Entscheidungsstichwort (Thema)
Bereitschaftsdienst im mobilen Rettungsdienst
Normenkette
Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes (
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Juni 1999 – 4 Sa 504/99 – aufgehoben.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 3. Februar 1999 – 1 Ca 1408/98 – wird zurückgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um die zutreffende tarifliche Vergütung bestimmter Nachtschichten des Klägers.
Der Kläger ist seit 1. Januar 1979 im mobilen Rettungsdienst beim Beklagten als Rettungsassistent im Schichtdienst beschäftigt. Der Beklagte erfüllt Aufgaben des Rettungsdienstes gemäß dem Gesetz über den Rettungsdienst sowie den Notfall- und Krankentransport des Landes Rheinland-Pfalz (nachfolgend: RettDG). Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft deren Vereinbarung der Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes (DRK-TV) Anwendung.
Dessen § 14 lautet auszugsweise mit den dazu vereinbarten Anmerkungen:
§ 14
Regelmäßige Arbeitszeit
(1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 39 Stunden (ab 01.04.1990: 38 1/2 Stunden) wöchentlich. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist in der Regel ein Zeitraum von 26 Wochen zugrunde zu legen.
Bei Mitarbeitern, die ständig Wechselschicht- oder Schichtarbeit zu leisten haben, kann ein längerer Zeitraum zugrunde gelegt werden.
(2) Die regelmäßige Arbeitszeit kann verlängert werden
- bis zu zehn Stunden täglich (durchschnittlich 49 Stunden wöchentlich), wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens zwei Stunden täglich fällt,
- bis zu elf Stunden täglich (durchschnittlich 54 Stunden wöchentlich), wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens drei Stunden täglich fällt,
- bis zu zwölf Stunden täglich (durchschnittlich 60 Stunden wöchentlich), wenn der Mitarbeiter lediglich an der Arbeitsstelle anwesend sein muß, um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten.
…
(5) Der Mitarbeiter ist verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst). Der Arbeitgeber darf Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu erwarten ist, daß zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt.
…
(6) Die Arbeitszeit beginnt und endet an der Arbeitsstelle, bei wechselnden Arbeitsstellen an der jeweils vorgeschriebenen Arbeitsstelle oder am Sammelplatz.
Anmerkung zu Abs. 2:
Im Geltungsbereich der Anlage 2 für die Mitarbeiter im Rettungsdienst und Krankentransport ist die Protokollnotiz zu § 14 Abs. 2 DRK-Tarifvertrag zu berücksichtigen.
Anmerkung zu Abs. 6:
Der Begriff der Arbeitsstelle ist weiter als der Begriff des Arbeitsplatzes. Er umfaßt z.B. den Verwaltungs-/Betriebsbereich in dem Gebäude/Gebäudeteil, in dem der Mitarbeiter arbeitet.
Die in der Anmerkung zu Abs. 2 genannte Protokollnotiz (vom 31. Dezember 1990) lautet:
Die Möglichkeit zur Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 14 Abs. 2 DRK-Tarifvertrag wird wie folgt eingeschränkt:
Ab 01. Juli 1991: |
§ 14 Abs. 2 a: |
Von 49 Stunden/Woche auf |
47 |
Stunden/Woche. |
§ 14 Abs. 2 b: |
Von 54 Stunden/Woche auf |
51 |
Stunden/Woche. |
§ 14 Abs. 2 c: |
Von 60 Stunden/Woche auf |
56,5 |
Stunden/Woche. |
Ab 01. Januar 1993: |
§ 14 Abs. 2 a: |
Von 47 Stunden/Woche auf |
45 |
Stunden/Woche. |
§ 14 Abs. 2 b: |
Von 51 Stunden/Woche auf |
49 |
Stunden/Woche. |
§ 14 Abs. 2 c: |
Von 56,5 Stunden/Woche auf |
54 |
Stunden/Woche. |
Die Arbeitszeit des zunächst in der Rettungswache B. und nunmehr in der Rettungswache N. eingesetzten Klägers und seiner Kollegen ist nach § 14 Abs. 2 c DRK-TV in Verbindung mit der Protokollnotiz für Mitarbeiter im Rettungsdienst und Krankentransport auf 54 Stunden in der Woche verlängert worden.
