, Sendeabwicklungs- und Überwachungsanlagen und Tonregieanlagen messen und prüfen sowie Fehler an diesen Anlagen suchen und beheben.

…”

Dieses Richtbeispiel traf auf den Kläger zu.

In der VergO-NDR 1974 waren in die VergGr. 6 ferner eingruppiert:

„Erste Techniker,

die sich durch das Maß ihrer Verantwortung und durch die Bedeutung ihres Aufgabengebietes erheblich aus der VergGr. 7 herausheben.”

„Richtbeispiele” waren angefügt.

Durch Tarifvertrag vom 22./27. Februar/27. März 1991 setzten die Tarifvertragsparteien eine geänderte Fassung der Vergütungsordnung rückwirkend zum 1. Juli 1990 in Kraft (VergO-NDR 1990).

In den „Erläuterungen zur Vergütungsordnung” heißt es u.a.:

  1. Die fachlichen Voraussetzungen sind die Anforderungen, die zur Eingruppierung in eine Vergütungsgruppe erfüllt sein sollen; sie können durch eine andere Ausbildung oder Fortbildung oder durch entsprechende berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten ersetzt werden. Werden innerhalb einer Laufbahn in den höheren Vergütungsgruppen fachliche Voraussetzungen nicht angegeben, gelten die fachlichen Voraussetzungen der nächst unteren Vergütungsgruppe dieser Laufbahn, in der fachliche Voraussetzungen genannt sind.

    Die Erfüllung der fachlichen Voraussetzungen allein begründet keinen Anspruch auf höhere Eingruppierung.

  2. Die Richtbeispiele kennzeichnen für die Wertigkeit einer Tarifposition typische Arbeitsplätze. Sie setzen den Maßstab für die Bewertung von nicht aufgeführten Arbeitsplätzen. Bei den Richtbeispielen sind jeweils die Tätigkeiten angegeben, die dem Arbeitsplatz das Gepräge geben.
  3. Die Art der Tätigkeit umschreibt die Tätigkeiten, die den Arbeitsplätzen einer Tarifposition das Gepräge geben. Für die Eingruppierung ist nicht erforderlich, daß alle aufgeführten Tätigkeiten an einem Arbeitsplatz ausgeübt werden.

Die Richtbeispiele für „Ingenieure mit Zeugnis als graduierter Ingenieur oder Technische Angestellte mit der Tätigkeit eines Ingenieurs” der VergO-NDR 1974 wurden teils wörtlich, teils mit Änderungen aufgrund der technischen Entwicklung der vergangenen Jahre als Richtbeispiele für „Erste Techniker” in die VergO-NDR 1990 übernommen.

Die Richtbeispiele 1 und 2 der VergO-NDR 1974 VergGr. 6 für Ingenieure/Technische Angestellte finden sich als Richtbeispiele 3 und 1 in der VergGr. 6 der VergO-NDR 1990 für Erste Technikerinnen/Erste Techniker wieder. Soweit es den Kläger betrifft, ist das Richtbeispiel Nr. 3 der VergGr. 6 der VergO-NDR 1974 für „Ingenieure mit Zeugnis als graduierter Ingenieur oder Technische Angestellte mit der Tätigkeit eines Ingenieurs” abgesehen von der Ersetzung der „Filmabtastanlagen” durch „MAZ-Anlagen” (= Magnetaufzeichnungsanlagen) wörtlich in das Richtbeispiel Nr. 5 der VergGr. 6 der VergO-NDR 1990 für „Erste Technikerinnen/Erste Techniker” übernommen. Es lautet:

„Technikerinnen/Techniker, in der Meßtechnik, die Anlagen wie MAZ-Anlagen, Kamera-, Schalt- und Kontrollanlagen sowie Sendeabwicklungs- und -überwachungsanlagen und Tonregieanlagen messen und prüfen sowie Fehler an diesen Anlagen suchen und beheben”.

