Rettungsdienste: Viele Beschäftigte am Ende ihrer Kräfte
Laut einer Umfrage der Gewerkschaft verdi aus dem Jahr 2022 trägt die hohe Belastung bei Rettungskräften dazu bei, dass 84 Prozent der über 7.000 befragten Beschäftigten fürchten, nicht bis zum gesetzlichen Rentenalter im Beruf bleiben zu können. „Wenn 39 Prozent der Befragten angeben, sie würden sofort den Beruf wechseln, falls sie die Gelegenheit dazu bekämen, muss das alle aufrütteln“, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler anlässlich der Vorstellung der Umfrageergebnisse. Arbeitgeber und politisch Verantwortliche, so die Gewerkschaftlerin, müssten dringend reagieren.
Dienstpläne unzuverlässig
Ein Hauptgrund für die hohen Belastungen laut dieser Umfrage: Die Dienstpläne sind nicht verlässlich. Fast alle Befragten (99 Prozent) arbeiten mindestens einmal im Monat über ihren Dienstplan hinaus, fast die Hälfte (44 Prozent) einmal pro Woche. 86 Prozent der Beschäftigten machen oft oder sehr häufig Nachtschichten, 50 Prozent werden häufig aus dem sogenannten „Frei“ geholt, werden also zum Dienst gerufen, wenn sie eigentlich frei haben. Ebenfalls belastend ist, dass fast alle Beschäftigten im Rettungsdienst – 95 Prozent – ihre gesetzlich vorgeschriebene Pause nicht immer wie vorgesehen nehmen können.
Aktuelle Studie zur Belastung von Rettungskräften
Die Ergebnisse von verdi werden durch eine jüngst erschienene Studie gestützt. Im Rahmen der im März 2023 im Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie veröffentlichten Studie wurden 2.298 deutsche Rettungskräfte gefragt, ob sie in den vergangenen zwölf Monaten arbeitsunfähig waren. 60 Prozent der weiblichen sowie 59 Prozent der männlichen Befragten gaben dabei mindestens eine Arbeitsunfähigkeit an. Eine Arbeitsunfähigkeit war, neben dem Schulabschluss, dem spezifischen Einsatzgebiet und chronischen Krankheiten, vor allem mit den wöchentlichen Arbeitsstunden und hierbei insbesondere mit dem strapaziösen Schichtdienst assoziiert.
Unterschiedliche Handhabung der Pausenregelung
Dass gesetzlich vorgeschriebene Ruhepausen nicht wahrgenommen werden können, ist ein besonders großes Problem für die Beschäftigten dieser Branche. Die Pausenregelungen werden jedoch sehr unterschiedlich gehandhabt – abhängig vor allem von den Einsatzbereichen. Insbesondere in der Notfallrettung sind Pausen nicht garantiert. Wenn eine Rettungskraft an einem Notfalleinsatz wegen einer gesetzlich zugesicherten Pause nicht teilnimmt, dürfte dies sogar drastische arbeits- und strafrechtliche Folgen für den jeweiligen Beschäftigten haben. Beim Krankentransport dagegen sind Pausen wesentlich einfacher einzuplanen.
Überschreiten der zulässigen Arbeitszeit
Das häufige Überschreiten der gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitszeit ist ein weiterer kritischer Punkt, da er häufig auch rechtlich nicht akzeptabel ist. Denn grundsätzlich gilt: Die Arbeitszeit darf acht Stunden nicht überschreiten. Eine Überschreitung auf bis zu zehn Stunden ist nur dann erlaubt, wenn die Zeit innerhalb von sechs Monaten wieder ausgeglichen wird. Eine Ausdehnung auf mehr als zehn Stunden ist nur möglich, wenn dies durch einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung im Vorfeld festgelegt wurde und die Arbeitszeit zu mindestens 30 Prozent „lediglich“ aus Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst besteht. Allerdings: Das EU-Recht schreibt nur eine Mindestruhezeit von elf Stunden innerhalb von 24 Stunden vor. Die 10-Stunden-Grenze könnte daher auch in Deutschland schon bald aufgehoben werden.
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