Jedenfalls seit Mitte des Jahres 1997 bestimmt der Beklagte, einzelne Nachtschichten seien von dem Kläger – ebenso wie von den übrigen Mitarbeitern im Rettungsdienst – zusätzlich zur regelmäßigen Arbeitszeit in Bereitschaftsdienst zu leisten. Zunächst lag der Bereitschaftsdienst immer am Wochenende. Er begann um 7.00 Uhr und dauerte 24 Stunden. Am 18. Dezember 1997 wurde von dem Beklagten und seinem Betriebsrat dem Spruch der Einigungsstelle Eifel-Mosel-Hunsrück gGmbH vom 26. November 1997 folgend vereinbart, daß die Mitarbeiter des Beklagten im mobilen Rettungsdienst insgesamt jeweils 498 Stunden außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit in Form des Bereitschaftsdienstes zu leisten haben. Dieser Bereitschaftsdienst ist ausschließlich in Nachtdienst zu leisten, wobei Sonn- und Feiertage ausgenommen sind. Alle Mitarbeiter werden jährlich im selben Umfang zu Bereitschaftsdiensten herangezogen.
Während des Bereitschaftsdienstes sind die Mitarbeiter des Rettungsdienstes verpflichtet, sich in der Rettungsdienststelle aufzuhalten. Sie werden tätig auf Telefonanrufe von Mitarbeitern der von dem Beklagten betriebenen Rettungsleitstelle B. Der Beklagte erwartet von den Mitarbeitern des Rettungsdienstes den Antritt der Rettungsfahrt etwa drei Minuten nach dem Anruf der Leitstelle. Die Rettungsdienststelle ist mit einem Schlafraum mit Betten ausgestattet. In deren Nähe sind Telefonapparate vorhanden. In Nachtschicht ist es dem Rettungsdienstpersonal erlaubt zu schlafen. Erlaubt sind ferner alle Tätigkeiten, die den Beginn der Rettungsfahrt nicht über die genannte Zeitdauer verzögern. Nicht gestattet sind daher Tätigkeiten, die eine vorherige Körperreinigung erforderlich machen würden, etwa bestimmte Sportarten oder verunreinigende Arbeiten an Kraftfahrzeugen.
Für die Monate Juli 1997 bis April 1998 ordnete der Beklagte für den Kläger in den Dienstplänen Bereitschaftsdienst für bestimmte Nachtschichten an. Diese Dienste bewertete der Beklagte zu 50 % ihrer Zeitdauer in Arbeitszeit um und gewährte dem Kläger insoweit Freizeitausgleich. Weiteren Freizeitausgleich verweigerte der Beklagte. Der Kläger, der den Bereitschaftsdienst als Vollarbeit bewertet, nimmt den Beklagten für die aus seiner Sicht nicht ausgeglichenen Überstunden auf Überstundenvergütung in rechnerisch zwischen den Parteien unstreitiger Höhe von 6.910,73 DM in Anspruch.
Er hat vorgetragen, der als Bereitschaftsdienst angeordnete Dienst sei normale Arbeitszeit, die als solche zu vergüten bzw. durch Freizeit abzugelten sei. Die Bereitschaftsdienste unterschieden sich inhaltlich in keiner Weise von den sonstigen Nachtschichten und auch nur unwesentlich von den sonstigen Schichten. Es seien jeweils die gleichen Tätigkeiten zu verrichten. Er könne während der als Bereitschaftsdienst angeordneten Nachtdienste nicht jeder beliebigen Freizeitbeschäftigung nachgehen. Soweit während des Bereitschaftsdienstes geschlafen werde, sei dieser Schlaf wegen der Möglichkeit, jederzeit aufgeweckt und zu einem Einsatz geholt zu werden, erheblich weniger erholsam als der normale Nachtschlaf. Er könne während dieser Schichten nicht richtig schlafen, sondern lediglich ruhen.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 6.910,73 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit 3. September 1998 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat vorgetragen, die Heranziehung des Klägers zu Bereitschaftsdiensten habe ihre Grundlage in § 14 Abs. 5 Unterabs. 1 DRK-TV. Unmaßgeblich sei, daß die Mitarbeiter im Rettungsdienst statt zu Bereitschaftsdiensten auch zu Arbeitsbereitschaft heranzogen werden könnten. Es stehe im pflichtgemäßen Ermessen des Arbeitgebers, den Arbeitsanfall im Rettungsdienst entweder durch Bereitschaftsdienste oder durch Ausweitung des Arbeitszeitrahmens zu bewältigen. Er habe keineswegs eine willkürliche Entscheidung darüber getroffen, zu welchen Zeiten er seine Mitarbeiter im Rettungsdienst zu Bereitschaftsdiensten heranziehe, sondern ziehe die Mitarbeiter des Rettungsdienstes gleichmäßig und begrenzt zu Bereitschaftsdiensten in Nachtschicht heran. Bereitschaftsdienste unterschieden sich inhaltlich von der sonstigen Arbeit. Nur in der regelmäßigen Arbeitszeit seien die Mitarbeiter des Rettungsdienstes beispielsweise verpflichtet, nicht einsatzbezogene Tätigkeiten wie die Kontrolle der Lagerbestände an Medikamenten und Verbrauchsmaterial vorzunehmen und bei Bedarf Rücksprache mit Vorgesetzten zu halten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers stattgegeben. Mit seiner Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist begründet.