Die Gruppe der „technischen Angestellten mit der Tätigkeit eines Ingenieurs” der VergO-NDR 1974 ist, was die Bezeichnung betrifft, entfallen; die Tätigkeiten sind bei der Neufassung dieser Vergütungsgruppe der Gruppe der „Ersten Technikerinnen/Ersten Techniker” zugeordnet worden, die nach der VergO-NDR 1974 ebenfalls in VergGr. 6 eingruppiert waren.

In der VergO-NDR 1990 sind Ingenieure nicht mehr in VergGr. 6 eingruppiert. Ingenieure sind in der für sie neu geschaffenen VergGr. 5 eingruppiert. Dort heißt es:

„Ingenieurinnen/Ingenieure

mit Zeugnis als Diplom-Ingenieurin/Diplom-Ingenieur.

Richtbeispiele:

1) Ingenieurinnen/Ingenieure in der Meßtechnik.

2) Ingenieurinnen/Ingenieure im Planungswesen.

3) Ingenieurinnen/Ingenieure im Bauwesen.”

In VergGr. 5 der VergO-NDR 1990 sind „Produktionsingenieurinnen/Produktionsingenieure mit Zeugnis als Diplom-Ingenieurin/Diplom-Ingenieur” eingruppiert. Zwei Richtbeispiele sind angefügt.

Der Kläger übt nach wie vor die Tätigkeiten aus, wie sie nach der VergO-NDR 1974 in VergGr. 6 Richtbeispiel 3 und nach der VergO-NDR 1990 in VergGr. 6 Richtbeispiel 5 umschrieben sind. Der Inhalt seiner Aufgaben und seiner Tätigkeiten hat sich nicht geändert.

Mit Schreiben vom 23. Februar 1993 verlangte der Kläger erfolglos „nachträgliche Richtigstellung seiner Eingruppierung als Ingenieur in die VergGr. 5”. Mit der am 8. August 1994 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger weiter sein Ziel, ab 1. August 1992 nach VergGr. 5 VergO-NDR 1990 vergütet zu werden.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, im Zuge der Veränderungen, die im einschlägigen Bereich in den jeweiligen Vergütungsordnungen erfolgt seien, stehe ihm nach der VergO-NDR 1990 Vergütung nach VergGr. 5 zu. Die von ihm ausgeübte Tätigkeit habe der Sache nach Ingenieurszuschnitt. Er habe durch seinen Bildungsgang und durch die ihm übertragenen Aufgaben die Kenntnisse und Erfahrungen erworben, die in der Summe den Kenntnissen und Erfahrungen entsprächen, die im Rahmen eines Ingenieurstudiums erworben würden. Er weise die gleiche Verwendungsbreite auf, die ein geprüfter Fachschulingenieur besitze. Außerdem habe ihm der Beklagte bescheinigt, ab dem 1. November 1981 die Tätigkeit eines Ingenieurs auszuüben, ohne graduierter Ingenieur zu sein. Er sei also ab dem 1. November 1981 nicht als „Technischer Angestellter” beschäftigt worden, sondern als „Ingenieur”. Er sei nur deshalb als „Technischer Angestellter” bezeichnet worden, weil er nicht graduiert gewesen sei. Die von ihm nach der Neufassung der VergO-NDR ausgeübte Tätigkeit bleibe Ingenieurstätigkeit. Sie bleibe dies aufgrund der individualvertraglichen Bestätigungen des Beklagten in dessen Schreiben vom 2. September 1980 und 15. Oktober 1981. Sie bleibe dies aber auch tarifrechtlich. Nicht nur Ingenieure mit entsprechendem Diplom seien in der VergGr. 5 der VergO-NDR 1990 eingruppiert, sondern auch solche Mitarbeiter, die gemäß Nr. 1 der „Erläuterungen zur Vergütungsordnung” diese fachlichen Voraussetzungen (Diplom als Ingenieur) „durch entsprechende berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten” ersetzten.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Vergütung nach der VergGr. 5 der ab 1. Juli 1990 geltenden Fassung der beim Beklagten geltenden Vergütungsordnung zu zahlen ab dem 1. August 1992 und die sich aus den nachzuzahlenden Beträgen ergebenden Nettodifferenzbeträge ab 18. August 1994 und sodann folgender Fälligkeit mit jeweils 4 % p.a. zu verzinsen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die vom Kläger überwiegend wahrgenommenen Tätigkeiten seien dem Richtbeispiel Nr. 5 für „Erste Technikerinnen/Erste Techniker” in der VergGr. 6 der VergO-NDR 1990 zuzuordnen. Die tarifvertragliche Bewertung lasse eine Vergütung nach VergGr. 5 nicht zu. Nach Auffassung der Tarifvertragsparteien seien die vom Kläger überwiegend ausgeübten Tätigkeiten keine typischen Ingenieurstätigkeiten, so daß es auf die vom Kläger erworbenen beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten nicht ankomme. Der Kläger sei nicht aufgrund seiner Ausbildung arbeitsvertraglich als „Ingenieur mit Zeugnis als graduierter Ingenieur” eingestellt worden. Dann hätte er nicht lediglich die Tätigkeit eines Ingenieurs in der Meßtechnik ausgeübt, sondern wäre auch Ingenieur in der Meßtechnik. Der Kläger erfülle nicht das Richtbeispiel Nr. 1 „Ingenieurinnen/Ingenieure in der Meßtechnik” der VergGr. 5 der VergO-NDR 1990 zu „Ingenieurinnen/Ingenieure mit Zeugnis als Diplom-Ingenieurin/Diplom-Ingenieur”.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten das arbeitsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. 5 VergO-NDR 1990 ab 1. August 1992.

I. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine der üblichen Eingruppierungsfeststellungsklagen, an deren Zulässigkeit gemäß § 256 Abs. 1 ZPO keine Bedenken bestehen und die auch für Arbeitnehmer der Rundfunkanstalten in Betracht kommt (vgl. BAGE 30, 281, 285 = AP Nr. 6 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk und BAG Urteil vom 29. April 1981 – 4 AZR 1007/78 – AP Nr. 11 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk). Das gilt auch, soweit der Kläger die gerichtliche Feststellung anstrebt, die monatlichen Differenzbeträge seit Rechtshängigkeit oder Fälligkeit mit 4 % zu verzinsen (vgl. BAG Urteil vom 14. Juni 1995 – 4 AZR 246/94 – AP Nr. 202 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.).

II. Die Klage ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend einen Anspruch des Klägers auf Vergütung nach VergGr. 5 VergO-NDR 1990 ab 1. August 1992 verneint.

1. Ein solcher Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus dem Manteltarifvertrag für die beim Norddeutschen Rundfunk beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der ab 7. Oktober 1991 geltenden Fassung (MTV-NDR) in Verbindung mit der Vergütungsordnung in der ab 1. Juli 1990 geltenden Fassung aufgrund des Tarifvertrages vom 22727. Februar/27. März 1991 (VergO-NDR 1990).

a) Der MTV-NDR und die VergO-NDR 1990 finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft einzelvertraglicher Verweisung Anwendung.

b) Auszugehen ist von Ziff. 512.1 MTV-NDR, nach der für die Grundvergütung nach der Vergütungsordnung die überwiegend ausgeübte Tätigkeit, zumindest aber die im Arbeitsvertrag festgelegte Tätigkeit maßgebend ist. Dazu ist in Ziff. 2 der „Erläuterungen zur Vergütungsordnung” bestimmt, daß die Richtbeispiele für die Wertigkeit einer Tarifposition typische Arbeitsplätze kennzeichnen, die den Maßstab auch für die Bewertung anderer Arbeitsplätze setzen, und bei den Richtbeispielen jeweils die Tätigkeiten angegeben sind, die dem Arbeitsplatz das Gepräge geben.

Für den Kläger kommen die Merkmale der VergGr. 5 „Ingenieurinnen/Ingenieure mit Zeugnis als Diplom-Ingenieurin/Diplom-Ingenieur” und die dazu ergangenen Richtbeispiele nicht in Betracht.