I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Überstundenvergütung für die schichtplanmäßig als Bereitschaftsdienst geleisteten Nachtdienste.
1. Bei den Nachtschichten des Klägers in der Zeit von Juli 1997 bis April 1998,
auf die sich sein Klaganspruch bezieht, handelt es sich nicht um über die regelmäßige Arbeitszeit des Klägers hinaus geleistete Überstunden im Sinne von § 18 Abs. 2 Unterabs. 1 DRK-TV, für die, sofern nicht durch Freizeit nach § 18 Abs. 3 DRK-TV ausgeglichen, nach § 18 Abs. 4 DRK-TV vom Arbeitgeber Überstundenvergütung zu zahlen ist. Vielmehr sind diese Nachtschichten Bereitschaftsdienste im Sinne von § 14 Abs. 5 Unterabs. 1 DRK-TV, für die der Kläger den ihm dafür zustehenden Freizeitausgleich erhalten hat.
a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kommt nach deren Vereinbarung der DRK-TV zur Anwendung.
b) Folglich gilt für die Parteien die Arbeitszeitregelung des § 14 DRK-TV. Dessen Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 1 bestimmt, daß der Mitarbeiter verpflichtet ist, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst). Nach § 14 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 DRK-TV darf der Arbeitgeber Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu erwarten ist, daß zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt.
c) Bei den schichtplanmäßig als Bereitschaftsdienst geleisteten Nachtschichten des Klägers in der Zeit von Juli 1997 bis April 1998 liegen diese Voraussetzungen vor.
aa) Die Auffassung der Vorinstanzen, es habe sich bei diesen Nachtschichten um Arbeitszeit des Klägers gehandelt, ist rechtsfehlerhaft.
(1) Seine Bewertung, die hier interessierenden Nachtschichten des Klägers seien Arbeitszeit, stützt das Landesarbeitsgericht auf § 14 Abs. 2 c DRK-TV. Mit der Auslegung dieser Norm und der Abgrenzung der von ihr geforderten Tätigkeit gegenüber dem Bereitschaftsdienst nach § 14 Abs. 5 Unterabs. 1 DRK-TV hat sich der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 30. Januar 1996 (– 3 AZR 1030/94 – AP TVG § 1 Tarifverträge: DRK Nr. 5 = EzA TVG § 4 Rotes Kreuz Nr. 2) befaßt. In dem jener Entscheidung zugrunde liegenden Fall war zwischen den Parteien jenes Rechtsstreits streitig, ob die tariflichen Voraussetzungen dieser Vorschrift für die Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit eines Rettungssanitäters nach § 14 Abs. 2 c DRK-TV vorlagen. Dabei ging es nicht um die hier zwischen den Parteien streitige Frage der Einordnung von Nachtdiensten, während derer der Mitarbeiter des Rettungsdienstes zu schlafen befugt ist, in das Arbeitszeitsystem des § 14 DRK-TV. Der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat zu den Voraussetzungen für die verlängerte Arbeitszeit nach dieser Norm – damals mit anderem Grenzwert nach § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV – ausgeführt, obwohl diese nicht den Anfall von Arbeitsbereitschaft in bestimmtem Mindestumfang voraussetze, sei sie auch dann anwendbar, wenn die Anwesenheitszeiten als Arbeitsbereitschaft anzusehen seien und dem Arbeitnehmer nicht lediglich eine dem Bereitschaftsdienst entsprechende Leistung abverlangt werde. Die Anforderungen des Bereitschaftsdienstes seien noch geringer als die einer Arbeitsbereitschaft. Der Bereitschaftsdienst als solcher zähle zur Ruhezeit. Er sei nur eine Aufenthaltsbeschränkung verbunden mit der Verpflichtung, bei Bedarf unverzüglich tätig zu werden. „Wache Aufmerksamkeit” werde nicht verlangt. Der Arbeitnehmer könne ruhen oder sich sonstwie beschäftigen und müsse nicht von sich aus tätig werden, sondern nur auf Anweisung des Arbeitgebers. Dieser Inhalt des Bereitschaftsdienstes ergebe sich aus der in § 14 Abs. 5 DRK-TV enthaltenen Begriffsbestimmung. Danach liege Bereitschaftsdienst vor, wenn sich der Arbeitnehmer an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten müsse, „um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen”. Dagegen verlange § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV, daß der Arbeitnehmer an der Arbeitsstelle anwesend sein müsse, „um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten”. Diese Bestimmung enthalte nach ihrem Wortlaut nicht nur eine stärkere Beschränkung des Aufenthaltsortes, sondern sehe auch mehr Initiative der Arbeitnehmer beim Tätigwerden vor. Die Arbeitnehmer müßten nicht nur die im Bedarfsfall vorkommende Arbeit auf Anforderung des Arbeitgebers „aufnehmen”, sondern von sich aus diese Arbeiten „verrichten”. Bereits die unterschiedliche Wortwahl in derselben Vorschrift deute auf einen unterschiedlichen Regelungsgehalt hin.
Dieser Auslegung des § 14 Abs. 2 c DRK-TV folgt der Senat. Der Dritte Senat hat die Abgrenzung der verlängerten Arbeitszeit nach § 14 Abs. 2 c DRK-TV vom Bereitschaftsdienst nach § 14 Abs. 5 Unterabs. 1 DRK-TV überzeugend mit den Unterschieden in dem für die Auslegung von Tarifverträgen vorrangig maßgeblichen Wortlaut der Normen begründet.
(2) Nach dem eindeutigen Willen der Tarifvertragsparteien ist die Anordnung von Bereitschaftsdienst nach § 14 Abs. 5 DRK-TV auch für Mitarbeiter in dem zur Einhaltung einer landesrechtlichen Hilfeleistungsfrist (hier: § 8 Abs. 2 des Landesgesetzes über den Rettungsdienst sowie den Notfall- und Krankentransport [Rettungsdienstgesetz – RettDG] i.d.F. vom 22. April 1991 für Rheinland-Pfalz) verpflichteten mobilen Rettungsdienst zulässig. Dies folgt aus der Protokollnotiz zu § 14 Abs. 2 DRK-TV. Dort haben die Tarifvertragsparteien für Mitarbeiter im Rettungsdienst und Krankentransport eine Sonderregelung getroffen, durch die die Möglichkeit des Arbeitgebers zur Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 14 Abs. 2 DRK-TV für diesen Personenkreis eingeschränkt wird. Hinsichtlich der Vorschrift des § 14 Abs. 5 DRK-TV hingegen haben sie keine Sonderregelung für Mitarbeiter im Rettungsdienst und Krankentransport getroffen. Es ist daher ihr Wille, daß die tarifliche Regelung für die Anordnung von Bereitschaftsdienst uneingeschränkt für Mitarbeiter im Rettungsdienst und Krankentransport gilt.
(3) Das Landesarbeitsgericht folgt ausdrücklich der Rechtsprechung des Dritten Senats des Bundesarbeitsgerichts, wendet sie jedoch fehlerhaft an. Es nimmt an, der Kläger müsse in den Nachtschichten im Sinne des § 14 Abs. 2 c DRK-TV an der Arbeitsstelle anwesend sein, um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten. Er halte sich ständig für den umgehenden Rettungsdiensteinsatz bereit, den er auf ein telefonisches Einsatzsignal von sich aus vornähme.