Der Kläger wird nicht mit den Aufgaben eines Ingenieurs in der Meßtechnik beschäftigt. Da er Arbeiten in der Abteilung Tonmeßtechnik/Hörfunk ausführt, ist er zwar in der Meßtechnik tätig. Seine Tätigkeit ist aber nicht die eines Ingenieurs in der Meßtechnik im Tarifsinne. Das folgt daraus, daß der Kläger das Richtbeispiel Nr. 5 der VergGr. 6 der VergO-NDR 1990 für „Erste Techniker” erfüllt.

Ist die Tätigkeit als Richtbeispiel in einer niedrigeren Vergütungsgruppe aufgeführt, so kann sie nach dem tariflichen Gesamtzusammenhang nicht unter die Merkmale einer höheren Vergütungsgruppe subsumiert werden. Nur wenn die Tätigkeit in keinem Richtbeispiel aufgeführt ist, bleibt zu prüfen, ob die subjektiven Voraussetzungen – etwa Zeugnis Diplom-Ingenieur oder gleichwertiges – vorliegen und die entsprechende Tätigkeit gegeben ist und damit die begehrte Vergütungsgruppe einschlägig ist.

(1) Dieses Richtbeispiel entspricht dem Richtbeispiel Nr. 3 der VergGr. 6 der VergO-NDR 1974 für „Technische Angestellte in der Tätigkeit eines Ingenieurs”. In dem Richtbeispiel in der Fassung von 1990 ist nur der Terminus „Filmabtastanlagen” aufgrund der technischen Entwicklung durch „MAZ-Anlagen” (= Magnetaufzeichnungsanlagen) ersetzt worden. Der Beklagte hat dazu vom Kläger unwidersprochen vorgetragen, daß die Tarifvertragsparteien damit der seit dem Inkrafttreten der VergO-NDR 1974 vollzogenen technischen Entwicklung Rechnung getragen haben. Da fast alle Beiträge mit elektronischen Kameras aufgenommen und auf Videoband elektromagnetisch aufgezeichnet werden, haben Filmabtastanlagen erheblich an Bedeutung verloren. Sie werden ganz überwiegend nur noch für das Abspielen von Kinofilmen verwendet, die nur als traditionell belichteter Film vorliegen. Für die Arbeitsplätze in der Meßtechnik und die dort typischerweise zu erledigenden Aufgaben spielen daher Filmabtastanlagen allein schon wegen ihrer geringen Anzahl und Einsatzhäufigkeit keine nennenswerte Rolle mehr, so daß, ohne das sich die Bewertung insgesamt geändert hätte, das Richtbeispiel nur an dieser Stelle verändert worden ist.

(2) Der Kläger führt in der Revision aus, gegen seine Eingruppierung in die VergGr. 6 der VergO-NDR 1990 spreche der Wortlaut der Richtbeispiele. Während die VergO-NDR 1974 von einem Ingenieur der Meßtechnik gesprochen habe, sei nunmehr in der VergO-NDR 1990 von einem Techniker der Meßtechnik die Rede. Dieser Unterschied lasse sich nicht nur mit einer redaktionellen Vereinfachung erklären. Aus der Gleichstellung durch den Zusatz „mit der Tätigkeit eines Ingenieurs” werde deutlich, daß inhaltlich keine Differenzierung gewollt gewesen sei. Von daher habe auch in den Richtbeispielen eine einheitliche Beschreibung vorgenommen werden können. Gerade diese durch den Wortlaut zum Ausdruck gebrachte inhaltliche Gleichbehandlung führe nunmehr dazu, daß auch nach der neuen Vergütungsordnung der Kläger als Ingenieur zu behandeln sei.