Dies hält der Revision nicht stand. Ein Mitarbeiter, der während der Nachtschicht erlaubtermaßen schläft, wird nicht von sich aus, also aus eigener Initiative tätig, wenn er erst durch einen vom Arbeitgeber, hier durch einen von einem Mitarbeiter der Rettungsleitstelle des Beklagten getätigten Telefonanruf geweckt wird, um dann – entsprechend dem Einsatzbefehl der Rettungsleitstelle (vgl. § 7 Abs. 1, 2 RettDG) – tätig zu werden. Der schlafende Arbeitnehmer erbringt nicht, wie dies in § 14 Abs. 2 c DRK-TV vorausgesetzt wird, eine im Verhältnis zur Vollarbeit graduell geringere Arbeitsleistung, sondern gar keine Arbeitsleistung. Vielmehr ruht er. Ein Nachtdienst, in dem der Arbeitnehmer die Befugnis zum Schlafen hat, ist Ruhezeit und gehört damit bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zum Bereitschaftsdienst im Sinne des § 14 Abs. 5 Unterabs. 1 DRK-TV, der als solcher zur Ruhezeit zählt und die Anforderungen des § 14 Abs. 2 c DRK-TV nicht erfüllt. Die gilt auch dann, wenn der Mitarbeiter – wie der Kläger von sich behauptet hat – nicht „richtig” schläft. Maßgebend ist nicht, wie der Mitarbeiter sich tatsächlich verhält, sondern was er schuldet. Der Kläger schuldet während der Nachtschicht kein Verhalten, das ihn befähigt, von sich aus Tätigkeiten zu verrichten. Er darf ruhen und schlafen und damit die Nachtschicht in einer Weise nutzen, die nicht Arbeit oder auch nur Arbeitsbereitschaft ist.
(4) Auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Oktober 2000 in der Rechtssache – C-303/98 – (NZA 2000, 1227) kommt es für diesen Rechtsstreit nicht an. Diese primär zu der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. EG L 307 S 18) ergangene Entscheidung betrifft allein die Frage, ob Bereitschaftsdienst im Sinne des öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzes Arbeitszeit ist. Dies hat der Europäische Gerichtshof für Bereitschaftsdienst „in Form persönlicher Anwesenheit in der Gesundheitseinrichtung” – in jenem Fall ging es um Ärzte – angenommen. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs befaßt sich nicht mit der vorliegenden Frage, wie Bereitschaftsdienst zu vergüten ist.
(5) Ob sich der Dienst des Klägers in anderen Schichten wie etwa Frühschicht, Spätschicht – zur Ausgestaltung des Schichtsystems fehlt jeglicher Vortrag der Parteien –, in denen ihm offenbar das Schlafen nicht erlaubt ist, abgesehen davon wesentlich von dem Nachtdienst unterscheidet, was die Parteien verschieden beurteilen, kann hier dahinstehen. Auf die tarifliche Einordnung anderer Schichten als der Nachtschichten des Klägers in das Arbeitszeitsystem des § 14 DRK-TV kommt es für seinen Klaganspruch nicht an.
bb) Der Anordnung der Nachtschichten in Bereitschaftsdienst steht auch nicht entgegen, daß der Beklagte bestimmt hat, die Mitarbeiter im Rettungsdienst (Arbeitnehmer) hätten sich an der Arbeitsstelle aufzuhalten. Denn „vom Arbeitgeber bestimmte Stelle” im Sinne von § 14 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 1 DRK-TV kann auch die Arbeitsstelle des Mitarbeiters sein (so zur gleichlautenden Bestimmung des § 15 Abs. 6 a BAT Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT Stand Oktober 2000 § 15 Anm. 18 d; PK-BAT – Pieper § 15 Rn. 21). Es kann daher zugunsten des Klägers unterstellt werden, daß sein Aufenthalt im Schlafraum der Rettungsdienststelle als Aufenthalt an der Arbeitsstelle zu werten ist.
cc) Darin, daß in den Nachtschichten für die Mitarbeiter der Beklagten im Rettungsdienst erfahrungsgemäß die Zeit ohne Arbeitsleistung – bei weitem – überwiegt, was nach § 14 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 DRK-TV Voraussetzung für die Anordnung des Bereitschaftsdienstes durch den Arbeitgeber ist, stimmen die Parteien überein.
2. Dem Kläger steht die geforderte Überstundenvergütung auch nicht kraft des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zu. Denn der Beklagte behandelt alle Mitarbeiter des Rettungsdienstes hinsichtlich der Heranziehung zum Bereitschaftsdienst dem Einigungsstellenspruch bei der Eifel-Mosel-Hunsrück gGmbH vom 26. November 1997 folgend gleich.
3. Ob das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Aufstellung der Dienstpläne für den streitigen Anspruchszeitraum vom Beklagten beachtet worden ist (vgl. BAG Erster Senat 29. Februar 2000 – 1 ABR 15/99 – BAG AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 81 = EzA BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 61), kann dahinstehen. Auch bei Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats sind die hier interessierenden Nachtdienste Bereitschaftsdienste im Tarifsinne und vergütungsrechtlich vom Beklagten als solche zu behandeln, wie dies geschehen ist.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schliemann, Wolter, Bott, E. Wehner, Weßelkock
Fundstellen