(3) Das ist unzutreffend. Zum einen heißt es im Richtbeispiel Nr. 3 der VergO-NDR 1974 VergGr. 6 zu den Ingenieuren mit Zeugnis als graduierter Ingenieur oder Technische Angestellte mit der Tätigkeit eines Ingenieurs nicht „Ingenieur der Meßtechnik”, sondern „Ingenieure in der Meßtechnik”. Zum anderen hat das Landesarbeitsgericht zutreffend darauf hingewiesen, daß im Richtbeispiel aus den „Oberbegriffen” der „Technische Angestellte” nicht wieder aufgenommen wurde. Es hätte auch heißen können „Ingenieure” (scil: mit Zeugnis eines graduierten Ingenieurs) und/oder „Technischer Angestellter mit der Tätigkeit eines Ingenieurs in der Meßtechnik …”. In der Tat haben die Tarifvertragsparteien beide Gruppen gleich behandelt, wenn sie Tätigkeiten mit Ingenieurszuschnitt im Tarifsinne durchgeführt haben. Weil sie das aber geändert haben und besondere Vergütungsgruppen für Diplom-Ingenieure vorgesehen haben und die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit nicht mehr als Ingenieurstätigkeit, sondern als eine solche angesehen haben, die Ersten Technikerinnen/Ersten Technikern zuzuordnen ist, ist der Kläger entgegen der Auffassung der Revision nach der VergO-NDR 1990 nicht als (Diplom-)Ingenieur zu behandeln.

Die Tarifvertragsparteien haben demnach diese Tätigkeit nicht mehr als Ingenieurstätigkeit, geschweige denn als Diplomingenieurstätigkeit angesehen, sondern nur noch als Tätigkeit eines „Ersten Technikers”. Das durften die Tarifvertragsparteien auch. Selbst wenn tatsächlich diese Tätigkeit (Diplom-)Ingenieurszuschnitt haben sollte, durften die Tarifvertragsparteien diese vergütungsrechtlich anders bewerten und den Tätigkeiten zuweisen, die sie dem „Oberbegriff” „Erste Technikerinnen/Erste Techniker” zuschlagen. Der Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Auffassung des Klägers, die von ihm überwiegend ausgeübten Tätigkeiten seien typische Ingenieurstätigkeiten, von den Tarifvertragsparteien erkennbar nicht geteilt werde. Die Entscheidung, diese Tätigkeiten unverändert nach VergGr. 6 zu bewerten und der Position für Erste Technikerinnen/Erste Techniker zuzuordnen, sei hinzunehmen.

Wenn und weil nach Ziff. 2 Satz 1 der „Erläuterungen zur Vergütungsordnung” die Richtbeispiele für die Wertigkeit einer Tarifposition typische Arbeitsplätze kennzeichnen, dann ist der Arbeitsplatz des Klägers kein Ingenieursarbeitsplatz (mehr), geschweige denn ein Arbeitsplatz eines Diplom-Ingenieurs, sondern ein Technikerarbeitsplatz in der Wertigkeit „Erster Techniker”.

c) Da die Tätigkeit des Klägers dem Richtbeispiel Nr. 5 der VergGr. 6 der VergO-NDR 1990 „Erste Technikerinnen/Erste Techniker” entspricht, verbleibt es bei der Vergütung nach VergGr. 6. Eine Eingruppierung in die VergGr. 5 kommt weder in Bezug auf die Richtbeispiele noch auf den „Oberbegriff” oder die „Oberbegriffe” in Betracht.

Damit scheidet ein Anspruch des Klägers aus den genannten Tarifverträgen aus.

2. Ein – übertariflicher – vertraglicher Anspruch auf VergGr. 6 ist gleichermaßen nicht gegeben.

a) Das Landesarbeitsgericht hat insoweit ausgeführt, der Kläger sei nicht arbeitsvertraglich als – im Sinne des Tarifvertrages – „Ingenieur mit Zeugnis als graduierter Ingenieur” eingestellt worden. Auch habe der Beklagte dem Kläger nicht einzelvertraglich den Ingenieurstatus im Sinne der tarifvertraglichen Regelung verliehen. Ebenso wenig habe der Beklagte dem Kläger zugesichert, ihn „als Ingenieur” im Sinne der tarifvertraglichen Regelungen zu beschäftigen. Auch hat er nicht eine entsprechende Ausbildungsqualifikation zu Gunsten des Klägers unterstellt. Es sei nicht deutlich geworden, inwiefern der Beklagte einzelvertraglich die Tätigkeit des Klägers als die eines Ingenieurs akzeptiert und der Tätigkeit eines Ingenieurs gleichgestellt habe, ohne über den damals gültigen Tarifvertrag hinauszugehen.

b) Das ist zutreffend. Der Kläger hatte sich um die Tätigkeit eines Ingenieurs in der Tonmeßtechnik/HF (= Hörfunk) beworben. Ihm wurde aber mit Schreiben vom 2. September 1980 mitgeteilt, er werde als „Gehobener Techniker” eingestellt. Nach erfolgreicher Einarbeitung sei seine Eingruppierung als Technischer Angestellter mit der Tätigkeit eines Ingenieurs vorgesehen. Danach ist auch verfahren worden. Der Kläger wurde ab 1. November 1980 als „Gehobener Techniker” beschäftigt. Das entsprach der VergGr. 7 der VergO-NDR 1974. Mit Schreiben vom 15. Oktober 1981 wurde ihm mitgeteilt, er werde in die VergGr. 6 Stufe 3 eingruppiert. Das entspricht genau der Inaussichtstellung im Schreiben vom 2. September 1980: VergGr. 6 mit den „Oberbegriffen” Ingenieure mit Zeugnis als graduierter Ingenieur oder Technischer Angestellter mit der Tätigkeit eines Ingenieurs der VergO-NDR 1974, wobei das Richtbeispiel Nr. 3 einschlägig war. Dabei ist aus Gründen der Vereinfachung, wie das Landesarbeitsgericht an anderer Stelle zutreffend herausgestellt hat, bei der Abfassung der Beispiele der Oberbegriff „Technischer Angestellter” nicht nochmals aufgenommen worden. Wenn es im Schreiben vom 15. Oktober 1981 dann weiter heißt, seine Tätigkeitsbezeichnung laute ab 1. November 1981 „Technischer Angestellter”, so ist das verkürzt. Der Zusammenhang mit dem Schreiben vom 2. September 1980 ergibt, daß Technischer Angestellter mit der Tätigkeit eines Ingenieurs im Sinne der VergGr. 6 der VergO-NDR 1974 gemeint war. Der Beklagte hat nur die Tarifverträge umgesetzt, nicht aber eine darüber hinausgehende Zusage gemacht.

Das entspricht dem Grundsatz, daß im öffentlichen Dienst sich dem Arbeitsvertrag und seinen Änderungen in der Regel nicht entnehmen läßt, unabhängig von den tariflichen Bestimmungen eine bestimmte Vergütung zahlen zu wollen. Zum öffentlichen Dienst gehört auch der Beklagte als gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts. Mit dem Hinweis auf die tariflichen Bestimmungen bringt der Arbeitgeber zum Ausdruck, daß er diejenige Vergütung gewähren wolle, die sich aus der Anwendung der tariflichen Bestimmungen ergibt. Daraus kann keine eigenständige Vergütungsvereinbarung entnommen werden, die angegebene Vergütung solle auch unabhängig von den tariflichen Bestimmungen gegebenenfalls als übertarifliche Vergütung gezahlt werden. Diese Bedeutung kann ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes ohne Hinzutreten weiterer Umstände der Angabe der Vergütungsgruppe auch deshalb nicht entnehmen, weil der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes regelmäßig keine übertarifliche Vergütung, sondern nur das gewähren will, was dem Arbeitnehmer tarifrechtlich zusteht (vgl. BAG Urteil vom 23. August 1995 – 4 AZR 352/94 – ZTR 1996, 169, 170, m.w.N.). Das gilt entsprechend für die Einräumung eines bestimmten Status. Dem entspricht es, daß dem Kläger mit Schreiben vom 31. Mai 1991 mitgeteilt wurde, daß im Zusammenhang mit der Neufassung der Vergütungsordnung seine arbeitsvertragliche Tätigkeitsbezeichnung ab 1. Juni 1991 „Erster Techniker” laute. Die Beklagte betreibt also lediglich Normenvollzug.

3. Auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, auf den der Kläger sein Begehren auch gestützt hatte und den das Landesarbeitsgericht nicht für einschlägig angesehen hat, ist die Revision nicht zurückgekommen. Der Senat braucht daher darauf nicht einzugehen. Das Landesarbeitsgericht hat dazu das Erforderliche gesagt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schliemann, Schneider, Friedrich, E. Wehner, v. Dassel

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1126966

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